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Martin Laker – ein Reichsbürger und Holocaustleugner in Sierning

Wer sich mit der recht­se­so­te­ri­schen Sze­ne nicht beschäf­tigt, wird Mar­tin Laker kaum ken­nen. Inner­halb des ein­schlä­gi­gen Milieus genießt er aller­dings einen gewis­sen Bekannt­heits­grad. Laker tourt immer wie­der durch Öster­reich. Ges­tern trat er mit einem „Bewusst­seins Vor­trag“ im ober­ös­ter­rei­chi­schen Sier­ning auf. Vom Look her wirkt der aus Nor­d­rhein-Wes­t­­fa­­len stam­men­de Mar­tin Laker wie ein in die Jah­re gekommener, […]

28. Jan 2024

Vom Look her wirkt der aus Nord­rhein-West­fa­len stam­men­de Mar­tin Laker wie ein in die Jah­re gekom­me­ner, ver­leb­ter Reser­ve-Jesus – als sol­cher ver­sucht er sich nicht nur optisch zu insze­nie­ren. Laker pro­pa­giert über sei­ne „Aka­de­mie Engels­burg“ jede Men­ge unaka­de­mi­schen, eso­te­ri­schen Unsinn und ist vor allem auch als beflis­se­ner Anhän­ger der rechts­extre­men Ana­sta­sia-Bewe­gung auf­fäl­lig gewor­den. Laker zeigt sich in sei­nen Vide­os zudem als Reichs­bür­ger mit Reichs­kriegs­flag­ge als Hin­ter­grund­de­ko, QAnon-Anhän­ger, Putin-Fan­boy und beschäf­tigt sich mit „unse­ren Ahnen“, die jedoch auch als Code für die Täter­ge­nera­ti­on des Natio­nal­so­zia­lis­mus auf­tau­chen, deren Gräu­el­ta­ten pau­schal geleug­net werden:

Und was unse­re Ahnen gemacht haben, das ler­nen wir nor­ma­ler­wei­se durch die Geschich­te, aber die ist kom­plett ver­fälscht wor­den. Des­halb haben wir kei­ne Wur­zeln mehr. […] Wenn wir unse­ren Ahnen ver­ge­ben kön­nen, egal was sie gemacht haben, aber glaubt mir, die haben gar nichts Schlim­mes gemacht, das wur­de nur so ver­dreht, dass wir glau­ben, dass die was Schlim­mes gemacht haben und dass wir uns von denen distan­zie­ren und das ist falsch! Wir soll­ten wie­der mit ihnen zusam­men­ste­hen. (Laker zit. nach allgaeu-rechtsaussen.de, 30.10.22; korr. SdR)

Martin Laker mit Reichskriegsflagge als Deko (Screenshot Engelsburg TV Mai 2021)
Laker mit Reichs­kriegs­flag­ge als Deko (Screen­shot Engels­burg TV Mai 2021)

Verstreute Kommunikation

Nach­dem Lakers einst wich­tigs­ter You­Tube-Kanal („Engels­bur­ger Nach­rich­ten“) gesperrt wur­de, ging er dazu über, ver­streut zu kom­mu­ni­zie­ren und zur Grün­dung von regio­na­len „Engels­bur­ger Grup­pen“ auf­zu­ru­fen, die alle­samt, so sie sich zwi­schen­zeit­lich nicht wie­der auf­ge­löst haben, unter einer brei­te­ren Wahr­neh­mungs­schwel­le agie­ren. Vor­trä­ge wer­den nicht groß ange­kün­digt, Laker beschränkt sich auf knap­pe Hin­wei­se, dass er etwa in Öster­reich unter­wegs sein wür­de. „Genaue Zeit­punk­te habe ich noch nicht, doch wer­de ich es im Rah­men der Engels­burg Grup­pen machen, da dort ver­trau­ens­vol­le Ver­hält­nis­se herr­schen, die ich dafür nut­zen möch­te. Es lohnt sich somit einer Engels­burg Grup­pe bei­zu­tre­ten, auch wenn in vie­len aktu­ell lei­der nichts mehr pas­siert.“ (Tele­gram, 22.11.23)

Laker bei seiner Österreich-Tournee in Mondsee (TG 21.1.24)
Laker bei sei­ner Öster­reich-Tour­nee in Mond­see (TG 21.1.24)

Auch die Bewer­bung sei­nes Vor­trags in Neu­zeug-Sier­ning erfolg­te über „ver­trau­ens­vol­le“, sprich: geschlos­se­nen Kanä­le – die aller­dings nicht so ver­trau­ens­voll waren, dass sie „Stoppt die Rech­ten“ nicht ent­deckt hät­te. In der vom in Steyr ansäs­si­gen „Ver­ein Bewusst Mensch sein“ aus­ge­rich­te­ten Ver­an­stal­tung soll­te Laker die Fra­ge, „Wie war unse­re Ver­gan­gen­heit“ und wie unse­re „Ahnen und Urah­nen leb­ten“ beant­wor­ten. Bei so vie­len Ahnen ahnen wir, was geplant war.

