Rückblick KW 20/23 (Teil 2): Holocaustleugnung, Hitlerei und ein „Richter“

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Wenn man die Infos, die wir den diver­sen Medi­en ent­neh­men müs­sen und zu kur­zen Bei­trä­gen ver­ar­bei­ten, weil es vor Ort kei­ne Pro­zess­be­ob­ach­tung gege­ben hat, mit dem Bei­trag ver­gleicht, der sich auf eine Pro­zess­be­ob­ach­tung stüt­zen kann, dann ist wohl der Unter­schied zu bemer­ken. In die­sem Sin­ne: wir brau­chen noch Prozessbeobachter*innen und emp­feh­len den Bei­trag: Rich­ter gegen „Rich­ter“.

Innsbruck: Holocaustleugnerin auf Van der Bellens Facebook-Seite
Gerasdorf-Korneuburg/NÖ: Mauthausen-Besuch vor Prozess
Stockerau-Korneuburg: 16 Vorstrafen und keine Erinnerung
Klagenfurt: Richter gegen „Richter“
Strasshof-Korneuburg/NÖ: Verhetzung nach „Marsch für die Familie“
NÖ: Hitler im Railjet

Innsbruck: Holocaustleugnerin auf Van der Bellens Facebook-Seite

Die „Tiro­ler Tages­zei­tung“ (TT, 17.5.23, S. 5), die als ein­zi­ge über den Ver­bots­pro­zess gegen die 35-jäh­ri­ge Frau berich­te­te, macht es sich zu ein­fach: „Unbe­dach­te Absen­der“ wür­den immer wie­der für ihre Posts in sozia­len Medi­en vor Gericht lan­den – so wie die­se „Mut­ter“. Mit der „unbe­dach­ten“ „Mut­ter“ macht der Bericht­erstat­ter ziem­lich klar, wem sei­ne Sym­pa­thie gilt.

Die „Unbe­dach­te“ hat auf der Face­book-Sei­te des Bun­des­prä­si­den­ten im Novem­ber des Vor­jah­res anläss­lich des­sen Stel­lung­nah­me zu den Novem­ber­po­gro­men 1938 an einer Debat­te teil­ge­nom­men, in der sich eini­ge Corona-Maßnahmengegner*innen wie so häu­fig als Opfer („gel­ber Stern“) insze­nie­ren woll­ten. Mit­ten­drin die Ange­klag­te, die Imp­fen mit dem Holo­caust gleich­setz­te und dafür hef­tig kri­ti­siert wur­de. Ihre Ant­wort: „Oh mein Gott! Holo­caust ist und war eine Lüge. Aber ja in der Schu­le nie auf­ge­passt!” (TT)

Ein auf­merk­sa­mer Mit­le­ser erstat­te­te dar­auf­hin Anzei­ge. Ein kla­rer Fall eigent­lich: Ver­dacht auf Wie­der­be­tä­ti­gung nach § 3h. Die Anklä­ge­rin sah das so: „Der Bedeu­tungs­in­halt ist ein­fach nicht inter­pre­tier­bar. Seit dem Pos­ting ver­mis­se ich bei der Ange­klag­ten auch jeg­li­che Reue!” Der Ver­tei­di­ger der Frau, der Tiro­ler FPÖ-Obmann Mar­kus Abwerz­ger, woll­te da mit dem Ver­weis auf die bis­he­ri­ge Unbe­schol­ten­heit der Ange­klag­ten dage­gen­hal­ten, schei­ter­te damit aber bei den Geschwo­re­nen: Schuld­spruch. Ein Jahr beding­te Haft und 4.320 Euro Geld­stra­fe sind noch nicht rechtskräftig.

Gerasdorf-Korneuburg/NÖ: Mauthausen-Besuch vor Prozess

Unse­re Zusam­men­fas­sung von dem Pro­zess, der bereits am 5. Mai statt­ge­fun­den hat, stützt sich nur auf den Bericht der NÖN vom 19.5.23, in dem lei­der eine nähe­re Beschrei­bung der Vor­wür­fe aus der Ankla­ge gegen den jun­gen Geras­dor­fer (22) fehlt, der wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ange­klagt war. Er hat zwi­schen dem 29.Juli 2021 und dem 29.Mai 2022 ins­ge­samt vier Fotos und eine Nach­richt ver­sandt, die zur Ankla­ge führten.

