Feldkirch/V: Hilfsbereiter Neonazi falsch abgebogen
Wiener Neustadt/NÖ: Zweifelhaftes Urteil
Salzburg: Nazi-Memes an Minderjährige
Oststeiermark-Graz: Wieder eine Staatsverweigerin
Feldkirch/V: Hilfsbereiter Neonazi falsch abgebogen
Es erstaunt, wenn ein Angeklagter, der letzte Woche nach dem Verbotsgesetz in Feldkirch vor Gericht stand und auch verurteilt wurde, als „ehemaliger Neonazi“ (krone.at, 15.10.24) bezeichnet wird. Was bei dem 54-jährigen Deutschen „ehemalig“ sein soll, erschließt sich aus der Prozessschilderung der „Kronen Zeitung“ jedenfalls nicht. Zur Anklage wegen Wiederbetätigung kamen auch noch gefährliche Drohung und Beleidigung hinzu. Der 54-Jährige betonte vor Gericht schluchzend, dass er eigentlich nur helfen wollte.
Zum Vorfall: Es ist der 26. Mai, gegen vier Uhr in der Früh, als der Angeklagte vor einem Lokal in Bludenz ein wenig frische Luft schnappt. Kurz darauf eilt sein Kollege aus dem Gasthaus und drückt dem Lkw-Fahrer eine bewusstlose junge Frau in die Hand. „Er sagte, dass zwei Jugendliche der Frau Drogen gegeben hätten. Da riefen wir die Polizei. Das war der Auslöser für meine Beschimpfungen“, schildert der Beschuldigte seine Sicht der Dinge. (krone.at)
Er beschimpfte fünf Jugendliche und drohte, sie zu erschießen. Zudem bezeichnete er sich selbst als Nazi und zeigte ein Tattoo mit Reichsadler, Hakenkreuz, SS-Runen und dem Schriftzug „Meine Ehre heißt Treue“, das Motto der SS. Der Verteidiger argumentierte zwar, sein Mandant sei kein „klassischer Neonazi“, sondern in seiner Jugend bloß politisch falsch abgebogen, aber die Staatsanwältin hinterfragte zurecht, warum der falsch Abgebogene 20 Jahre mit dem Überstechen des Tattoos gewartet habe, worauf dieser antwortete, dass dies nicht einfach gewesen sei. Das Urteil, ein Schuldspruch einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 4.560 Euro, ist bereits rechtskräftig.
Wiener Neustadt/NÖ: Zweifelhaftes Urteil
Ein besachwalteter 38-jähriger Mann aus Wiener Neustadt wurde am 15. Oktober verurteilt, nachdem er letzten Oktober in einem Restaurant den Hitlergruß gezeigt und zwei Gästen mit Vergasung gedroht haben soll. Der Angeklagte behauptete vor Gericht, er habe die Äußerungen von seinem Großvater übernommen, und führte einen Gruß vor, der allerdings so aussah: „[E]r legte die rechte Hand aufs Herz und schwang die linke nach außen. Befragt, ob er denn wisse, was mit ‚vergasen‘ gemeint sei, sagte der Angeklagte, er habe keine Ahnung. Er wisse auch nicht, wie Adolf Hitler aussah und was er getan hat.“ (noen.at, 16.10.24)
Ein Zeuge berichtete, der Angeklagte habe zunächst Jugendliche belästigt und sei später zu seinem Tisch gekommen, wo er die Drohungen aussprach und den Hitlergruß machte. Der Mann verließ anschließend das Lokal, wurde jedoch von den Zeugen bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten.
Ein psychiatrisches Gutachten stellte fest, dass der Angeklagte aufgrund einer Kindheitserkrankung eine leichte Intelligenzminderung hat und seine Zurechnungsfähigkeit gerade noch erhalten ist. Der Gutachter vermutete, dass der Angeklagte seinen Großvater imitiert, wenn er sich bedroht fühlt, und wies darauf hin, dass der Mann kaum schreiben und nicht lesen kann.
