Wochenschau KW 40/20

Einen ein­deutig den Holo­caust leug­nen­den Artikel zu veröf­fentlichen und zu behaupten, nur den Titel des Artikels, nicht aber den Inhalt gele­sen zu haben – ja, das geht in Öster­re­ich als Vertei­di­gungsstrate­gie. Ob die Grund für das äußerst milde Urteil war, ist uns nicht bekan­nt. In Kärnten/Koroška wurde zu Ehren des Nazi-Funk­tionärs Hans Steinach­er ein Denkmal enthüllt.

Sibratsgfäll/Feldkirch: Nur die Über­schrift gelesen
Wels/OÖ: U‑Haft nach Aufruf zu Mord an Frauen
Villach/K: Nazi-Schmier­ereien
Wien: Staat­san­waltschaft beantragt Aus­liefer­ung von Nor­bert Hofer
Miklauzhof/Miklavčevo: Kärn­ten/Koroška im Jahr 2020

Sibratsgfäll/Feldkirch: Nur die Über­schrift gelesen

Da dürfte in der Szene Jubel aus­ge­brochen sein, beim äußerst milden Urteil gegen den 79-jähri­gen notorischen Neon­azi Wal­ter Ochens­berg­er. Nach­dem ein Prozesster­min im Som­mer wegen Nichter­scheinen des Angeklagten geplatzt ist, klappte es beim zweit­en Ver­such in der let­zten Woche.

Ochens­berg­er hat eine durchge­hend braune Kar­riere hin­ter sich, war bere­its Ende der 1967 in der recht­sex­tremen Szene aktiv, grün­dete in den 1970er-Jahren das auch inter­na­tion­al ver­triebene neon­azis­tis­che Medi­um „Sieg“, das erst nach ein­er Verurteilung von Ochens­berg­er inklu­sive zwei Jahre Haft in den 1990er-Jahren eingestellt wurde. Es fol­gten zahlre­iche weit­ere Verurteilun­gen, zulet­zt 2002 wegen Holo­caustleug­nung zu 24 Monat­en Haft, davon acht Monate unbedingt.

Nun stand der Vorarl­berg­er wieder wegen Leug­nung des Hol­caust in einem Artikel der von ihm her­aus­gegebe­nen Zeitschrift „Phoenix“, wo u.a. von der „finanziell höchst lukrative[n] Holo­caust-Lüge“ die Rede war. Das ist keines­falls orig­inell, son­dern seit Jahrzehn­ten ver­bre­it­et, orig­inell war jedoch Ochens­berg­er „Erk­lärung“ dafür. 

Der Angeklagte ver­ant­wortet sich dahinge­hend, dass er nicht wisse, wer den Artikel ver­fasst und geschickt habe. Außer­dem habe er nicht gewusst, was darin ste­he. Es sei heute üblich, nurmehr die Über­schriften zu lesen und dann den Text zu pub­lizieren. (…) Dass er den Artikel vor Veröf­fentlichung nicht las, recht­fer­tigt der Rent­ner mit dem Argu­ment, dass er keine Zeit gehabt habe. Er bekomme unendlich viel Post, die er alle durch­se­hen müsse. Er habe mit­tler­weile 7000 Büch­er in sein­er Bib­lio­thek und unglaublich viel zu tun. Die Zeitschrift „Phoenix“ erscheint mit ein­er Auflage von rund 1000 Stück vier­mal im Jahr, rund 15 Artikel oder Beiträge sind darin enthal­ten. „Titel wer­den nurmehr über­flo­gen, ich war der Mei­n­ung, es gehe um Asylpoli­tik. (Vorarl­berg­er Nachricht­en, 2.10.20)

Der Schuld­spruch erfol­gte ein­stim­mig, das Urteil ist angesichts von Ochens­berg­ers jahrzehn­te­langer Vorgeschichte als milde zu bew­erten: eine unbe­d­ingte Geld­strafe von 5040 Euro (720 Tagessätze zu je sieben Euro) und zwölf Monate Haft unbe­d­ingt – nicht rechtskräftig.

„Richter Gschwen­ter warnte den 79-jähri­gen Angeklagten am Schluss der Ver­hand­lung: Wenn er noch ein­mal einen der­ar­ti­gen Artikel veröf­fentliche, werde der 79-Jährige seinen Lebens­abend auss­chließlich im Gefäng­nis ver­brin­gen.“ (Neue Vorarl­berg­er Tageszeitung, 2.10.20, S. 22/23)

Spendenaufruf für Ochensberger über Neonazi-Blog: "Das neue Konto ... wurde wieder ohne begründung zum 30. April 2019 gekündigt. Bis einige Tage vor diesem Zeitpunkt ist eine Einzahlung möglich."

Spende­naufruf für Ochens­berg­er über Neon­azi-Blog: „Das neue Kon­to … wurde wieder ohne Begrün­dung zum 30. April 2019 gekündigt. Bis einige Tage vor diesem Zeit­punkt ist eine Ein­zahlung möglich.”

