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Wochenschau KW 41

Dies­mal bewe­gen wir uns zwi­schen „lus­ti­gem Geplän­kel“ beim Aus­tausch von Nazi-Con­­tent, Haken­­kreuz-Graf­­fi­­ti „aus Lan­ge­wei­le“ bis zu einem Holo­caust­leug­ner, der sich dage­gen wehrt, von Geschwo­re­nen als zurech­nungs­fä­hig bewer­tet zu wer­den. Ein Kabi­netts­mit­ar­bei­ter von Minis­ter Kuna­sek wird sich nicht nur zu sei­nen Face­­book-Akti­­vi­­tä­­ten erklä­ren müs­sen, son­dern auch, ob und war­um er Grund­wehr­die­ner für den FPÖ-Wahl­­­kampf ein­ge­teilt hat. […]

15. Okt 2018
"Zufallsfunde" bei BVT-Hausdurchsuchungen (https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000089090991/1000132227)
"Zufallsfunde" bei BVT-Hausdurchsuchungen (https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000089090991/1000132227)

Krems: Teil­auf­he­bung eines Urteils gegen Holocaustleugner

Im März war der ehe­ma­li­ge FPÖ-Bezirks­rat Wolf­gang Fröh­lich zum wie­der­hol­ten Mal wegen Holo­caust­leug­nung zu vier Jah­re Haft und gleich­zei­ti­ger Ein­wei­sung in eine Anstalt für geis­tig abnor­me Rechts­bre­cher ver­ur­teilt worden:

Der eins­ti­ge Wie­ner FPÖ-Bezirks­rat – er war 1994 aus der Par­tei aus­ge­schlos­sen wor­den – war in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu ins­ge­samt 13 Jah­ren Haft ver­ur­teilt wor­den. Der Aka­de­mi­ker muss­te sich am Mon­tag wegen von Okto­ber 2016 bis Juli 2017 aus der Jus­tiz­an­stalt Stein ver­schick­ten Brie­fen sowie Ein­ga­ben bei Gerich­ten und Staats­an­walt­schaf­ten ver­ant­wor­ten. Die Schrei­ben rich­te­ten sich laut Ankla­ge bei­spiels­wei­se an die 183 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten sowie die Rich­ter­schaft diver­ser Gerich­te. Dar­in war unter ande­rem vom „Mythos vom Völ­ker­mord” und einer ‚Maut­hau­sen-Betrü­ger-Cli­que” die Rede.“ (APA via derstanard.at, 26.3.18)

Fröh­lichs Anwalt leg­te Nich­tig­keits­be­schwer­de ein, die Staats­an­walt­schaft Beru­fung, weil die Geschwo­re­nen ent­ge­gen einem psych­ia­tri­schen Gut­ach­ten den Ange­klag­ten für zurech­nungs­fä­hig hiel­ten. Der Obers­te Gerichts­hof hob nun das Urteil teil­wei­se auf, die Fra­ge der Zurech­nungs­fä­hig­keit ist neu zu ver­han­deln. „’In der Haupt­ver­hand­lung vor­ge­kom­me­ne Ver­fah­rens­er­geb­nis­se, die die Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen in Fra­gen stel­len und die Annah­me der Lai­en­rich­ter stüt­zen, sind nicht ersicht­lich’, hieß es in der OGH-Ent­schei­dung. Die auf­ge­ho­be­nen Tei­le des Ver­fah­rens müs­sen nun neu­er­lich vor einem Geschwo­re­nen­ge­richt in Krems ver­han­delt wer­den.“ (NÖN, 9.10.18)

Faksimile, Quelle: das neonazistische Online-Lexikon Metapedia, Zitat Metapedia: „Wolfgang Fröhlich, Friedrich Töben und Herbert Schaller auf der Holocaust-Konferenz 2006.“ (in Teheran, Iran)
Fak­si­mi­le, Quel­le: das neo­na­zis­ti­sche Online-Lexi­kon Metape­dia, Zitat Metape­dia: „Wolf­gang Fröh­lich, Fried­rich Töben und Her­bert Schal­ler auf der Holo­caust-Kon­fe­renz 2006.“ (Anmk.: in Tehe­ran, Iran)