Der Anwalt des Angeklagten stellte infrage, ob der Mann den Tatbestand der Wiederbetätigung erfüllen kann, da er nicht versteht, wer Hitler war oder was der Hitlergruß bedeutet. Wie in dem Fall der Nachweis des Tatvorsatzes, der für eine Verurteilung nach § 3g Verbotsgesetz notwendig ist, gelungen ist, fragt sich. Die Geschworenen verurteilten den Angeklagten aber dennoch zu zwölf Monaten bedingter Haft, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Feststeht: Wer sich vor Gericht eloquent verteidigen kann oder angibt, gesoffen zu haben, ist besser dran.
Salzburg: Nazi-Memes an Minderjährige
Ein 42-jähriger in Salzburg lebender kroatischer Staatsangehöriger wurde zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt, nachdem er über einen Zeitraum von fast zweieinhalb Jahren wiederholt Hitler-Memes und andere Inhalte mit nationalsozialistischem Bezug über WhatsApp verschickt hatte. Besonders schockierend war, dass er diese Inhalte 25-mal an Minderjährige, darunter seinen eigenen elf- bzw. zwölfjährigen Sohn, gesendet hatte. Der Angeklagte, der in der Gastronomie arbeitet, bekannte sich vor dem Salzburger Schwurgericht schuldig und erklärte, er habe die Memes als „schwarzen Humor“ verstanden und sie ohne nachzudenken weitergeleitet. Er räumte ein, ihm seien damals die Konsequenzen seines Handelns gleichgültig gewesen.
Trotz seines Schuldbekenntnisses und der Erklärung, dass ihm inzwischen bewusst sei, dass sein Verhalten strafbar ist, zeigte das Gericht wenig Verständnis.
Die drei Berufsrichter, allen voran die beisitzende Richterin Ilona-Schalwich-Mózes, konnte in den Aussagen des Mannes „keine tiefe Reue“ erkennen: „Sie spielen in von ihnen verschickten Bildern bzw. Postings etwa auf die Vergasung von Millionen Menschen an. Das hat mit schwarzen (sic!) Humor überhaupt nichts zu tun. Das ist nur noch menschenverachtend!“ (sn.at, 18.10.24)
Die Geschworenen sprachen den Mann schuldig und verhängten eine bedingte Haftstrafe über 24 Monate. Zusätzlich wurde die Konfiskation seines Handys angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Oststeiermark-Graz: Wieder eine Staatsverweigerin
Die 63-jährige Oststeirerin, die bereits wegen Mitgliedschaft im „Staatenbund Österreich“ zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt worden war, stand am 14. Oktober erneut vor Gericht. Ursprünglich wurde sie als Randfigur in der staatsfeindlichen Verbindung zu vier Monaten bedingt verurteilt, da sie lediglich Mitgliedsbeiträge bezahlt und einige Urkunden erworben hatte. Jedoch hatte sie die Verfahrenskosten von 900 Euro nicht beglichen und stattdessen Drohbriefe an den Gerichtsvollzieher geschickt, der die Schulden eintreiben sollte.
Eines der Drohschreiben erklärt, dass sie unter dem Schutz der Militärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation stehe – in Frakturschrift samt kyrillischer Übersetzung und gefälschten russischen Stempeln. Das „Dokument“ kann man im Internet erwerben – es ist aus dem großen Staatsverweigererprozess bekannt und folgt der Logik, dass es Österreich gar nicht gebe und daher Russland als Nachfolger der sowjetischen Siegermacht zuständige „Schutzmacht“ sei. Dem Exekutor wird erklärt, dass er der Unterzeichneten für „rechtswidrige“ Anwendung von Gesetzen ein Kilo Gold oder den Gegenwert in anderen Edelmetallen schuldet. (kleinezeitung.at, 15.10.24)
Vor Gericht distanziert sich die Angeklagte teilweise von ihrem früheren Verhalten und gab an, die Briefe, die ihr von ihrem Ex-Lebensgefährten gegeben worden seien, nicht genau gelesen zu haben. Sie akzeptiere nun aber, in der Republik Österreich zu leben und deren Gesetze zu respektieren. Der Richter verurteilte die Frau zu einer weiteren bedingten Haftstrafe von zwölf Monaten und einer Geldstrafe von 1.440 Euro. Der Vorwurf der Erpressung wird fallen gelassen, da die Drohungen nicht konkret genug waren. Die Angeklagte versprach dem Richter, dass sie sich künftig an die Gesetze halten wird.