Nazileaks (IV): Die trivialen Kunden von Odin

Unter den von Nazileaks veröf­fentlicht­en Adressen­sätzen ist der mit den Kun­den­dateien des Odin-Ver­sandes der neueste und deut­lich­ste. Wer bei Odin bestellt, weiß, was er oder sie kauft! Da lässt sich das Erk­lärungsmod­ell von Math­ias Venier („keine Rückschlüsse auf das kom­plexe Welt­bild“) schon gar nicht mehr anwen­den, selb­st wenn ein RFJ-Funk­tionär dort ordert.

Im Unter­schied zu den Daten­sätzen von „Thor Steinar“, die nur Mailadresse und Namen der KundIn­nen enthal­ten, sind die geleak­ten Daten­sätze von Odin ziem­lich kom­plex. Namen, Adressen, Handy-Num­mern, Mailadressen usw. Prob­lem­los lassen sich alle öster­re­ichis­chen Bestel­lerIn­nen her­aus­fil­tern. An die 60, also deut­lich weniger als bei Thor-Steinar, sind es.

Dafür sind einige heftige ein­schlägige Kaliber dabei: Mario W. aus Steyr etwa. Schon die Mailadresse „Sturm18“ ist deut­lich. Mario W. ist 3. Bun­desparteiob­mannstel­lvertreter der Heimat­partei Öster­re­ich (HPÖ), die 2011 mit der Grün­dung der oberöster­re­ichis­chen Lan­des­gruppe den Sprung über die Salzburg­er Gren­ze geschafft hat. Dort fungiert Mario W. als 1. Lan­desparteiob­mannstel­lvertreter. Ein ordentlich­er Kar­ri­ere­sprung für Mario W., der vor zwei Jahren noch mit der Adresse Schan­zl­gasse (Jus­ti­zanstalt) auf diversen Lis­ten als nationaler poli­tis­ch­er Gefan­gener vorgestellt wurde.

Mar­ti­na A. taucht über­all auf, bei „Odin“, bei „Thor Steinar“ und im „Blood & Honour“-Forum und natür­lich in der lokalen Szene. Auch so lassen einzelne Teile doch „Schlüsse auf das umfassende Gesamtkon­strukt eines kom­plex­en Welt­bildes“ (Zitat Venier FPÖ) der Betrof­fe­nen zu. Bei Achim K. aus der Steier­mark ist es ähn­lich. Allerd­ings fragt man sich, wann und warum er über­haupt Odin-Leiberl anzieht, wo er sich doch am lieb­sten mit tätowierten Oberkör­p­er ablicht­en lässt.

Einige der Odin-Kun­den sind seit der Veröf­fentlichung von Nazileaks abge­taucht, haben ihre Kon­ten gelöscht oder ges­per­rt. Sascha A. aus dem Wein­vier­tel etwa war ein eifriger Poster auf FPÖ- und RFJ-Seit­en. Auch bei der NPD hat er fleißig kom­men­tiert, was jedoch bei einem Odin-Kun­den wenig erstaunlich ist.

Über einige andere Odin-Kun­den haben wir bere­its berichtet, über­raschend waren für uns aber die fol­gen­den Funde. Da ist zum einen wieder ein Polizist, genauer: ein Polizeis­chüler aus Kärn­ten. Wenn stimmt, was die „Kleine Zeitung“ (10.1.2012) schreibt, dann hat er vor sein­er Zeit als Polizeis­chüler bestellt, nicht für sich, son­dern für einen Fre­und, und mit neon­azis­tis­chem Gedankengut will er ohne­hin nichts mehr zu tun haben. Wir haben jeden­falls schon bessere Ausre­den als die fol­gende gehört: „Ich dachte mir: Es würde nicht im Inter­net ste­hen, wenn es nicht legal wäre.” (Kleine Zeitung)

Was wird wohl Jür­gen Franzelin, Lan­des­fi­nanzref­er­ent des RFJ in Salzburg und damit im Vor­stand dieses Vere­ins, ein­fall­en, wenn er dazu befragt wird, warum er auf der Kun­den­liste des Odin-Ver­sand­haus­es ste­ht? Franzelin ist immer­hin auch Ortsparteiob­mann der FPÖ in Piesendorf. Wird er ver­suchen, sich an die Vor­gaben von Venier zu hal­ten oder Parteifre­unde und Öffentlichkeit damit beruhi­gen wollen, dass er ja nicht der erste RFJ-Kunde bei einem Neon­azi-Ver­sand ist? Ein früheres Vor­standsmit­glied des RFJ Salzburg, Diet­mar W., war Kunde beim „Aufruhr“-Versand („Ewig lebt der Toten Taten­ruhm“). Aber das ist schon Jahre her, und damals gab es etliche andere RFJ-Funk­tionäre, die eben­falls bei „Aufruhr“ zuge­grif­f­en haben. Mar­tin Graf weiß da Bescheid: „Das ist Nazidreck!”