Wochenrückblick KW 10/23 (Teil 2): Staatsverweigerer und andere RechtsextremeLesezeit: 7 Minuten

Der Schwei­zer Staats­ver­wei­ge­rer und Mul­ti­mil­lio­när Dani­el Model hat in Graz bei einem Beru­fungs­pro­zess eine Geld­stra­fe von mehr als einer Mil­li­on Euro aus­ge­fasst – und damit gespart. Einen kurio­sen Auf­tritt gab’s von zwei Staats­ver­wei­ge­rern am Lan­des­ge­richt Eisen­stadt. Und: Nach dem Brand­an­schlag auf ein Lin­zer Asyl­quar­tier fragt sich, ob die Exe­ku­ti­ve den Fall dies­mal auf­klä­ren kann. Skepsis […]

15. Mrz 2023

Graz/CH: Wenn Staats­ver­wei­ge­rer Dani­el Model philosophiert
Wien: Staats­ver­wei­ge­rin will sich ohrfeigen
Bez. Güs­sing – Wien – Eisen­stadt: 2 Staats­ver­wei­ge­rer und gewerbs­mä­ßi­ger Betrug
Linz/OÖ: Brand­an­schlag auf Asyl­quar­tier – wie­der eine Straf­tat ohne Aufklärung?
Marchfeld/NÖ: Wie­der jemand im „Füh­rer­haus“

Graz/CH: Wenn Staats­ver­wei­ge­rer Dani­el Model philosophiert

Die Beru­fungs­ver­hand­lung hat sich für den Schwei­zer Mul­ti­mil­lio­när und Staats­ver­wei­ge­rer Dani­el Model aus­ge­zahlt: Schlap­pe 720.000 Euro hat er sich dadurch erspart. Er war im letz­ten Jahr in Graz zu einer Straf­zah­lung von 1,8 Mil­lio­nen Euro ver­don­nert wor­den, weil er sich in einer staats­feind­li­chen Ver­bin­dung gegen die Repu­blik Öster­reich betä­tigt (§ 246 StGB). hat­te. Das war Model zu viel, und er ent­schloss sich, Nich­tig­keits­be­schwer­de ein­zu­brin­gen, womit er jedoch kra­chend geschei­tert ist. In der Beru­fungs­ver­hand­lung in Graz, bei der sich Model nicht bli­cken hat las­sen, weil er laut Verteidiger„ernsthaft erkrankt“ sei, ging’s daher nur mehr um die Straf­hö­he. Anders als im letz­ten Jahr hat­te sich Model dies­mal dazu ent­schlos­sen, über den Ver­tei­di­ger sein Jah­res­ein­kom­men offenzulegen.

„Im Nach­hin­ein eine Schan­de“, sei das staats­feind­li­che Enga­ge­ment für sei­nen Man­dan­ten. Aller­dings habe die Schweiz eine ande­re „Kul­tur und ein ande­res Ver­ständ­nis, über For­men des Zusam­men­le­bens zu phi­lo­so­phie­ren“. Dass er dabei „in die Fän­ge“ extre­mis­ti­scher Per­so­nen geriet, sei für ihn selbst erschüt­ternd. (…) Dies­mal leg­te der Ver­tei­di­ger einen Ein­kom­mens­nach­weis über 1,4 Mil­lio­nen Euro brut­to im Jahr als Prä­si­dent des Ver­wal­tungs­ra­tes der fami­li­en­ei­ge­nen Hol­ding vor. Die Stra­fe redu­ziert sich bei gleich blei­ben­den Tages­sät­zen damit auf 1,080.000 Euro. (kleinezeitung.at, 6.3.2023)

Das ist amü­sant, denn Model „phi­lo­so­phiert“ auf sei­nem Model­hof im Schwei­ze­ri­schen Müll­heim unge­bro­chen wei­ter – oder lässt „phi­lo­so­phie­ren“ –, wie (nicht nur) in den Tweets der „Beton­ma­le­rin­nen“ belegt wird.

