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„Stoppt die Rechten“ ist eine unabhängige, antifaschistische Plattform, die Rechtsextremismus und Neonazismus in Österreich sichtbar macht, analysiert und dokumentiert – mit dem umfassendsten öffentlich zugänglichen Online-Archiv zu rechtsextremen Entwicklungen und Vorfällen in Österreich.

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Defend Austria, Division Wien und die „Hate Crimes“ – eine Einordnung

Kaum jemand in Öster­reich hat sich so inten­siv mit den Neo­na­zi-Grup­pie­run­gen „Defend Aus­tria“ und „Divi­si­on Wien“ beschäf­tigt wie „Öster­reich Rechts­au­ßen“ (ÖRA). „Stoppt die Rech­ten“ hat das ÖRA-Team um eine Ein­schät­zung zu den jüngst bekannt gewor­de­nen Fäl­len von Hass­ver­bre­chen (nicht nur) gegen Homo­se­xu­el­le gebeten.

28. März 2025
Defend Austria: jung und gewaltbereit
Defend Austria: jung und gewaltbereit

Inhalt

Togg­le
  • Vor­be­mer­kun­gen zur Cau­sa „Pedo Hunting“
  • Ent­ste­hung von „Defend Aus­tria“ und „Divi­si­on Wien“
  • Zum Ver­hält­nis von „Defend Aus­tria“ und „Divi­si­on Wien“
  • Wel­che Rol­le spie­len „Alt­neo­na­zis“ in der bzw. für die Gruppen/n?
  • Wel­che Ver­bin­dun­gen gibt es zu den Iden­ti­tä­ren, wel­che zu FPÖ/RFJ?
  • In eurer Recher­che zur „Tanz­bri­ga­de“ sprecht ihr zumin­dest in einem Fall „Pedo Hun­ting“ expli­zit an. Auf wel­che Verbindungen/Hinweise seid ihr da gesto­ßen? Könnt ihr in etwa zeit­lich ein­ord­nen, ab wann das ein The­ma war?
  • Konn­tet ihr beob­ach­ten, wie und wo für die­se „Pedo Hunting“-Gruppen gewor­ben wurde?
  • Wel­che Erklä­rung habt ihr, dass die Hetz­jag­den und Über­fäl­le auf Homo­se­xu­el­le in der Stei­er­mark ihren Ursprung genom­men haben?
  • Wel­che Hin­wei­se gibt es, dass sich die öster­rei­chi­schen Täter:innen kon­kre­te Anlei­hen aus dem Aus­land genom­men haben?

Vorbemerkungen zur Causa „Pedo Hunting“

Von den 18 Per­so­nen, die im Zusam­men­hang mit dem soge­nann­ten „Pedo Hun­ting“ fest­ge­nom­men wur­den, lässt sich nach unse­rem aktu­el­len Kennt­nis­stand eine ein­deu­tig der Neo­na­zi-Grup­pie­rung „Divi­si­on Wien“ zuord­nen. Dabei han­delt es sich um eine Füh­rungs­fi­gur, die mehr­fach durch ihre aus­ge­präg­te Gewalt­be­reit­schaft auf­ge­fal­len ist. Soli­da­ri­täts­be­kun­dun­gen aus der Sze­ne deu­ten zudem dar­auf hin, dass eine wei­te­re fest­ge­nom­me­ne Per­son aus dem Umfeld die­ser Grup­pe stammt. Der Fund von NS-Devo­tio­na­li­en bei meh­re­ren Haus­durch­su­chun­gen und die wach­sen­de Popu­la­ri­tät des soge­nann­ten „Pedo Hun­ting“ in rechts­extre­men Krei­sen legen nahe, dass auch ande­re Täter:innen rechts­of­fen bis rechts­extrem ein­ge­stellt sein könnten.

