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Sie wachsen zusammen (I): FPÖ und Identitäre

Die FPÖ ist noch ein biss­chen des­ori­en­tiert, was die Hal­tung zu den Iden­ti­tä­ren betrifft. Ist die rechts­extre­me Pöbel­trup­pe eine Orga­ni­sa­ti­on, bei der man bes­ser nicht anstreift (Hofer) oder eine, bei der man kei­ne Berüh­rungs­ängs­te haben muss (Kurz­mann, FPÖ Stei­er­mark). Sind Akti­vi­tä­ten bei den Iden­ti­tä­ren über­flüs­sig, weil es ohne­hin die FPÖ gibt (Mah­da­lik, FPÖ Wien) oder […]

20. Apr 2016

„Es wächst zusam­men, was zusam­men­ge­hört.“ Der Satz stammt zwar von Wil­ly Brandt, aber der Mau­er­fall ist für die Rech­ten sicher ähn­lich bedeut­sam wie die all­mäh­li­che Ver­schmel­zung von FPÖ und Iden­ti­tä­ren. Als Anfang Juni 2014 die frei­heit­li­che Fan-Sei­te „Unser blau­er Stamm­tisch“ einen Sohn von Rein­hold Lopat­ka, Klub­chef der ÖVP, als Iden­ti­tä­ren oute­te, hing der Haus­segen zwi­schen FPÖ und Iden­ti­tä­ren schief.

„Was für eine Pöbel­sei­te, unglaub­lich“, plus­ter­te sich aus­ge­rech­net „Ed Win” auf, bes­ser bekannt als Edwin Hint­stei­ner, der Salz­bur­ger Ober-Iden­ti­tä­re, den wir schon unter ganz ande­ren Namen ken­nen­ge­lernt haben. Und Mar­tin Sell­ner, der Wie­ner Chef, tadelt die blau­en Kame­ra­den von der „Pöbel­sei­te“ noch stren­ger: “Schämt euch!“

Mitt­ler­wei­le haben die Frei­heit­li­chen jeg­li­ches Scham­ge­fühl ver­lo­ren, was die Sym­pa­thie für die Iden­ti­tä­ren betrifft. Oder sie keh­ren es tak­tisch wie­der her­vor – wie Gene­ral­se­kre­tär Kickl und der Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat Hofer. Als der ORF (ZIB 2) nach dem Sturm­an­griff der Iden­ti­tä­ren auf das Audi­max einen Bei­trag gestal­te­te, in dem auch das Ver­hält­nis zur FPÖ beleuch­tet wer­den soll­te, rich­te­te Kickl dem ORF aus, „die Iden­ti­tä­ren hät­ten mit der FPÖ nicht zu schaf­fen“ (ZIB 2,15.4.2016). Der Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat Hofer brauch­te etwas län­ger für sei­ne gewun­de­ne Erklärung:

Und jeder muss für sich ent­schei­den, mit wem er Kon­tak­te pflegt. Ich wer­de die­sen Kon­takt nicht pfle­gen und nicht suchen, weil ich das Gefühl habe — ich ken­ne es ja nicht, ja — aber weil ich das Gefühl habe, auf­grund der Akti­vi­tä­ten, die ich bis­her gese­hen habe, dass das eine Bewe­gung ist, die mir nicht gefal­len kann. (ORF, ZIB 2, 15.4.2016)

Das wären eigent­lich deut­li­che Distan­zie­run­gen. Bloß stimm­ten sie mit der blau­en Wirk­lich­keit nicht über­ein. Waren die Kon­tak­te bis 2015 auf ein­zel­ne Tref­fen zwi­schen RFJ und Iden­ti­tä­ren beschränkt, so hat sich das Bild im Lauf des Vor­jah­res kom­plett geän­dert. Iden­ti­tä­re sind Funk­tio­nä­re und Man­da­ta­re der FPÖ, gemein­sa­me Aktio­nen sind üblich, die Sym­pa­thie für die offen rechts­extre­me Pöbel­trup­pe ist unverkennbar.

Das State­ment von Heinz-Chris­ti­an Stra­che vom 18. April, in dem er die Iden­ti­tä­ren zu einer „nicht-lin­ken Bür­ger­be­we­gung“ adelt und den gewalt­tä­ti­gen Sturm auf die Thea­ter­vor­füh­rung im Audi­max als „fried­li­chen Aktio­nis­mus“ ver­harm­lost, ist zwar skan­da­lös, aber konsequent.

Schließ­lich gibt es da auch ein Foto aus dem Jahr 2015, das Stra­che an einem gedeck­ten Tisch in einem Gast­haus zeigt. Mit Stra­che neben Leib­wäch­tern am Tisch: Patrick Len­art, „Lei­ter“ der Iden­ti­tä­ren in der Stei­er­mark und Peter D., ein stei­ri­scher Iden­ti­tä­rer und Bur­schen­schaf­ter, der am 15. Novem­ber 2015 in Spiel­feld einen Foto­gra­fen atta­ckiert hatte.

Neben Strache und den Identitären Patrick Lenart auch AUF-Polizist Josef H.
Neben Stra­che und den Iden­ti­tä­ren (Patrick Len­art, Peter D.) auch AUF-Poli­zist Josef H.

Der Chef einer Par­tei, die Regie­rung und Bun­des­prä­si­dent stel­len will, beim gemüt­li­chen Tafeln mit den Ver­tre­tern einer rechts­extre­men Trup­pe, die der Ver­fas­sungs­schutz in sei­nem Bericht so beschrieb:

Unter dem Deck­man­tel das jewei­li­ge Land respek­ti­ve „ganz Euro­pa“ vor einer „Isla­mi­sie­rung“ und vor Mas­sen­zu­wan­de­rung schüt­zen zu müs­sen, wird auf einer pseu­do-intel­lek­tu­el­len Grund­la­ge ver­sucht, das eige­ne rassistisch/nationalistisch gepräg­te Welt­bild zu ver­schlei­ern. Die Distan­zie­rung vom Neo­na­zis­mus in öffent­li­chen State­ments ist als tak­ti­sches Manö­ver zu wer­ten, da sich in den Rei­hen der Bewe­gungs­eli­ten amts­be­kann­te Neo­na­zis befin­den und Kon­tak­te in ande­re rechts­extre­mis­ti­sche Sze­n­e­be­rei­che bestehen.

➡️ Sie wach­sen zusam­men (II) : Stra­che und die Iden­ti­tä­ren im Burgtheater
➡️ Sie wach­sen zusam­men (III) : FPÖ, Hofer und die Identitären
➡️ Sie wach­sen zusam­men (IV): Blau-iden­ti­tä­re Köpfe