Nur sei­ne Rol­le als selbst­er­nann­ter „Frie­dens­rich­ter“ beim Fan­ta­sie­ge­richts­hof „ICCJV“ (Inter­na­tio­nal Com­mon Law Court of Vien­na) ist Model los, was jedoch eher dar­auf zurück­zu­füh­ren ist, dass der Gerichts­hof auf­ge­löst und des­sen Pro­po­nen­ten selbst vor Gerichts­hö­fen, jedoch staat­li­chen, gelan­det sind. Die sie­ben Mona­te bedingt blie­ben, die Geld­stra­fe wird Model ver­kraf­ten können.

Wien: Staats­ver­wei­ge­rin will sich ohrfeigen

Knapp fiel der Bericht der Kro­nen Zei­tung zu einem wei­te­ren Staa­ten­bund-Pro­zess aus:

Als Zeu­gin wur­de „Staa­ten­bund- Prä­si­den­tin“, Moni­ka Unger, die ihre Haft­stra­fe in der Jus­tiz­an­stalt Schwarz­au (NÖ) absitzt, vor­ge­führt. Erkannt hat sie ihr „Mit­glied“, das den Wie­ner Able­ger der staats­feind­li­chen Ver­bin­dung mit­ge­grün­det hat, aber nicht. Die Ange­klag­te bereut vor den Geschwo­re­nen ihre Zeit als Kas­sie­rin im „Staat Wien der Her­zen“: „Ich könnt mich dafür ohr­fei­gen.“ Das Urteil: drei Mona­te bedingt, rechts­kräf­tig. (Kro­nen Zei­tung, 8.3.23, S. 33)

Bez. Güs­sing – Wien – Eisen­stadt: 2 Staats­ver­wei­ge­rer und gewerbs­mä­ßi­ger Betrug

Eigent­lich hät­ten am 8. März gleich vier Mit­glie­der einer im gro­ßen Stil auf­ge­zo­ge­nen staats­feind­li­chen Ver­bin­dung, die über den Ver­ein „Es ist Zeit“ agiert hat­te, auf­tan­ken müs­sen. Die Hälf­te des Quar­tetts blieb weg, somit wur­de nur gegen den Ver­eins­prä­si­den­ten und dem Rech­nungs­prü­fer, einem Bio­bau­er (59) und einem gleich­alt­ri­gen Wien verhandelt.

Im Vor­feld ver­laut­bar­ten die Her­ren via Pres­se­aus­sendung, „dass zu der am 8.3.2023 am Lan­des­ge­richt Eisen­stadt statt­fin­den­den Haupt­ver­hand­lung im Straf­pro­zess gegen das Ver­eins­prä­si­di­um die GRECO ein­ge­la­den wur­de, einen Pro­zess­be­ob­ach­ter zu ent­sen­den“. Das ist schon allei­ne des­halb kuri­os, weil GRECO die „Group of Sta­tes against Cor­rup­ti­on“ des Euro­pa­rats bil­det und es im Eisen­städ­ter Pro­zess um gewerbs­mä­ßig schwe­ren Betrug, den die zwei Aus­sen­der began­gen haben sol­len, ging. Bereits im Juni 2021 wur­de bei­de wegen Betä­ti­gung in einer staats­feind­li­chen Ver­bin­dung und wegen Betrugs zu 33 bzw. 21 Mona­ten teil­be­ding­ter Haft ver­ur­teilt. Ihrer Hal­tung dürf­ten die bei­den treu geblie­ben sein.