Der Ange­klag­te zeig­te sich vor dem Geschwo­re­nen­ge­richt schuld­ein­ge­stän­dig, nann­te „Dumm­heit“ als Motiv und erklär­te, in der Neu­en Mit­tel­schu­le „sei im Unter­richt nicht viel Wert auf die­se Zeit der Geschich­te gelegt wor­den und somit habe er zum Tat­zeit­punkt ‚ganz wenig gewusst‘ von den Grau­sam­kei­ten der Nazis“. Was aber alle im Gerichts­saal über­rascht und wohl auch beein­druckt hat, war sei­ne Erklä­rung, dass er auf Anra­ten sei­ner Mut­ter noch vor der Ver­hand­lung die Gedenk­stät­te Maut­hau­sen besuchte:m„Was man dort spürt, ist nur Käl­te.“

Die Geschwo­re­nen erkann­ten zwar auf Schuld des Ange­klag­ten, weil er aber zum Tat­zeit­punkt noch als jun­ger Erwach­se­ner galt, wur­de er zur Min­dest­stra­fe von sechs Mona­ten bedingt ver­ur­teilt. Dem Bericht in der NÖN fehlt lei­der der Hin­weis, ob die Stra­fe schon rechts­kräf­tig ist.

Stockerau-Korneuburg: 16 Vorstrafen und keine Erinnerung

Ein 67-jäh­ri­ger Pen­sio­nist aus Sto­cker­au hat viel­fa­che Erfah­run­gen vor Gericht, obwohl ihn dies­be­züg­lich gro­be Gedächt­nis­lü­cken pla­gen. An die 16 Vor­stra­fen konn­te oder woll­te er sich näm­lich in dem Pro­zess am 15.5. im Lan­des­ge­richt Kor­neu­burg nicht mehr erin­nern. Nach diver­sen Delik­ten in der Ver­gan­gen­heit – „Die letz­te Straf­tat stamm­te aus dem Jahr 2018. Damals ver­wirk­lich­te er das Ver­ge­hen der Ver­het­zung, in dem er in einem Pos­ting pau­schal Flücht­lin­ge als Ver­ge­wal­ti­ger bezeich­ne­te.” (noen.at, 22.5.23) – hat­te er dies­mal sein gericht­li­ches Ren­dez­vous wegen des Ver­sto­ßes nach dem Verbotsgesetz.

In purer Unwis­sen­heit habe er, mein­te der Ange­klag­te, ein Pos­ting geteilt, in dem er den Holo­caust geleug­net hat­te. Über den Holo­caust wis­se er nichts, und das Pos­ting habe ihn nicht inter­es­siert. Es wird noch bes­ser: Das Pos­ting, das ihn nicht inter­es­siert habe, woll­te er ohne­hin mehr­fach löschen, er habe es aber nicht gefun­den. Dumm gelau­fen! Drei Jah­re Haft – unbe­dingt, war die Ant­wort des Gerichts. „Pflicht­schul­dig kün­dig­te Ver­fah­rens­hel­fer Domi­nik May­er für sei­nen Man­dan­ten Nich­tig­keits­be­schwer­de und Beru­fung gegen das Urteil an.“ (noen.at)

Klagenfurt: Richter gegen „Richter“

Ein Straf­pro­zess, bei dem ein „Rich­ter“ ange­klagt ist, steht natür­lich unter kei­nem guten Vor­zei­chen. Die­ses zeig­te sich schon deut­lich, weil die Ver­hand­lung nicht um 9.30 Uhr begin­nen konn­te. Der Ange­klag­te, eben der „Rich­ter“, fehl­te noch. Der Anruf des Ange­klag­ten beim Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt brach­te nur vor­läu­fi­ge Klä­rung: Er sei noch arbei­ten. Wel­che Arbeit? Gar als „Rich­ter“?

Doch zunächst: War­um und wes­halb steht denn ein „Rich­ter“ vor einem Richter?

Einem deut­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen wird zur Last gelegt, das Ver­bre­chen der staats­feind­li­chen Ver­bin­dung ver­ant­wor­ten zu müs­sen, indem er für eine Ver­bin­dung Mit­glie­der ange­wor­ben haben soll, die auf gesetz­wid­ri­ge Wei­se, näm­lich durch die Ein­füh­rung eines Sys­tems der Selbst­jus­tiz in Form eines soge­nann­ten „Gerichts­ho­fes auf Grund­la­ge des Com­mon Law mit bibli­scher Grund­la­ge“ gewor­ben und ein­schlä­gi­ge Semi­na­re (in finan­zi­el­ler Hin­sicht) unter­stützt haben soll. Dar­über hin­aus wird ihm zur Last gelegt, im Auf­trag des Anfüh­rers die­ser Ver­bin­dung Pro­pa­gan­da­tä­tig­kei­ten durch­ge­führt zu haben. (Ver­hand­lungs­ka­len­der LG Klagenfurt)

