Wochenschau KW 22

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Am Wochen­en­de bzw. an Fei­er­ta­gen berich­ten wir seit dem Neu­start nur zu beson­de­ren Anläs­sen. Das führt dazu, dass der Wochen­rück­blick, bei dem wir ein­sam­meln, was von der Vor­wo­che „übrig“ geblie­ben ist, zuse­hends umfang­rei­cher wird. Aus der ver­gan­ge­nen Woche kom­men unter ande­rem Berich­te zu den Iden­ti­tä­ren, einem Ver­bots­pro­zess in Ried, einem neu­en „Ein­zel­fall“ in der FPÖ und dem Abbruch des Ver­fah­rens gegen Fried­rich Felzmann.

Graz-Stiwoll: Verfahren abgebrochen
Facebook sperrt Identitäre aus – Verhandlung in Graz
Braunau-Ried/OÖ: Dermatologisches Gutachten für „88“
Schlitters/T: Nazi-Schmierereien
Wien: Rechtsextremes Grüppchen verliert sich bei Demo
Kapfenberg/Stmk: Wieder ein FPÖ-Einzelfall

Graz-Stiwoll: Verfahren abgebrochen

Sie­ben Mona­te nach dem Dop­pel­mord in Sti­woll, wo der mut­maß­li­che Täter am 29. Okto­ber 2017 zwei Nach­barn aus dem Hin­ter­halt getö­tet und eine Frau schwer ver­letzt hat, wird das Ver­fah­ren gegen Fried­rich Felz­mann abge­bro­chen. Obwohl eine Beloh­nung in der Höhe von 5.000 Euro aus­ge­lobt und zunächst mit mas­si­vem Poli­zei­ein­satz nach dem flüch­ti­gen Felz­mann gesucht wur­de, sind bis­her anschei­nend kei­ne rele­van­ten Hin­wei­se auf ihn bekanntgeworden.

Wäh­rend der Alt­bür­ger­meis­ter von Sti­woll ver­mu­tet, dass Felz­mann nach wie vor am Leben ist, tei­len die Ermitt­lungs­be­hör­den die­se Ansicht offen­bar nicht. Trotz Abbruch des Ver­fah­rens blei­ben die euro­pa­wei­te Fahn­dung nach Felz­mann und auch der Haft­be­fehl auf­recht – das Ver­fah­ren kann jeder­zeit wie­der auf­ge­nom­men wer­den.

Mit dem Haken­kreuz­bus durch Graz, (© „pri­vat“)

Felz­mann ist vor dem Dop­pel­mord dadurch auf­ge­fal­len, dass er im Juni 2016 mit einem Klein­bus mit der Auf­schrift „Heil Hit­ler“ durch Graz gefah­ren ist – nicht zum ers­ten Mal. Felz­mann, der nicht nur bes­te Kon­tak­te zu diver­sen rechts­extre­men Grup­pen wie Pegi­da und Team 69 unter­hielt, war auch mit Josef Rie­mer, dem FPÖ-Abge­ord­ne­ten immer­hin so gut befreun­det, dass der ihm „lie­be Geburts­tags­grü­ße” übermittelte.

Facebook sperrt Identitäre aus – Verhandlung in Graz

Face­book hat in den letz­ten Tagen vie­le Sei­ten der rechts­extre­men Iden­ti­tä­ren aus sei­nem Netz­werk sowie aus dem Foto-Dienst Insta­gram aus­ge­sperrt: „Orga­ni­sa­tio­nen oder Per­so­nen, die orga­ni­sier­ten Hass ver­brei­ten, sind weder auf Face­book noch auf Insta­gram erlaubt”, erklär­te eine Spre­che­rin von Face­book der Nach­rich­ten­agen­tur dpa.

Die Löschun­gen betra­fen zunächst nur die wich­tigs­ten Sei­ten. Mitt­ler­wei­le wur­den aber auch in Öster­reich fast alle regio­na­len und loka­len Sei­ten gelöscht bzw. zuvor von Use­rIn­nen gemel­det. Gegen ins­ge­samt 17 Akti­vis­tIn­nen der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung Öster­reich wur­den in den letz­ten Mona­ten Ermitt­lun­gen wegen Bil­dung einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung, Ver­het­zung, Nöti­gung und Sach­be­schä­di­gung geführt. Schon vor­her wur­de gegen Iden­ti­tä­re wegen Ver­stö­ßen nach dem Finanz­straf­ge­setz Ermitt­lun­gen geführt. Jetzt ist auch schon der Start der auf meh­re­re Wochen geplan­ten Ver­hand­lung klar: Ab 4. Juli wird vor dem Straf­lan­des­ge­richt Graz gegen zehn Iden­ti­tä­re wegen Bil­dung einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung und Ver­het­zung verhandelt.

Braunau-Ried/OÖ: Dermatologisches Gutachten für „88“

Vor dem Lan­des­ge­richt Ried muss­te sich die­ser Tage einer ver­ant­wor­ten, der in Neo­na­zi-Krei­sen fest ver­an­kert ist. Da wäre zunächst ein­mal der nicht straf­re­le­van­te Umstand, dass das fami­liä­re Umfeld eben­falls bes­tens in der ein­schlä­gi­gen Brau­nau­er Sze­ne bes­tens inte­griert ist. Der Ange­klag­te (35) kann bereits auf eini­ge Akti­vi­tä­ten zurück­bli­cken, die ihn bei uns bekannt gemacht haben. Schon vor Jah­ren war er ein beken­nen­der Fan der mili­tan­ten „Akti­ons­grup­pe Pas­sau – Natio­na­le Sozia­lis­ten“, spä­ter oute­te er sich als Fan des Nazi-Bar­den Phil­ip Tsch­ent­scher, auch bekannt als „Reichs­trun­ken­bold“, der 2014 in Kor­neu­burg drei Jah­re wegen Wie­der­be­tä­ti­gung aus­ge­fasst hat.