Entstehung von „Defend Austria“ und „Division Wien“

Der ers­te öffent­li­che Auf­tritt von „Defend Aus­tria“ fand am 20. Juli 2024 im Rah­men der Remi­gra­ti­ons-Demo der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung in Wien statt. Dort hiss­ten spä­te­re Aktivist:innen der „Divi­si­on Wien“ gemein­sam mit „Defend Austria“-Angehörigen eine Flag­ge mit dem Logo von „Defend Aus­tria“. Weni­ge Mona­te spä­ter, Ende Dezem­ber 2024, grün­de­te sich auch die „Divi­si­on Wien“ offi­zi­ell per Telegram-Statement.

Bei bei­den Grup­pie­run­gen han­delt es sich um bis dahin unbe­kann­te, meist min­der­jäh­ri­ge Per­so­nen, die zuvor nie im orga­ni­sier­ten Rechts­extre­mis­mus in Erschei­nung getre­ten waren. Wie sie zuein­an­der fan­den, ist unklar. Ver­mut­lich spiel­ten die Fuß­ball­sze­ne auf Wie­ner Ver­eins­ebe­ne sowie Fan­klubs der Natio­nal­mann­schaft (ins­be­son­de­re die „Patri­ots“) eben­so eine Rol­le wie digi­ta­le Ver­net­zun­gen, die ver­mehrt zu Tref­fen rechts­of­fe­ner und rechts­extre­mer Jugend­li­cher in der rea­len Welt führen.

Wich­tig ist als Kon­text zu beach­ten, dass die Ent­ste­hung sol­cher rechts­extre­men Grup­pen Teil einer neu­ar­ti­gen neo­na­zis­ti­schen Jugend-Sub­kul­tur ist, die sich vor allem über Tik­Tok ver­brei­tet. 2024 grün­de­te sich in Deutsch­land unter ande­rem die über­wie­gend aus Jugend­li­chen bestehen­de und mit gewalt­be­rei­ten Aktio­nen in Erschei­nung tre­ten­de Neo­na­zi-Grup­pe „Deut­sche Jugend vor­an“ (DJV). Wei­te­re ähn­li­che Grup­pie­run­gen wur­den eben­falls aktiv.

Defend Austria, Vorbild "Deutsche Jugend Voran" (Screenshot DA)
Defend Aus­tria, Vor­bild „Deut­sche Jugend Vor­an” (Screen­shot DA)

Zumin­dest über sozia­le Netz­wer­ke schei­nen die­se Grup­pie­run­gen teil­wei­se auch mit der öster­rei­chi­schen Sze­ne ver­netzt zu sein. Die­ser Trend zeigt sich außer­dem auch in Öster­reich: Jüngs­tes Bei­spiel ist die Grün­dung der Neo­na­zi-Skin­head-Orga­ni­sa­ti­on „Rech­te Faust Ober­ös­ter­reich“, die sich wie auch schon „Defend Aus­tria“ und „Divi­si­on Wien“ ästhe­tisch an den „Base­ball­schlä­ger­jah­ren“ der 1990er ori­en­tiert, auf der Stra­ße mar­tia­lisch als Grup­pe auf­tritt und offen auf der Suche nach phy­si­schen Kon­fron­ta­tio­nen mit dem „poli­ti­schen Feind“ ist.

Zum Verhältnis von „Defend Austria“ und „Division Wien“

Bei „Defend Aus­tria“ und „Divi­si­on Wien“ han­delt es sich um zwei unter­schied­li­che rechts­extre­me Grup­pie­run­gen, deren per­so­nel­le Über­schnei­dun­gen sich über einen län­ge­ren Zeit­raum hin­weg ent­wi­ckel­ten: Eini­ge heu­ti­ge Aktivist:innen der „Divi­si­on Wien“ waren zunächst bei „Defend Aus­tria“ aktiv. Seit der Grün­dung der „Divi­si­on Wien“ wei­sen jedoch Social Media-Pos­tings auf eine zuneh­men­de Feind­se­lig­keit zwi­schen den Grup­pen hin.

