Ried/OÖ: Diversion bei Verbotsgesetz-Prozess
Wien: Diversion für Hitler-Rede im Zug
Innsbruck: Urteil wegen Schmierereien an Synagoge
Salzburg: Ein depressiver Antisemit verurteilt
Wien: Ex-FPÖ-Abgeordnete Barbara Kappel vor Gericht
Ried/OÖ: Diversion bei Verbotsgesetz-Prozess
Ein Innviertler profitierte vor Gericht von der Gesetzesnovelle des Verbotsgesetz:
Einen Tag vor dem Geburtstag Adolf Hitlers schickte ein Innviertler (63) ein Bild des Diktators mit den Worten „Nicht vergessen! Morgen hat Opa Geburtstag“ per Handy weiter. Deshalb stand er am Landesgericht Ried wegen Wiederbetätigung vor Gericht. Weil die Verbotsgesetz-Novelle eine Senkung des Strafrahmens auf sechs Monate bis fünf Jahre Haft brachte, ist eine Diversion möglich. Daher kam der Senior mit einem blauen Auge davon, da er das Gericht überzeugen konnte, sich „nichts dabei gedacht“ zu haben. (Kronen Zeitung, 24.1.24, S. 22)
Wien: Diversion für Hitler-Rede im Zug
Ein Jugendlicher und ein junger Mann hatten am 14.05.2023 im Railjet zwischen St. Pölten und Wien eine Hitler-Rede über den Lautsprecher des Zugs abgespielt:
Der Umstand, dass in dieser Zuggarnitur zufällig eine Journalistin des „Standard“, ein Abgeordneter der Grünen und der Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde mitfuhren, hat mit Sicherheit die Ermittlungen beschleunigt und die Öffentlichkeit alarmiert. Leider musste sich auch eine 91-jährige KZ-Überlebende, die ebenfalls Passagierin war, den Nazidreck anhören. (stopptdierechten.at, 26.5.23)
Nun wurde bekannt, dass die Wiener Staatsanwaltschaft für eine Diversion entschieden hat: Die beiden Österreicher mussten nicht vor Gericht, sondern lediglich das Programm „Dialog statt Hass“ beim Verein Neustart absolvieren. (orf.at, 26.1.24)
Innsbruck: Urteil wegen Schmierereien an Synagoge
Ein 51-Jähriger hat am 14.10.2023 die Eingangstüre zur Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde in Innsbruck mit schwarzem Permanentmarker beschmiert. Der Mann bekannte sich vor Gericht schuldig und gab an, unter Alkoholeinfluss gestanden zu haben. Die eher wirren Botschaften (darunter etwa „Wutang Clan“, der Name einer Rap-Gruppe) lassen kein antisemitisches Motiv erkennen; er selbst gibt vielmehr an, er habe sich damit gegen die Terrororganisation Hamas positionieren wollen.
Das Urteil lautete 1.400 Euro Geldstrafe, davon die Hälfte bedingt auf drei Jahre. Als mildernd angesehen wurde die geständige Reue und bisherige Unbescholtenheit sowie das Angebot die Schriftzüge selbstständig wieder zu entfernen, außerdem der Alkoholeinfluss.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Salzburg: Ein depressiver Antisemit verurteilt
Am 25.1. wurde am Landesgericht Salzburg gegen einen Österreicher mit ägyptischem Familienhintergrund verhandelt. Der 52-Jährige hat zwischen Herbst 2020 und Herbst 2023 auf TikTok etliche Videos mit antiisraelischen und antisemitischen Inhalten gepostet. Darunter waren auch Vergleiche mit Schweinen und Affen. Der Angeklagte sprach dennoch von einem Missverständnis, er habe gar „nichts gegen Juden“, aber eine „depressive Störung“. Der Urteilsspruch lautete: Sieben Monate Haft auf Bewährung wegen Verhetzung. (Quelle: Salzburger Nachrichten, 26.1.24, S. L12)
Zusatz: Der Untertitel des Artikels der „Salzburger Nachrichten“ lautet: „Mehrfach gegen Israel gehetzt: Bedingte Haft“. Diese Formulierung ist irreführend, weil die Herabsetzung zu Tieren klar antisemitisch ist, sich also gegen Juden und Jüdinnen richtet und einen entsprechenden Kanon antisemitischer Bildsprache bedient, der viel älter ist als der Staat Israel.
Wien: Ex-FPÖ-Abgeordnete Barbara Kappel vor Gericht
Es war 2019 eine der vielen Geschichten rund um die FPÖ, in denen es um seltsame Geldflüsse gegangen ist. Demnach soll die ehemalige FPÖ-EU-Abgeordnete Barbara Kappel im November und Dezember 2018 als Geldbotin tätig gewesen sein. Sie habe in Kuverts Barbeträge in der Höhe von 55.000 Euro von einem bulgarischen Geschäftsmann übernommen und in der FPÖ-Parteizentrale abgeliefert. Kappel hatte angegeben, das Geld an den damaligen Parteichef Strache gegeben zu haben. Das war, wie sich im Nachhinein herausstellte, offenbar gelogen, Denn der Beschenkte soll der mittlerweile verstorbene Ex-Nationalratsabgeordnete Andreas Karlsböck gewesen sein, wie Kappel in einem Prozess vor dem Wiener Straflandesgericht Ende Jänner gestanden hatte.
Auf die Frage, warum sie das geheim gehalten hatte, sagte Kappel laut „Kurier“, dass Karlsböck zu dem Zeitpunkt schon sehr krank und „traumatisiert“ gewesen sei, da gegen ihn schon einmal Vorwürfe erhoben worden waren, die ihn sein Nationalratsmandat gekostet hatten. Das Straflandesgericht bestätigte auf APA-Anfrage die Entscheidung für eine Diversion. (orf.at, 27.1.22)
Das „Trauma“, das Karlsböck erlitten haben soll, waren Vorwürfe, „die im Oktober [2017] publik wurden; mehrere Medien hatten von einer Anzeige einer angeblichen Geliebten gegen Karlsböck berichtet, der kolportierte Vorwurf lautete Nötigung und Körperverletzung.“ (derstandard.at, 26.10.2017) Karlsböck hatte 2017 auf sein Nationalratsmandat verzichtet – offiziell allerdings aufgrund seiner Krebserkrankung, an der er 2019 verstarb. Kappel ist damals als Entlastungszeugin für Karlsböck aufgetreten.
Die ehemalige Abgeordnete ist Ende Jänner für ihre Falschaussage mit einer Diversion und einer Zahlung über 2.500 Euro davongekommen.