Ein antisemitisches Facebook-Profil mit bekannten Freunden

„Itzak Wucher­fil Shekel­steyn“ ist der Fake-Name eines Face­book-Kon­tos, dessen Inhab­er seine Iden­tität wohl nicht zu Unrecht ver­birgt. Der Name des Kon­tos ist eine Ansamm­lung von anti­semi­tis­chen Stereo­typen. Da ist nichts missver­ständlich, das ist ein­deutig. Wer sich mit einem Kon­to dieses Namens befre­un­det, muss wohl wis­sen, mit wem er sich da ein­lässt – oder er/sie ist mit völ­liger his­torisch­er und poli­tis­ch­er Blind­heit geschlagen.

Wir woll­ten auf Num­mer sich­er gehen und haben deshalb nachge­fragt. Bei Doron Rabi­novi­ci, dem Schrift­steller, dem wir den Kon­to-Namen und dann auch einige Namen aus der Fre­un­desliste genan­nt haben. Seine Antwort war klar:

„Die Ver­ball­hor­nung jüdis­ch­er Namen und die Erfind­ung von ver­meintlich jüdis­chen Namen, die alle juden­feindlichen Stereo­typen in Erin­nerung rufen sollen, gehören zum alten Reper­toire anti­semi­tis­ch­er Prak­tiken. Wen wundert’s, dieses Kennze­ichen bei ein­er Ansamm­lung ein­schlägig bekan­nter Agi­ta­toren zu finden.“

Im Doku­men­ta­tion­sarchiv des Öster­re­ichis­chen Wider­standes (DÖW) haben wir von Andreas Peham, dem Recht­sex­trem­is­mu­s­ex­perten des DÖW, fol­gende schriftliche Stel­lung­nahme erhalten:

„Schon der Name der Seite oder Gruppe ver­weist auf (neo)nazistische Hin­ter­gründe: Es waren die Nazis, die an die jahrhun­dertealte dem­a­gogis­che Verbindung von „Jude” und „Wuch­er” anknüpften und zur Grund­lage ihres Kampfes gegen die „Zin­sknechtschaft” macht­en. Gle­ich­es gilt für die anti­semi­tis­che Namens­dem­a­gogie und Sprachver­hun­zung, welche von Nazis auf die Spitze der Häme und Verächtlich­machung getrieben wurde. Heute sind es Neon­azis, die sich in solchen Her­ren­men­schen­späßen ergehen.“


Face­book-Site „Itzak Wucher­fi­ol Shekelsteyn”

Bei­de Stel­lung­nah­men sind ein­deutig, was den anti­semi­tis­chen Charak­ter des Namens bet­rifft. Ein genauer­er Blick auf das Face­book-Pro­fil „Itzak Wucher­fil Shekel­steyn“ zahlt sich deshalb aus.

Die Ein­stel­lun­gen des anti­semi­tis­chen FB-Pro­fils sind zwar so kon­fig­uri­ert, dass man keine Post­ings lesen kann, aber die Fre­un­desliste ist öffentlich ein­se­hbar – und birgt so manche Über­raschung. Mit dem anti­semi­tis­chen Pro­fil sind näm­lich zahlre­iche Per­so­n­en aus der recht­sex­tremen Ecke der Repub­lik befre­un­det: Burschen­schafter, Pegi­da-Aktivis­ten, Iden­titäre, und auch Frei­heitliche. Einige der Per­so­n­en aus der Fre­und­schaft­sliste haben auch gute Kon­tak­te in die Neon­azi-Szene. Etwa „Wien Alex“, der in der „Unsterblich“-Nazi-Hooligan-Truppe bestens ver­ankert ist.