In einem Pos­ting aus dem inne­ren Kreis der „Divi­si­on Wien“ wird etwa vor „Defend Aus­tria“ gewarnt, da sich dort angeb­lich ein „Ver­ge­wal­ti­ger“ befin­de, der außer­dem mit den Sicher­heits­be­hör­den koope­rie­re. Dar­über hin­aus deu­ten die Inhal­te dar­auf hin, dass ein Mit­glied der „Divi­si­on Wien“ eine phy­si­sche Kon­fron­ta­ti­on mit dem Anfüh­rer von „Defend Aus­tria“ such­te – der sich die­ser jedoch ent­zog. An die­ser Stel­le soll­te außer­dem erwähnt wer­den, dass die Grup­pe „Defend Aus­tria“ for­mal nicht mehr exis­tiert: Nach der Ver­haf­tung ihres Anfüh­rers bei einer Pro-FPÖ-Kund­ge­bung von „Fair­den­ken“ wegen Waf­fen­be­sit­zes lan­cier­te die­ser das Fol­ge­pro­jekt „Gemein­schaft“.

Welche Rolle spielen „Altneonazis“ in der bzw. für die Gruppen/n?

Auf­fäl­lig ist, dass „Defend Aus­tria“ und die „Divi­si­on Wien“ durch ihre Nähe zum Fuß­ball­mi­lieu rasch Anschluss an ein­schlä­gig bekann­te Neo­na­zi-Krei­se fan­den. Die neo­na­zis­ti­sche Grup­pie­rung „Tanz­bri­ga­de“ erkann­te offen­bar das Rekru­tie­rungs­po­ten­zi­al die­ser jun­gen Sze­ne und bot eine umfas­sen­de rechts­extre­me Erleb­nis­welt, die Fuß­ball, Tech­no, Graf­fi­ti und Kampf­sport ver­bin­det Vie­les erin­nert hier­bei an die Rekru­tie­rungs­stra­te­gien der VAPO in den spä­ten 1980er- und frü­hen 1990er-Jah­ren, als erleb­nis­ori­en­tier­te Jugend­li­che in den Sta­di­en gezielt für die neo­na­zis­ti­sche Orga­ni­sie­rung gewon­nen wurden.

In der zwei­ten Jah­res­hälf­te 2024 und bis heu­te kommt es bei­na­he wöchent­lich zu Übergriffen

Poli­tisch moti­vier­te Gewalt spielt in die­sen Grup­pie­run­gen eine zen­tra­le Rol­le: Mit­glie­der der „Tanz­bri­ga­de“ fie­len bereits regel­mä­ßig mit ras­sis­ti­schen, anti­se­mi­ti­schen, que­er­feind­li­chen und homo­pho­ben Angrif­fen auf, die häu­fig (zum Teil schwe­re) Kör­per­ver­let­zun­gen nach sich zogen. Die­se Form gewalt­för­mi­ger Ein­schüch­te­rung fin­det offen­bar auch bei den jun­gen Gene­ra­tio­nen Anklang: In der zwei­ten Jah­res­hälf­te 2024 und bis heu­te kommt es bei­na­he wöchent­lich zu Über­grif­fen, ins­be­son­de­re durch Mit­glie­der der „Divi­si­on Wien“. Das trifft völ­lig wahl­los all jene, die zur fal­schen Zeit am fal­schen Ort den Neo­na­zis als Feind­bil­der ins Auge fal­len: PoC, jüdi­sche Per­so­nen, Obdach­lo­se, que­e­re und homo­se­xu­el­le Men­schen sowie Lin­ke wer­den immer wie­der das Ziel der neo­na­zis­ti­schen Gewalt die­ser Grup­pen. Das soge­nann­te „Pedo-Hun­ting“ passt ideo­lo­gisch in die­ses Mus­ter, stellt aber auf­grund der auf­wen­di­gen und geziel­ten Pla­nung defi­ni­tiv eine neue Eska­la­ti­ons­stu­fe dar.

