Anschläge auf Einrichtungen für AsylwerberInnen und MigrantInnen häufen sich

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Der Spreng­stoff­an­schlag auf das Asyl­heim der Cari­tas in Graz war offen­bar nicht der ers­te auf die­ses Heim. Die Unter­kunft, die im Jahr 2006 eröff­net und zunächst nur für männ­li­che Asyl­wer­ber geführt wur­de, soll schon ein­mal Ziel eines Anschlags gewe­sen sein. Dies­mal wur­de er aller­dings mit­tels Spreng­stoff aus­ge­führt. Das Kli­ma rund um den Anschlag war seit Wochen geprägt durch die het­ze­ri­schen Atta­cken der FPÖ auf Mus­li­me („Moschee-Baba-Spiel“) im lau­fen­den stei­ri­schen Landtagwahlkampf.


Flug­blatt der FPÖ gegen das Asyl­wer­be­rIn­nen­heim, dar­in for­dert die FPÖ: „Kein Asy­lan­ten­heim in Siedlungsgebieten”

Schon im Jahr 2007/08 hat die dama­li­ge Spit­zen­kan­di­da­tin der FPÖ im Gra­zer Gemein­de­rats­wahl­kampf, die wegen ihrer Aus­sa­gen zum Islam spä­ter auch rechts­kräf­tig wegen Ver­het­zung ver­ur­teilt wur­de, fol­gen­de Äus­se­run­gen zu Asyl­wer­bern getrof­fen: „Es explo­die­ren nicht nur die Kos­ten für die Asy­lan­ten, es explo­diert auch die Kri­mi­na­li­tät. Die FPÖ Graz sagt dazu ein­deu­tig: Schluss mit dem Asyl­miss­brauch und der Zuwan­de­rung. Graz wie­der den Gra­zern.“ (Zur Zeit Nr.48/2007).


alpen-donau.info: „Uns geht es ohne­hin um die Män­ner der Tat”

Der Anschlag in Graz war aber auch ins­ge­samt für Öster­reich nicht der erste.

