Innsbruck/Wels: einmal nichts, einmal unbedingte Haftstrafe wegen NS-Tattoos
Feldkirch/Deutschland: Der Tag des Herrn für Nazis
Der stille Tod von „Unser Mitteleuropa“
Tadten/B: Ciao FPÖ-Ortspartei!
WKR-Ball: Engelberg versus Guggenbichler
Mauthausen Komitee: Gedenkstättenschändung und Burschenbundball
Innsbruck/Wels: einmal nichts, einmal unbedingte Haftstrafe wegen NS-Tattoos
Während die Staatsanwaltschaft Wels die Ermittlungen gegen einen aus Deutschland stammenden angehenden Juristen wegen tätowierter Hakenkreuze und „Schwarzer Sonne“ eingestellt hat, wurden in Tirol einem 29-Jährigen NS-Tattoos zum Verhängnis:
„Wegen einer vom Träger ‚vergessenen‘ NS-Tätowierung verhängte ein Schwurgericht gestern über einen 29-Jährigen 18 Monate (12 bedingt) Gefängnis. Der Vorbestrafte war schon 2012 einem Staatsanwalt mit dem ‚Sonnenrad‘ am Arm aufgefallen, aber straffrei geblieben. Letztes Jahr kam er als Opfer im T‑Shirt ans Gericht-und wurde diesmal prompt wegen Wiederbetätigung angezeigt.“ (Tiroler Tageszeitung, 14.1.20, S. 5)
Feldkirch/Deutschland: Der Tag des Herrn für Nazis
Acht Monate bedingt und eine unbedingte Geldstrafe von 3.360 Euro, das erhielt – aufgrund einer Bedenkzeit durch den Staatsanwalt nicht rechtskräftig – ein 24-jähriger, in Deutschland bereits 2016 wegen Volksverhetzung verurteilter Germane vom Landesgericht Feldkirch nach einem Schuldspruch in zehn Anklagepunkten. „Der im Tatzeitraum im Bezirk Feldkirch lebende Deutsche hatte sich mit seinem tätowierten NS-Symbol auf der Brust fotografieren lassen und ein solches Foto auf seiner Facebookseite veröffentlicht. Zudem hat er eine SS-Fahne verschenkt und einen Kollegen fotografiert, als der den Hitlergruß machte; das Foto hat er ihm dann geschickt. Auch mit Sprachnachrichten in einer Whatsapp-Gruppe hat der Angeklagte nach Ansicht der Laienrichter den Nationalsozialismus verherrlicht. So hat der junge Mann Hitlers Geburtstag als Tag des Herrn bezeichnet und seinen Kollegen am 9.11.2018 eine frohe Reichskristallnacht gewünscht.“ (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 21.1.20)
Interessant ist noch die Bemerkung des Strafverteidigers: „Verteidiger German Bertsch sprach sich für die Beibehaltung der Zuständigkeit von Geschworenen in Prozessen nach dem Verbotsgesetz aus. Weil Hausverstand und Bauchgefühl von Bürgern bei der Einschätzung von Schuld oder Unschuld hilfreich seien.“ (NVT) Da verlassen wir uns doch lieber auf Fakten …
Der stille Tod von „Unser Mitteleuropa“
Knapp nach dem Aus der uralten neuen Aula im Oktober und vor jenem des uralten Neonazi-Blatts „National Zeitung“, deren Dahinscheiden mit Ende Dezember 2019 verlautbart wurde, hat es still und leise die weit rechtsstehende digitale Zeitung „Unser Mitteleuropa“ erwischt.
Der 2016 gegründete Blog wurde über eine ungarische Stiftung getragen, Vermutungen lauteten, dass er von Österreich aus betrieben worden war und die rechte Szene im Dreieck Deutschland (AfD) – Österreich (FPÖ) – Ungarn (Jobbik) vernetzen hätte sollen. Die Domain wurde gesperrt, das letzte FB-Posting am 6. November abgesetzt. Der Grund für dieses sang- und klanglose Verschwinden wird nirgendwo angegeben.
Apropos rechte Medien: Nachdem Facebook die Seite von „Info-Direkt“ im Oktober 2019 gelöscht hatte, erwischte es inzwischen auch den Inhaber, Geschäftsführer und Redakteur Michael Scharfmüller. Sein FB-Profil ist ebenfalls verschwunden.
Update: Die rechtsextreme Seite „Unser Mitteleuropa” ist nach viereinhalb Monaten Pause am 21. März wieder online gegangen.
Tadten/B: Ciao FPÖ-Ortspartei!
Das kommt natürlich so knapp vor der Landtagswahl nicht ganz gelegen, wenn es gleich eine ganze Ortsgruppe zerlegt, wie es im burgenländischen Tadten passiert ist. Zugegeben, Tadten ist wohl keine Metropole, die man kennen müsste, aber es wird die Landes-FPÖ doch schmerzen, wenn gleich eine gesamte Ortsgruppe, die in dem Fall aus sechs oder sieben Personen bestand, die Partei verlässt. Die Ortsparteiobfrau Silvia Burian begründete ihren Schritt mit der Bezirkspartei Neusiedl, von der Abweichler „in ein Winkerl“ gestellt würden und „Personen“, denen es „nur um ihre eigenen Plätze und Pfründe“ gehe. „Sie sei schon ‚ewig und drei Tage‘ bei der Partei: ‚Aber das, was da in der Bezirkspartei und in Neusiedl abgeht, ist schon nicht mehr schön.‘“ Von einer „schwierigen Person“ sprach indes der Landesparteisekretär über die renitente Ex-Obfrau, „weil sie einfach eine Person ist, die sich schwer tut, mit anderen zusammenzuarbeiten“. (burgenland.orf.at, 14.1.20)
Der 2018 mit ihrer Ortsgruppe ebenfalls ausgetretenen Maria Nakovits gefällt Burians Schritt, ebenfalls dem Ibiza-Shootingstar Johann Gudenus.
