Freispruch für ahnungslosen freiheitlichen Pressesprecher

Es bedarf offen­sichtlich spez­i­fis­ch­er Qual­i­fika­tio­nen als Press­esprech­er bei der FPÖ. Zumin­d­est im Fall des Ste­fan Gotschacher, Press­esprech­er der Wiener FPÖ bzw. von Johann Gude­nus, ist die Ahnungs- und Geschicht­slosigkeit auf­fäl­lig. Oder war es eine spez­i­fis­che Form des Zufalls, die den Ahnungslosen immer wieder in die Nähe der Neon­azi-Ide­olo­gie geführt hat?

Der ehe­ma­lige Press­esprech­er der Wiener FPÖ stand am 4.3. 2014 vor einem Wiener Geschwore­nen­gericht, weil er mit eini­gen Zitat­en auf sein­er Face­book-Seite den Ver­dacht der NS-Wieder­betä­ti­gung begrün­det hat­te. Naja, eigentlich hat­te die Staat­san­waltschaft Wien die Ermit­tlun­gen gegen Gotschacher schon wieder eingestellt und erst nach Weisung aus dem Jus­tizmin­is­teri­um wieder aufgenommen.


Durchgerutscht?

Fünf Zitate hat­te Gotschacher als seine Lieblingsz­i­tate aus­gewiesen, vier davon hat­ten einen (Neo-) Nazikon­text, aber der Press­esprech­er hat­te keine Ahnung davon.

Zur Sprache kam vor Gericht auch seine FB-Fre­und­schaft mit Ger­hard Ittner, einem deutschen Neon­azi, der sich auf der Seite „Frei­heit für Ger­hard Ittner“ etlich­er frei­heitlich­er FB-Fre­und­schaften erfreuen durfte. Man möchte annehmen, dass die Beze­ich­nung der Seite „Frei­heit für Ger­hard Ittner“ schon eine Ahnung aus­löste, warum sich Ittner nicht in Frei­heit befind­et. Die Ahnung wird für nor­male FB-User ver­mut­lich ver­stärkt durch die Liste der Fre­und­schaften von Ittner. Nicht so für den FPÖ-Press­esprech­er, dem die FB-Fre­und­schaft zu Ittner eben­so „durchgerutscht“ ist wie die zu einem anderen mil­i­tan­ten deutschen Neon­azi, Meinolf Schön­born.


Durchgerutscht?

Dem FPÖ-Press­esprech­er ist auf Face­book über­haupt schon einiges „durchgerutscht”: neben Ittner und Schön­born auch einige Kam­er­aden aus der heimis­chen Neon­azi-Szene. Dazu kom­men dann noch die Zitate mit dem Nazi-Kon­text, von dem Gotschacher eben­falls keine Ahnung gehabt hat, weil: „Das ist alles völ­lig unpoli­tisch, son­dern hat nur meine per­sön­liche Leben­shal­tung aus­ge­drückt.” (Der Stan­dard)

Fre­und­schaften mit Neon­azis sind ja nicht straf­bar, egal, ob sie promi­nent oder unbekan­nt sind. Bei Nazi-Zitat­en schaut es schon ein wenig anders aus – wenn man nicht Ste­fan Gotschacher heißt , FPÖ-Press­esprech­er ist bzw. war und sich durch völ­lige Ahnungslosigkeit auszeichnet.

Man kön­nte da schon ein wenig nach­den­klich wer­den angesichts der Entschei­dung der Geschwore­nen, die Gotschacher vom Vor­wurf der NS-Wieder­betä­ti­gung knapp, aber doch (5:3) freige­sprochen haben. Jed­er kleine Neon­azi mit Hak­enkreuz-Tat­too oder Nazi-Gebrüll unter Alko­hol-Ein­fluss muss mit ein­er Verurteilung nach dem Ver­bots­ge­setz rech­nen – einem FPÖ-Press­esprech­er und Jour­nal­is­ten, der nicht weiß, was er schreibt und mit wem er befre­un­det ist, wird geglaubt?

Die Staat­san­waltschaft hat zu dem Urteil noch keine Stel­lung­nahme abgegeben – es ist daher noch nicht recht­skräftig. Eine klare Stel­lung­nahme liegt dage­gen von der FPÖ Wien vor, die nach Bekan­ntwer­den der Vor­würfe Gotschacher vom Dienst freigestellt hat­te. Noch sei nicht entsch­ieden, ob Gotschacher kün­ftig wieder als Press­esprech­er arbeit­en werde, sagte Lan­desparteisekretär Hans Jörg Jenewein dem „Kuri­er“: „Aber es gibt keinen Grund, jeman­den der unbescholten ist, ein Arbeitsver­hält­nis vorzuen­thal­ten.“ Ahnungs- und Geschicht­slosigkeit sind offen­sichtlich erwün­schte Qualifikationen …