Wien: 88 auf der Stirn, dahinter braun und rassistisch
Bundesheer: Rabenbanner und Punisher als Nationalfeiertagsposse
Salzburg: Nazi-Banner zum Nationalfeiertag
Blaue G’schichten
Wien: 88 auf der Stirn, dahinter braun und rassistisch
Mit einer deftigen Strafe von dreieinhalb Jahren Haft und einer Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher hat der Angeklagte Christian D. (38 Jahre) den Wiener Gerichtssaal verlassen. Dort stand er, nachdem er am Flughafen aus Thailand nicht freiwillig zurückkehrend mit nicht übersehbaren braunen Tattoos angekommen war: eine 88 auf der Stirn, eine SS-Rune auf der linken und ein Hakenkreuz auf der rechten Wange. Ich Thailand war er geflüchtet, um dem Verfahren nach einem rassistischen Ausfall am 4. Oktober 2019 zu entkommen.
An einer Straßenbahnhaltestelle soll er einen Schwarzen mit „Da schau, ein N****” angepöbelt haben. „Mir ist egal, wie lang dein Schw*** ist. Geh zurück nach Südafrika!”, sagte er laut Anklage. Er machte einen Hitlergruß, drohte dem Opfer mit Vergewaltigung, verletzte es mit einem Kopfstoß und Tritten.“ (Heute, 29.10.21, S. 13)
D.s Verteidiger versuchte das Verhalten seines Mandanten mit dessen Drogensucht und einem Herzstillstand, nach dem er reanimiert werden musste, zu erklären, denn „seitdem ticke der Wiener anders“ (Kronen Zeitung, 29.10.21, S. 29).
Laut „Kronen Zeitung“ ereilte den vorsitzenden Richter zwischendurch eine Zornesattacke. da „im Akt ein einziges (eher untaugliches) Porträt-Foto des Angeklagten [ist], die ermittelnde Polizei hat schriftlich bestätigt, nicht fotografieren zu können“.
Das Urteil wurde zwar vom Angeklagten und dessen Verteidiger akzeptiert, ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgegeben hat.
Bundesheer: Rabenbanner und Punisher als Nationalfeiertagsposse
Eine Blamage bis auf die Knochen hat sich just am Nationalfeiertag das Bundesheer samt Pressesprecher des Verteidigungsministeriums geliefert. Das dahinterstehende Problem: Wenn es um möglichen Rechtsextremismus im Heer geht, wird offenbar gemauert.
Dabei sollte es so schön werden: Das Bundesheer stellte Imagevideos online, in die man(n) interaktiv eigene Fotos hochladen und sich so in martialisch wirkenden Einsätzen quasi reinbeamen konnte. Das nahmen auch jede Menge Menschen, vorwiegend Männer, wahr. Schließlich winkten auch Preise wie Panzerfahrten oder ein Mitmach-Tag beim Jagdkommando. Doch dann grüßte die Bundestagsabgeordnete und Rechtsextremismusexpertin Martina Renner aus Deutschland:
Servus @Bundesheerbauer @WKogler mal abgesehen von diesem unnötig martialischen Video hätte ich Fragen: Ist der Odin-Rabe offizielles Symbol des Bundesheer? Darf jede*r Soldat*in sich beliebig Patches an Uniform anbringen? Soll vllt. bewusst ein rechtes Milieu angefixt werden?
Servus @Bundesheerbauer @WKogler mal abgesehen von diesem unnötig martialischen Video hätte ich Fragen:
Ist der Odin-Rabe offizielles Symbol des Bundesheer? Darf jede*r Soldat*in sich beliebig Patches an Uniform anbringen? Soll vllt. bewusst ein rechtes Milieu angefixt werden? https://t.co/86fCnGG2WP pic.twitter.com/IqtUQnUFhh— Martina Renner (@MartinaRenner) October 26, 2021
Michael Bauer, Pressesprecher des Verteidigungsministeriums, reagierte desinformiert: Zuerst kannte er den Odin-Raben (auch „Rabenbanner“) nicht, was vorkommen kann. Dann, über Twitter aufgeklärt, vermeldete er, das Video sei wegen des Verwenden „privater Abzeichen“ vom Netz genommen worden. In die totale Verwirrung stürzte Bauer, als er mehrfach inklusive Link und Screenshot aufmerksam gemacht wurde, dass das Video über den FB-Kanal des Bundesheeres noch abrufbar sei.
