Ein antisemitisches Facebook-Profil mit bekannten Freunden

Lesezeit: 4 Minuten

„Itzak Wucher­fil She­kels­teyn“ ist der Fake-Name eines Face­book-Kon­tos, des­sen Inha­ber sei­ne Iden­ti­tät wohl nicht zu Unrecht ver­birgt. Der Name des Kon­tos ist eine Ansamm­lung von anti­se­mi­ti­schen Ste­reo­ty­pen. Da ist nichts miss­ver­ständ­lich, das ist ein­deu­tig. Wer sich mit einem Kon­to die­ses Namens befreun­det, muss wohl wis­sen, mit wem er sich da ein­lässt – oder er/sie ist mit völ­li­ger his­to­ri­scher und poli­ti­scher Blind­heit geschlagen.

Wir woll­ten auf Num­mer sicher gehen und haben des­halb nach­ge­fragt. Bei Doron Rabi­no­vici, dem Schrift­stel­ler, dem wir den Kon­to-Namen und dann auch eini­ge Namen aus der Freun­des­lis­te genannt haben. Sei­ne Ant­wort war klar:

„Die Ver­ball­hor­nung jüdi­scher Namen und die Erfin­dung von ver­meint­lich jüdi­schen Namen, die alle juden­feind­li­chen Ste­reo­ty­pen in Erin­ne­rung rufen sol­len, gehö­ren zum alten Reper­toire anti­se­mi­ti­scher Prak­ti­ken. Wen wundert’s, die­ses Kenn­zei­chen bei einer Ansamm­lung ein­schlä­gig bekann­ter Agi­ta­to­ren zu finden.“

Im Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des Öster­rei­chi­schen Wider­stan­des (DÖW) haben wir von Andre­as Peham, dem Rechts­extre­mis­mus­exper­ten des DÖW, fol­gen­de schrift­li­che Stel­lung­nah­me erhalten:

„Schon der Name der Sei­te oder Grup­pe ver­weist auf (neo)nazistische Hin­ter­grün­de: Es waren die Nazis, die an die jahr­hun­der­te­al­te dem­ago­gi­sche Ver­bin­dung von „Jude” und „Wucher” anknüpf­ten und zur Grund­la­ge ihres Kamp­fes gegen die „Zins­knecht­schaft” mach­ten. Glei­ches gilt für die anti­se­mi­ti­sche Namens­dem­ago­gie und Sprach­ver­hun­zung, wel­che von Nazis auf die Spit­ze der Häme und Ver­ächt­lich­ma­chung getrie­ben wur­de. Heu­te sind es Neo­na­zis, die sich in sol­chen Her­ren­men­schen­spä­ßen ergehen.“


Face­book-Site „Itzak Wucher­fi­ol Shekelsteyn”

Bei­de Stel­lung­nah­men sind ein­deu­tig, was den anti­se­mi­ti­schen Cha­rak­ter des Namens betrifft. Ein genaue­rer Blick auf das Face­book-Pro­fil „Itzak Wucher­fil She­kels­teyn“ zahlt sich des­halb aus.

Die Ein­stel­lun­gen des anti­se­mi­ti­schen FB-Pro­fils sind zwar so kon­fi­gu­riert, dass man kei­ne Pos­tings lesen kann, aber die Freun­des­lis­te ist öffent­lich ein­seh­bar – und birgt so man­che Über­ra­schung. Mit dem anti­se­mi­ti­schen Pro­fil sind näm­lich zahl­rei­che Per­so­nen aus der rechts­extre­men Ecke der Repu­blik befreun­det: Bur­schen­schaf­ter, Pegi­da-Akti­vis­ten, Iden­ti­tä­re, und auch Frei­heit­li­che. Eini­ge der Per­so­nen aus der Freund­schafts­lis­te haben auch gute Kon­tak­te in die Neo­na­zi-Sze­ne. Etwa „Wien Alex“, der in der „Unsterblich“-Nazi-Hooligan-Truppe bes­tens ver­an­kert ist.

Auch Her­wig Götscho­ber ist einer mit guten Kon­tak­ten in die­se Sze­ne. Der deutsch­na­tio­na­le Bur­schen­schaf­ter ist auch Bezirks­rat für die FPÖ in Wien Leo­pold­stadt. Georg Nagel, der geschei­ter­te Pegi­da-Spre­cher ist natür­lich auch ver­tre­ten, so wie Mar­tin Sell­ner und Alex­an­der Mar­ko­vics von den Iden­ti­tä­ren. Neben den bei­den Chefs der Iden­ti­tä­ren sind auch noch zahl­reich wei­te­re Akti­vis­ten die­ser rechts­extre­men Trup­pe ver­tre­ten, wobei man bei eini­gen von ihnen nicht so genau weiß, sind sie noch bei den Iden­ti­tä­ren oder schon bei der FPÖ oder bei­des? Das gilt beson­ders für Ber­na­dette The­re­se und Jan Paw­lik, die bei­de FPÖ-Man­da­ta­re in Bezirks­ver­tre­tun­gen („Bezirks­rä­te“) sind.