Loosdorf/Emmersdorf/St. Pöl­ten: Aus­tausch von Nazi-Paro­len und ‑Bil­dern

Zwei 21-Jäh­ri­ge hat­ten als „lus­ti­ges Geplän­kel“ – so die Anga­be der bei­den jun­gen Män­ner vor einem Geschwo­re­nen­ge­richt in St. Pöl­ten: „Ihren Aus­sa­gen nach sei man über das The­ma Wirt­schafts­kri­se zum The­ma Asyl­pro­ble­ma­tik gekom­men und weil einer der bei­den Bur­schen sich gegen die Ein­wan­de­rung aus­sprach, habe der ande­re ihn als ‚Nazi’ bezeich­net. Dar­aus habe sich ein Dia­log ent­wi­ckelt, in dem ‚Heil Hit­ler’, ‚Nazi’ oder auch ‚Jude’ vor­kam. Zum Geburts­tag schick­te einer dem ande­ren Glück­wün­sche mit den Wor­ten: ‚Heil Hit­ler, mein Kame­rad, alles Gute!’“(meinbezirk.at, 10.10.18) Das Gericht sprach bei­de schul­dig, der Rich­ter ver­häng­te eine beding­te Frei­heits­stra­fe von sechs Mona­ten (rechts­kräf­tig).

Eisen­stadt: Wegen Ver­het­zung Ver­ur­teil­ter pos­tet jetzt nur noch übers LKW-Fahren

Man sol­le Mus­li­me mit Schnaps erträn­ken und mit Schwei­ne­schmalz ein­rei­ben, mein­te ein 41-jäh­ri­ger Bur­gen­län­der auf Face­book und stand dafür in Eisen­stadt vor Gericht. Das war jedoch nicht zum ers­ten Mal, schon im Mai fass­te er eine Stra­fe wegen eines ähn­li­chen Delikts aus. Zur beding­ten Stra­fe von acht Mona­ten und einer Geld­stra­fe in der Höhe von 4.800 Euro kamen nun – nicht rechts­kräf­tig – drei Mona­te bedingt hin­zu. „Als Rich­te­rin Hal­per-Prau­ni­as ihm sei­ne ein­schlä­gi­ge Ver­ur­tei­lung vor­hielt, mein­te der 41-Jäh­ri­ge, er habe sich inzwi­schen näher über den Islam infor­miert. ‚Ich habe den Feh­ler gemacht, zu ver­all­ge­mei­nern’, sag­te er. Seit sei­ner Ver­ur­tei­lung im Mai schrei­be er auf Face­book nur noch übers Lkw-fah­ren, nicht mehr über den Islam.“ (APA, 10.10.18 via diepresse.com) Guter Vor­satz, viel­leicht kom­men irgend­wann auch Pos­tings übers Rad­fah­ren hinzu?

