„Der Staat bin ich“ – „Reichsbürger“ und andere Staatsverweigerer

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Wie vie­le Repu­bli­ken und Rei­che mitt­ler­wei­le auf dem Gebiet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land aus­ge­ru­fen wur­den, weiß ver­mut­lich nie­mand. Die Bewe­gung der „Reichs­bür­ger“, „Staat­li­chen Selbst­ver­wal­tun­gen“ oder „Sou­ve­rä­ne“ ist jeden­falls eine stark expan­die­ren­de, wenn auch zer­split­ter­te Strö­mung des Rechtsextremismus.

Die Begrün­dun­gen für die Errich­tung einer selbst aus­ge­ru­fe­nen Repu­blik oder eines Rei­ches sind ein­an­der in einem Punkt gleich: Die Legi­ti­ma­ti­on der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land als Staat wird nicht aner­kannt. Für die einen, zum Bei­spiel die „Kom­mis­sa­ri­sche Reichs­re­gie­rung“ (auch „Reichs­bür­ger­be­we­gung“ genannt, hat das Deut­sche Reich trotz Zusam­men­bruch und Kapi­tu­la­ti­on des NS-Regimes 1945 nicht zu exis­tie­ren auf­ge­hört. Die ver­schie­de­nen Reichs­re­gie­run­gen ver­wal­ten „kom­mis­sa­risch“ das Deut­sche Reich, wäh­rend die Bun­des­re­pu­blik, für die „Reichs­bür­ger“ ein Kon­strukt der alli­ier­ten Besat­zer, zwar fak­tisch, aber ille­gal das Land besetzt hält.

Die ver­schie­de­nen Reichs­re­gie­run­gen hal­ten sich daher für legi­ti­miert, gegen Bares eige­ne Aus­wei­se und Füh­rer­schei­ne aus­zu­stel­len, die Ein­trei­bung von Gebüh­ren, Stra­fen, teil­wei­se auch Steu­ern der BRD zu ver­wei­gern und sich dabei auf eine selbst­er­nann­te Gerichts­bar­keit und Exe­ku­ti­ve (z.B. das „Deut­sche Poli­zei­hilfs­werk“) zu stüt­zen. 2012 woll­te sich ein „Reichs­bür­ger“ aus Kärn­ten bei einer Ver­kehrs­kon­trol­le in Bay­ern mit „Reichs“-Führerschein legi­ti­mie­ren.

Neben den diver­sen Rei­chen und Reichs­re­gie­run­gen gibt es aber auch eine zuneh­men­de Zahl von „Selbst­ver­wal­tern“ und „Sou­ve­rä­nen“, die mit einem ande­ren Begrün­dungs­zu­sam­men­hang dem Staat, in dem sie leben, die Aner­ken­nung ver­wei­gern (wol­len), auch wenn sie des­sen Infra­struk­tur und Sozi­al­leis­tun­gen durch­aus in Anspruch neh­men. Die­se Grup­pie­run­gen beru­fen sich dar­auf, dass der Staat, mit dem sie es zu tun haben, eine GmbH sei, mit der der ein­zel­ne Bür­ger aber kei­nen rechts­gül­ti­gen Ver­trag abge­schlos­sen habe und daher auch aus der GmbH bzw. aus dem ohne­hin ein­sei­ti­gen und rechts­un­gül­ti­gen Ver­trag aus­tre­ten kön­ne. Die­se Vari­an­te wird in Öster­reich bevor­zugt: Durch OPPT, die „Freeman“-Vertreter oder ein­fach durch die Selbst­er­nen­nung zum „Sou­ve­rän“.

Der Rechts­extre­mis­mus speist sich bei den meis­ten „Reichs­bür­gern“ mehr aus ideo­lo­gi­schen Ver­satz­stü­cken des Natio­nal­so­zia­lis­mus wie Anti­se­mi­tis­mus und Arier­tum und absur­den Mythen, etwa der Vor­stel­lung, dass sich mit­tels „Reichs­flug­schei­ben“ füh­ren­de Natio­nal­so­zia­lis­ten in die Ant­ark­tis nach Neu­schwa­ben­land abset­zen konn­ten, wäh­rend bei den ande­ren Staats­ver­wei­ge­rern hin­ter der Steu­er­ver­wei­ge­rung neben Anti­se­mi­tis­mus und Aus­län­der­het­ze eher ‚moder­ne‘ Ver­schwö­rungs­theo­rien domi­nie­ren (Chem­trails, Implan­tat­chips, Impf­ver­wei­ge­rung, Truther).

Die FPÖ hat­te in den letz­ten Jah­ren immer wie­der Anknüp­fungs­punk­te und Ver­bin­dun­gen zu den diver­sen Spiel­va­ri­an­ten der Staats­ver­wei­ge­rer, vor allem aber zu diver­sen „Reichs­bür­gern“. Meh­re­re Orts­grup­pen der FPÖ NÖ haben ein Hetz­do­ku­ment des „Gala­xien­ge­sund­heits­ra­tes“ vom „Staa­ten­bund König­rei­che Weden­land“ geteilt und auch kom­men­tiert, etli­che FPÖ-Funk­tio­nä­re und ‑Man­da­ta­re waren mit dem dekla­rier­ten Neo­na­zi und „Reichs­bür­ger“ Mein­olf Schön­born auf Face­book befreun­det.