Aber Burians Ciao zur FPÖ könnte der Beginn einer wunderbaren neuen Parteifreundschaft werden, DAÖ strahlt aus Wien selbst bis nach Tadten …
WKR-Ball: Engelberg versus Guggenbichler
Alle Jahre wieder gibt’s die Diskussionen um den Burschenschafterball der FPÖ in der Hofburg, diesmal mischt sich sogar der jüdische ÖVP-Nationalratsabgeordnete Martin Engelberg ein – zwei Jahre lang während der türkis-blauen Koalition ist ihm dazu öffentlich hörbar nichts eingefallen. „‚Dass Identitären-Chef Martin Sellner am Akademikerball der FPÖ teilnimmt, offenbart wieder einmal, dass es innerhalb der FPÖ keine klare Haltung gegen diese Organisation gibt‘, betont Nationalratsabgeordneter der Volkspartei, Martin Engelberg.” Der Veranstalter Udo Guggenbichler konterte umgehend in einer Presseaussendung: „Engelbergs zwischen den Zeilen herauslesbare Forderung, manche Bürger von einer Teilnahme am Ball auszuschließen, halte ich für demokratiepolitisch bedenklich. Das erinnert an die späten Dreißiger-Jahre, wo unbescholtene Bürger aufgrund ihrer Religion ausgegrenzt wurden. Eine solche Vorgangsweise halte ich für gefährlich.“
Vorbei ist’s offenbar mit jeglichen Distanzierungen vom rechtsextremen Rand, wie es der damals frisch gebackene Vizekanzler Strache noch am Ball 2018 angekündigt hatte, aus ist’s ebenfalls mit der Abgrenzung von den Identitären – wohl frei nach dem Motto, „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“. Dass Guggenbichler den mörderischen Rassenwahn der Nazis mit der rechtsextremen Gesinnung von Sellner gleichsetzt, passt zu zwei wesentlichen Merkmalen der FPÖ: ihrer ausgeprägten Lernresistenz und Opferhaltung.
Mauthausen Komitee: Gedenkstättenschändung und Burschenbundball
Am 2. Jänner wurde die KZ-Gedenkstätte Mauthausen von Neonazis geschändet: Sie beschmierten das niederländische Denkmal mit Hakenkreuzen. „Das ist die vierte Schändung der Gedenkstätte in den letzten elf Jahren
“, sagt Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ). „Dieses neuerliche rechtsextreme Verbrechen an einem Ort, an dem die Nationalsozialisten 100.000 Menschen ermordet haben, müsste alle Demokraten aufrütteln. Deshalb verstehen wir nicht, dass bisher weder Landeshauptmann Stelzer noch Landespolizeidirektor Pilsl die Öffentlichkeit informiert haben: Was wird unternommen? Ermittelt der Verfassungsschutz? Konnten die Täter ausgeforscht werden? Die früheren Schändungen sind ja leider unaufgeklärt geblieben.
“
Das Mauthausen Komitee weist darauf hin, dass in Oberösterreich seit Jahren die meisten rechtsextremen Straftaten aller Bundesländer begangen werden. 2019 erhielt Landeshauptmann Thomas Stelzer gleich zwei Offene Briefe, in denen er aufgefordert wurde, für eine wirksame Bekämpfung dieser Straftaten zu sorgen. Der eine Brief kam von 91 bekannten Persönlichkeiten, unter ihnen Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Altbundeskanzler Franz Vranitzky und der frühere Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad. Den anderen Brief haben internationale Dachorganisationen von KZ-Überlebenden an Stelzer geschickt.
„Die Appelle scheinen wenig bewirkt zu haben, sonst würden Oberösterreichs Landeshauptmann und Landespolizeidirektor zum jüngsten Neonazi-Anschlag auf die Gedenkstätte Mauthausen Stellung nehmen statt ihn stillschweigend zu übergehen
“, kritisiert der MKÖ-Vorsitzende.
Dass Stelzer wieder den Ehrenschutz für den rechtsextremen Burschenbundball übernimmt, ruft im Mauthausen Komitee ebenfalls Kritik hervor. Dem Ballausschuss gehören Wolfgang Kitzmüller und Peter Hametner an. Kitzmüller wurde im Internet als Kontaktperson der Burschenschaft „Germania zu Ried“ genannt, die ein Geheimkonzert mit dem Neonazi-Liedermacher „Fylgien“ durchgeführt hat. Hametner wurde im Internet als Kontaktperson der Burschenschaft „Donauhort zu Aschach“ genannt, die als Verbindungslied das „Treuelied“ der SS singt und in ihrem „Waffenspruch“ mit „deutschen Hieben“ droht. Das sind nur zwei Beispiele für das Gedankengut der Burschenschafter.
„Der Rektor der Johannes-Kepler-Universität hat sich aus guten Gründen vom Burschenbundball zurückgezogen“, betont Mernyi.„Dass Stelzer den Ewiggestrigen trotzdem Ehrenschutz gewährt, hat wohl mit seinem schwarz-blauen Bündnis zu tun, ist aber ei
n völlig falsches Signal. So macht man den Rechtsextremismus salonfähig!
“ (Presseaussendung, 17.1.2020)