  • Im Febru­ar 1999 ent­steht durch einen Brand­an­schlag auf eine Asyl­un­ter­kunft in Wien-Hiet­zing erheb­li­cher Sach­scha­den. Die Täter waren rechts­extre­me Skinheads.
  • Im Juni 2008 wur­de der bis­her fol­gen­schwers­ten Brand­an­schlag ver­zeich­net: In Kla­gen­furt kommt bei einem Brand in einem Asyl­heim ein Afri­ka­ner zu Tode, als er in Panik aus dem Fens­ter springt. 19 wei­te­re Insas­sen wer­den zum Teil schwer ver­letzt. Die Poli­zei ermit­telt schlam­pig und gibt die Paro­le aus, dass Ziga­ret­ten­stum­mel die Brand­ur­sa­che waren. Brand­be­schleu­ni­ger, also Brand­stif­tung wird aus­drück­lich aus­ge­schlos­sen. Jörg Hai­der, damals noch Kärn­tens Lan­des­haupt­mann, sprach gar von einer Feh­de zwi­schen Dro­gen­dea­lern, die zu dem Brand geführt habe, ohne dafür nur irgend­ei­nen Beweis vor­le­gen zu kön­nen. Erst im Dezem­ber 2009 stellt ein Gut­ach­ter fest, dass der Brand mut­wil­lig gelegt wur­de und „Schütt­spu­ren“ von Brand­be­schleu­ni­gern im Stie­gen­haus fest­stell­bar waren. In der Fol­ge wer­den der Heim­be­trei­ber und der Flücht­lings­be­auf­trag­te des Lan­des Kärn­ten wegen fahr­läs­si­ger Gemein­ge­fähr­dung vor Gericht gestellt. Der Vor­wurf: Der Brand­schutz und sei­ne Kon­trol­le sei nicht sicher­ge­stellt gewe­sen. Im Pro­zess pas­siert die nächs­te Unge­heu­er­lich­keit. Ein Ver­tei­di­ger for­dert das „Ein­ho­len eines Sach­ver­stän­di­gen aus dem Gebiet der Psy­cho­lo­gie und Eth­no­lo­gie ver­bun­den mit Ver­hal­tens­for­schung zur Erstel­lung eines Gut­ach­tens über das Flucht­ver­hal­ten von Mit­tel­afri­ka­nern im Ver­gleich zu Mit­tel­eu­ro­pä­ern im Brand­fal­le“. Den Bewoh­ne­rIn­nen wird unter­stellt, dass sie zu früh gesprun­gen sei­en, weil sie mit den Brand­schutz­re­geln bzw. dem Ein­satz von Feu­er­weh­ren nicht ver­traut gewe­sen sei­en. Das Gericht lehn­te das Gut­ach­ten ab, weil der Brand gezielt in den Flucht­we­gen gelegt wor­den ist. Die Ange­klag­ten wur­den „im Zwei­fel“ frei­ge­spro­chen, gegen die ermit­teln­den Poli­zis­ten wur­de ein Ver­fah­ren wegen des Ver­dach­tes des Amts­miss­brauchs ein­ge­lei­tet. Der Brand ist bis heu­te nicht auf­ge­klärt. Der Mög­lich­keit einer Brand­stif­tung durch Neo­na­zis, die wäh­rend der Fuß­ball-Euro­pa­meis­ter­schaft in Kla­gen­furt sehr aktiv waren, wur­de wegen der schlam­pi­gen Ermitt­lun­gen nicht nachgegangen.
  • Sep­tem­ber 2009: Die Beam­ten des Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung NÖ ermit­teln wegen eines Nazi-Anschlags auf das Flücht­lings­heim Schrems: In der Nacht auf den 20. Sep­tem­ber wur­de die Fas­sa­de des Hau­ses mit einem gro­ßen Haken­kreuz beschmiert. Ein mit einem Haken­kreuz beschmier­ter Stein wur­de durch das Küchen­fens­ter gewor­fen. Ermitt­lungs­er­geb­nis­se unbekannt.
  • Im Novem­ber 2009 brennt in St.Jakob bei Wolfs­berg in Kärn­ten wie­der ein Asyl­heim. Auch dies­mal schließt die Poli­zei Brand­stif­tung von vorn­her­ein aus. Noch merk­wür­di­ger: Die Poli­zei schließt auch eine tech­ni­sche Ursa­che aus und geht von einer „unbe­kann­ten Ursa­che“ aus. Die Ermitt­lun­gen wer­den mit die­ser Begrün­dung ein­ge­stellt. Die „Klei­ne Zei­tung“, die über den Brand berich­tet, schließt ihr Forum im Inter­net zur Brand­be­richt­erstat­tung mit der Begrün­dung: „Da die Mehr­zahl der Ein­trä­ge unse­rer Forums­kul­tur wider­spro­chen hat, wur­de das Forum bei die­sem Arti­kel entfernt.“
  • Im Juli 2010 wur­de ein Wohn­heim für Migran­tIn­nen in Wien Flo­rids­dorf Ziel von zwei Brand­an­schlä­gen und Dro­hun­gen. Die Täter, die neo­na­zis­ti­sche Paro­len und Mord­dro­hun­gen schmier­ten, leg­ten beim ers­ten Mal einen Brand, der durch­aus lebens­be­droh­lich hät­te wer­den kön­nen. Ein Täter aus der Neo­na­zi-Skin-Sze­ne wur­de aus­ge­forscht und auf frei­em Fuß ange­zeigt, die wei­te­ren Täter sind noch nicht bekannt. Die Brand­an­schlä­ge erfolg­ten weni­ge Tage nach einer Demo, zu der eine „Bür­ger­initia­ti­ve Rapp­gas­se“ in Flo­rids­dorf gegen den Bau einer Moschee auf­ge­ru­fen hat­te An der Demons­tra­ti­on betei­lig­ten sich auch Ver­tre­ter der FPÖ (Stra­che als Red­ner) sowie die Neonazi-Skin-Szene.

Wien-Flo­rids­dorf: Brand­an­schlag auf Studentenheim
Flo­rids­dorf: Neu­er­li­cher Brandanschlag
Kom­men­tar: Ein biss­chen Nazi?

Die­se Auf­stel­lung ist nicht voll­stän­dig. Es ist lei­der davon aus­zu­ge­hen, dass nicht alle Anschlä­ge öffent­lich gemacht wur­den (wir bit­ten um ent­spre­chen­de Hin­wei­se bzw. Ergän­zun­gen!). Nach­ge­wie­se­ne rechts­extre­me bzw. neo­na­zis­ti­sche Täter domi­nie­ren aller­dings. Auf­fäl­lig ist auch die Häu­fung in den letz­ten Jahren.

Sie­he auch: Schrems: Nazi-Anschlag auf Asyl­heim: Haken­kreuz und Steinwurf