Jetzt muss­te sich J.R. vor dem Lan­des­ge­richt Ried im Inn­kreis wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ant­wor­ten, weil bei einer Ein­ver­nah­me der auf­merk­sa­men Poli­zis­tin das Tat­too mit der „88“ am Hand­bal­len auf­ge­fal­len war. Es ist nicht das ein­zi­ge pro­ble­ma­ti­sche Tat­too des Ange­klag­ten, denn am Ober­schen­kel trägt er noch einen „Hit­ler“ mit sich her­um. Der bzw. das Tat­too von ihm ist aber nicht ange­klagt, son­dern die „88“, bei der nicht klar ist, ob er sie nach der Ein­ver­nah­me noch ver­än­dert hat, sprich erblas­sen ließ.

In der Fami­lie des Ange­klag­ten sehr beliebt: die 88

Das soll jetzt über ein der­ma­to­lo­gi­sches Gut­ach­ten geklärt wer­den, berich­ten die „Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten“.

Schlitters/T: Nazi-Schmierereien

In der Nacht auf Pfingst­mon­tag wur­den in der Gemein­de Schlit­ters im Bezirk Schwaz beim Bade­see etli­che Gegen­stän­de (Spiel­ge­rä­te, Sitz­bän­ke, Infor­ma­ti­ons­schil­der) mit Haken­kreuz und Nazi-ande­ren Nazi­sprü­chen beschmiert. Ein kur­zer Foto­be­richt auf der Face­book-Sei­te der „Bezirks­blät­ter Schwaz“ führ­te zu eini­gen dümm­li­chen und ver­harm­lo­sen­den Kom­men­ta­ren, auf die dann in einem Kom­men­tar geant­wor­tet wur­de. Bis­her gibt es kei­ne Erkennt­nis­se zu den Tätern.

Wien: Rechtsextremes Grüppchen verliert sich bei Demo

Auch die publi­zis­ti­sche Auf­mun­te­rung durch „unzensuriert.at“ kann nicht ver­de­cken, dass der zwei­te Auf­marsch „Kan­del ist über­all“, der am 2. Juni in Wien statt­fand, völ­lig in die Hose ging. Wäh­rend bei der ers­ten Kan­del-Demo in Wien im April noch geschätz­te 150 Demons­tran­tIn­nen für Frem­den­feind­lich­keit und Ras­sis­mus demons­trier­ten, folg­ten dies­mal nur zwi­schen 60 und 80 dem Auf­ruf der „Patrio­ten für Hei­mat und Tra­di­ti­on“ des Georg Nagel.

Die Ver­an­stal­ter, die einen deut­li­chen Zuwachs gegen­über der April-Demo erhofft haben, flüch­te­ten sich in selt­sa­me Aus­re­den: das schö­ne Wet­ter, das Län­der­match Öster­reich-Deutsch­land, das lan­ge Wochen­en­de usw.. Für das Pro­pa­gan­da­or­gan „unzensuriert.at“ war der Spa­zier­gang, der mit so sin­ni­gen Paro­len wie „Unse­re Kin­der haben ein Recht auf Hei­mat“ durch­ge­führt wur­de, trotz­dem „erneut erfolg­reich“. Über den Höhe­punkt des Auf­mar­sches, den ziem­lich ver­un­glück­ten Ver­such, die öster­rei­chi­sche Bun­des­hym­ne abzu­sin­gen, ver­schwieg sich „unzen­su­riert“ lei­der. Weil’s mit der öster­rei­chi­schen Hym­ne nicht klapp­te, sang (?) das Grüpp­chen dann die deut­sche. Die kann­te man etwas bes­ser, aber auch nicht wirk­lich. Macht wei­ter so!

Kapfenberg/Stmk: Wieder ein FPÖ-Einzelfall

Diet­mar Mühl­böck, der Tiro­ler Blog­ger, der schon Wer­ner Königs­ho­fer (Ex-FPÖ-Abge­ord­ne­ter) viel Kum­mer berei­tet hat, hat jetzt bei dem Kap­fen­ber­ger FPÖ-Mann und Innen­mi­nis­te­ri­ums­be­am­ten Manu­el Kam­per Vide­os mit einem Modell­flug­zeug ent­deckt, das mit einem Haken­kreuz bedruckt ist. Bei dem Modell­flug­zeug han­delt es sich um eine ME 163, ein Modell, das heu­te laut „pro­fil“ (4.6.18) natür­lich nur ohne Haken­kreuz ver­trie­ben wird. Mühl­böck hat Anzei­ge nach dem Ver­bots- und Abzei­chen­ge­setz erstat­tet. Von Kam­per, der auch eine Web­sei­te mit Blog und ein Face­book-Pro­fil betreibt, gibt es bis­lang kei­ne Stel­lung­nah­me – aller­dings sind die Vide­os auf sei­nem You­Tube-Kon­to mitt­ler­wei­le gelöscht.