„Freeman“ und der Holocaust

Lesezeit: 5 Minuten

In Tei­chen in der Ost­stei­er­mark fin­det am Wochen­en­de (31.7./1.8.) ein Open-Air-Fes­ti­val für Musik, Krea­ti­vi­tät und Nach­hal­tig­keit statt. Mit einem durch­aus attrak­ti­ven Musik­pro­gramm – Att­wen­ger etwa. Für Krea­ti­vi­tät soll­te schein­bar einer sor­gen, der 2013 im Sold von Frank Stro­nach den Song „Otto Nor­mal­ver­brau­cher“ in den Wahl­kampf ein­ge­bracht hat­te. Spä­ter fiel „Free­man“ Joe Kreißl noch unan­ge­neh­mer auf.

Am 14.3.2012 ver­ab­schie­de­te sich Johan­nes Ewald Kreißl per ein­ge­schrie­be­nem Brief von der Repu­blik Öster­reich – die Geburts­stun­de des „Free­man“ Joe Kreißl. Bis zu die­sem Zeit­punkt habe er nur als Urkun­de im Sys­tem exis­tiert und die­se Urkun­de ohne sei­ne Zustim­mung mit sei­nem natür­li­chen Leben aus­ge­stat­tet: „Ich habe das bis­her nicht gewusst und neh­me hier­mit von die­sem ein­deu­tig ein­sei­ti­gen und somit ohne­dies ungül­ti­gen Ver­trag abstand [sic!].“ An die­se Erklä­rung knüpf­te Kreißl weit­rei­chen­de Fol­ge­run­gen: „Ich behal­te mir das Recht vor, mei­nen pri­va­ten Besitz und mein Eigen­tum, sowie jeden und alles dar­in oder dar­auf zu schüt­zen und zu verteidigen.“

Ordent­lich teu­er wird’s im Fall eines Geset­zes­ver­sto­ßes „von Beam­ten, Orga­nen, Per­so­nen und der­glei­chen gegen mich oder mei­ne Kin­der“. Da wür­den dann geschmal­ze­ne Stun­den­sät­ze von Kreißl in Rech­nung gestellt: 500, 5.000 oder 50.000 Euro – pro Stun­de natür­lich, gestuft nach Art des Vergehens.

Wel­chen Stun­den­satz Kreißl 2013 wohl Frank Stro­nach für sei­nen Song „Otto Nor­mal­ver­brau­cher“ in Rech­nung gestellt hat? Jeden­falls han­delt der Song das The­ma Kor­rup­ti­on in Öster­reich ab und hat im Refrain die Text­zei­le „Thank You Frank“! Womit schon das Wich­tigs­te gesagt ist über die kurz­fris­ti­ge Rück­kehr in das poli­ti­sche Sys­tem. Sei­ne Mut­ter Han­ne­lie­se Kreißl-Wurth blieb im Sys­tem, als Stro­nachs Ver­tre­te­rin im Publi­kums­rat des ORF.

Im Juni 2014 war Kreißl bei einer „Pro und Contra“-Diskussion von Puls 4 im Publi­kum dabei. Nach der Debat­te film­te eine Kame­ra das ergrei­fen­de Zusam­men­tref­fen von Kreißl mit dem dama­li­gen Finanz­mi­nis­ter und Vize­kanz­ler Spin­de­leg­ger mit. Kreißl, ganz Staats­mann, eröff­ne­te mit den Sät­zen: Es kom­men gro­ße Din­ge auf uns zu“ und „Ich spü­re, dass Sie’s gut mei­nen – wir müs­sen gro­ße Din­ge regeln“. Erst als Spin­de­leg­ger einen Ter­min ver­sprach, um sich dem Gespräch zu ent­win­den, war Kreißl zufrie­den: „Ich hab jetzt an Ter­min mit dem Spindelegger.“

Lei­der nicht schnell genug, denn Ende August 2014 ging Spin­de­leg­ger von der poli­ti­schen Büh­ne ab. Kreißl aber hat­te vor­her noch einen ganz ande­ren Auf­tritt. Ende Juli 2014 soll­te in Hol­len­bach (NÖ) im Wald­vier­tel ein „Volks­tri­bu­nal“ der dort auf einem Bau­ern­hof ver­sam­mel­ten bzw. ansäs­si­gen Anhän­ge­rIn­nen der OPPT (One People’s Public Trust) gegen eine Anwäl­tin, Sach­wal­te­rin einer OPPT-Anhän­ge­rin stattfinden:

Die „Gerichts­ver­hand­lung“ gegen die Sach­wal­te­rin des ver­schul­de­ten und nun in psych­ia­tri­sche Behand­lung ein­ge­wie­se­nen OPPT-Mit­glieds war für die Behör­den offen­bar der Punkt, an dem das Maß des Erträg­li­chen über­schrit­ten war: Davor waren OPPT-„Sheriffs“ daheim bei der Anwäl­tin auf­ge­taucht, um sie „vor­zu­la­den“. Ein von ihnen selbst auf­ge­nom­me­nes Video zeigt zudem, wie sie auf der ört­li­chen Poli­zei­sta­ti­on selbst ver­fass­te Haft­be­feh­le gegen die Frau vor­leg­ten und das mit selbst gebas­tel­ten Aus­wei­sen „aus Brüs­sel“ unter­mau­er­ten. (orf.at)