Das enge Ver­hält­nis zwi­schen der „Divi­si­on Wien“ und bereits seit Jahr­zehn­ten akti­ven Neo­na­zis der öster­rei­chi­schen Sze­ne kann an zwei Ver­an­stal­tun­gen exem­pla­risch dar­ge­stellt wer­den: dem „Trau­er­marsch“ der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung nach dem Ter­ror­an­schlag in Vil­lach sowie dem kon­spi­ra­ti­ven und neo­na­zis­ti­schen Kampf­sport-Event „Vir­tus et Honor IV“ im tsche­chi­schen Olo­mouc. Dort tra­ten die teils min­der­jäh­ri­gen Neo­na­zis der „Divi­si­on Wien“ gemein­sam mit Expo­nen­ten der „Tanz­bri­ga­de“ und bekann­ten Neo­na­zi-Grö­ßen wie Harald E. auf, der bereits in Gerd Hon­siks „Aus­län­der Halt!“-Bewegung aktiv war, oder mit Richard F., der ver­schie­de­ne Funk­tio­nen in der VAPO inne­hat­te und in den letz­ten Jah­ren immer wie­der als FPÖ-Secu­ri­ty auffiel.

Zusam­men­künf­te die­ser Art ver­deut­li­chen, dass eta­blier­te Neo­na­zis, die seit lan­gem in der Sze­ne ver­an­kert sind, im jun­gen, gewalt­a­ffi­nen Rechts­extre­mis­mus erheb­li­ches Rekru­tie­rungs­po­ten­zi­al sehen und dabei zuneh­mend eine Füh­rungs­rol­le anstre­ben. Ver­mit­telt wer­den die­se Kon­tak­te mut­maß­lich vor allem über den Wie­ner Neo­na­zi Bern­hard B., der sich euro­pa­weit als Netz­wer­ker betä­tigt und auch ein inter­ge­ne­ra­tio­na­les Bin­de­glied dar­stellt. Der im Zusam­men­hang mit den „Pedo Hunting“-Verbrechen fest­ge­nom­me­ne Kader der „Divi­si­on Wien“ besuch­te in der Ver­gan­gen­heit regel­mä­ßig mit Bern­hard B. die teils rechts­extrem auf­tre­ten­de Fan-Sze­ne von Spar­ta Pra­ha und ist mitt­ler­wei­le Teil von deren orga­ni­sier­ten Hooligan-Strukturen.

Welche Verbindungen gibt es zu den Identitären, welche zu FPÖ/RFJ?

Obwohl der­zeit kei­ne kon­kre­te Zusam­men­ar­beit zwi­schen der „Divi­si­on Wien“ bezie­hungs­wei­se „Defend Aus­tria“ und der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung (IB) oder den Orga­ni­sa­tio­nen FJ/RFS zu erken­nen ist, tau­chen Ange­hö­ri­ge der „Divi­si­on Wien“ immer wie­der in deren Umfeld auf. So wur­den sie nicht nur bei Demons­tra­tio­nen, son­dern auch bei einem Vor­trags­abend von Maxi­mi­li­an Krah im Wie­ner Fer­di­nan­di­hof, bei FPÖ-Wahl­ver­an­stal­tun­gen und bei Events der Frei­heit­li­chen Jugend beobachtet.

Eine Aus­nah­me bil­det Han­nah M., RFS- und Akti­on 451-Akti­vis­tin, die sich zeit­wei­lig auch bei „Defend Aus­tria“ enga­gier­te. Dar­aus lässt sich schlie­ßen, dass sich die Akteur:innen inner­halb der Sze­ne über ver­schie­de­ne Ver­an­stal­tun­gen ken­nen und ideo­lo­gisch nahe­ste­hen. Die­ser Umstand erleich­tert nicht nur den per­sön­li­chen Aus­tausch, son­dern ermög­licht auch poten­zi­el­le Über­gän­ge zwi­schen ein­zel­nen Grup­pie­run­gen. Eine akti­ve Zusam­men­ar­beit, die über die gemein­sa­me Teil­nah­me an Ver­an­stal­tun­gen hin­aus­geht, ist – abge­se­hen von dem genann­ten Ein­zel­fall – bis­lang jedoch nicht feststellbar.