Bei Mar­kus Ripfl, FPÖ-Gemein­de­rat, Bur­schen­schaf­ter und RFJ-Geschäfts­füh­rer NÖ, ver­wun­dert es wie­der­um nicht, ihn in die­ser Freun­des­lis­te zu fin­den. Er hat erst vor weni­gen Tagen an dem Vor­trags­abend „Revo­lu­ti­on in Ungarn – Vor­bild für Öster­reich?“ mit Ver­tre­tern der anti­se­mi­ti­schen Job­bik-Par­tei und der deut­lich neo­na­zis­ti­schen 64 Burg­ko­mi­ta­te teilgenommen.

Damit ist die Lis­te derer, die mit dem anti­se­mi­ti­schen Face­book-Pro­fil befreun­det sind, aber noch lan­ge nicht erschöpft. Unter den ins­ge­samt 136 Freun­den fin­det sich nicht nur Nor­bert Hofers Lieb­lings­ma­ler, „Odin“ Wie­sin­ger, son­dern auch der Jung­bur­schen­schaf­ter und ver­hin­der­te Stadt­schul­rats­vi­ze­prä­si­dent Maxi­mi­li­an Krauss, der jetzt für die FPÖ im Wie­ner Gemein­de­rat sitzt.


Maxi­mi­li­an Krauss bei „Itzak Shekelsteyn”

Der Wie­ner Gemein­de­rats­klub der FPÖ ist über­haupt gut ver­tre­ten: mit Georg Hein­reichs­ber­ger , dem FPÖ-Klub­di­rek­tor bzw. Klub­ob­mann in Wien Otta­kring, aber vor allem mit Domi­nik Nepp, dem Klub­ob­mann im Gemeinderat.


Domi­nik Nepp bei Itzak Wucher­fil Shekelsteyn

Was macht Andre­as Karls­böck, FPÖ-Abge­ord­ne­ter im Natio­nal­rat in die­ser Liste?


Karls­böck Andre­as bei „Itzak Shekelsteyn”

Wir könn­ten noch eini­ge wei­te­re Funk­tio­nä­re und Man­da­ta­re der FPÖ auf­zäh­len, die mit dem anti­se­mi­ti­schen Face­book-Pro­fil befreun­det sind. Wesent­li­cher scheint jedoch die Fra­ge, war­um sie mit ihm befreun­det sind? Ist Ihnen da gar nichts selt­sam vor­ge­kom­men? Schließ­lich befreun­det man sich ja nicht unge­schaut mit jeman­dem, der sei­ne Iden­ti­tät hin­ter einem anti­se­mi­ti­schen Pro­fil­na­men verbirgt.

Im Zwei­fel könn­te man ja auch noch einen Blick auf die Lis­te der Sei­ten wer­fen, die dem unbe­kann­ten anti­se­mi­ti­schen Pro­fil­in­ha­ber gefal­len. Da fin­det sich etwa Frank Franz, der NPD-Vor­sit­zen­de oder die Sei­te „Deut­sche Welt­an­schau­ung“ ‚auf der man Hit­ler-Reden und Rudolf Heß-Zita­te abru­fen kann.


Face­book-Sei­te „Deut­sche Welt­an­schau­ung” mit Adolf Hitler

Nein, da ist kein Zwei­fel mög­lich: Der Inha­ber des Face­book-Pro­fils „Itzak Wucher­fil She­kels­teyn“ ist nicht nur Anti­se­mit, son­dern ein ziem­lich extre­mer Rech­ter. Die, die mit ihm befreun­det sind, haben jetzt Erklä­rungs­be­darf. Vor allem soll­ten sie nicht die übli­chen Aus­re­den benut­zen („der ist mir hin­ein­ge­rutscht“), son­dern den Namen des Pro­fil­in­ha­bers offen­le­gen. Und dann sind ver­mut­lich auch noch Rück­trit­te fällig!

Mitt­ler­wei­le wur­de das Face­book-Pro­fil gelöscht, wie Der Stan­dard berich­tet.