Der Odin-Versand bietet so ziemlich alles, was das Neonazi-Herz begehrt und an Gesinnung als Bekleidung vor sich hertragen möchte. Die Kapuzenjacke „Sonnenstudio 88“ etwa, bei der auf der Rückseite neben einer Teilansicht der „Schwarzen Sonne“ der Schriftzug „Auch ohne Sonne braun“ dem dümmsten Jungnazi klarmacht, worum’s geht. Vom nationalen Hosenträger bis zum Nazi-Feuerzeug haben dort auch an die 50 ÖsterreicherInnen ihre Nazi-Devotionalien bestellt, unter ihnen auch ältere Semester wie der unseren LeserInnen schon bekannte Wolfgang P. alias Sonnenritter. Wie fast immer sind die österreichischen Kameraden die phantasievollsten, wenn’s um ihre Mail-Accounts geht: „raptor88“ nennt sich Enrico A., „Ostmark88“ Josef G., „skinhead88“ Kevin M. und „Sturmsoldat“ Philipp R.. Auch alte Bekannte, die schon beim „Aufruhr“-Versand bestellt haben und uneinsichtig geblieben sind, was schlecht geschützte Kundendaten betrifft, kann man finden. Nein, nicht die ehemaligen Mitarbeiter von Martin Graf, sondern z.B. Rene T., der sich mittlerweile die martialische Mailadresse „n.widerstand“ zugelegt hat.
Apropos Burschenschafter: Man möchte ja meinen, dass die mit ihren seltsamen Trachten schon genug Fasching übers Jahr haben, aber auch unter ihnen gibt es noch einige, die sich zusätzlich bei „Odin“ einkleiden. Der aus Salzburg stammende Maximilian R. etwa, der bei der „Deutschen Burschenschaft“ ein prominentes Ämtchen bekleidet. Was trägt er von „Odin“? Eine Boxershort in schwarz mit Kranz und 88 in weiß? Oder hat er für seine Freundin eine „Girlie Unterwäsche mit Tribal und 88“ erworben? Die sonst so sprachsensiblen Kameraden stört nicht einmal, dass der Odin-Versand die deutsche Sprache stark vernachlässigt und z.B. „Hate-Hate Men’s Wear“ anbietet.
Da ist auch „Thor Steinar“, dessen Ware online und in Läden gekauft werden kann, nicht viel besser. „Longsleeve“ werden dort die langärmeligen Leiberl benannt. Das ist aber nicht das einzige Problem von „Thor Steinar“. „Bei uns kannst Du sicher einkaufen! Wir speichern keine Daten online!“, heißt es auf der Homepage, darunter ein Pärchen am Lagerfeuer vor Gebirgskulisse. Naja, wir wollen’s gar nicht genauer wissen, wie und warum – jedenfalls findet sich unter den gutgläubigen Bestellern von „Thor Steinar“ ein frischgebackener Nationalratsabgeordneter der FPÖ. In der Kundenliste taucht gleich zweimal Mathias Venier, der Nachfolger von Werner Königshofer, auf: mit der Mailadresse der Partei fp-zams. Die Bestellliste stammt aus dem Jahr 2009, damals war Venier noch nicht im Nationalrat, und vermutlich hat er – so wie „sneiper-88“, sein Bestelllistennachbar – einfach nur Erwärmendes aus nordischen Landen gesucht. Ohne jeden einschlägigen Hintergedanken!
Und außerdem – wenn’s die Polizei erlaubt? Unter den Bestellern bei „Thor Steinar“ sind nämlich neben weiteren FPÖ-Funktionären auch einige Mailadressen der Polizei angegeben: polizei.gv.at! Quasi amtliche Bestellungen? In Deutschland gibt es eine massive Kampagne gegen „Thor Steinar“. Etliche öffentliche Einrichtungen wie z.B. der deutsche Bundestag oder auch Universitäten haben das Tragen von Thor Steinar-Kleidung durch BesucherInnen und Angestellte verboten. In Österreich bestellen einzelne Polizisten ihre rechten Thor Steinar-Leiberln per Amtsmail und ein Jungabgeordneter offensichtlich über die FPÖ-Mailadresse.
➡️ Nazi-Leaks (II): Thor Steinar: Szenetypische Polizisten?
➡️ Nazi-Leaks (III): Die komplexen Kunden von Thor Steinar
➡️ Nazi-Leaks (IV): Die trivialen Kunden von Odin