In eurer Recherche zur „Tanzbrigade“ sprecht ihr zumindest in einem Fall „Pedo Hunting“ explizit an. Auf welche Verbindungen/Hinweise seid ihr da gestoßen? Könnt ihr in etwa zeitlich einordnen, ab wann das ein Thema war?

Der Hass auf ver­meint­li­che Pädo­phi­le, ver­bun­den mit Bestra­fungs­phan­ta­sien, sowie aus­ge­präg­te Que­er­feind­lich­keit, die sich auch in geziel­ten Über­grif­fen nie­der­schlägt, bil­den einen zen­tra­len ideo­lo­gi­schen Kern in allen bis­her dis­ku­tier­ten Grup­pen. Beson­ders auf­fäl­lig ist dabei die Ver­wen­dung von Sym­bo­len und Codes aus der glo­bal agie­ren­den „Pedo Hunting“-Szene, wobei sich ins­be­son­de­re vie­le der jun­gen Neo­na­zis in den sozia­len Medi­en selbst als „Pedo Hun­ter“ bezeichnen.

Auch wenn das soge­nann­te „Pedo-Hun­ting” kein inhä­rent rechts­extre­mes Phä­no­men ist, ist es sowohl aus ideo­lo­gi­scher als auch hand­lungs­prak­ti­scher Per­spek­ti­ve für vie­le Rechts­extre­me attrak­tiv und ver­bin­det die­se mit ande­ren gewalt­tä­ti­gen und men­schen­ver­ach­ten­den Milieus.

In neo­na­zis­ti­schen Hoo­li­gan-Grup­pie­run­gen ist die­ses The­ma grund­sätz­lich weder neu noch sel­ten, vor allem in Ost­eu­ro­pa wird es bereits seit eini­gen Jah­ren prak­ti­ziert. Einer der euro­pa­weit pro­mi­nen­tes­ten Fäl­le ereig­ne­te sich aller­dings im Umfeld der Dort­mun­der „Rech­ten“. Unter dem Vor­wand des Kin­der- oder Nach­bar­schafts­schut­zes gaben sich Neo­na­zis in pädo­phi­len Foren oder auf quee­ren Dating-Platt­for­men als Min­der­jäh­ri­ge aus, um mut­maß­li­che Täter in eine Fal­le zu locken und Selbst­jus­tiz an ihnen zu ver­üben – wie die aktu­el­len Fäl­le ver­deut­li­chen, trifft die­se gewalt­vol­le Pra­xis nicht nur mut­maß­li­che Pädo­phi­le, son­dern wahl­los auch schwu­le Männer.

extrem bru­ta­le, men­schen­ver­ach­ten­de Inhal­te aus ganz Europa

Im Zuge unse­rer Recher­chen zur „Tanz­bri­ga­de Wien“ sind wir auf den von J.H. („Tanz­bri­ga­de” und „Divi­si­on Wien“) betrie­be­nen Tele­gram-Kanal „Pedo Hun­ting Aus­tria“ gesto­ßen. Dort wur­den extrem bru­ta­le, men­schen­ver­ach­ten­de Inhal­te aus ganz Euro­pa geteilt, wie sie zuletzt medi­al the­ma­ti­siert wur­den. Auf­fal­lend war, dass sämt­li­che Reposts von Kanä­len stamm­ten, deren Namens­ge­bung einem ein­heit­li­chen Mus­ter folg­te („Pedo Hun­ting Pol­and“, „Pedo Hun­ting Rus­sia“ usw.), was den glo­ba­len Cha­rak­ter die­ses Phä­no­mens unterstreicht.

