Vom Look her wirkt der aus Nordrhein-Westfalen stammende Martin Laker wie ein in die Jahre gekommener, verlebter Reserve-Jesus – als solcher versucht er sich nicht nur optisch zu inszenieren. Laker propagiert über seine „Akademie Engelsburg“ jede Menge unakademischen, esoterischen Unsinn und ist vor allem auch als beflissener Anhänger der rechtsextremen Anastasia-Bewegung auffällig geworden. Laker zeigt sich in seinen Videos zudem als Reichsbürger mit Reichskriegsflagge als Hintergrunddeko, QAnon-Anhänger, Putin-Fanboy und beschäftigt sich mit „unseren Ahnen“, die jedoch auch als Code für die Tätergeneration des Nationalsozialismus auftauchen, deren Gräueltaten pauschal geleugnet werden:
Und was unsere Ahnen gemacht haben, das lernen wir normalerweise durch die Geschichte, aber die ist komplett verfälscht worden. Deshalb haben wir keine Wurzeln mehr. […] Wenn wir unseren Ahnen vergeben können, egal was sie gemacht haben, aber glaubt mir, die haben gar nichts Schlimmes gemacht, das wurde nur so verdreht, dass wir glauben, dass die was Schlimmes gemacht haben und dass wir uns von denen distanzieren und das ist falsch! Wir sollten wieder mit ihnen zusammenstehen. (Laker zit. nach allgaeu-rechtsaussen.de, 30.10.22; korr. SdR)
Verstreute Kommunikation
Nachdem Lakers einst wichtigster YouTube-Kanal („Engelsburger Nachrichten“) gesperrt wurde, ging er dazu über, verstreut zu kommunizieren und zur Gründung von regionalen „Engelsburger Gruppen“ aufzurufen, die allesamt, so sie sich zwischenzeitlich nicht wieder aufgelöst haben, unter einer breiteren Wahrnehmungsschwelle agieren. Vorträge werden nicht groß angekündigt, Laker beschränkt sich auf knappe Hinweise, dass er etwa in Österreich unterwegs sein würde. „Genaue Zeitpunkte habe ich noch nicht, doch werde ich es im Rahmen der Engelsburg Gruppen machen, da dort vertrauensvolle Verhältnisse herrschen, die ich dafür nutzen möchte. Es lohnt sich somit einer Engelsburg Gruppe beizutreten, auch wenn in vielen aktuell leider nichts mehr passiert.“ (Telegram, 22.11.23)
Auch die Bewerbung seines Vortrags in Neuzeug-Sierning erfolgte über „vertrauensvolle“, sprich: geschlossenen Kanäle – die allerdings nicht so vertrauensvoll waren, dass sie „Stoppt die Rechten“ nicht entdeckt hätte. In der vom in Steyr ansässigen „Verein Bewusst Mensch sein“ ausgerichteten Veranstaltung sollte Laker die Frage, „Wie war unsere Vergangenheit“ und wie unsere „Ahnen und Urahnen lebten“ beantworten. Bei so vielen Ahnen ahnen wir, was geplant war.
Laker darf sich regelmäßig auf dem von Niederösterreich aus betriebenen Portal „Okitalk“ austoben, so auch am 1.1.2024. Dort „beschreibt uns Martin was alles auf uns zu kommt, besonders in der Geopolitik, aber auch im Bereich der Bewusstwerdung“ (Begleittext YouTube; Fehler im Original). Laker schwurbelt dahin, was sein könnte – dabei geht’s immer darum, den apokalyptischen Endkampf zu beschwören, indem er etwa prophezeit, es werde 2024 zu einem Bankencrash kommen. Der bedeute jedoch die Befreiung von den „Dunkelmächten“, weil die „Kontostände” bereits „ins Quantenfinanzsystem gespiegelt“ seien, also für jene nichts verloren gehe, die sich bereits auf der richtigen Seite befänden. Neuwahlen stünden jedoch nicht ins Haus, denn „solange wir noch kein neues politisches System haben, wäre der ganze Parteienkladeradatsch wieder da“.
Martin Laker will die Parteien abschaffen
Laker beklagt das „faschistische System“ in Deutschland und will die Parteien abschaffen. Stattdessen sollten „ehrliche Menschen“ ins Parlament geschickt werden. Wie er sich das vorstellt, führt Laker am Neujahrstag nicht genauer aus, nur, „auf Dorfebene, da kannst du einstimmige Entscheidungen hervorufen”.
