Wochenschau KW 2/21

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Geburts­tags­wün­sche just am 20. April, also Hit­lers Geburts­tag, spie­len gleich bei drei Pro­zes­sen aus der ver­gan­ge­nen Woche eine Rol­le. Ein geläu­ter­ter Kärnt­ner mit Erin­ne­rungs­lü­cken und ein Alt­be­kann­ter aus der Vor­arl­ber­ger Neo­na­zi-Sze­ne (B&H, Divi­si­on 28 und C18) stan­den eben­falls vor Gericht. Der Kärnt­ner muss in Haft, der Vor­arl­ber­ger kam – über­ra­schend – straf­los davon.

Hallein/Sbg.: Hit­lers Geburts­tag 1
Ried-Bez. Braunau/OÖ: Hit­lers Geburts­tag 2
Salz­burg: Hit­lers Geburts­tag 3
Kla­gen­furt: Im brau­nen Rausch
Mäder-Feld­kir­ch/Vbg.: Kat­zen­vi­deo & 4 Bilder

Hallein/Sbg.: Hit­lers Geburts­tag 1

Er sei kein Nazi, er habe sich nichts dabei gedacht, es sei eine Dumm­heit gewe­sen – Phra­sen, die bei Pro­zes­sen nach dem Ver­bots­ge­setz so oder so ähn­lich immer wie­der zu hören sind und deren sich auch ein 39-jäh­ri­ger Hal­lei­ner bedien­te, als er erklä­ren muss­te, wie­so er über meh­re­re Jah­re hin­weg (bis 2019) abscheu­li­che Bil­der und Vide­os mit NS-Bezug in einer Whats­App-Grup­pe ver­schickt hat­te. Doch wer sich angeb­lich nichts dabei denkt, wenn er sich mehr­fach just an Hit­lers Geburts­tag mit ein­schlä­gi­gen Geburts­tags­su­jets wie­der­be­tä­tigt, obwohl er erklär­te habe, er habe nicht gewusst, dass Hit­ler an die­sem Tag Geburts­tag hat­te“ (APA, 12.1.21 via salzburg24.at), muss wohl mit einem Schuld­spruch rech­nen. Dem war letzt­lich auch so: Für 126 ver­schick­te Sujets erhielt der Hal­lei­ner 18 Mona­te bedingt – rechtskräftig.

Ob die Tat in Zusam­men­hang mit jener Grup­pe steht, die im Dezem­ber 2019 auf­ge­flo­gen ist, ist uns nicht bekannt.

Ried-Bez. Braunau/OÖ: Hit­lers Geburts­tag 2

Mit einem rechts­kräf­ti­gen Frei­spruch kam ein 38-Jäh­ri­ger aus dem Bezirk Brau­nau davon, der „einem Bekann­ten über den Nach­rich­ten­dienst Whats­App ein Foto von Adolf Hit­ler mit Geburts­tags­wün­schen geschickt haben“ (Ober­ös­ter­rei­chi­sche Nach­rich­ten, 15.1.21 S. 29) soll. Die Beweis­la­ge war den Geschwo­re­nen für einen Schuld­spruch nicht aus­rei­chend genug.

Salz­burg: Hit­lers Geburts­tag 3

Er hat­te eine Tra­fi­kan­tin mehr­fach bedroht – just am 20. April. Der Anlass: Die Tra­fik­an­ge­stell­te hat­te nicht akzep­tiert, dass der 34-jäh­ri­ge aus Tune­si­en stam­men­de Ange­klag­te sei­ne Ziga­ret­ten auf Pump mit­neh­men woll­te. „‚Scheiß Jugo, geht zurück, woher du gekom­men bist – Heil Hit­ler!‘ – Tags dar­auf kam er wie­der in die Tra­fik, schrie erneut ‚Heil Hit­ler!‘ und dass er die Frau ‚ver­ga­sen‘ wer­de.“ (Salz­bur­ger Nach­rich­ten, 15.1.21 S. L4)

Das Urteil: 15 Mona­te bedingt (rechts­kräf­tig).