Hart­berg: Nazi-Sym­bo­le in zwei Parks

In zwei Parks wur­den in Hart­berg Nazi-Sym­bo­le ange­bracht: „Haken­kreu­ze und natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Zei­chen, wie die Num­mer 88 (Heil Hit­ler) oder die Buch­sta­ben SS (Schutz­staf­fel). Mit wei­ßem Lack­stift zeich­ne­ten Unbe­kann­te auf eine Holz­bank bei der Bus­hal­te­stel­le in der Forst­gar­ten­gas­se ein natio­nal­so­zia­lis­ti­sches Sym­bol. Auf einem Baum und in eine Stein­mau­er beim Rochus­park wur­de ein Haken­kreuz eingeritzt. 
Neben Abkür­zun­gen wie ACAB (All Cops Are Bas­tards) und ‚Sch­eis Öster­rei­cher’ taucht auch die Zahl 187 immer wie­der im Park und beim Euro­s­par in der Bahn­hofs­stra­ße auf Wän­den auf. Bei die­ser Zah­len­kom­bi­na­ti­on han­delt es sich um einen Para­gra­fen des kali­for­ni­schen Straf­ge­setz­bu­ches, in dem die Straf­tat Mord behan­delt wird. Jugend­grup­pen ver­wen­den die Codie­rung als Drohung.
Ihre Spu­ren hin­ter­lie­ßen auch die Iden­ti­tä­ren, eine rech­te poli­ti­sche Grup­pie­rung, in der Bezirks­haupt­stadt. Mit Paro­len, wie etwa „Wehr dich, es ist dein Land“ oder „Mas­sen­ein­wan­de­rung stop­pen“ und ihrer Inter­net­adres­se kle­ben sie mal im Hoch­for­mat mal quer auf Mist­kü­bel oder Stra­ßen­la­ter­nen.“ (kleinezeitung.at 10.10.2018) Über­ra­schend die Reak­ti­on des Hart­ber­ger Bür­ger­meis­ters: Er weiß noch nicht, ob die Gemein­de eine Anzei­ge gegen Unbe­kannt wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ein­brin­gen wird. Was ihn dar­an hin­dert, wur­de in den Medi­en nicht aus­ge­führt. Klar scheint, dass in Hart­berg eine rechts­extre­me Sze­ne aktiv ist. Die Gemein­de soll­te sich damit inten­siv auseinandersetzen.

Zelt­weg: Sach­be­schä­di­gung und Ver­ge­hen nach dem Verbotsgesetz

„Als Motiv dürf­te Lan­ge­wei­le in Betracht kom­men“, ent­neh­men wir einer Poli­zei­mel­dung vom 11.10.18 zu einer aus­ge­forsch­ten Jugend­ban­de, die sich in Zelt­weg auf unge­wöhn­li­che Wei­se die Zeit ver­trie­ben hat: „Nach umfang­rei­chen Erhe­bun­gen der Poli­zei­in­spek­ti­on Zelt­weg wur­den nun fünf Ver­däch­ti­ge zwi­schen 13 und 18 Jah­ren aus­ge­forscht. Die Unmün­di­gen und Jugend­li­chen sprüh­ten dabei mit Farb­do­sen Graf­fi­tys (auch Haken­kreu­ze) auf Gebäu­de und auf eine Kir­che. Wei­ters beschä­dig­ten sie abge­stell­te Fahr­rä­der und setz­ten einen Mist­kü­bel in Brand. Die Höhe des Sach­scha­dens steht noch nicht fest. Alle Taten ereig­ne­ten sich in Zelt­weg. Beim ver­mut­li­chen Rädels­füh­rer han­delt es sich um einen 14-Jäh­ri­gen aus dem Bezirk Mur­tal.“ War­um „aus Lan­ge­wei­le“ aus­ge­rech­net Haken­kreu­ze gesprüht wur­den, wird hof­fent­lich vor Gericht geklärt werden.

Wien: FPÖ-Wahl­kampf­hil­fe beim Bundesheer

Mit einer Par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge zu zwei sei­ner Kabi­netts­mit­ar­bei­ter ist Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Mario Kuna­sek kon­fron­tiert. Nun tauch­ten neue Unge­reimt­hei­ten zu Man­fred Reindl auf. Laut Bericht im Stan­dard gab ein ehe­ma­li­ger Grund­wehr­die­ner an, er habe im Natio­nal­rats­wahl­kampf 2006 auf Anord­nung des dama­li­gen Unter­of­fi­ziers Reindl FPÖ-Aus­sen­dun­gen adres­sie­ren, kuver­tie­ren und zur Post­leit­stel­le der Kaser­ne brin­gen müs­sen. Stellt sich die Fra­ge, ob das Bun­des­heer die Post­ge­bühr auch noch bezahlt hat.