Aller­dings erschie­nen in „Pedo Hun­ting Aus­tria“ unse­res Wis­sens kei­ne Vide­os, die ein­deu­tig auf Taten in Öster­reich hin­wei­sen. Nach­träg­lich ähneln die im Kanal ver­brei­te­ten Inhal­te aller­dings den Vor­ge­hens­wei­sen in den nun bekannt gewor­de­nen Fäl­len. Zeit­lich kön­nen wir den beschrie­be­nen Kanal nur sehr grob ein­ord­nen – er wur­de ver­mut­lich im letz­ten Jahr gegrün­det und exis­tiert mitt­ler­wei­le nicht mehr. Ein Pos­ting in den sozia­len Medi­en legt nahe, dass J.H. bereits vor den aktu­el­len Raz­zi­en von der Poli­zei auf­ge­sucht wur­de. Ob dies im Zusam­men­hang mit dem von ihm betrie­be­nen Kanal steht, kön­nen wir nicht abschlie­ßend beantworten.

Konntet ihr beobachten, wie und wo für diese „Pedo Hunting“-Gruppen geworben wurde?

Für den betref­fen­den Kanal wur­de inner­halb der uns bekann­ten Akteur:innen der „Divi­si­on Wien“ kaum öffent­lich gewor­ben. Ledig­lich J.H. bewarb die Tele­gram-Grup­pe auf Insta­gram und Tik­Tok – aller­dings auf mitt­ler­wei­le gelösch­ten Pro­fi­len. In unse­ren wei­te­ren Beob­ach­tun­gen zur „Divi­si­on Wien“ fan­den sich, abge­se­hen von einer Auf­nah­me rund um den fest­ge­nom­me­nen Divi­si­on-Wien-Kader (die anfäng­lich irr­tüm­lich für ein Video aus dem Aus­land gehal­ten wur­de und erst nach­träg­lich ihm zuge­ord­net wer­den konn­te), kei­ne ein­deu­ti­gen Hin­wei­se auf tat­säch­li­che Off­line-Ver­bin­dun­gen in die­sem Bereich. Wie sich jedoch gezeigt hat, war dies eine deut­li­che Fehleinschätzung.

Welche Erklärung habt ihr, dass die Hetzjagden und Überfälle auf Homosexuelle in der Steiermark ihren Ursprung genommen haben?

Zu den Vor­fäl­len in der Stei­er­mark lie­gen uns kei­ne kon­kre­ten Infor­ma­tio­nen vor. Uns ist ledig­lich ein „Pedo Hunting“-Video bekannt, in dem Per­so­nen in der Stei­er­mark einen mut­maß­li­chen Pädo­phi­len in des­sen Woh­nung auf­su­chen, um ihn zur Rede zu stel­len. Jedoch kön­nen wir die­ses nicht sicher dem der­zei­ti­gen Ermit­tungs­kom­plex zuordnen.

Erwäh­nens­wert ist aller­dings eine Ver­bin­dung der „Divi­si­on Wien“ nach Graz Umge­bung, genau­er Hit­zen­dorf: Dort dürf­te der oben erwähn­te J.H., der einen „Pedo Hunting“-Channel bewarb, bis dato wohn­haft sein. Das für sich genom­men beweist natür­lich kei­ne Invol­vie­rung von H., stellt jedoch eine Ver­bin­dung der „Divi­si­on Wien“ in die Stei­er­mark her, wo laut Medi­en­be­rich­ten die bun­des­wei­ten Ermitt­lun­gen ihren Ursprung nahmen.

Welche Hinweise gibt es, dass sich die österreichischen Täter:innen konkrete Anleihen aus dem Ausland genommen haben?

Soweit wir die tat­säch­li­chen Vor­fäl­le bis­lang ein­schät­zen kön­nen, erin­nert das Vor­ge­hen stark an das Mus­ter, das der rus­si­sche Neo­na­zi Maxim Mart­sin­ke­vich und sei­ne Grup­pie­rung „Occu­py Pedo­phi­lia“ Anfang der 2010er-Jah­re eta­blier­ten: Dabei wur­den ver­meint­li­che „Pädo­phi­le“ – in Wahr­heit durch­wegs LGBTIAQ*-Personen, die weder pädo­phil waren noch sexua­li­sier­te Gewalt an Min­der­jäh­ri­gen aus­üb­ten – über sozia­le Netz­wer­ke in Hin­ter­hal­te gelockt, um sie anschlie­ßend psy­chisch und phy­sisch mas­siv zu misshandeln.

eine regel­recht ein­stu­dier­te Cho­reo­gra­phie bes­tia­li­scher Gewalt

Die­se Angrif­fe wur­den stets gefilmt. Das Mate­ri­al, das eine regel­recht ein­stu­dier­te Cho­reo­gra­phie bes­tia­li­scher Gewalt, deren pri­mä­res Ziel es war, LGBTIAQ*-Menschen ihrer Wür­de zu berau­ben, zeig­te, wur­de verbreitet.