OPPT, das ist die unmit­tel­ba­re Ver­wandt­schaft der Bewe­gung, bei der Kreißl tätig ist, der Free­man- Bewe­gung. pro­fil hat sich 2014 etwas aus­führ­li­cher mit OPPT und Free­man beschäf­tigt. Ob Kreißl bei dem „Tri­bu­nal“ selbst anwe­send war, ist nicht ganz klar. Ein­mal erklär­te er, nur ver­mit­telt zu haben, dann distan­zier­te er sich wie­der von OPPT, um gegen­über einer ande­ren Zei­tung dann wie­der das Tri­bu­nal zu ver­tei­di­gen. Im Jän­ner 2015 schaff­te es Kreißl jeden­falls wie­der in die Schlag­zei­len, weil er auf Face­book in einer „Bekannt­ma­chung“ ange­ge­ben hat­te, eini­ge Ver­hand­lungs­sä­le des Lan­des­ge­richts Steyr (OÖ) für Ver­hand­lun­gen nach dem „Natur­recht“ okku­pie­ren zu wol­len. Ab 1. Febru­ar 2015, einem Sonntag.

So skur­ril und jen­sei­tig die ideo­lo­gi­schen Aus­flü­ge von Free­man Joe Kreißl, sein stun­den­lan­ges Geschwur­bel über Recht und Frei­heit auch wir­ken mögen, bei nähe­rer Betrach­tung wer­den noch ganz ande­re Zwi­schen­tö­ne sichtbar.

Anfang Juli mach­te ein ande­rer „Free­man“, Tas­si­lo aus Lust­en­au, auf den Pro­zess gegen den Holo­caust-Leug­ner Wolf­gang Fröh­lich wegen Wie­der­be­tä­ti­gung auf­merk­sam. Für den Pro­zess am 9.7.2015 in Krems such­te er noch Beob­ach­ter, „denn wir brau­chen Unter­stüt­zung für den Wolf­gang Fröh­lich, der wegen angeb­li­cher Wie­der­be­tä­ti­gung schon 10 Jah­re im Gefäng­nis ver­brin­gen muss“.


Ein Pos­ter fragt dar­auf­hin „Free­man“ Tas­si­lo, ob das Zitat stim­me, das Stoppt­die­rech­ten von Fröh­lich ver­öf­fent­licht habe und war­um Tas­si­lo den Begriff „angeb­li­che Wie­der­be­tä­ti­gung“ ver­wen­de? „Free­man“ Tas­si­lo dar­auf: „Was ich davon hal­te ist ein­fach, der Staat lügt und ver­heim­licht uns den wah­ren Ablauf, der Gescheh­nis­se im Krieg. Ich habe eige­ne Infor­ma­tio­nen aus ers­ter Hand, das eini­ges was ich lern­te nicht stimm­te“ (Feh­ler im Original)

Fra­ge an „Free­man“ Tas­si­lo und die Antwort

Ein­mal abge­se­hen von der straf­recht­li­chen Beur­tei­lung der Äuße­run­gen die­ses „Free­man“: Hier kommt auch der ande­re „Free­man“ Kreißl wie­der ins Spiel. Der Blog „Die Guruf­al­le“ beschäf­tigt sich unter ande­rem auch mit der „Freeman“-Bewegung – und mit den anti­se­mi­ti­schen Ober­tö­nen bei Kreißl. Der Blog-Betrei­ber schrieb wegen des Pro­zess-Auf­rufs von „Free­man“ Tas­si­lo ein Pos­ting an „Free­man Aus­tria“ , wor­auf ihm „Free­man Aus­tria“ fol­gen­des antwortete:

„Ich bin der Mei­nung, dass wir es bei­de nur gehört haben… das von den so genann­ten ‘Gas­kam­mern’“. Und wei­ter: „ FAKT IST:Wir wis­sen es nicht! OK?! Und wenn jemand ein Buch schreibt, wel­ches offen­bar nur Fra­gen auf­wirft, dann ist das auch nicht Wie­der­be­tä­ti­gung. Genau­so­we­nig, wie das, was Du machst oder ich ‘Wie­der­be­tä­ti­gung’ ist…”

Nach­dem „Die Guruf­al­le“ über die­sen inter­es­san­ten Aus­tausch von Pos­tings eben­so berich­te­te wie über den geplan­ten Auf­tritt von Kreißl beim Fes­ti­val in Tau­chen, wid­me­te der „Free­man“ Kreißl dem Blog-Betrei­ber („Du Zeckn“) sogar einen Video-Bei­trag mit sehr schrä­gen Bemer­kun­gen zu Holo­caust, Maut­hau­sen und der Leug­nung von Gas­kam­mern.

Die Fes­ti­val-Betrei­ber von Tau­chen haben mitt­ler­wei­le ange­kün­digt, dass Kreißl nicht von der Büh­ne pre­di­gen darf. Der Rest der Erklä­rung der Fes­ti­val-Betrei­ber ist geprägt von offe­ner Sym­pa­thie für den „Free­man“.