Der Fall Gudenus
Der ehemalige Nationalratsabgeordnete und Bundesrat der FPÖ, John Gudenus, ging wohl als bekanntestes Beispiel fragwürdiger Positionen zur NS-Vergangenheit und mehrfachen Kontakts mit dem Verbotsgesetz in die Geschichte der FPÖ ein, da er mehr als einmal in Interviews die Existenz von Gaskammern in Frage stellte. Gudenus Ablehnung des Verbotsgesetzes ist bis in die 1990er Jahre zurück verfolgbar, da er bereits 1992 eine entsprechende Petition im Nationalrat unterstützte. (Quelle: Der Standard)
Wenige Jahre später, 1995, sorgte er anlässlich einer Podiumsdiskussion, die rund um die Ausstellung „Vernichtungskrieg – Die Verbrechen der deutschen Wehrmacht“ stattfand, für Aufsehen. Die Äußerung, „Gaskammern? Ich halte mich da raus! Ich glaube alles, was dogmatisch vorgeschrieben ist“, führte letztendlich auch zu seinem Rücktritt als Nationalratsabgeordneter.
2005, also gute zehn Jahre später, machte Gudenus erneut auf sich aufmerksam. In der ORF-Sendung „Report” stellte er abermals die Existenz von Gaskammern in Frage: „Ich glaube, man sollte dieses Thema ernsthaft debattieren und nicht auf eine Frage du musst es ja oder nein beantworten, sondern überprüfen wir das, ich bin der Meinung, ich fordere eine, immer wiederum eine Prüfung.“ (Wiener Zeitung) In Folge der öffentlichen Kritik legte Gudenus seine Parteimitgliedschaft zurück, da er den „möglichen Schaden, welche die aktuelle Diskussion der FPÖ zufügen könne, abwenden“ wollte.
Doch damit noch immer nicht genug, im Juni des gleichen Jahres holte er erneut aus, indem er zum Besten gab, dass es zwar Gaskammern gegeben habe, „aber nicht im Dritten Reich, sondern in Polen. So steht es auch in den Schulbüchern.“ (Der Standard) Auf eine Anzeige der Grünen wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz hin wurde Gudenus Immunität aufgehoben und ein Prozess gegen ihn eingeleitet, da er „bewusst den Stand der Geschichtswissenschaften negiert und den nationalsozialistischen Völkermord sowie Nazi-Verbrechen gegen die Menschlichkeit geleugnet“ habe. Im Juni 2006 wurde Gudenus von einem Geschworenengericht schuldig gesprochen „in zwei Interviews den Holocaust ‚geleugnet‘ beziehungsweise ‚gröblich verharmlost‘ zu haben“.
Bei den genannten Beispielen handelte es sich jedoch nicht um Gudenus einzige „Ausrutscher“ da er auch immer wieder durch unzulässige Holocaust-Vergleiche auf sich aufmerksam machte, beispielsweise als er 2004 über Abtreibung als „Babycaust“ sprach, der neben dem Holocaust die „größte Menschenvernichtung“ (Der Standard) sei. Entschädigungszahlungen für NS-Zwangsarbeiter bezeichnete er als „Schutzzahlungen“ (APA-OTS), und bei einem Besuch des ehemaligen KZ Mauthausen im Mai 2005 kommentierte er ein Bild der Fotoausstellung damit, dass „die jugendlichen Häftlinge eigentlich ganz gut aussehen würden und er – Gudenus – schlechter aussehe“ (ORF).
Kampl und Königshofer
John Gudenus war jedoch nicht der einzige (ehemalige) Bundesrat aus den Reihen der FPÖ bzw. FPK, der in Kontakt mit dem Verbotsgesetz kam. So wurde auch vor wenigen Jahren gegen den Bürgermeister der Gemeinde Gurk, Siegfried Kampl, wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz ermittelt. Kampl war im Herbst 2014 in einem Interview der „Kleinen Zeitung” im Vorfeld der Gemeinderatswahlen gefragt worden, ob er sich vom Nationalsozialismus distanzieren wolle. Daraufhin entgegnete er: „Nur von dem, was sie gemacht haben, distanziere ich mich, nicht vom Nationalsozialismus. Das darf man nicht sagen, dass der zum Teil schlecht war.“ (Kurier) Noch am gleichen Tag wurde Kampl zwar aus der FPÖ bzw. der FPK ausgeschlossen, die Ermittlungen gegen ihn wurden jedoch bereits im März 2015 wieder eingestellt.