Die Unbestimmtheit mag auch daran liegen, dass Laker aufgrund von beträchtlichen Bildungslücken (1) selbst bei einzelnen Begrifflichkeiten, mit denen er herumwirft, ins Stottern gerät: Das Wort „faschistisch“ bekommt er erst nach mehreren Anläufen heraus.
Anderswo hatte Laker durchaus etwas konkreter formuliert, wie er sich die zukünftige Transformation vorstellt:
Anastasia untergeordnet, erklärt Laker, sei dann Q mit seinen Q‑Anons, den »digital soldiers« der Bewegung, wie sich Laker auch selbst beschreibt. Anastasia habe »den ganz obersten Plan gemacht« und das Ziel sei, das jetzige »satanische Konstrukt« abzubauen und dann, nach einer mehrjährigen Phase der Militärdiktatur, ein deutsches Reich zu errichten. (allgaeu-rechtsaussen.de, 30.10.22)
Es geht ums Geld
Martin Laker gibt sich durch und durch idealistisch. Im Hintergrund geht’s jedoch um knallharte Geschäftemacherei. Neben Vortragsreisen, bei denen keine Eintrittspreise, sondern steuerschonend nur Spenden einkassiert werden, bewirbt Laker diverse Produkte; etwa regelmäßig „Airnergy“, ein Gerät, das gegen so ziemlich alles die „Selbstheilungskräfte“ aktivieren soll. Die „Engelsburg Edition“ des „Little Atmos“ startet bei 2.300 Euro, um schlappe 10.700 Euro gibt’s „die vitalisierende Luft des Waldes für unterwegs“. Im Gegenzug erhielt Laker mit seiner „Akademie Engelsburg“ den „Art of vision award“. Vergleichsweise günstig sind die Engelsburger „ParkRaumScheiben“ zu haben, die sich dadurch auszeichnen, dass sie aus Holz sind und statt Park„platz“ eben Park„raum“ im Namen haben, womit selbst eine simple Parkscheibe esoterisch aufgeladen wird.
Vernetzte Szene
Immer wieder tauchen – in verschiedenen Konstellationen, oft in Form von als „Kongress“ titulierte Großveranstaltungen mit saftigen Eintrittspreisen – dieselben Figuren auf. Die einzelnen Protagonist*innen haben zwar ihre individuellen Labels entwickelt, unterm Strich läuft alles auf dasselbe hinaus: Die Narrative sind hochgradig verschwörungsideologisch, antisemitisch und oft mit neonazistischen Versatzstücken unterlegt. Österreicher*innen spielen dabei kräftig mit. Auch einer, über den „Stoppt die Rechten“ bereits des Öfteren berichtet hat: der Niederösterreicher Ricardo Leppe.
Doch immer wieder schimmert Ricardo Leppes Nähe zum Anastasia-Kult und der daraus hervorgegangenen Schetinin-Lehre durch. Regelmäßig lädt er Gäste in seinen Youtube-Kanal ein: darunter Anastasianer, Anhänger der rechtsextremen Verschwörungsgruppe QAnon und eine junge Frau, die immer wieder begeistert von der Schetinin-Lehre referiert. In einem rechtsesoterischen Internetsender spricht Leppe ausführlich mit Martin Laker über „freies Lernen“. Martin Laker leugnet den Holocaust, gilt als zentrale Figur innerhalb der Anastasia-Bewegung und möchte das Deutsche Reich wiedererrichten. (taz.de, 15.11.23)
Leppe wird von Laker nicht nur regelmäßig beworben („meines lieben Freundes Ricardo Leppe“), sondern tritt wie Laker auch im bekanntesten Anastasia-Projekt Deutschlands, dem „Mutterhof“ des Robert Briechle, auf. Auf dem braun angehauchten Gut im Allgäu treiben sich nicht nur Laker und Leppe herum, sondern auch weitere Österreicher mit reichlichem Talent, über die Rechtsesoterik kombiniert mit dubiosen Vereinskonstrukten gute Geschäfte zu machen.
Demnächst: Neuzeug-Sierning als rechtsextremer Hotspot
➡️ Die Zeit (8.1.23): Die Macht der Verschwörungsideologen
➡️ Antifaschistisches Infoblatt (27.7.22): Die Anastasia Bewegung: Irdische Energien online
Fußnoten
1 Laker bezeichnet etwa Lloyd Austin als US-Außenminister und baut auf diesem Nonsens eine ganze Verschwörungsgeschichte auf, die dann bei George Soros landet und in der er von der „sogenannten Ukraine“ faselt, wo NATO-Offiziere ums Leben gekommen seien.