Der bemerkenswerte Lieblingsmaler eines Kandidaten

Die Presse am Son­ntag (20.3.2016) legte den fünf Kan­di­datIn­nen für die Präsi­dentschaft­wahl einen Frage­bo­gen à la Mar­cel Proust vor. Wäre nicht weit­er bemerkenswert, hätte nicht der FPÖ-Kan­di­dat die Frage nach seinem Lieblings­maler mit Odin Wisinger beant­wortet. Wisinger? Odin? Wer ken­nt denn den? Wir! Er heißt allerd­ings nicht Wisinger, son­dern Wiesinger und ist der Haus- und Hof­maler der deutsch-völkischen Burschenschafter.

Natür­lich dür­fen Präsi­dentschaft­skan­di­datIn­nen auch aus­ge­fal­l­ene Eigen­schaften oder Vor­lieben haben. Aber einen Lieblings­maler, der sich aus freien Stück­en Odin nen­nt? Der mit Vor­liebe Burschen­schafter malt, vor der Men­sur, während der Men­sur und nach der Men­sur. Oder Sol­dat­en. Oder Runen. Thomas Tren­kler hat im „Stan­dard“ anlässlich ein­er Ausstel­lung von Odin in Chile, zu der ihm der ehe­ma­lige dritte Präsi­dent des Nation­al­rats, der Burschen­schafter Mar­tin Graf, ver­holfen hat, über seine Werke geschrieben:

Im Kat­a­log zur Ausstel­lung im Mon­ti­cel­lo Casi­no in San­ti­a­go, die von Graf eröffnet wurde, gibt es so manche Werke zu bestaunen, die es geschmack­lich in jede „Große Deutsche Kun­stausstel­lung” der NS-Zeit geschafft hät­ten, darunter mächtige Bronze-Adler. Odin selb­st präsen­tiert sich bre­it­beinig sitzend auf ein­er Kanone.

Es soll Leute geben, denen so etwas noch immer gefällt. Nicht nur Nor­bert Hofer! In Hofers Vorgänger als Drit­ter Präsi­dent des Nation­al­rats, Mar­tin Graf, hat­te Odin Wiesinger, der selb­st bei ein­er pen­nalen deutschvölkischen Verbindung, der Scar­do­nia in Schärd­ing, mit dem Schläger herum­fuchteln durfte, einen gewichti­gen Gön­ner. Graf schlug für Odin nicht nur Brück­en nach Chile und Paraguay, son­dern förderte ihn nach Kräften auch zuhause. Eine Ausstel­lung im Par­la­ment, eine Zeich­nung für das Cov­er eines Büch­leins, das Mar­tin Graf her­aus­gegeben hat usw.

Kein Wun­der, dass sich Odin Wiesinger bei Graf mit einem Bild­nis bedankt, was Grafs Haus­pos­tille „unzen­suri­ert“ zu den bewe­gen­den Worten ver­an­lasste, dass sich Graf „sehr berührt“ über das „wun­der­schöne Porträt“ gezeigt habe. Warum so berührt? Weil es Odin gelun­gen war, Mar­tin Graf in den Far­ben schwarz-rot-gold zu malen! Lei­der kön­nen wir hier aus Copy­right-Grün­den das Bild nicht wieder- und so die Rührung an unsere LeserIn­nen weitergeben.


Ein ähn­lich­es Bild dazu:

© Franz Johann Mor­genbess­er (Lizenz: CC BY-SA 2.0; vorgenommene Änderun­gen: Bild­for­mat wurde geändert)

Odins Mei­n­ung zu zeit­genös­sis­ch­er und mod­ern­er Kun­st find­et sich kom­prim­iert in einem Inter­view mit der „Jun­gen Frei­heit“ (1998):

Die gegen­wär­tige, offizielle ‚Kun­st-Szene’? Kurz gesagt, ist das zum über­wiegen­den Teil für mich die Dik­tatur des Häßlichen, Min­der­w­er­ti­gen, Würde- und Maßlosen! Ver­schüt­tete und ver­schmierte Farbe nach Art der Pri­mat­en in der Malerei, Pornogra­phie und Ges­tam­mel auf den Büh­nen. Das ließe sich in allen Bere­ichen beliebig fort­set­zen. Leider!

Als Mar­tin Graf 2013 aus dem Par­la­ment auss­chei­det, wehk­lagt Odin auf sein­er Face­book-Seite: „ich habe meinen präsi­den­ten ver­loren (…) aber der fre­und bleibt mir erhal­ten!“ (23.10.2013)

Der Satz bewegt 76 Per­so­n­en so, dass sie auf „Gefällt mir“ klick­en. Nicht nur Elmar Pod­gorschek ist davon bewegt, son­dern auch Frank Franz, der Chef der NPD. Was verbindet die bei­den, die Malerei oder die poli­tis­che Ein­stel­lung (oder bei­des)? Als ein ander­er Neon­azi, der Münch­n­er Karl Richter, auf seinem FB-Kon­to heftig gegen die Nov­el­le des öster­re­ichis­chen Verkehrsmin­is­teri­um polemisiert, wonach bes­timmte Codes bei KFZ-Kennze­ichen ver­boten wer­den, meldet sich auch Odin Wiesinger mit einem bemerkenswert dümm­lichen Post­ing zu Wort:

„…der stöger muß es ja wis­sen …schließlich hat er ja in der voest (ehem. her­mann göring werke) schloSS­er gelernt!“

Auch ein ander­er sehr bekan­nter Neon­azi zählte bis vor weni­gen Jahren noch zu den FB-Fre­un­den von Odin Wiesinger: Karl Heinz Hoff­mann, der Chef der neon­azis­tis­chen Wehrsport­gruppe Hoff­mann, neben dem NSU sich­er die übel­ste neon­azis­tis­che Ter­ror­gruppe Deutschlands.

Kann man mit so jeman­dem befre­un­det sein? Man kann offen­sichtlich. Schließlich kann man auch ziem­lich extrav­a­gante Lieblings­maler haben.