Bauers Verzweiflungsschlag, den Raben-Patch mit dem Wappen des steirischen Ortes Straß zu erklären, weil der Raben-Fan in der dortigen Kaserne seinen Dienst verrichte, geriet dann endgültig zur Lachnummer auf Twitter, was den Pressesprecher dazu bewog, den Wappen-Tweet wieder zu löschen.
Am Ende steht nun eine heeresinternes Verfahren:
Gegen den Soldaten des Jägerbataillons 17 in Straß wird nun ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Allerdings nicht wegen der Bedeutung des Symbols, sondern weil es sich um ein ziviles Symbol handle, das nicht auf der Dienstkleidung getragen werden dürfe, teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Bauer, am Mittwoch mit. (derstandard.at, 27.10.21)
Auf unseren Hinweis, dass auch bei einem Foto auf der BH-Website ein Soldat mit einem anderen „privaten“ Abzeichen, dem Punisher-Logo, zu sehen ist, reagierte Bauer erst gleich gar nicht mehr. Das Foto wurde inzwischen kommentarlos von der Website entfernt.
Es bleibt allerdings die Frage, wie es möglich ist, dass ein Soldat des Bundesheeres ungehindert ein rechtsextremes Symbol spazierentragen und sogar auf einem Imagevideo zur Schau stellen kann, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre.
Salzburg: Nazi-Banner zum Nationalfeiertag
Gleich ein 15-Meter langes Transparent mit dem Text „Wollt ihr die totale Verarᛋᛋche?????“ (also mit den SS-Runen im Text) wurde am Nationalfeiertag prominent am Salzburger Mozartsteg platziert.
Das Transparent wurde allerdings verkehrt herum angebracht. Die Polizei schließt daraus, dass die Täter gestört wurden. Die Polizeiinspektion Rathaus bittet Zeugen um Hinweise unter der Telefonnummer 059133 5588 100.
Passanten haben das Plakat entdeckt und die Polizei informiert. Der Tatzeitraum wurde auf 6.30 Uhr bis 8.00 Uhr eingegrenzt. (…) Bis zum frühen Dienstagnachmittag gab es noch keine Spur zu den Tätern und auch noch keine Hinweise, wie eine Polizeisprecherin auf APA-Anfrage erklärte. (kurier.at, 26.10.21)
Während der FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl nun auch in Pandemieangelegenheiten seine Affinität zu Pferden entdeckte und ausgerechnet das für Kühe und Pferde empfohlene Entwurmungsmittel Ivermectin als medikamentöse Intervention gegen Corona empfahl, knirscht es in seiner Partei an mehreren Ecken und Enden. In Graz führte der Spesenskandal überhaupt gleich zum Rücktritt der Parteispitze, was Kickl offiziell erst gar nicht kommentierte.
Ganz in Tradition ihres Bundesparteichefs und entgegen der offiziellen Koalitionslinie tat sich in Oberösterreich die frischgebackene Zweite Landtagspräsidentin Sabine Binder als Corona-Maßnahmenkritikerin hervor.
