Wochenschau KW 19/21 (Teil 1)

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Fünf Ver­hand­lun­gen, davon vier in Nie­der­ös­ter­reich – in zwei sehr ähn­lich gela­ger­ten Fäl­le gab’s doch eini­ger­ma­ßen unter­schied­li­che Urtei­le: In bei­den Fäl­len waren der ille­ga­le Besitz von Waf­fen und Kriegs­ma­te­ri­al ange­klagt, und dazu hor­te­ten die bei­den noch jede Men­ge NS-Devo­tio­na­li­en. Bei­de Ange­klag­te kamen mit beding­ten Haft­stra­fen davon; der eine, ein Ex-FPÖ-Funk­tio­när, mit 22 Mona­ten (nicht rechts­kräf­tig), der ande­re mit nur 15 Mona­ten (rechts­kräf­tig).

Gmünd-Krem­s/NÖ: Groß­va­ter & das brau­ne Klumpert
Bez. Hol­la­brunn-Kor­neu­bur­g/NÖ: die Groß­vä­ter & das brau­ne Klumpert
Guntramsdorf/NÖ: Hass im Suff
Bez. Horn-Krem­s/NÖ: mani­pu­lier­te Brem­sen und Hakenkreuz
Bez. Feldkirch/Vbg.: Nicht mehr so lus­tig vor Gericht

Gmünd-Krems/NÖ: Großvater & das braune Klumpert

Es war natür­lich alles ganz anders, als es von außen schei­nen könn­te: NS-Devo­tio­na­li­en im Büro, teil­wei­se wei­ter­ge­lei­te­te ein­schlä­gi­ge Datei­en auf Com­pu­ter und Han­dy und eini­ge Waf­fen für den Haus­ge­brauch: Maschi­nen­pis­to­len, eine nicht regis­trier­te Pis­to­le, Muni­ti­on und Sprengkapseln.

Nach einer anony­men Anzei­ge bekam der 36-jäh­ri­ge Ex-FPÖ-Funk­tio­när Anfang Juli 2020 Besuch von der Poli­zei; jetzt muss­te er sich vor dem Krem­ser Lan­des­ge­richt wegen Ver­stö­ße nach dem Waffen‑, Kriegs­ma­te­ri­al- und Ver­bots­ge­setz verantworten.

Die NS-Devo­tio­na­li­en sei­en hin­ter einer Kork­wand und für Besu­cher nicht sicht­bar gewe­sen. Er habe das „Klum­pert“ im Büro gehabt, da er reno­viert habe. Die ver­schie­de­nen Abbil­dun­gen und Sprü­che habe er lus­tig gefun­den. Das sei schwar­zer Humor, den viel­leicht nicht jeder ver­ste­he. Zu Rich­te­rin und Staats­an­wäl­tin mein­te der bis­her Unbe­schol­te­ne, „ich bin sicher kein Nazi, ich lass mich auch von Ihnen nicht als Nazi bezeich­nen“. Er sei geschicht­lich inter­es­siert, sein Groß­va­ter sei im 2. Welt­krieg gefal­len. Aus­flü­ge in die Nor­man­die, nach Polen und ins Bal­ti­kum an Kriegs­schau­plät­ze sowie zu Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern sei­en aus Inter­es­se gesche­hen. Fotos von ihm mit Hit­ler­gruß fin­de er spa­ßig, die waren iro­nisch gemeint. (meinbezirk.at, 12.5.2021)

So spa­ßig wie der Ange­klag­te fan­den es die Geschwo­re­nen und die Rich­te­rin offen­bar nicht: Es folg­te in Tei­len der Ankla­ge ein Schuld­spruch und eine beding­te Haft­stra­fe von 22 Mona­ten. Nicht rechts­kräf­tig, weil die Staats­an­walt­schaft Beru­fung einlegte.

Bez. Hol­la­brunn-Kor­neu­bur­g/NÖ: die Groß­vä­ter & das brau­ne Klumpert

Fast ein da capo zum obi­gen Fall: dies­mal mit einem 53-jäh­ri­ger Nie­der­ös­ter­rei­cher, der anonym ange­zeigt wur­de , weil er, wie eine Haus­durch­su­chung im letz­ten Jän­ner zuta­ge för­der­te, Waf­fen, Muni­ti­on, Mes­ser, Kriegs­ma­te­ri­al und NS-Devo­tio­na­li­en (dar­un­ter eine im Abstell­kam­mer auf­ge­häng­te Nazi­fah­ne) gesam­melt hat­te. Er sei mit Waf­fen auf­ge­wach­sen, monier­te der Ange­klag­te, „schon sei­ne Groß­vä­ter sei­en Jäger gewe­sen”.

