Was dann in der Pressekonferenz folgte waren drei Fälle, die bereits im Jahr 2023 einer gewissen Klärung zugeführt wurden. Berichtet wurde über ein islamistisches Netzwerk mit Jugendlichen, dessen Kopf bereits im März 2023 verurteilt wurde. Der Rest in dieser Causa bestand großteils aus einer Aufzählung von weiteren Jugendlichen, die mit dem Netzwerk verbunden waren. All das war größtenteils bereits bekannt. Der zweite aufgezählte Fall aus dem IS-Propaganda-Milieu stammte wenigstens aus 2024.
100 Beschuldigte aus dem Neonazi-Milieu?
Dann folgten wieder zwei Fälle aus 2023: Hier ging’s um Waffenfunde im rechtsextremen Milieu. Hervorgehoben wurde jener 54-Jährige Niederösterreicher aus Pöggstall, der bereits im Mai 2024 verurteilt wurde – nicht zu sechs Monaten bedingt, wie behauptet und in allen Medien wiedergegeben wurde, sondern zu 20 Monaten und einer Geldstrafe. „Stoppt die Rechten“ war damals das einzige Medium, das vom Prozess berichtet hatte. Da hätten recherchierende Medien nicht nur das korrekte Urteil erfahren, sondern auch, dass der Mann nicht nur in Küssels VAPO aktiv gewesen sein „dürfte“ (APA und alle Medien), sondern es als „Kameradschaftsführer“ in Pöggstall tatsächlich war.
Es seien infolge
noch weitere acht Beschuldigte im Alter von 26 bis 54 Jahren in den Bezirken Melk und Zwettl ausgeforscht. Bei den anschließenden Hausdurchsuchungen konnten zahlreiche NS-Devotionalien, sowie ebenfalls Kriegsmaterial, illegale Schusswaffen, verbotene Waffen, Munition als auch elektrische Sprengzünder, Schwarzpulver, Panzerbrandpatronen, Nebelgranatenzünder udgl. vorgefunden und sichergestellt werden. (LPD NÖ via regionews.at, 15.10.24)
Und aus deren Kontakten hätten sich weitere Ermittlungen ergeben, sodass nun von ca. 100 Beschuldigten die Rede sei. „Viele Verfahren sind schon abgeschlossen, manche noch anhängig“, war in der Pressekonferenz zu vernehmen. Da hätten wir doch gerne mehr erfahren, wenn ein dermaßen riesiges, waffenhortendes Neonazi-Netzwerk ausgehoben wird, etwa über den involvierten Personenkreis und an welchen Gerichten mit welchem Ausgang die „vielen Verfahren“ abgeschlossen wurden.
In dem vierten bei der Pressekonferenz erwähnten Fall seien 2023 in St. Pölten bei sechs Beschuldigten aus Serbien, Kosovo, Nordmazedonien und Russland Waffen- und Suchtmittel gefunden worden, doch es handle sich bloß um „Waffensammler“, war vom Innenminister zu hören. Warum dann bei zumindest zwei Männern nach dem Verbotsgesetz ermittelt wurde, wie allerdings erst aus der mehrere Stunden später ausgeschickten Pressemitteilung der Landespolizeidirektion Niederösterreich zu erfahren war, wurde nicht erörtert. Überhaupt war dann diese Pressemitteilung um vieles informativer als die Pressekonferenz. Demnach habe es sich um zehn beschuldigte österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund gehandelt.
Es konnten bei dieser Aktion vier Stück Kriegsmaterial, u.a. eine Maschinenpistole vom Typ PPSH 43, 62 verbotene Waffen, ua selbstangefertigte Schalldämpfer, ein Teleskopschlagstock, Hohlspitzmunition und „verbotene Magazine”, sechs Langwaffen, vier Pistolen verschiedener Marken und Typen, 2.253 Stück verschiedene Munition, sieben Bajonette und eine Armbrust sichergestellt werden. (…) Nach abschließender Handyauswertungen und Ausmittelung von weiteren Beschuldigten wurden schließlich ein Beschuldigter nach dem Kriegsmaterialgesetz, zehn Beschuldigte nach dem Waffengesetz, zwei Beschuldigte nach dem Verbotsgesetz sowie zwei Beschuldigte wegen Verhetzung nach dem § 283 StGB zur Anzeige gebracht. (LPD NÖ via regionews.at, 15.10.24)
Die Medien
Der „Kurier“ (15.10.24) wusste bereits um 9h37 als erstes Medium von den „Klärungen“ zu berichten und gab brav wieder, was in der Pressekonferenz erörtert wurde. Eine Einordnung erfolgte dabei nicht. Erst zwei Stunden später kam die Meldung der APA, die dann von fast allen anderen Medien eins zu eins übernommen wurde. Übrig blieb der Eindruck, es habe sich allesamt um aktuelle Fälle gehandelt, die unter der Ägide des Niederösterreichischen Verfassungsschutzes gelöst worden seien. Den Vogel mit seiner Berichterstattung schoss das Boulevardblatt „Heute“ ab, denn dort wurden nicht nur Passagen aus der APA-Meldung übernommen und aufgebläht, sondern zur Verlängerung des Artikels noch einige skurrile Bemerkungen zum Pöggstaller Neonazi hinzugedichtet:
Während die Polizei ihre Arbeit erfolgreich erledigte, sorgte das Urteil gegen den 54-jährigen Hauptbeschuldigten für Kontroversen. Trotz des erschreckenden Fundes und seiner nachgewiesenen Verbindungen zur rechtsextremen Szene wurde er zu lediglich sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. (heute.at, 15.10.24)
Kontroversen zu einem Urteil, das a. unbekannt war und das es b. so gar nicht gegeben hat? Polizei top, Justiz flop? Aber immerhin fragt „Heute“: „Wie viele solcher Gruppen operieren noch im Verborgenen, und wie weit reichen ihre Netzwerke?“ Das hätte „Heute“ jedoch die drei Herren fragen sollen!
Der tiefere Sinn der Pressekonferenz?
Was allerdings bleibt, ist ein Stück Desinformation, die durch diese Pressekonferenz angestoßen wurde und eine Medienlandschaft, die ohne die geringste Eigenrecherche und Nachfrage einfach wiedergekäut hat, was vom niederösterreichischen Trio vorgegeben wurde. Und es bleibt die Frage, welchen tieferen Sinn diese Pressekonferenz gehabt hat. Aber immerhin war im „Kurier“ zu erfahren, dass Lob an das „Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung“ und dessen Chef Scherscher verteilt wurde. Vielleicht liegt darin ein Stück Erklärung für diese Veranstaltung?