Hallein/Sbg.: Hitlers Geburtstag 1
Ried-Bez. Braunau/OÖ: Hitlers Geburtstag 2
Salzburg: Hitlers Geburtstag 3
Klagenfurt: Im braunen Rausch
Mäder-Feldkirch/Vbg.: Katzenvideo & 4 Bilder
Hallein/Sbg.: Hitlers Geburtstag 1
Er sei kein Nazi, er habe sich nichts dabei gedacht, es sei eine Dummheit gewesen – Phrasen, die bei Prozessen nach dem Verbotsgesetz so oder so ähnlich immer wieder zu hören sind und deren sich auch ein 39-jähriger Halleiner bediente, als er erklären musste, wieso er über mehrere Jahre hinweg (bis 2019) abscheuliche Bilder und Videos mit NS-Bezug in einer WhatsApp-Gruppe verschickt hatte. Doch wer sich angeblich nichts dabei denkt, wenn er sich mehrfach just an Hitlers Geburtstag mit einschlägigen Geburtstagssujets wiederbetätigt, „obwohl er erklärte habe, er habe nicht gewusst, dass Hitler an diesem Tag Geburtstag hatte“ (APA, 12.1.21 via salzburg24.at), muss wohl mit einem Schuldspruch rechnen. Dem war letztlich auch so: Für 126 verschickte Sujets erhielt der Halleiner 18 Monate bedingt – rechtskräftig.
Ob die Tat in Zusammenhang mit jener Gruppe steht, die im Dezember 2019 aufgeflogen ist, ist uns nicht bekannt.
Ried-Bez. Braunau/OÖ: Hitlers Geburtstag 2
Mit einem rechtskräftigen Freispruch kam ein 38-Jähriger aus dem Bezirk Braunau davon, der „einem Bekannten über den Nachrichtendienst WhatsApp ein Foto von Adolf Hitler mit Geburtstagswünschen geschickt haben“ (Oberösterreichische Nachrichten, 15.1.21 S. 29) soll. Die Beweislage war den Geschworenen für einen Schuldspruch nicht ausreichend genug.
Salzburg: Hitlers Geburtstag 3
Er hatte eine Trafikantin mehrfach bedroht – just am 20. April. Der Anlass: Die Trafikangestellte hatte nicht akzeptiert, dass der 34-jährige aus Tunesien stammende Angeklagte seine Zigaretten auf Pump mitnehmen wollte. „‚Scheiß Jugo, geht zurück, woher du gekommen bist – Heil Hitler!‘ – Tags darauf kam er wieder in die Trafik, schrie erneut ‚Heil Hitler!‘ und dass er die Frau ‚vergasen‘ werde.“ (Salzburger Nachrichten, 15.1.21 S. L4)
Das Urteil: 15 Monate bedingt (rechtskräftig).
Klagenfurt: Im braunen Rausch
Mit Erinnerungslücken kämpfte ein 38-jähriger Kärntner, als im Prozess am Landesgericht Klagenfurt als er sich zu den Anklagepunkten äußern sollte. Neben einschlägigen Facebook-Aktivitäten ist er auch an einer Tankstelle auffällig geworden. Dort
hatte er im Jahr 2019 seine Tattoos am Unterschenkel gezeigt, den Hitlergruß gemacht und mehrmals „Heil Hitler!“ gerufen – auch als eine Zeugin angekündigt hatte, die Polizei zu verständigen. Der Angeklagte gab vor allem seiner Alkoholabhängigkeit die Schuld, bei dem Vorfall auf der Tankstelle hatte er fast 2,5 Promille. Die Tattoos habe er sich selbst gestochen, als er 16 oder 17 Jahre alt war – schon kurz danach will er aber seinen Kontakt zur Neonaziszene abgebrochen haben. Seine Taten seien vor allem im Rausch passiert. (kaernten.orf.at, 15.1.21)
Das nicht widerlegbare Argument des Richters, dass nicht einer Alkoholisierung zuschreibbar sein könne, dass er seine Tattoos jahrzehntelang gehabt habe, zudem bei ihm auch noch NS-Devotionalien gefunden wurden, führte schließlich zu einem einstimmigen Schuldspruch und 24 Monaten Haft, davon acht unbedingt (nicht rechtskräftig).