So steht’s in der Ankün­di­gung der Ver­hand­lung. Und bei die­ser Gele­gen­heit darf man auch ein­mal das Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt loben für die doch ziem­lich aus­führ­li­che Beschrei­bung des­sen, was da ver­han­delt bzw. dem Ange­klag­ten vor­ge­wor­fen wird. Die­se Ankün­di­gung hat schließ­lich einem unse­rer Pro­zess­be­ob­ach­ter so rich­tig Gus­to auf die Ver­hand­lung gemacht.

Obwohl er wie das Gericht selbst zunächst ein­mal war­ten muss­te. Nicht auf Godot, son­dern auf den „Men­schen Fabi­an“, der gewis­se Ähn­lich­kei­ten mit der Per­son Fabi­an S. K. besitzt. Kurz nach 11 Uhr traf der leben­de Mensch Fabi­an unter enger Beglei­tung der Poli­zei Feld­kir­chen dann schließ­lich am Lan­des­ge­richt ein, was zur Fol­ge hat­te, dass der Fabi­an zunächst ein­mal vom Gericht den Beweis ein­for­der­te, dass er, der Mensch Fabi­an, auch die Per­son Fabi­an S. K. sei.

Weil der Rich­ter die­se Beweis­füh­rung ver­wei­ger­te, erklär­te ihm der Mensch Fabi­an, dass es ein Irr­tum sei, ihn für einen Ange­klag­ten zu hal­ten. Und außer­dem feh­le dem Gericht jede Legi­ti­ma­ti­on. Bru­ta­le juris­ti­sche Atta­cke des „Rich­ters“ auf den Rich­ter: „Sind Sie ein amt­lich gesetz­ter Rich­ter von Fabi­an? Sie müs­sen ant­wor­ten – wahr­heits­ge­recht!“ Der Rich­ter hat­te zwar kei­ne Flü­gerl, aber eine Engels­ge­duld mit dem „Rich­ter“ und ver­such­te, den mit dem schmei­chel­haf­ten Spruch zu besänf­ti­gen: „Wir sind ja sozu­sa­gen Kol­le­gen.

Ein­schub. War­um bezeich­nen wir Mensch und Per­son Fabi­an eigent­lich als „Rich­ter“ – mit Gän­se­füß­chen? Weil Fabi­an vom Chef des „Glo­bal Com­mon Law Court“ (GCLC), Carl Peter Hof­mann, zu einem sol­chen ernannt wur­de und die­se Funk­ti­on bis zum jähen Erlö­schen des GCLC im Jahr 2018 auch aus­zu­üben ver­such­te. Damit da kei­ne Miss­ver­ständ­nis­se auf­kom­men: Der GCLC war, wie die Wiki-Sei­te Son­nen­staat­land aus­führ­lich belegt, ein sek­ten­ar­ti­ges Phan­ta­sie­ge­richt mit einer ras­sis­ti­schen Ideo­lo­gie, die in sei­ner Men­schen­ver­ach­tung kaum mehr zu über­bie­ten ist:

Hof­mann pre­dig­te auch zu Zei­ten des GCLC bereits, was er aktu­ell der Anhän­ger­schaft des GCCL pre­digt, näm­lich, dass die Welt von einer angeb­li­chen „sata­ni­schen Eli­te” beherrscht wer­de, die sich der Pädo­se­xua­li­tät und sata­nis­ti­schen Ritu­al­mor­den an Kin­dern hin­ge­be. Ins­be­son­de­re Rich­ter, Staats­an­wäl­te und Poli­ti­ke­rIn­nen wür­den die­ser Eli­te ange­hö­ren. Um bei sei­ner Anhän­ger­schaft den Hass auf die­se Men­schen zu schü­ren, bedien­te sich Hof­mann damals wie heu­te ger­ne der Begrif­fe „sub­hu­man” und „Unter­mensch“.