Wien: Zufalls­fun­de bei BVT-Hausdurchsuchungen

Bei der Befra­gung im BVT-U-Aus­schuss gab die Staats­an­wäl­tin Ursu­la Schmu­der­may­er Hans-Jörg Jene­wein eine viel­leicht ihn über­ra­schen­de Ant­wort auf sei­ne Fra­ge nach „Zufalls­fun­den“ bei den Hausdurchsuchungen:

„FP-Frak­ti­ons­chef Hans-Jörg Jene­wein ließ sich von Schmu­der­may­er bestä­ti­gen, dass die Haus­durch­su­chung im BVT auch zu ‚Zufalls­fun­den’ geführt hat. Aller­dings nicht, wie Jene­wein ver­mu­te­te, im Zusam­men­hang mit Mob­bing und sexu­el­ler Beläs­ti­gung. Viel­mehr wur­den bei einem Beschul­dig­ten Fotos gefun­den, wegen denen die Staats­an­walt­schaft Wien gebe­ten wur­de, den Ver­dacht der Ver­het­zung und der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung zu klären.“

Um es genau­er zu beschrei­ben: Schmu­der­may­er sprach von 20 Bil­dern, die auf dem Han­dy (eines Ver­fas­sungs­schüt­zers) gefun­den wor­den sei­en und den Tat­be­stand 3g Ver­bots­ge­setz und Ver­het­zung erfül­len könnten.

"Zufallsfunde" bei BVT-Hausdurchsuchungen (https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000089090991/1000132227)
„Zufalls­fun­de” bei BVT-Haus­durch­su­chun­gen (https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000089090991/1000132227)

Henndorf/Wallersee: Par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge zu brau­nen Umtrie­ben am See

Wir haben davon bereits berich­tet, dass sich am Wal­ler­see mys­te­riö­se Umtrie­be mit angeb­li­cher Betei­li­gung von FPÖ-Funk­tio­nä­ren abspie­len sol­len. Nun hat die SPÖ-Abge­ord­ne­te Sabi­ne Schatz dazu eine Par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge an Jus­tiz­mi­nis­ter Moser gestellt, in der sie geklärt haben will, wohin eine Anzei­ge ver­schwun­den ist: „Es gibt bekannt­lich auch eine anony­me Anzei­ge an die Staats­an­walt­schaft Salz­burg, deren Ver­bleib jedoch unklar ist. Schatz  will wis­sen, ob die Sach­ver­halts­dar­stel­lung bei der Ankla­ge­be­hör­de ein­ge­gan­gen ist. Und falls nicht, ob auf­grund des SF-Berichts Ermitt­lungs­hand­lun­gen gesetzt wur­den. Es hand­le  sich um Ver­stö­ße gegen das Ver­bots­ge­setz, wenn ‚der  deut­sche Gruß gezeigt’ wer­de oder Geschen­ke und Sport­ge­rä­te mit NS-Insi­gni­en kur­sier­ten.“ (Salz­bur­ger Fens­ter, 8.10.18)

Inns­bruck: Ver­ur­tei­lung eines Ex-FPÖ-Politikers

In Inns­bruck fand letz­te Woche der Pro­zess gegen den ehe­ma­li­gen Ims­ter FPÖ-Bezirks­par­tei­ob­mann Wolf­gang Neururer statt, der mit einer Ver­ur­tei­lung wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ende­te. Mit ihm und der Ims­ter FPÖ wer­den wir uns in einem geson­der­ten Bei­trag beschäftigen.

Das rech­te Wort der Woche

„Mei­ne ers­te Über­le­gung war: Das ist jetzt der Tag X, von dem in der Sze­ne immer gespro­chen wur­de – wenn sie an die Macht kom­men, dann hän­gen sie als ers­tes die Staats­po­li­zei auf und als nächs­tes die Jus­tiz.“ (Sybil­le G., Lei­te­rin des Extre­mis­mus­re­fe­rats im BVT im BVT-U-Aus­schuss zur Razzia)

Reak­ti­on:

„Ich fin­de es in der Tat erschüt­ternd, wenn Men­schen bei der Poli­zei arbei­ten, die offen­sicht­lich von Wahn­vor­stel­lun­gen geplagt wer­den.“ (Chris­toph Pöchin­ger, Unter­neh­mens­be­ra­ter, wegen ille­ga­ler Par­tei­en­fi­nan­zie­rung ver­ur­teil­ter Ex-Pres­se­spre­cher von Ex-Jus­tiz­mi­nis­te­rin Karin Gastin­ger – BZÖ)