Aktion „Hate crime“: Hausdurchsuchungen bei Rechtsextremen
Bez. Oberwart/Eisenstadt: NS-Bilder und Drogenweitergabe
St. Pölten: Trauer um „Blondi“
Bez. Zwettl-Krems/NÖ: Sprachloser Staatsanwalt
Salzburg-Innviertel/OÖ: Reichsadler und Wehrmachtsspruch am LKW
Aktion „Hate crime“: Hausdurchsuchungen bei Rechtsextremen
Die insgesamt elf Hausdurchsuchungen, die unter dem Label „Aktion Hate crime“ am 10.11. in sieben Bundesländern bei Rechtsextremen durchgeführt wurden, kamen überraschend und lassen sich nur schwer einordnen. Bundesweite Razzien ausschließlich wegen Postings und Chatnachrichten? „Hauptsächlich sei es dabei um Privatpersonen gegangen. Bekannte kriminelle Netzwerke seien nicht darunter gewesen. Das Innenministerium betonte, es habe zahlreiche Anzeigen nach dem Verbotsgesetz und wegen Verhetzung gegeben“, meldet die APA. 40 Personen seien betroffen, bei zwei sind offenbar illegale Waffen gefunden worden. Das erinnert verdächtig an die unter großem Getöse veranstalteten Razzien im April 2019, als dann die Generalsekretäre von Innen- und Justizministerium vor die Kameras getreten sind und eigentlich wenig Relevantes zu berichten wussten. Bis zum März 2020 kam es noch gegen niemanden von den 95 Personen, gegen die ermittelt wurde, zu einer Anklage. In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage berichtet Justizministerin Zadić:
Gegen 21 Beschuldigte wurde das Ermittlungsverfahren mittlerweile eingestellt, und zwar in 20 Fällen von der Staatsanwaltschaft, in einem Fall über Einstellungsantrag des Beschuldigten vom Gericht. Gegen 39 Beschuldigte sind noch Ermittlungen anhängig. Hinsichtlich 35 Beschuldigter hat die Staatsanwaltschaft bereits an die Oberstaatsanwaltschaft Graz Vorhabensberichte über die beabsichtigte Enderledigung erstattet, die erst teilweise im Bundesministerium für Justiz eingelangt sind und derzeit geprüft werden.
Auch von den Hausdurchsuchungen im Mai 2020, die wohl im Umfeld von Gottfried Küssel, alpen-donau.info und „Unwiderstehlich“ stattgefunden haben, sind noch keinerlei Ergebnisse oder Schlüsse öffentlich bekannt geworden.
Bez. Oberwart/Eisenstadt: NS-Bilder und Drogenweitergabe
Für das Posten und die Weitergabe von NS-Propaganda via Facebook und WhatsApp stand in der letzten Woche ein 31-jähriger Burgenländer aus dem Bezirk Oberwart in Eisenstadt vor Gericht. Zudem ist weiteres einschlägiges Material, darunter Hitlers „Mein Kampf“ auf seinem Handy gefunden worden. Die Motive für das einschlägige Interesse des Mannes und für die Postings lesen sich etwas abenteuerlich. Er habe Scherze gemacht und „[b]ei den Postings habe er ‚einen richtig schlechten Tag gehabt‘ (…). Zudem sei er seit einem Arbeitsunfall 2013 gesundheitlich angeschlagen und könne nicht mehr in seinem bisherigen Beruf arbeiten.“ (burgenland.orf.at, 9.11.20)
Zu den Verstößen gegen das Verbotsgesetz kamen auch noch die Weitergabe von Drogen an Minderjährige und der Besitz eines Schlagrings hinzu. Das nicht rechtskräftige Urteil:14 Monate bedingt und die Anordnung für Bewährungshilfe.
St. Pölten: Trauer um „Blondi“
Recht lebhaft dürfte es beim Prozess eines 55-jährigen Niederösterreichers zugegangen sein, der sich wegen einschlägig-brauner Postings und Kommentare vor Gericht zu verantworten hatte. Nach Schilderung des „Kurier“ (11.11.20, S. 18) habe sich der Angeklagte schon vor Prozessbeginn mit seinem Verteidiger ein Wortgefecht geliefert. „‚Man wird ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen’, echauffiert sich der 55-Jährige.“
Vor Gericht ging’s dann um einen Kommentar zu einem Facebook-Posting, in dem der Mann „AH“ (Adolf Hitler) als „viel zu weich und zu gutmütig” bezeichnete.
Er, also der 55-Jährige, wäre eher „für einen härteren Typen wie Stalin gewesen“. Nicht nur die rund 7.800 Mitglieder der Gruppe lasen mit, auch der Verfassungsschutz wurde auf den Mann aufmerksam. Die Ermittler interessierten sich schließlich auch für ein Posting auf Instagram. Der mittlerweile gelöschte Eintrag zeigt Hitler und seinen Hund „Blondi”. Dazu stand geschrieben: „Wir trauern heute! Vor 75 Jahren verstorben, Blondi“. (Kurier)
Die wenig originelle Begründung für die braunen Sympathiekundgebungen: Er „wollte einen Shitstorm der Gutmenschen provozieren“. Ob er das erreicht hat, ist nicht bekannt. Den juristischen „Shitstorm“ bekam er (nicht rechtskräftig) mit 18 Monaten Haft, davon sechs unbedingt, jedenfalls ab.
Bez. Zwettl-Krems/NÖ: Sprachloser Staatsanwalt
Wenn einem Staatsanwalt zum Schluss die Worte fehlen, wie meinbezirk.at am 13.11.20 in einem Prozessbericht schildert, dann muss der vorangegangene Verhandlung entsprechend sprachlos machen. Und das war offenbar tatsächlich im Prozess gegen eine 49-jährige Frau aus dem Bezirk Zwettl der Fall. Mit „Alle einpacken und ins KZ Mauthausen bringen“ hatte die Niederösterreicherin einen Bericht zum Flüchtlingslager Traiskirchen auf Facebook kommentiert. Ihre Begründung:
Sie hätte Angst vor Asylwerbern. Das KZ sei ein frei zugänglicher Ort. Sie sei schon oft in Mauthausen gewesen und habe dort viele Jugendliche gesehen. „Die Umgebung dort ist sehr schön. Dort könnten die Asylwerber, die sich an keine Corona-Regeln halten, unter sich sein, gemeinsam Schnee schaufeln, Laub rechen oder Partys feiern. Ja, es war ein Fehler.“ „Ob sie nicht wisse, was in Mauthausen passiert sei und ob das Asylwerber nicht missverstehen könnten?“, wollte die Richterin wissen. „Ich kenne Asylwerber, die meinen Unmut verstehen. Die anderen sollen sich integrieren und sich anpassen“, antwortete die Angeklagte. (meinbezirk.at)
Dafür erntete die Frau drei Monate Haft bedingt mit dreijähriger Bewährung und die Auflage am Programm„Dialog statt Hass“ teilzunehmen. Da der Staatsanwalt sprachlos war, ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Salzburg-Innviertel/OÖ: Reichsadler und Wehrmachtsspruch am LKW
Einen „deutschen Reichsadler“ samt „Leitspruch der Wehrmacht“ (Salzburger Nachrichten,14.11.20) hatte ein 36-jähriger Innviertler auf seinem LKW aufgeklebt. Dafür und wegen NS-Propaganda auf WhatsApp gab’s vom Landesgericht Salzburg 15 Monate bedingt.