Über 200 Kilo an Waf­fen und Muni­ti­on wur­den bei ihm vor­ge­fun­den, dar­un­ter Hand­gra­na­ten, Flak-Kar­tu­schen und Voll­man­tel­pa­tro­nen. Eben­so fün­dig wur­de der Rechts­extre­mis­mus-Beam­te des LVT betref­fend ein­schlä­gi­ger Nazi-Devo­tio­na­li­en. Die Ankla­ge von Staats­an­walt Fried­rich Köhl lau­te­te dem­nach auf Wie­der­be­tä­ti­gung im Sin­ne des Ver­bots­ge­set­zes, Besitz einer ver­bo­te­nen Waf­fe und von Kriegs­ma­te­ri­al. „Er sam­melt alles alte Klum­pert“, ver­such­te Ver­tei­di­ger Andre­as Rip­pel, die Per­sön­lich­keit sei­nes Man­dan­ten näher­zu­brin­gen. (noen.at, 14.5.21)

Der Ange­klag­te wur­de in allen Punk­ten schul­dig gespro­chen und erhielt eine beding­te Haft­stra­fe von 15 Mona­ten – rechtskräftig.

Update: Wie einem Ent­scheid des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs vom 13.7.22 zu ent­neh­men ist, leg­te der Ver­ur­teil­te Ein­spruch gegen das gegen ihn ver­häng­te Waf­fen­ver­bot ein – erfolg­los. In dem Ent­scheid wer­den wei­te­re Details zu den auf­ge­fun­de­nen Waf­fen und Kriegs­ma­te­ria­li­en angeführt.

Guntramsdorf/NÖ: Hass im Suff

Unge­wöhn­lich schnell ging es mit dem Pro­zess nach einer Tat, die – laut NÖN – erst vor weni­gen Wochen, am 22. April, began­gen haben soll. Der 34-Jäh­ri­ge hat­te auf der auf einer Face­book-Sei­te der LGBTQ-Com­mu­ni­ty u.a. den wider­li­chen Kom­men­tar „Ich wür­de so gern euren Kin­dern die Schä­del ein­schla­gen …“ (noen.at, 12.5.21) hin­ter­las­sen haben. Er führ­te sei­nen Aus­ras­ter auf sei­nen Alko­hol­kon­sum zurück und zeig­te sich einsichtig.

Ich war völ­lig dane­ben, hat­te den Job ver­lo­ren, war depres­siv. Das war sehr blöd von mir. (…) Mitt­ler­wei­le habe er alle Zugän­ge gecan­celt und sich um einen The­ra­pie-Platz geküm­mert. Für eine Alko­hol­ent­wöh­nung im Anton Proksch-Insti­tut sei er eben­so bereit wie für regel­mä­ßi­ge Tests. Der Mann kam mit einer Diver­si­on davon. (NÖN)

Bez. Horn-Krems/NÖ: manipulierte Bremsen und Hakenkreuz

Weil er ver­mu­te­te, sei­ne damals Noch-Part­ne­rin habe ein Ver­hält­nis zu einem ande­ren Mann, mani­pu­lier­te ein 35-jäh­ri­ger Kfz-Mecha­ni­ker die Brem­sen am Auto sei­nes Riva­len und hin­ter­ließ auch noch ein im Lack ein­ge­ritz­tes Hakenkreuz.

Die Ex-Freun­din, die nun­mehr in einer Bezie­hung mit dem „Neu­en“ lebt, sag­te aus, dass der Ex ihr schluss­end­lich die Taten gestan­den habe, nach­dem sie ihm nach den Brie­fen mit­ge­teilt hat­te, dass das Lan­des­kri­mi­nal­amt in der Cau­sa ermitt­le. Die Ver­hand­lung ende­te mit einem Schuld­spruch wegen ver­such­ter schwe­rer Kör­per­ver­let­zung (Absicht wur­de ihm nicht unter­stellt), Sach­be­schä­di­gung und Nöti­gung. Der Beschul­dig­te erhielt 14 Mona­te beding­te Haft sowie eine unbe­ding­te Geld­stra­fe von 900 Euro. Rechts­kräf­tig. (meinbezirk.at, 30.4.21) 

Der Vor­wurf der Wie­der­be­tä­ti­gung scheint bei der Ankla­ge nicht dabei gewe­sen zu sein.

Bez. Feldkirch/Vbg.: Nicht mehr so lustig vor Gericht

Vier Mona­te bedingt und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe über 1.440 Euro erhielt ein erst 16-jäh­ri­ger Jugend­li­cher, dem eine gan­ze Lat­te an Delik­ten vor­ge­wor­fen wur­de: Ver­stoß gegen das Sucht­mit­tel­ge­setz, Besitz von Kin­der­por­no­gra­fie, Ver­het­zung und Wiederbetätigung.

Der gestän­di­ge Lehr­ling hat nach Über­zeu­gung der Lai­en­rich­ter soge­nann­te Sti­cker 34 Mal wei­ter­ge­lei­tet, mit denen der Natio­nal­so­zia­lis­mus und Adolf Hit­ler ver­harm­lost und NS-Opfer lächer­lich gemacht wur­den. Anders als vor der Poli­zei fand der Ange­klag­te vor Gericht die ver­schick­ten Bil­der nicht mehr lus­tig. (Neue Vor­arl­ber­ger Tages­zei­tung, 15.5.21, S. 21)

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.