Auch Her­wig Götschober ist ein­er mit guten Kon­tak­ten in diese Szene. Der deutschna­tionale Burschen­schafter ist auch Bezirk­srat für die FPÖ in Wien Leopold­stadt. Georg Nagel, der gescheit­erte Pegi­da-Sprech­er ist natür­lich auch vertreten, so wie Mar­tin Sell­ner und Alexan­der Markovics von den Iden­titären. Neben den bei­den Chefs der Iden­titären sind auch noch zahlre­ich weit­ere Aktivis­ten dieser recht­sex­tremen Truppe vertreten, wobei man bei eini­gen von ihnen nicht so genau weiß, sind sie noch bei den Iden­titären oder schon bei der FPÖ oder bei­des? Das gilt beson­ders für Bernadette Therese und Jan Paw­lik, die bei­de FPÖ-Man­datare in Bezirksvertre­tun­gen („Bezirk­sräte“) sind.

Bei Markus Ripfl, FPÖ-Gemein­der­at, Burschen­schafter und RFJ-Geschäfts­führer NÖ, ver­wun­dert es wiederum nicht, ihn in dieser Fre­un­desliste zu find­en. Er hat erst vor weni­gen Tagen an dem Vor­tragsabend „Rev­o­lu­tion in Ungarn – Vor­bild für Öster­re­ich?“ mit Vertretern der anti­semi­tis­chen Job­bik-Partei und der deut­lich neon­azis­tis­chen 64 Burgkomi­tate teilgenommen.

Damit ist die Liste der­er, die mit dem anti­semi­tis­chen Face­book-Pro­fil befre­un­det sind, aber noch lange nicht erschöpft. Unter den ins­ge­samt 136 Fre­un­den find­et sich nicht nur Nor­bert Hofers Lieblings­maler, „Odin“ Wiesinger, son­dern auch der Jung­burschen­schafter und ver­hin­derte Stadtschul­ratsvizepräsi­dent Max­i­m­il­ian Krauss, der jet­zt für die FPÖ im Wiener Gemein­der­at sitzt.


Max­i­m­il­ian Krauss bei „Itzak Shekelsteyn”

Der Wiener Gemein­der­atsklub der FPÖ ist über­haupt gut vertreten: mit Georg Hein­re­ichs­berg­er , dem FPÖ-Klub­di­rek­tor bzw. Klubob­mann in Wien Ottakring, aber vor allem mit Dominik Nepp, dem Klubob­mann im Gemeinderat.


Dominik Nepp bei Itzak Wucher­fil Shekelsteyn

Was macht Andreas Karls­böck, FPÖ-Abge­ord­neter im Nation­al­rat in dieser Liste?


Karls­böck Andreas bei „Itzak Shekelsteyn”

Wir kön­nten noch einige weit­ere Funk­tionäre und Man­datare der FPÖ aufzählen, die mit dem anti­semi­tis­chen Face­book-Pro­fil befre­un­det sind. Wesentlich­er scheint jedoch die Frage, warum sie mit ihm befre­un­det sind? Ist Ihnen da gar nichts selt­sam vorgekom­men? Schließlich befre­un­det man sich ja nicht ungeschaut mit jeman­dem, der seine Iden­tität hin­ter einem anti­semi­tis­chen Pro­fil­na­men verbirgt.

Im Zweifel kön­nte man ja auch noch einen Blick auf die Liste der Seit­en wer­fen, die dem unbekan­nten anti­semi­tis­chen Pro­fil­in­hab­er gefall­en. Da find­et sich etwa Frank Franz, der NPD-Vor­sitzende oder die Seite „Deutsche Weltan­schau­ung“ ‚auf der man Hitler-Reden und Rudolf Heß-Zitate abrufen kann.


Face­book-Seite „Deutsche Weltan­schau­ung” mit Adolf Hitler

Nein, da ist kein Zweifel möglich: Der Inhab­er des Face­book-Pro­fils „Itzak Wucher­fil Shekel­steyn“ ist nicht nur Anti­semit, son­dern ein ziem­lich extremer Rechter. Die, die mit ihm befre­un­det sind, haben jet­zt Erk­lärungs­be­darf. Vor allem soll­ten sie nicht die üblichen Ausre­den benutzen („der ist mir hineingerutscht“), son­dern den Namen des Pro­fil­in­hab­ers offen­le­gen. Und dann sind ver­mut­lich auch noch Rück­tritte fällig!

Mit­tler­weile wurde das Face­book-Pro­fil gelöscht, wie Der Stan­dard berichtet.