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Rückblick KW 4/24 (I): Prozesse

Bei Gerichts­pro­zes­sen nach dem Ver­bots­ge­setz zei­gen sich bereits Effek­te der erst kürz­lich in Kraft getre­te­nen Geset­zes­no­vel­le: Es gibt mil­de­re Stra­fen und die Mög­lich­keit auf eine Diver­si­on auch für Erwach­se­ne. Ried/OÖ: Diver­si­on bei Ver­bots­ge­setz-Pro­zess Wien: Diver­si­on für Hit­ler-Rede im Zug Inns­bruck: Urteil wegen Schmie­re­rei­en an Syn­ago­ge Salz­burg: Ein depres­si­ver Anti­se­mit ver­ur­teilt Ried/OÖ: Diver­si­on bei Ver­bots­ge­setz-Pro­zess Ein Innviertler […]

29. Jan 2024

Ried/OÖ: Diversion bei Verbotsgesetz-Prozess
Wien: Diversion für Hitler-Rede im Zug
Innsbruck: Urteil wegen Schmierereien an Synagoge
Salzburg: Ein depressiver Antisemit verurteilt

Ried/OÖ: Diversion bei Verbotsgesetz-Prozess

Ein Inn­viert­ler pro­fi­tier­te vor Gericht von der Geset­zes­no­vel­le des Verbotsgesetz:

Einen Tag vor dem Geburts­tag Adolf Hit­lers schick­te ein Inn­viert­ler (63) ein Bild des Dik­ta­tors mit den Wor­ten „Nicht ver­ges­sen! Mor­gen hat Opa Geburts­tag“ per Han­dy wei­ter. Des­halb stand er am Lan­des­ge­richt Ried wegen Wie­der­be­tä­ti­gung vor Gericht. Weil die Ver­bots­ge­setz-Novel­le eine Sen­kung des Straf­rah­mens auf sechs Mona­te bis fünf Jah­re Haft brach­te, ist eine Diver­si­on mög­lich. Daher kam der Seni­or mit einem blau­en Auge davon, da er das Gericht über­zeu­gen konn­te, sich „nichts dabei gedacht“ zu haben. (Kro­nen Zei­tung, 24.1.24, S. 22)

Wien: Diversion für Hitler-Rede im Zug

Ein Jugend­li­cher und ein jun­ger Mann hat­ten am 14.05.2023 im Rail­jet zwi­schen St. Pöl­ten und Wien eine Hit­ler-Rede über den Laut­spre­cher des Zugs abgespielt:

Der Umstand, dass in die­ser Zug­gar­ni­tur zufäl­lig eine Jour­na­lis­tin des „Stan­dard“, ein Abge­ord­ne­ter der Grü­nen und der Ober­rab­bi­ner der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­de mit­fuh­ren, hat mit Sicher­heit die Ermitt­lun­gen beschleu­nigt und die Öffent­lich­keit alar­miert. Lei­der muss­te sich auch eine 91-jäh­ri­ge KZ-Über­le­ben­de, die eben­falls Pas­sa­gie­rin war, den Nazidreck anhö­ren. (stopptdierechten.at, 26.5.23)

Nun wur­de bekannt, dass die Wie­ner Staats­an­walt­schaft für eine Diver­si­on ent­schie­den hat; die bei­den Öster­rei­cher muss­ten nicht vor Gericht, son­dern ledig­lich das Pro­gramm „Dia­log statt Hass“ beim Ver­ein Neu­start absol­vie­ren. (orf.at, 26.1.24)

Innsbruck: Urteil wegen Schmierereien an Synagoge 

Ein 51-Jäh­ri­ger hat am 14.10.2023 die Ein­gangs­tü­re zur Syn­ago­ge der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­de in Inns­bruck mit schwar­zem Per­ma­nent­mar­ker beschmiert. Der Mann bekann­te sich vor Gericht schul­dig und gab an, unter Alko­hol­ein­fluss gestan­den zu haben. Die eher wir­ren Bot­schaf­ten (dar­un­ter etwa „Wutang Clan“, der Name einer Rap-Grup­pe) las­sen kein anti­se­mi­ti­sches Motiv erken­nen; er selbst gibt viel­mehr an, er habe sich damit gegen die Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on Hamas posi­tio­nie­ren wollen.

Das Urteil lau­te­te 1.400 Euro Geld­stra­fe, davon die Hälf­te bedingt auf drei Jah­re. Als mil­dernd ange­se­hen wur­de die gestän­di­ge Reue und bis­he­ri­ge Unbe­schol­ten­heit sowie das Ange­bot die Schrift­zü­ge selbst­stän­dig wie­der zu ent­fer­nen, außer­dem der Alkoholeinfluss.

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Salzburg: Ein depressiver Antisemit verurteilt

Am 25.1. wur­de am Lan­des­ge­richt Salz­burg gegen einen Öster­rei­cher mit ägyp­ti­schem Fami­li­en­hin­ter­grund ver­han­delt. Der 52-Jäh­ri­ge hat zwi­schen Herbst 2020 und Herbst 2023 auf Tik­Tok etli­che Vide­os mit anti­is­rae­li­schen und anti­se­mi­ti­schen Inhal­ten gepos­tet. Dar­un­ter waren auch Ver­glei­che mit Schwei­nen und Affen. Der Ange­klag­te sprach den­noch von einem Miss­ver­ständ­nis, er habe gar „nichts gegen Juden“, aber eine „depres­si­ve Stö­rung“. Der Urteils­spruch lau­te­te: Sie­ben Mona­te Haft auf Bewäh­rung wegen Ver­het­zung. (Quel­le: Salz­bur­ger Nach­rich­ten, 26.1.24, S. L12)

Zusatz: Der Unter­ti­tel des Arti­kels der „Salz­bur­ger Nach­rich­ten“ lau­tet: „Mehr­fach gegen Isra­el gehetzt: Beding­te Haft“. Die­se For­mu­lie­rung ist irre­füh­rend, weil die Her­ab­set­zung zu Tie­ren klar anti­se­mi­tisch ist, sich also gegen Juden und Jüdin­nen rich­tet und einen ent­spre­chen­den Kanon anti­se­mi­ti­scher Bild­spra­che bedient, der viel älter ist als der Staat Israel.