Die Män­ner, um kei­ne Ant­wort ver­le­gen, berich­te­ten über hun­der­te Ton­nen Fein­gold­bar­ren, von einer „Haa­ger Land­kriegs­ord­nung“, Ver­hand­lun­gen mit einem rus­si­schen Geheim­dienst­of­fi­zier zwecks Abschluss eines staat­li­chen Ver­tra­ges und dar­aus resul­tie­ren­der Geld­an­sprü­che an die US-Besat­zer. Auch Län­der wie Chi­na und Frank­reich spiel­ten eine Rol­le, ehe der öster­rei­chi­sche Bun­des­prä­si­dent the­ma­ti­siert wur­de. Als Rech­nungs­adres­sat diver­ser For­de­run­gen. Abseits die­ser Dimen­si­on ging es auch um „klei­ne“ Beträ­ge, wie unkla­re Spe­sen­ab­rech­nun­gen oder Spen­den­samm­lun­gen in der Höhe von ein paar tau­send Euro. Das grund­lo­se Behe­ben von 44.000 Euro vom Ver­eins­kon­to argu­men­tier­te der 59-jäh­ri­ge Wie­ner mit: „Ich ver­traue den Ban­ken nicht. Nur Bares ist Wah­res!“ War­um der bur­gen­län­di­sche Bio-Bau­er 16.000 Euro die­ses Gel­des in sei­ner pri­va­ten Woh­nung depo­niert hat­te, begrün­de­te man mit der Fest­stel­lung: „War­um nicht!“ (meinbezirk.at, 8.3.23)

Auf die Diens­te ihres dama­li­gen Ver­tei­di­gers Wer­ner Toma­nek haben die zwei Ange­klag­ten inzwi­schen ver­zich­tet, auch auf jene des Toma­nek-Nach­fol­gers Rudolf May­er. Daher leg­te sich dies­mal die Wie­ner Anwäl­tin Vera Weld, die selbst als beken­nen­de Anhän­ge­rin des recht­se­so­te­ri­schen Ana­sta­sia-Kults auf­fäl­lig gewor­den ist, für die bei­den ins Zeug.

Aber auch die in Staats­ver­wei­ge­rungs­a­gen­den nicht unbe­darf­te Anwäl­tin muss­te am Ende einen Schuld­spruch für die bei­den Ange­klag­ten, die mehr als eine hal­be Mil­li­on Euro von 3.700 Mit­glie­dern ihres Ver­eins abge­zockt haben sol­len, indem auf wahn­wit­zi­ge Art ver­spro­chen wur­de, über die „Haa­ger Land­kriegs­ord­nung“ Pen­si­ons­an­sprü­che für die Ver­eins­mit­glie­der gel­tend machen zu kön­nen, hin­neh­men. „Der bur­gen­län­di­sche Bio-Bau­er wur­de zu 28 Mona­ten Haft, davon 9 Mona­te unbe­dingt ver­don­nert, sein Wie­ner Gesin­nungs­freund zu 16 Mona­ten Gefäng­nis, davon 5 Mona­te unbe­dingt. Bei­de Ange­klag­ten leg­ten sofort vol­le Beru­fung gegen den Spruch ein. Daher nicht rechts­kräf­tig.” (meinbezirk.at, 8.3.23)

Linz/OÖ: Brand­an­schlag auf Asyl­quar­tier – wie­der eine Straf­tat ohne Aufklärung?

Was macht Ober­ös­ter­reich so attrak­tiv für Rechts­extre­me?“ fragt Edith Mein­hart in einem lesens­wer­ten Arti­kel im aktu­el­len „pro­fil“ (profil.at, 14.3.23) zum rechts­extre­men Hot­spot Ober­ös­ter­reich. Anlass ist der jüngs­te Brand­an­schlag auf ein noch in Bau befind­li­ches Asyl­quar­tier in Linz. Der erin­nert fatal an Alten­fel­den, wo im Juni 2016 ein bau­glei­ches Gebäu­de durch Brand­stif­tung voll­stän­dig abge­fa­ckelt wur­de. 