Die­se Stra­te­gie kann als Blau­pau­se für alle Grup­pie­run­gen gel­ten, die unter dem Deck­man­tel des „Pedo Hun­ting-Akti­vis­mus“ agie­ren – und sol­che Grup­pie­run­gen fin­den sich nicht nur in Euro­pa, Kana­da oder den USA, son­dern welt­weit. In Spa­ni­en for­mier­te sich kurz nach dem Auf­kom­men von „Occu­py Pedo­phi­lia“ (2013) bei­spiels­wei­se das „Proyec­to Pil­la Pil­la“, das dem­sel­ben Sche­ma folg­te. Ver­mut­lich hat sich aus Russ­land eine beson­ders extre­me Form des „Anti-Pedo­phi­le Acti­vism“ ver­brei­tet, die in den meis­ten Fäl­len ledig­lich einen Vor­wand für gewalt­sa­me und men­schen­ver­ach­ten­de Über­grif­fe auf homo­se­xu­el­le Per­so­nen lie­fert. Aus die­ser Per­spek­ti­ve ist nicht das Phä­no­men „Pedo Hun­ting“ selbst neu, son­dern der Umstand, dass nun auch in Öster­reich sol­che Hass­ver­bre­chen began­gen werden.

Die­se Pra­xis des soge­nann­ten „Anti-Pedo­phi­le Acti­vism“ konn­te sich welt­weit in diver­sen Gesell­schafts­schich­ten aus­brei­ten, weil sich LGBTIAQ*-Feindlichkeit und Trans­pho­bie kei­nes­wegs auf rechts­extre­me oder neo­na­zis­ti­sche Krei­se beschrän­ken. Viel­mehr fin­den sich ähn­li­che Hal­tun­gen auch in rech­ten, reli­gi­ös-fun­da­men­ta­lis­ti­schen, (paläo)konservativen oder rechts­li­ber­tä­ren Welt­bil­dern. Dort wird häu­fig die ideo­lo­gi­sche Ver­dre­hung bemüht, que­e­re Men­schen sei­en eigent­lich „Pädo­phi­le“, die ver­su­chen wür­den, ihre „Agen­da“ in der gesell­schaft­li­chen Mit­te zu ver­an­kern. Die zuneh­men­de Nor­ma­li­sie­rung von Que­er­feind­lich­keit und Trans­pho­bie in der Öffent­lich­keit – maß­geb­lich beför­dert durch rechts­extre­me und kon­ser­va­ti­ve Par­tei­en, Bewe­gun­gen und Influencer:innen – bil­det den Nähr­bo­den für Taten wie jene, die wir nun lei­der auch in Öster­reich beob­ach­ten müssen.

Wir dan­ken dem Team von „Öster­reich Rechts­au­ßen” für die Beant­wor­tung der Fragen!

➡️ Raz­zi­en gegen „Hate Crime“-Szene – ein Überblick

➡️ Öster­reich Rechts­au­ßen (18.2.25): Die Tanz­bri­ga­de Wien: Mili­tan­te Neo­na­zis zwi­schen den Subkulturen
➡️ Pres­se­ser­vice Wien (21.2.25): Demons­tra­ti­on der „Iden­ti­tä­ren“ (21.02.2025)

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Schlagwörter: Homosexuellen-/Transfeindlichkeit | Identitäre | Illegaler Waffenbesitz | Körperverletzung | Mord/Mordversuch/Totschlag | Neonazismus/Neofaschismus | Oberösterreich | Rechtsterrorismus | RFJ | Steiermark | Weite Welt | Wien

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