Richter Pöllinger-Sorre begründete die Strafhöhe mit den vielen Vorstrafen des Mannes, außerdem hatte dieser die Taten während einer offenen Probezeit begangen. Mildernd kamen dem 38-Jährigen sein reumütiges Geständnis und sein späteres Verhalten zugute. Der 38-Jährige nahm das Urteil an, Staatsanwalt Pirker gab keine Erklärung ab. (kaernten.orf.at)
Mäder-Feldkirch/Vbg.: Katzenvideo & 4 Bilder
Er ist ein Altbekannter in der braunen Szene Vorarlbergs: Uwe V. – vormals an führender Stelle aktiv bei Blood & Honour, dafür auch mehrfach verurteilt, mutmaßlich auch Teil von „Combat 18“, des terroristischen Arms von B&H.
Ihm wird seitens eines deutschen Recherchekollektivs nachgesagt, zusammen mit Wolfgang S. möglicherweise eine Schlüsselfigur in den Geldgeschäften des C18-Netzwerks zu sein. Belegt ist, dass V. mehrfach bei Neonazi-Meetings dabei war: etwa im Juli 2017 beim Neonazi-Festival „Rock gegen Überfremdung“ in Themar, im August 2017 beim „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ in Berlin. Auch im April 2018 soll er in Ostritz dabei gewesen sein, als sich dort eine C18-Runde traf.
Aufgrund eines Neonazi-Konzerts, das im Jänner 2018 in der Steiermark stattgefunden hatte, klopften nach mehr als einem Jahr pompös begleitet von einer Pressekonferenz Staatsschutz und Polizei in mehreren Bundesländern an eine Reihe von Haustüren – eine davon soll bei Uwe V. gewesen sein. Daraus resultierte eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft Leoben. „Eingestellt wurde das Ermittlungsverfahren unter anderem zum Verdacht der NS-Wiederbetätigung in einem Video. Darin war eine Katze zu sehen, die auf den Zuruf „Heil Hitler“ reagiert hatte.“ (Neue Vorarlberger Tageszeitung,16.1.21 S. NEUE24, 25)
Übrig blieben vier Bilder mit NS-Symbolen, die V. via WhatsApp verschickt haben soll. Nicht in Österreich, wie der Verteidiger behauptete, sondern in der Schweiz und in Deutschland – was hierzulande daher nicht strafbar ist. Und überhaupt „habe der Angeklagte keinen Vorsatz zur Verherrlichung des Nationalsozialismus gehabt“ (NVT).
Auf zwei Fotos waren Hakenkreuzfahnen zu sehen. Er habe seiner Gattin während eines Aufenthalts in der Schweiz lediglich Links zu Presseberichten geschickt, sagte der Angeklagte. Einmal sei es um Hakenkreuzfahnen gegangen, die auf einer Autobahnbrücke aufgehängt gewesen seien. Der andere Medienartikel habe sich kritisch mit Vorfällen in England befasst.
Auf den beiden anderen Bildern habe es sich um Urlaubsfotos mit Vorarlberger Kollegen aus Mallorca gehandelt, gab der Angeklagte zu Protokoll. Darauf waren auch zwei Männer mit NS-Tätowierungen zu sehen. Er habe die Fotos in seine Mallorca-Whatsappgruppe gestellt, berichtete der verheiratete Polier. Jedes Jahr mache er auf der spanischen Insel an seinem Geburtstag mit seinen Kollegen Urlaub. (NVT)
Für das Verschicken der Bilder wurde V. einstimmig freigesprochen – nicht rechtskräftig, weil der Staatsanwalt Bedenkzeit erbat.
Wir rekapitulieren: Ein vielfach (auch wegen Gewalttaten) vorbestrafter Neonazi, der noch bis zumindest 2018 an diversen Neonazi-Veranstaltungen teilgenommen hat, dem Verbindungen in eine rechtsterroristische Szene nachgesagt werden, wird nach Ermittlungen, die offenbar nicht mehr außer vier Bilder und ein Katzenvideo zutage gefördert haben, angeklagt. Im Prozess wird er freigesprochen, weil er die Bilder ganz ohne ideologische Motivation herumgeschickt hat – und das zufälligerweise nicht in Österreich. Und auch das: V. gab beim Prozess an, nun keine Beziehungen mehr in die internationale Neonazi-Szene mehr zu haben. Gesinnungswandel und Kontaktabbrüche müssen sich nach seiner Vorgeschichte also ziemlich schlagartig vollzogen haben. Aber das war beim Prozess wohl kein Thema.