„Sub­hu­ma­ne“ waren eigent­lich alle, die nicht „leben­de“, son­dern „fik­ti­ve“ Men­schen waren („Der fik­ti­ve Mann und/oder das fik­ti­ve Weib besitzt sub­hu­man-destruk­ti­ves Ver­hal­ten.“) Gegen die „Sub­hu­ma­nen“ wur­den „Gerich­te“, „Rich­ter“ und „She­riffs“ ein­ge­setzt, die auch Delik­te wie „Wider­stand gegen den Hei­li­gen Geist“ ahn­den soll­ten. Erin­nert an das ira­ni­sche Straf­recht mit dem Delikt „Krieg gegen Gott“ und hät­te, was die Adres­sie­rung „Sub­hu­ma­ne“ wohl nahe­legt, auch zu ähn­li­chen Resul­ta­ten füh­ren sol­len, hat aber nicht geklappt. Fabi­an S. K, ein glü­hen­der Anhän­ger des Herrn Hof­mann, der zeit­wei­se auch bei ihm in Dover (GB) gewohnt hat, war ein sol­cher „Rich­ter“.

Der GCLC hat­te in Öster­reich eine rela­tiv star­ke Bas­ti­on; es wur­den bereits „Per­so­nen­men­schen“, die beim GCLC oder sei­ner Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on GCCL (auch wie­der von Hof­mann ange­führt) aktiv waren, vor Gericht gestellt und ver­ur­teilt.

Im Unter­schied zu dem Ange­klag­ten Fabi­an S. K, einem beschei­de­nen Licht, das anschei­nend nur beim GCLC den Titel „Rich­ter“ füh­ren durf­te, wur­de der rechts­extre­me Sek­ten­chef Hof­mann nach län­ge­rem Unter­tau­chen ver­haf­tet, nach Öster­reich aus­ge­lie­fert und nach kur­zer U‑Haft im Novem­ber des Vor­jah­res frei­ge­las­sen. Ohne jede media­le Auf­merk­sam­keit „konn­te (er) aus Öster­reich aus­rei­sen, ohne sich vor Gericht ver­ant­wor­tet zu haben“ (wiki.sonnenstaatland.com).

Ein Beam­ter des Kärnt­ner Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz sprach vor Gericht von 180 Per­so­nen, die an Ver­an­stal­tun­gen des GCLC teil­ge­nom­men hät­ten. Er bestä­tigt auch, dass „Rich­ter“ Fabi­an Haft­be­feh­le unter­zeich­net habe, die aber man­gels ver­füg­ba­rer She­riffs nicht voll­zo­gen wer­den konn­ten. Dann wur­den zwei wei­te­re Zeu­gen auf­ge­ru­fen, bei­de noch schwer von der ras­sis­ti­schen Ideo­lo­gie des GCLC gezeichnet.

Hel­mut F., ein Pen­sio­nist aus St. Pöl­ten, hat in einem Salz­bur­ger Pro­zess bereits eine Ver­ur­tei­lung kas­siert. Sei­ne Zeu­gen­aus­sa­ge war ein wir­res Kon­strukt aus Ver­schwö­rungs­ge­brab­bel und Fake-News. So behaup­tet er steif und fest, dass der GCLC bzw. GCCL nicht staats­feind­lich, son­dern als UNO-Bera­ter­or­ga­ni­sa­ti­on aner­kannt sei­en. Ande­rer­seits macht er Fabi­an für die Zer­stö­rung des GCLC verantwortlich.

Der nächs­te Zeu­ge, der Kärnt­ner Mar­tin S., war im GCLC, will aber dort eher nur „ermitt­lungs­tech­nisch“ bei­getre­ten sein und dem Ver­fas­sungs­schutz Infos zuge­bracht haben. Bei­de Zeu­gen und natür­lich der LVT-Mann konn­ten bestä­ti­gen, dass Fabi­an beim GCLC war und dort auch Haft­be­feh­le aus­ge­fer­tigt hat. Das war auch eine der Fra­gen an die Geschwo­re­nen, die die Schuld des Ange­klag­ten Fabi­an S. K bejah­ten. Die Stra­fe: 24 Mona­te, davon acht unbe­dingt, ist noch nicht rechtskräftig.

Wir dan­ken prozess.report für Beob­ach­tung und Bericht!