Wenn man einen Eindruck von jemandem gewinnen will, zum Beispiel von der neuen Zweiten Landtagspräsidentin Sabine Binder von der FPÖ, schaut man unter anderem auf der Facebook-Seite nach. Binder teilt dort gerne Corona-Maßnahmenkritik der Kickl-FPÖ und plädierte auch öfter mal für „Masken weg für alle“. Zuletzt teilte Präsidentin Binder Kritik an der 3‑G-Regel am Arbeitsplatz, auch noch zwei Tage vor ihrer Kür am Samstag. Oder auch Kritik am „System Kurz“. Bei all dem dürfte sie ein großer Fan von Herbert Kickl sein. Warum all das relevant ist? Weil sie in der schwarz-blauen Regierungskoalition an der Landtagsspitze eine verantwortungsvolle Schlüsselposition hat. Die sie eher überraschend bekommen hat, nachdem die „Krone“ den Frauenmangel im künftigen Landtagspräsidium mehrmals thematisiert hatte. (krone.at, 26.10.21)
Inzwischen ist auf ihrem Facebook-Profil öffentlich einsehbar nur mehr ein Bergfoto zu bewundern.
In der blauen Bezirkspartei von St. Pölten scheint es ziemlich zu gären. Nachdem die an sich wenig zimperliche Landtagsabgeordnete Vesna Schuster bei einer Kampfabstimmung um den Sessel der Bezirksparteiobfrau gegen Martin Antauer den Kürzeren zog, sei ihr beim Gehen durch den Gang der St. Pölten Stadtrat Klaus Otzelberger auf den Fuß getreten und hätte sie gleichzeitig an der Schulter weggestoßen.
Schuster sagt, sie habe Otzelberger dann gefragt: „Bis du noch normal, was machst du da?”, dann habe sie den Saal verlassen. Etwas später sei Otzelberger noch einmal zu ihr hergekommen und habe sich entschuldigt, daraufhin habe sie ihn angeschrien.
Otzelberger schildert die Situation anders und spricht von einer „Lügenpropaganda”. Er sei nach der Wahl hektisch nach vorne gelaufen, weil er dem Gewinner Antauer etwas habe sagen müssen. „Vesna Schuster kam mir im Gang entgegen, ich probierte noch, auszuweichen, dann kollidierten wir unabsichtlich.“ (derstandard.at, 25.10.21)
Schuster sei sogar zum Arzt gegangen, der ihr eine Verletzung an der Schulter attestiert habe. Von ihren Scharmützeln ist jedenfalls jetzt auf Facebook nichts mehr zu lesen. Ihre erbosten Einträge hat Schuster gelöscht (oder auf „privat“ gestellt).
Und da wäre noch die burgenländische FPÖ, die sich, wie mehrfach berichtet sukzessive selbst zerlegt. 2020 war Ex-Landesrat Manfred Haidinger, der zuvor im März gegen Hofer als Landesparteiobmann kandidierte, wegen Unbotmäßigkeit ausgeschlossen worden.
Als eine der letzten Handlungen vor seinem Rücktritt als Landesparteichef im Oktober 2020 hatte Hofer noch seinen Parteiausschluss verfügt, weil Haidinger Schriftstücke aus internen Sitzungen an die Öffentlichkeit weitergegeben haben soll. Nachdem das Landesparteigericht den Ausschluss aufgehoben hat, wandte sich Hofers Nachfolger Petschnig an das Bundesparteigericht. (APA via diepresse.com, 4.10.21)
Das Bundesparteigericht bestätigte nun den Ausschluss. Damit ist Haidinger zumindest formal endgültig draußen.
Der „Falter” verpasste dem steirischen Nationalratsabgeordneten und Burschenschafter (aB! Oberösterreicher Germanen in Wien) Hannes Amesbauer zurecht den „Dolm der Woche”. Der kommentierte im Innenausschuss einen Antrag, dass für gewalttätige Männer, gegen die ein Betretungsverbot besteht, ein Waffenverbot zu verhängen sei, mit der angesichts von über 20 Femiziden in diesem Jahr zynischen Bemerkung: Männer seien in solchen Situationen oft die Leidtragenden. Frauenleben sind der FPÖ offenbar nur dann etwas wert, wenn die Gewalttäter mit einer ausländischen Herkunft konnotiert werden können.