Wels/OÖ: U‑Haft nach Aufruf zu Mord an Frauen

U‑Haft wurde über einen in Wels leben­den 31-jähri­gen afghanis­chen Staats­bürg­er ver­hängt, nach­dem der über diverse Inter­net­plat­tfor­men zum Mord an Frauen aufgerufen und salafistis­ches Gedankengut ver­bre­it­et haben soll.

Der 31-Jährige ist bis Don­ner­stag ein­ver­nom­men wor­den. Am Nach­mit­tag hat die Staat­san­waltschaft dann die U‑Haft beantragt. Dem Afgha­nen, der vor acht Jahren nach Öster­re­ich gekom­men war, wer­den gle­ich mehrere Delik­te vorge­wor­fen: unter anderem Mit­glied­schaft in ein­er Ter­ro­ror­gan­i­sa­tion, Ver­het­zung und Auf­forderung zum Ter­ror­is­mus. Der Mann soll sich zur Ter­ro­ror­gan­i­sa­tion der Tal­iban bekan­nt haben. Diverse Daten­träger wur­den sichergestellt, sie wer­den jet­zt aus­gew­ertet. (nachrichten.at, 2.20.20)

Villach/K: Nazi-Schmier­ereien

Gle­ich acht Anhänger von land­wirtschaftlichen Geräten wurde mit Nazi-Parolen Hak­enkreuzen besprüht.

Im Tatzeitraum von 27.09.2020, 17:00 Uhr bis zum 28.09.2020, 08:00 Uhr verun­stal­tete ein bis­lang unbekan­nter Täter. in Vil­lach ins­ge­samt 8 land­wirtschaftliche Anhänger durch Besprühen mit einem schwarzen Lack mit Schimpfwörtern, Nazi Parolen, Hak­enkreuzen sowie die Zahl “88”. Es ent­stand ein Sach­schaden von mehreren Tausend Euro zum Nachteil ein­er 46jährigen Frau aus Vil­lach. (polizei-nachrichten.at, 30.9.20)

Wien: Staat­san­waltschaft beantragt Aus­liefer­ung von Nor­bert Hofer

Nach­dem Nor­bert Hofer im Juni bei ein­er Kundge­bung am Vil­tor-Adler-Markt gemeint hat­te, der Koran sei gefährlich­er als Coro­na, sind gegen ihn wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung und Her­ab­würdi­gung religiös­er Lehren Sachver­halts­darstel­lun­gen einge­bracht wor­den. Wie in der let­zten Woche bekan­nt wurde, hat die Staat­san­waltschaft Wien ein Ersuchen an den Nation­al­rat geschickt, ein­er behördlichen Ver­fol­gung zuzus­tim­men. Dazu müsste die Immu­nität von Hofer aufge­hoben wer­den. Eine dies­bezügliche Entschei­dung ist Mitte Okto­ber zu erwarten.

Miklauzhof/Miklavčevo: Kärn­ten/Koroška im Jahr 2020

Wenige Tage vor den Fes­tiv­itäten zu 100 Jahre Kärnt­ner Volksab­stim­mung hat sich der Kärnt­ner Heimat­di­enst (KHD) etwas Beson­deres ein­fall­en lassen: Im Kärnt­ner­ischen Miklauzhof/Miklavčevo wurde zu Ehren des Nation­al­sozial­is­ten Hans Steinach­er ein Denkmal samt Gedenk­tafel enthüllt, auf der zu lesen ist: „In Dankbarkeit wird an die großen Ver­di­en­ste von Dr. Hans Steinach­er im Abwehrkampf und der Volksab­stim­mung gedacht“ Anwe­send war auch der SPÖ-Bürg­er­meis­ter Jakob Strauß. Der hat­te sich 2014 damit aus­geze­ich­net, indem er die von ein­er bre­it unter­stützten Bürg­erini­tia­tive geforderten Anbringung ein­er zweis­prachi­gen Ort­stafel in Sielach/Sele hin­auszögerte. Noch 2017 wurde im Gemein­der­at mehrheitlich gegen die zweis­prachige Tafel votiert.

Jet­zt ist es aber soweit und die Ortschaft Sielach bekommt mit dem gestri­gen Gemein­der­ats­beschluss eine zweis­prachige Orts­beze­ich­nungstafel. Geplant ist, dass die Tafel im Zuge der Feier­lichkeit­en am 10. Okto­ber und im Bei­sein der bei­den Staat­spräsi­den­ten Alexan­der Van der Bellen und Borut Pahor, der Kärn­ten an diesem Tag einen Besuch abstat­ten wird, aufgestellt wird. (kaernten.orf.at, 25.7.20)

Ob’s auf­grund der Denkma­len­thül­lung tat­säch­lich zum Besuch des slowenis­chen Präsi­den­ten kommt, scheint nun fraglich zu sein.

Tweet zur Denkmalenthüllung

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