Genau wie bei uns, dach­te Gattrin­ger [Bür­ger­meis­ter von Alten­fel­den; Anmk. SdR] also. Das glei­che Haus. Viel­leicht der­sel­be Täter? (…) Soll­te die Tat die Gemein­de damals ein­schüch­tern, ver­fehl­te sie ihren Zweck. Das zer­stör­te Asyl­quar­tier wur­de abge­ris­sen, an Ort und Stel­le ein neu­es errich­tet. Hier leben nun zwi­schen 30 und 40 jun­ge Män­ner, die meis­ten aus Afgha­ni­stan und Syri­en, grö­be­re Pro­ble­me habe es mit ihnen in all den Jah­ren nicht gege­ben, so Gattrin­ger. (profil.at)

Hat­te es 2016 noch vie­le Soli­da­ri­täts­er­klä­run­gen mit Geflüch­te­ten und jede Men­ge Ent­rüs­tung über die­se Tat gege­ben, alte­rier­te sich die ober­ös­ter­rei­chi­sche Poli­tik dies­mal haupt­säch­lich über das Quar­tier und Geflüch­te­te an sich: Die FPÖ nahm den Anschlag zum Anlass, ihr Nein zum Unter­kunft zu unter­mau­ern – nicht über­ra­schend! „Die SPÖ for­der­te mehr Mit­spra­che­recht der Gemein­den und der Bevöl­ke­rung, wenn es um neue Flücht­lings­quar­tie­re gehe, die ÖVP sah die Reduk­ti­on des Zustroms durch ille­ga­le Migra­ti­on auf euro­päi­scher Ebe­ne als Ziel.“ (ooe.orf.at, 6.3.23)

Edith Mein­hart sieht im rechts­extre­men Brenn­punkt Ober­ös­ter­reich auch eine feh­len­de Gegen­wehr durch staat­li­che Behör­den: „Die ein­schlä­gi­ge Auf­fäl­lig­keit Ober­ös­ter­reichs steht in einem ver­stö­ren­den Wider­spruch zur Lax­heit von Poli­zei und Verfassungsschutz.“

Alten­fel­den wur­de nie auf­ge­klärt, auch kei­ne ein­zi­ge der zig Schän­dun­gen der KZ-Gedenk­stät­te Maut­hau­sen aus den letz­ten Jah­ren. „Wie kann das sein?“, fragt Mein­hart. „pro­fil hät­te dar­über ger­ne mit dem ober­ös­ter­rei­chi­schen Ver­fas­sungs­schutz gere­det, wur­de an die ‚Direk­ti­on Staats­schutz und Nach­rich­ten­dienst‘ (DNS) ver­wie­sen, schick­te eine aus­führ­li­che Anfra­ge per Mail, erhielt aber bis Redak­ti­ons­schluss kei­ne Ant­wort.“ Ernüch­ternd und wenig Hoff­nung hin­ter­las­send, dass der Brand­an­schlag in Linz zu einer Auf­klä­rung kom­men wird!

Marchfeld/NÖ: Wie­der jemand im „Füh­rer­haus“

Nicht zum ers­ten Mal hat das Maut­hau­sen Komi­tee auf einen LKW – dies­mal von einer March­fel­der Fir­ma – auf­merk­sam gemacht, der mit der Auf­schrift „Füh­rer­haus“ und „Fah­rer spricht Deutsch“ unter­wegs ist.

„Jeder his­to­risch infor­mier­te Mensch, der die­se Auf­schrift sieht, ver­steht sie als Anspie­lung auf den ‚Füh­rer’ Adolf Hit­ler und sein natio­nal­so­zia­lis­ti­sches Ter­ror­re­gime”, kri­ti­siert MKÖ-Vor­sit­zen­der Wil­li Mer­nyi. Das MKÖ wand­te sich auch mit je einem Schrei­ben an die Geschäfts­füh­re­rin der Fir­ma und den Bun­des­spar­ten­ob­mann für Trans­port und Ver­kehr der Wirt­schafts­kam­mer, Alex­an­der Klacs­ka. (derstandard.at, 10.3.22)

Der Bran­chen­ob­mann aus der Wirt­schafts­kam­mer distan­zier­te sich und ver­sprach, etwas dage­gen zu unternehmen.

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