Marco Wagner, die Nazi-Gesänge und sein gebräunter „Hawara“

Lesezeit: 4 Minuten

Mar­co Wag­ner ist ein Star, genau­er gesagt, wird er als sol­cher bezeich­net: You­tube-Star, Face­book-Star sind die Bezeich­nun­gen, die über ihn zu lesen sind. Wir geste­hen: Uns war er bis vor kur­zer Zeit unbe­kannt, und wir hät­ten auch kei­ner­lei Anlass gese­hen, uns mit ihm zu beschäf­ti­gen. Dann kam aber ein Video, in dem Wag­ner laut­hals mit ande­ren im Chor grölt: „Adolf Hit­ler, Du gei­le Sau!“ Also haben wir den Inter­net-Star Wag­ner etwas näher unter die Lupe genommen.

Wag­ner hat vie­le Fans auf Face­book, wo er als Berufs­be­zeich­nung „Komi­ker“ angibt. Nicht unter­halt­sam ist aller­dings, dass ein Video von ihm auf­ge­taucht ist, im dem zu hören ist, wie er zusam­men mit ande­ren nicht unter­halt­sa­men Her­ren Nazi-Tex­te grölt. Wag­ner ging in die Offen­si­ve, stell­te ein Video von sich auf Face­book, in dem er – von einem beträcht­li­chen Maß an Selbst­mit­leid geprägt – unschul­dig von sich gab, er wäre so betrun­ken gewe­sen, dass er kei­ne Erin­ne­rung an den Vor­fall habe und dass er nun dem Alko­hol­ge­nuss auf immer und ewig abschwö­ren wür­de. Denn, so Wag­ner: „I woar jetzt a poar Tog fischen in Ungarn mit meim Hawa­ra …“ Dort habe er ein paar Deut­sche ken­nen gelernt, „lie­be Leu­te“, und die haben begon­nen, rech­te Lie­der zu sin­gen – „so mit Adolf Hit­ler und so“. Er, Wag­ner, wür­de sol­che Lie­der nie im nüch­ter­nen Zustand sin­gen, er schä­me sich dafür. Eige­nen Anga­ben nach, erstat­te­te Wag­ner Selbstanzeige.

Vor etwa zwei Jah­ren geriet Wag­ner ins Kreuz­feu­er der Kri­tik, nach­dem er ein Inter­view mit dem dama­li­gen Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten Nor­bert Hofer ins Netz gestellt hat­te, was den Fal­ter dazu ver­an­lass­te, einen Kom­men­tar mit dem Titel „Win-Win: Der Hof­narr und der Hofer“ zu ver­öf­fent­li­chen: „Hofer, ein frei­heit­li­cher Rhe­to­rik­pro­fi, koch­te den jun­gen Stei­rer nach allen Regeln der Kunst ein. Er brauch­te kei­ne sie­ben Minu­ten, bis der Inter­view­er ihm zuju­bel­te: ‚Sie erzäh­len das jetzt so offen her­aus, ich find das ja sym­pa­thisch, weil das zeigt, dass sie ein ganz nor­ma­ler Mensch sind.’”

Im Novem­ber 2017 beklag­te sich Wag­ner bit­ter dar­über, dass er „immer mehr und immer öfter als vul­la Rech­ter abge­stem­pelt“ wer­de. Dar­in drückt er sein Unver­ständ­nis u.a. dar­über aus, dass man nicht stolz sein kön­ne auf sein Hei­mat­land, ohne als Rech­ter bezeich­net zu wer­den, um sich schluss­end­lich dar­über zu empö­ren, als Rech­ter bezeich­net zu wer­den, nur weil er ein Lied von den Böh­sen Onkelz bei einem Auf­tritt zum Bes­ten gege­ben hat: “Natür­lich, Böh­se Onkelz haben eine Ver­gan­gen­heit und Bla­bla­bla. Oba I bin a Rech­ta, weil I a Liad von de sing … Seids ihr kom­plett depp­at? … Ihr wisst’s jo goar net, wos a Rech­ta is, Ihr Vull­trottl.” (Sei­ne wei­te­ren Aus­füh­run­gen dazu erspa­ren wir uns hier. Aber die FPÖ wird Wag­ner ob sei­nes „gesun­den Haus­ver­stands“, wie es Wag­ner für sich in Anspruch nimmt, wohl ähn­lich lieb haben wie den EU-Bau­ern Tisal.)

Wag­ner Pos­ting „Bin kei Rechter”

Und nun, nach­dem der Haus­ver­stands­be­sit­zer so völ­lig zu Unrecht als Rech­ter titu­liert wur­de, tau­chen sei­ne Nazi-Gesän­ge im Netz auf. Aber nicht genug damit: Eher im Ver­bor­ge­nen blieb ein Foto, das mög­li­cher­wei­se der von Wag­ner zitier­te „Hawa­ra“ auf sei­nem Face­book-Account ver­öf­fent­lich­te und von Wag­ners besag­ten Auf­ent­halt in Ungarn stammt.

Das Foto, über­ti­telt mit „Privatsession.….yeaaaah.…“, zeigt Wag­ner in feucht­fröh­li­cher Stim­mung mit Chris­ti­an R.

Bemer­kens­wert ist das T‑Shirt von R., das die Auf­schrift „Son­nen­stu­dio 88“ trägt und vom Neo­na­zi-Ver­sand „Natio­na­les Ver­sand­haus“ stammt. Hät­te sich R. uns auch umge­dreht gezeigt, wäre auf der Rück­sei­te des Shirts zu lesen gewe­sen: „Auch ohne Son­ne braun“

R. hat sich offen­bar in Ungarn nie­der­ge­las­sen, um dort als Päch­ter (oder Mit­ar­bei­ter des Päch­ters) eines Fisch­teichs sein Leben zu ver­din­gen – um’s neu­mo­dern zu sagen: Er ist ein klas­si­scher Wirt­schafts­flücht­ling. Aber, wie es sich für stol­ze Patrio­ten gehört, zele­briert R. auch im Aus­land sein Österreichertum.

Sei­nen FB-Pos­tings nach, erfüllt R. alle Kli­schees, die rech­ten Recken zuge­schrie­ben wer­den: Er ist „Dad­dy“ von zwei Kin­dern, näm­lich Bull­ter­ri­ern, die er lie­be­vollst pflegt. Was R. gar nicht mag: Flücht­lin­ge, Van der Bel­len und die ORF-Zwangs­ge­büh­ren, dafür mag er aber Nor­bert Hofer und vor allem Täto­wie­run­gen. Als „Bonus“ dür­fen wir sei­ne Fin­ger bestau­nen, auf die er sich einen sti­li­sier­ten Bull­ter­ri­er, „666“ und ein Pen­ta­gramm ein­gra­vie­ren ließ. Die letz­te­ren bei­den Zei­chen wer­den als sata­ni­sche Sym­bo­le ger­ne von der neo­na­zis­ti­schen Sze­ne verwendet.

Aber, frei nach Mar­co Wag­ner, sind wir ver­mut­lich „Vull­trottl“, die goar net wis­sen, wos a Rech­ta is …