Auch Kampl hatte nicht zum ersten Mal für Aufregung gesorgt. In seiner Zeit als Bundesrat für das BZÖ 2005 war er eigentlich für das Amt des Bundesratspräsidenten vorgesehen gewesen. Nachdem er sich aber gegen die Rehabilitation von Wehrmachtsdeserteuren ausgesprochen und diese als „zum Teil Kameradenmörder“ bezeichnet hatte, änderte die Regierung die Verfassung („Lex Kampl”), sodass Kampl für dieses Amt verhindert werden konnte.
Zuvor war auch schon gegen Werner Königshofer, der Mitte bis Ende der 1990er im österreichischen Bundesrat saß, wegen NS-Wiederbetätigung ermittelt worden. Auch Königshofer sorgte mehr als einmal im Zusammenhang mit dem Verbotsgesetz für Skandale. Er hatte nicht nur in einem Pamphlet das Verbotsgesetz als „verfassungswidrig“ bezeichnet (stopptdierechten.at), sondern war auch schon Mitglied in der NDP gewesen, die 1988 wegen NS-Wiederbetätigung verboten wurde. Grund der Ermittlungen 2011 waren jedoch vermutete Kontakte zur neonazistischen Internetplattform alpen-donau.info rund um Gottfried Küssel, die jedoch 2013 eingestellt wurden. Aus der FPÖ ausgeschieden wurde Königshofer allerdings, weil er das Massaker auf der norwegischen Ferieninsel Utöya mit der Fristenlösung verglichen hatte. Im September 2011 wurde seine Immunität aufgehoben, und in weiterer Folge legte er sein Mandat im Nationalrat selbst zurück.
Freiheitliche Parteimitglieder und Sympathisant_innen
Wie zahlreiche Berichte auf stopptdierechten.at belegen, mussten sich in den Reihen der FPÖ auch immer wieder Parteimitglieder und Sympathisant_innen wegen NS-Wiederbetätigung vor Gericht verantworten. Nur ein Blick auf die letzten Jahre liefert bereits viele Belege. In Tirol wurden zum Beispiel sowohl ein ehemaliger Gemeinderat 2012 (Der Standard) sowie ein ehemaliger Funktionär 2008 (Die NEUE, 12.2.2008), in Graz 2012 mit Richard Pfingstl ein ehemaliges Vorstandsmitglied des RFJ Graz und in Eisenstadt 2004 ein ehemaliger RFS-Aktivist wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt.
Zudem wurde dem ehemaligen Pressesprecher der Wiener FPÖ, Stefan Gotschacher, beispielsweise angelastet, auf Facebook Zitate der Waffen-SS gepostet zu haben. Kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe 2013 trennte sich die FPÖ von ihm (Kurier), und er musste sich 2014 wegen NS-Wiederbetätigung vor Gericht verantworten. Gotschacher wurde im Verfahren freigesprochen. (stopptdierechten.at)
Nachdem in diesem Zeitraum gleich mehrere oberösterreichische FPÖ-Funktionäre wegen problematischer Kommentare auf Facebook aufgefallen waren, sah sich die FPÖ OÖ sogar gezwungen, ihre Statuten zu ändern. Beim Parteitag 2013 wurde beschlossen, dass Mitglieder und Funktionär_innen, die eine Verurteilung wegen eines Vorsatzdeliktes verschweigen, künftig mit Konsequenzen durch den Landesparteivorstand zu rechnen hätten. „Wo der Tatbestand der NS-Wiederbetätigung erfüllt wird, darf es kein Pardon geben und keine Entschuldigung“, (Kurier) betonte FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner.
Dass diesen Worten jedoch nicht allzu viel Glauben zu schenken war, verdeutlichte kurz darauf ein weiterer Fall. Ein FPÖ-Mandatar aus dem Innviertel, der Anfang der 2000er den ehemaligen Leiter des DÖW in einem Email als „Judenschwein“ beschimpft, ihn mit „Tod unseren Feinden“ bedroht und dafür eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz kassiert hatte, wurde zunächst nicht ausgeschlossen. Dieses Detail seines Vorlebens – „eine Jugendsünde“ – soll er verschwiegen haben, als er vier Jahre später der FPÖ beigetreten war und zunächst Gemeinderat, dann stellvertretender Bezirksparteiobmann in Ried sowie Mitglied im Landesvorstand der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) wurde.
Nach dem Bekanntwerden der Geschichte, wurde ihm schlussendlich doch ein Rücktritt seitens der FPÖ nahe gelegt, dem er angeblich zugestimmt hatte. Umso größer war die Verwunderung, als er 2014 erneut auf einer Kandidat_innenliste für die AK Wahl auftauchte. (Kurier) Ein weiteres „bedauerliches Versehen“, wie Manfred Hainbucher es formulierte – von denen es in der Geschichte der FPÖ jedoch viel zu viele gibt.