"Bewusstseins Vortrag" mit Laker am 27.1.24 in Sierning
„Bewusst­seins Vor­trag” mit Laker am 27.1.24 in Sierning

Laker darf sich regel­mä­ßig auf dem von Nie­der­ös­ter­reich aus betrie­be­nen Por­tal „Oki­talk“ aus­to­ben, so auch am 1.1.2024. Dort beschreibt uns Mar­tin was alles auf uns zu kommt, beson­ders in der Geo­po­li­tik, aber auch im Bereich der Bewusst­wer­dung“ (Begleit­text You­Tube; Feh­ler im Ori­gi­nal). Laker schwur­belt dahin, was sein könn­te – dabei geht’s immer dar­um, den apo­ka­lyp­ti­schen End­kampf zu beschwö­ren, indem er etwa pro­phe­zeit, es wer­de 2024 zu einem Ban­ken­crash kom­men. Der bedeu­te jedoch die Befrei­ung von den „Dun­kel­mäch­ten“, weil die „Kon­to­stän­de” bereits „ins Quan­ten­fi­nanz­sys­tem gespie­gelt“ sei­en, also für jene nichts ver­lo­ren gehe, die sich bereits auf der rich­ti­gen Sei­te befän­den. Neu­wah­len stün­den jedoch nicht ins Haus, denn „solan­ge wir noch kein neu­es poli­ti­sches Sys­tem haben, wäre der gan­ze Par­tei­enk­la­dera­datsch wie­der da“.

Laker am 1.1.24 auf Okitalk (Screenshot YouTube)
Laker am 1.1.24 auf Oki­talk (Screen­shot YouTube)

Martin Laker will die Parteien abschaffen

Laker beklagt das „faschis­ti­sche Sys­tem“ in Deutsch­land und will die Par­tei­en abschaf­fen. Statt­des­sen soll­ten „ehr­li­che Men­schen“ ins Par­la­ment geschickt wer­den. Wie er sich das vor­stellt, führt Laker am Neu­jahrs­tag nicht genau­er aus, nur, „auf Dor­f­ebe­ne, da kannst du ein­stim­mi­ge Ent­schei­dun­gen her­vo­ru­fen”.

Die Unbe­stimmt­heit mag auch dar­an lie­gen, dass Laker auf­grund von beträcht­li­chen Bil­dungs­lü­cken (1) selbst bei ein­zel­nen Begriff­lich­kei­ten, mit denen er her­um­wirft, ins Stot­tern gerät: Das Wort „faschis­tisch“ bekommt er erst nach meh­re­ren Anläu­fen heraus.

Anders­wo hat­te Laker durch­aus etwas kon­kre­ter for­mu­liert, wie er sich die zukünf­ti­ge Trans­for­ma­ti­on vorstellt:

Ana­sta­sia unter­ge­ord­net, erklärt Laker, sei dann Q mit sei­nen Q‑Anons, den »digi­tal sol­diers« der Bewe­gung, wie sich Laker auch selbst beschreibt. Ana­sta­sia habe »den ganz obers­ten Plan gemacht« und das Ziel sei, das jet­zi­ge »sata­ni­sche Kon­strukt« abzu­bau­en und dann, nach einer mehr­jäh­ri­gen Pha­se der Mili­tär­dik­ta­tur, ein deut­sches Reich zu errich­ten. (allgaeu-rechtsaussen.de, 30.10.22)

