Pegida gegen Pegida vor dem Wiener Landesgericht

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„Sim­me­ring gegen Kap­fen­berg – das nenn ich Bru­ta­li­tät!“, hieß es bei Qual­tin­gers „Trav­nicek im Urlaub“. Zeit­ge­mäß kann es jetzt ersetzt wer­den durch Pegi­da gegen Pegi­da. Der ehe­ma­li­ge Pegi­da-Spre­cher und der heim­li­che Pegi­da-Spre­cher stan­den in Wien die­ser Tage vor Gericht. Der ers­te­re als Opfer, sein Ein­flüs­te­rer als Ange­klag­ter. Es geht um Frei­heits­ent­zie­hung, Nöti­gung und Kör­per­ver­let­zung, kon­kret um ein blau­es Auge und einen abge­split­ter­ten Zahn.

Es waren dra­ma­ti­sche Sze­nen, die sich da im Früh­jahr 2015 hin­ter den Kulis­sen der Öffent­lich­keit abspiel­ten. Jetzt wur­de die bewe­gen­de Geschich­te von Pegi­da Öster­reich zumin­dest teil­wei­se vor dem Lan­des­ge­richt Wien offengelegt.

Zur Erin­ne­rung: Anfang Febru­ar trat der Spre­cher von Pegi­da Wien, Georg Nagel, von sei­ner Funk­ti­on wie­der zurück. Nur weni­ge Tage erstrahl­te sein Glanz in der Öffent­lich­keit. Bei sei­ner Spre­che­rei für Pegi­da wur­de Nagel immer von einem geheim­nis­vol­len Beglei­ter bera­ten, der das Licht der Öffent­lich­keit zu mei­den ver­such­te, bis ihn Vice ent­tarn­te. Mar­kus G. war der Vice-Redak­teu­rin schon vor­her als „Bera­ter“ des FPÖ-Bezirks­ob­manns von Wien Maria­hilf, Leo Kohl­bau­er, auf­ge­fal­len. Bei den Bezirks­ver­tre­tungs­wah­len im Okto­ber 2015 trat der geheim­nis­vol­le „Bera­ter“ dann für die FPÖ im Bezirk auch an. Ohne Erfolg, denn die FPÖ erreich­te nur sechs Mandate.

Nach sei­nem Rück­tritt als Pegi­da-Spre­cher wur­de es ziem­lich ruhig um Nagel. Er grün­de­te noch eine Akti­ons­grup­pe gegen Deka­denz und Wer­te­ver­fall (A‑GDUW), die aber ver­mut­lich, weil sie sich nicht so ele­gant abkür­zen lässt wie Pegi­da, vor sich hin­düm­pelt. Nach dem Rück­tritt des Spre­chers war auch sein Bera­ter wie­der arbeits­los. Viel­leicht, weil sie jetzt mehr Zeit für ein­an­der hat­ten, viel­leicht auch aus ande­ren Grün­den, gerie­ten die bei­den rasch aneinander.

Am 5. März, also ein Monat nach dem Rück­tritt, ver­sam­mel­ten sich die Spit­zen von Pegi­da in der Woh­nung des Bera­ters. Dabei kam es zum Krach und zum Aus­schluss des Bera­ters von Pegi­da. Das ver­wun­der­te auch den Rich­ter: „Wie kann er aus­ge­schlos­sen wer­den? Alle sagen, es war kein Ver­ein?” (Standard.at). Dar­auf folg­te die­ser Dia­log zwi­schen Nagel und dem Rich­ter: „Na ja, alle ande­ren haben ihn aus­ge­schlos­sen, die an der Füh­rung betei­ligt waren.”„Wie groß ist die Grup­pe?”„Vier bis fünf Leu­te“.

In der Woh­nung waren aller­dings nur drei anwe­send – mit ein­ge­schlos­sen der Aus­ge­schlos­se­ne. Der pro­tes­tier­te gegen sei­nen Aus­schluss durch Ein­schluss. Als Nagel und sein Pegi­da-Kol­le­ge gehen woll­ten, konn­ten sie nicht: Türe ver­schlos­sen! Ob das nun Absicht war (Frei­heits­ent­zug, Nöti­gung ) oder nicht, soll jetzt das Gericht klä­ren. Auch über das blaue Auge und den aus­ge­schla­ge­nen Zahn von Nagel wird noch ver­han­delt. Zwei Wochen spä­ter soll das pas­siert sein. Da gab es bei einem „halb­öf­fent­li­chen“ Kon­zert eine wei­te­re Begeg­nung zwi­schen Ex-Spre­cher und Ex-Bera­ter. Da bei dem „halb­öf­fent­li­chen“ Kon­zert auch Freun­de und Bekann­te anwe­send waren, „ein Rei­gen aus Mit­glie­dern der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung, FPÖ-Akti­vis­ten und kon­ser­va­ti­ven Katho­li­ken“ (Standard.at), die jetzt vor Gericht für jeweils einen von den zwei­en den Zeu­gen gaben, blie­ben die Aus­sa­gen „nur bedingt ergie­big“.

Am 8. April, also ein paar Tage spä­ter, war dann auf den diver­sen Sei­ten von Pegi­da zu lesen, dass „unser ehe­ma­li­ges Back­of­fice, in Form von Hr. Mar­kus G., (…) abso­lut kei­ne Befug­nis (hat), im Namen der Pegi­da in Öster­reich zu spre­chen. Des wei­te­ren wird klar­ge­stellt, dass die­se Per­son in kei­ner Funk­ti­on für Pegi­da in Öster­reich tätig ist“.

Mar­kus G., das ehe­ma­li­ge Back­of­fice, hat­te aller­dings ein paar Tage zuvor, am 2. April, mit sei­nem Bru­der jenen Ver­ein gegrün­det, um den es Wochen zuvor noch Ein-und Aus­schluss, blau­es Auge und Zahn­schmerz gege­ben hat: „Pegi­da Öster­reich – Ver­ein zur För­de­rung von Bür­ger­be­tei­li­gung, Rechts­staat­lich­keit und Hei­mat­lie­be“ Mit dem Bru­der ist es ver­mut­lich doch leich­ter als mit dem Nagel, gegen die Isla­mi­sie­rung des Abend­lan­des anzukämpfen.

Irgend­wie dürf­te es aber in der Füh­rung von Pegi­da, die sich noch ziem­lich einig war beim Aus­schluss, wei­te­re Brö­sel gege­ben haben, denn am 26.3. war schon die Par­tei Pegi­da ange­mel­det wor­den – und auch da wirk­te Nagel weder infor­miert noch begeis­tert: „Der ehe­ma­li­ge Spre­cher von Pegi­da Wien, Georg Imma­nu­el Nagel, räum­te dazu ein, dass eini­ge Akti­vis­ten in einer ‚unko­or­di­nier­ten Akti­on’ die­sen Schritt gesetzt hät­ten. Zuvor hat­te er erklärt, die Orga­ni­sa­ti­on der Pegi­da ste­he nicht dahin­ter.” (Die Pres­se, 30.3.2015)

Ob es dabei zu wei­te­ren Tät­lich­kei­ten gekom­men ist, ent­zieht sich unse­rer Kennt­nis. Was die Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen dem Spre­cher und sei­nem Bera­ter und des­sen Ankla­ge­punk­te betrifft, hat der Rich­ter jetzt ein­mal auf unbe­stimm­te Zeit ver­tagt. Zum amü­san­ten Pro­zess­be­richt geht’s hier weiter.