Kla­gen­furt: Im brau­nen Rausch

Mit Erin­ne­rungs­lü­cken kämpf­te ein 38-jäh­ri­ger Kärnt­ner, als im Pro­zess am Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt als er sich zu den Ankla­ge­punk­ten äußern soll­te. Neben ein­schlä­gi­gen Face­book-Akti­vi­tä­ten ist er auch an einer Tank­stel­le auf­fäl­lig gewor­den. Dort 

hat­te er im Jahr 2019 sei­ne Tat­toos am Unter­schen­kel gezeigt, den Hit­ler­gruß gemacht und mehr­mals „Heil Hit­ler!“ geru­fen – auch als eine Zeu­gin ange­kün­digt hat­te, die Poli­zei zu ver­stän­di­gen. Der Ange­klag­te gab vor allem sei­ner Alko­hol­ab­hän­gig­keit die Schuld, bei dem Vor­fall auf der Tank­stel­le hat­te er fast 2,5 Pro­mil­le. Die Tat­toos habe er sich selbst gesto­chen, als er 16 oder 17 Jah­re alt war – schon kurz danach will er aber sei­nen Kon­takt zur Neo­na­zi­sze­ne abge­bro­chen haben. Sei­ne Taten sei­en vor allem im Rausch pas­siert. (kaernten.orf.at, 15.1.21)

Das nicht wider­leg­ba­re Argu­ment des Rich­ters, dass nicht einer Alko­ho­li­sie­rung zuschreib­bar sein kön­ne, dass er sei­ne Tat­toos jahr­zehn­te­lang gehabt habe, zudem bei ihm auch noch NS-Devo­tio­na­li­en gefun­den wur­den, führ­te schließ­lich zu einem ein­stim­mi­gen Schuld­spruch und 24 Mona­ten Haft, davon acht unbe­dingt (nicht rechtskräftig).

Rich­ter Pöl­lin­ger-Sor­re begrün­de­te die Straf­hö­he mit den vie­len Vor­stra­fen des Man­nes, außer­dem hat­te die­ser die Taten wäh­rend einer offe­nen Pro­be­zeit began­gen. Mil­dernd kamen dem 38-Jäh­ri­gen sein reu­mü­ti­ges Geständ­nis und sein spä­te­res Ver­hal­ten zugu­te. Der 38-Jäh­ri­ge nahm das Urteil an, Staats­an­walt Pir­ker gab kei­ne Erklä­rung ab. (kaernten.orf.at)

Mäder-Feld­kir­ch/Vbg.: Kat­zen­vi­deo & 4 Bilder

Er ist ein Alt­be­kann­ter in der brau­nen Sze­ne Vor­arl­bergs: Uwe V. – vor­mals an füh­ren­der Stel­le aktiv bei Blood & Honour, dafür auch mehr­fach ver­ur­teilt, mut­maß­lich auch Teil von „Com­bat 18“, des ter­ro­ris­ti­schen Arms von B&H.

Ihm wird sei­tens eines deut­schen Recher­che­kol­lek­tivs nach­ge­sagt, zusam­men mit Wolf­gang S. mög­li­cher­wei­se eine Schlüs­sel­fi­gur in den Geld­ge­schäf­ten des C18-Netz­werks zu sein. Belegt ist, dass V. mehr­fach bei Neo­na­zi-Mee­tings dabei war: etwa im Juli 2017 beim Neo­na­zi-Fes­ti­val „Rock gegen Über­frem­dung“ in The­mar, im August 2017 beim „Rudolf-Heß-Gedenk­marsch“ in Ber­lin. Auch im April 2018 soll er in Ost­ritz dabei gewe­sen sein, als sich dort eine C18-Run­de traf.