Es geht ums Geld

Mar­tin Laker gibt sich durch und durch idea­lis­tisch. Im Hin­ter­grund geht’s jedoch um knall­har­te Geschäf­te­ma­che­rei. Neben Vor­trags­rei­sen, bei denen kei­ne Ein­tritts­prei­se, son­dern steu­er­scho­nend nur Spen­den ein­kas­siert wer­den, bewirbt Laker diver­se Pro­duk­te; etwa regel­mä­ßig „Airn­er­gy“, ein Gerät, das gegen so ziem­lich alles die „Selbst­hei­lungs­kräf­te“ akti­vie­ren soll. Die „Engels­burg Edi­ti­on“ des „Litt­le Atmos“ star­tet bei 2.300 Euro, um schlap­pe 10.700 Euro gibt’s die vita­li­sie­ren­de Luft des Wal­des für unter­wegs“. Im Gegen­zug erhielt Laker mit sei­ner „Aka­de­mie Engels­burg“ den „Art of visi­on award“. Ver­gleichs­wei­se güns­tig sind die Engels­bur­ger „Park­Raum­Schei­ben“ zu haben, die sich dadurch aus­zeich­nen, dass sie aus Holz sind und statt Park„platz“ eben Park„raum“ im Namen haben, womit selbst eine simp­le Park­schei­be eso­te­risch auf­ge­la­den wird.

Laker mit dem Airstream von Airnenergy am Kopf (TG 29.9.23)
Laker mit dem Airst­ream von Airn­ener­gy am Kopf (TG 29.9.23)

Vernetzte Szene

Immer wie­der tau­chen – in ver­schie­de­nen Kon­stel­la­tio­nen, oft in Form von als „Kon­gress“ titu­lier­te Groß­ver­an­stal­tun­gen mit saf­ti­gen Ein­tritts­prei­sen – die­sel­ben Figu­ren auf. Die ein­zel­nen Protagonist*innen haben zwar ihre indi­vi­du­el­len Labels ent­wi­ckelt, unterm Strich läuft alles auf das­sel­be hin­aus: Die Nar­ra­ti­ve sind hoch­gra­dig ver­schwö­rungs­ideo­lo­gisch, anti­se­mi­tisch und oft mit neo­na­zis­ti­schen Ver­satz­stü­cken unter­legt. Österreicher*innen spie­len dabei kräf­tig mit. Auch einer, über den „Stoppt die Rech­ten“ bereits des Öfte­ren berich­tet hat: der Nie­der­ös­ter­rei­cher Ricar­do Lep­pe.

Doch immer wie­der schim­mert Ricar­do Lep­pes Nähe zum Ana­sta­sia-Kult und der dar­aus her­vor­ge­gan­ge­nen Sche­t­i­nin-Leh­re durch. Regel­mä­ßig lädt er Gäs­te in sei­nen You­tube-Kanal ein: dar­un­ter Ana­sta­sia­ner, Anhän­ger der rechts­extre­men Ver­schwö­rungs­grup­pe QAnon und eine jun­ge Frau, die immer wie­der begeis­tert von der Sche­t­i­nin-Leh­re refe­riert. In einem recht­se­so­te­ri­schen Inter­net­sen­der spricht Lep­pe aus­führ­lich mit Mar­tin Laker über „frei­es Ler­nen“. Mar­tin Laker leug­net den Holo­caust, gilt als zen­tra­le Figur inner­halb der Ana­sta­sia-Bewe­gung und möch­te das Deut­sche Reich wie­der­errich­ten. (taz.de, 15.11.23)

Lep­pe wird von Laker nicht nur regel­mä­ßig bewor­ben („mei­nes lie­ben Freun­des Ricar­do Lep­pe“), son­dern tritt wie Laker auch im bekann­tes­ten Ana­sta­sia-Pro­jekt Deutsch­lands, dem „Mut­ter­hof“ des Robert Briech­le, auf. Auf dem braun ange­hauch­ten Gut im All­gäu trei­ben sich nicht nur Laker und Lep­pe her­um, son­dern auch wei­te­re Öster­rei­cher mit reich­li­chem Talent, über die Recht­se­so­te­rik kom­bi­niert mit dubio­sen Ver­eins­kon­struk­ten gute Geschäf­te zu machen.

Dem­nächst: Neu­zeug-Sier­ning als rechts­extre­mer Hotspot

➡️ Die Zeit (8.1.23): Die Macht der Verschwörungsideologen
➡️ Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt (27.7.22): Die Ana­sta­sia Bewe­gung: Irdi­sche Ener­gien online

Fuß­no­ten

1 Laker bezeich­net etwa Lloyd Aus­tin als US-Außen­mi­nis­ter und baut auf die­sem Non­sens eine gan­ze Ver­schwö­rungs­ge­schich­te auf, die dann bei Geor­ge Sor­os lan­det und in der er von der „soge­nann­ten Ukrai­ne“ faselt, wo NATO-Offi­zie­re ums Leben gekom­men seien.