Strasshof-Korneuburg/NÖ: Verhetzung nach „Marsch für die Familie“

Ein unfrei­wil­li­ges Stell­dich­ein vor Gericht hat­te bereits am 9. Mai die von Vor­arl­berg nach Nie­der­ös­ter­reich abge­wan­der­te rechts­extre­me „Patrio­tin“ S.H.. Viel wis­sen wir über den Pro­zess­ver­lauf nicht, wir haben nur die Ant­wort des Lan­des­ge­richts auf eine schrift­li­che Anfra­ge nach dem Aus­gang der Verhandlung:

Die Ange­klag­te wur­de wegen § 283 Abs 1 Z 2 StGB für schul­dig erkannt und zu einer unbe­ding­ten Geld­stra­fe von 120 Tages­sät­zen à € 4,– (im Fall der Nicht­ein­bring­lich­ma­chung: 60 Tage Ersatz­frei­heits­stra­fe) sowie zum Ersatz der Pro­zess­kos­ten ver­ur­teilt. Das Urteil ist nicht in Rechts­kraft erwach­sen; nach Urteils­ver­kün­dung hat die Ange­klag­te vol­le Beru­fung ange­mel­det, die StA hat kei­ne Rechts­mit­tel­er­klä­rung abgegeben.

Im Vor­feld hat­te der selbst­er­nann­te „wis­sen­schaft­li­che Direk­tor“ des rechts­extre­men Wie­ner Aka­de­mi­ker­bunds Chris­ti­an Zeitz zur Unter­stüt­zung der Ange­klag­ten auf­ge­ru­fen, weil er „Polit- und Gesin­nungs­jus­tiz“ hin­ter dem Ver­fah­ren wit­ter­te. H. war wegen ver­het­zen­der Pos­tings, die sie laut Zeitz nach dem fun­da­men­ta­lis­ti­schem „Marsch für die Fami­lie“ ver­öf­fent­licht hat­te und die „den Betrei­bern und Anbe­tern der Schwu­len- und Les­ben­kul­tur auf die Ner­ven gegan­gen“ (Zeitz) sei­en, ange­klagt wor­den. Ihr Erleb­nis vor Gericht hat Frau H. unse­res Wis­sens nach noch nicht lite­ra­risch ver­ar­bei­tet. Aber wer weiß, was da noch kom­men wird!

Update 7.12.23: S.H. wur­de in der zwei­ten Instanz freigesprochen.

NÖ: Hit­ler im Railjet

Nach bis­he­ri­gen Erkennt­nis­sen hat es drei Vor­fäl­le in ÖBB-Zügen gege­ben, bei denen die Bord-Laut­spre­cher­an­la­ge geka­pert und für halblus­ti­ge bis sehr ver­stö­ren­de Durch­sa­gen miss­braucht wur­de. Bei der letz­ten der­ar­ti­gen Atta­cke in einem Rail­jet der ÖBB am Sonn­tag, 14.5.23 wur­de auf der Stre­cke zwi­schen St-Pöl­ten und Wien unter ande­rem sogar eine Hit­ler-Rede abge­spielt: Das ist NS-Wiederbetätigung.

Der Umstand, dass in die­ser Zug­gar­ni­tur zufäl­lig eine Jour­na­lis­tin des „Stan­dard“, ein Abge­ord­ne­ter der Grü­nen und der Ober­rab­bi­ner der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­de mit­fuh­ren, hat mit Sicher­heit die Ermitt­lun­gen beschleu­nigt und die Öffent­lich­keit alar­miert. Lei­der muss­te sich auch eine 91-jäh­ri­ge KZ-Über­le­ben­de, die eben­falls Pas­sa­gie­rin war, den Nazidreck anhören.

Die ÖBB haben nach die­sem letz­ten Vor­fall zunächst irri­tie­rend reagiert („tech­ni­sche Stö­run­gen“), sich dann aber rasch gefasst und neben der Anzei­ge über Twit­ter eine com­pu­ter­ge­nerier­te Durch­sa­ge von Chris Loh­ner ver­brei­tet: „Will­kom­men bei den ÖBB. Bei uns ist Platz für Frau­en, Män­ner, Kin­der, Jun­ge, Alte. Also Platz für alle Men­schen, aller Geschlech­ter, aller Reli­gio­nen und aller Kul­tu­ren. Aber bei uns gibt es kei­nen Platz für Anti­se­mi­tis­mus, Frem­den­hass, Het­ze und Aus­gren­zung.”

Inner­halb kur­zer Zeit wur­den zwei Ver­däch­ti­ge (ein Erwach­se­ner und ein Jugend­li­cher) aus­ge­forscht und vom Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz NÖ ein­ver­nom­men. „Die öster­rei­chi­schen Staats­bür­ger wer­den von der Staats­an­walt­schaft Wien nach dem Ver­bots­ge­setz ange­zeigt. Zu ihrem Motiv wur­den kei­ne Anga­ben gemacht.“ (derstandard.at, 17.5.23)