Auf­grund eines Neo­na­zi-Kon­zerts, das im Jän­ner 2018 in der Stei­er­mark statt­ge­fun­den hat­te, klopf­ten nach mehr als einem Jahr pom­pös beglei­tet von einer Pres­se­kon­fe­renz Staats­schutz und Poli­zei in meh­re­ren Bun­des­län­dern an eine Rei­he von Haus­tü­ren – eine davon soll bei Uwe V. gewe­sen sein. Dar­aus resul­tier­te eine Ankla­ge durch die Staats­an­walt­schaft Leo­ben. Ein­ge­stellt wur­de das Ermitt­lungs­ver­fah­ren unter ande­rem zum Ver­dacht der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung in einem Video. Dar­in war eine Kat­ze zu sehen, die auf den Zuruf „Heil Hit­ler“ reagiert hat­te.“ (Neue Vor­arl­ber­ger Tageszeitung,16.1.21 S. NEUE24, 25)

Übrig blie­ben vier Bil­der mit NS-Sym­bo­len, die V. via Whats­App ver­schickt haben soll. Nicht in Öster­reich, wie der Ver­tei­di­ger behaup­te­te, son­dern in der Schweiz und in Deutsch­land – was hier­zu­lan­de daher nicht straf­bar ist. Und über­haupt habe der Ange­klag­te kei­nen Vor­satz zur Ver­herr­li­chung des Natio­nal­so­zia­lis­mus gehabt“ (NVT).

Auf zwei Fotos waren Haken­kreuz­fah­nen zu sehen. Er habe sei­ner Gat­tin wäh­rend eines Auf­ent­halts in der Schweiz ledig­lich Links zu Pres­se­be­rich­ten geschickt, sag­te der Ange­klag­te. Ein­mal sei es um Haken­kreuz­fah­nen gegan­gen, die auf einer Auto­bahn­brü­cke auf­ge­hängt gewe­sen sei­en. Der ande­re Medi­en­ar­ti­kel habe sich kri­tisch mit Vor­fäl­len in Eng­land befasst.
Auf den bei­den ande­ren Bil­dern habe es sich um Urlaubs­fo­tos mit Vorarl­berger Kol­le­gen aus Mal­lor­ca gehan­delt, gab der Ange­klag­te zu Pro­to­koll. Dar­auf waren auch zwei Män­ner mit NS-Täto­wie­run­gen zu sehen. Er habe die Fotos in sei­ne Mal­lor­ca-Whats­ap­p­grup­pe gestellt, berich­te­te der ver­hei­ra­te­te Polier. Jedes Jahr mache er auf der spa­ni­schen Insel an sei­nem Geburts­tag mit sei­nen Kol­le­gen Urlaub. (NVT)

Für das Ver­schi­cken der Bil­der wur­de V. ein­stim­mig frei­ge­spro­chen – nicht rechts­kräf­tig, weil der Staats­an­walt Bedenk­zeit erbat.

Wir reka­pi­tu­lie­ren: Ein viel­fach (auch wegen Gewalt­ta­ten) vor­be­straf­ter Neo­na­zi, der noch bis zumin­dest 2018 an diver­sen Neo­na­zi-Ver­an­stal­tun­gen teil­ge­nom­men hat, dem Ver­bin­dun­gen in eine rechts­ter­ro­ris­ti­sche Sze­ne nach­ge­sagt wer­den, wird nach Ermitt­lun­gen, die offen­bar nicht mehr außer vier Bil­der und ein Kat­zen­vi­deo zuta­ge geför­dert haben, ange­klagt. Im Pro­zess wird er frei­ge­spro­chen, weil er die Bil­der ganz ohne ideo­lo­gi­sche Moti­va­ti­on her­um­ge­schickt hat – und das zufäl­li­ger­wei­se nicht in Öster­reich. Und auch das: V. gab beim Pro­zess an, nun kei­ne Bezie­hun­gen mehr in die inter­na­tio­na­le Neo­na­zi-Sze­ne mehr zu haben. Gesin­nungs­wan­del und Kon­takt­ab­brü­che müs­sen sich nach sei­ner Vor­ge­schich­te also ziem­lich schlag­ar­tig voll­zo­gen haben. Aber das war beim Pro­zess wohl kein Thema.