Wiener Akademikerbund (Teil 3): Holocaustleugner, Rechtsextreme und der Verfassungsschutzchef als Vortragende

In zwei Beiträ­gen haben wir uns bish­er mit dem Wiener Akademiker­bund (WAB) beschäftigt. Unmit­tel­bar­er Anlass: eine öffentlich angekündigte Ver­anstal­tung mit 50–70 Besucher*innen während des Lock­down. Einige ide­ol­o­gis­che Bestandteile dessen, was der WAB über seine Web­site und den Face­book-Auftritt so ver­bre­it­et, haben wir im zweit­en Teil charak­ter­isiert. Jet­zt wid­men wir uns den Vorträ­gen beim WAB: Da dür­fen näm­lich nicht nur Coro­naleugn­er, son­dern auch Kli­mawan­delleugn­er, Holo­caustleugn­er und andere Recht­sex­treme auftreten. Und zum Drüber­streuen auch ein Verfassungsschutzchef!

Der WAB in Gestalt von Chris­t­ian Zeitz hat in ein­er sehr lan­gen Stel­lung­nahme auf Face­book am 1.12. auf unsere Vor­würfe reagiert. Auf unsere? Nun ja, wenn der WAB gegen „selb­ster­nan­nte NGOs“, „unkri­tis­che Medi­en“ und die „Herrschaft­selite des glob­alen Kul­tur­sozial­is­mus“ wet­tert, die „unwahre Schreck­ens-Mythen (…) gegen den Wiener Akademiker­bund in Stel­lung brin­gen, um ihn als kri­tis­che Ein­rich­tung zu diskred­i­tieren“, dann fühlen wir uns zwar nicht wirk­lich betrof­fen, aber gemeint. Ob nun die ÖVP Wien Chris­t­ian Zeitz im Jahr 2010 gar nicht auss­chließen kon­nte, wie dieser in sein­er FB-Stel­lung­nahme behauptet, das sollte dringlich zwis­chen den bei­den Kon­tra­hen­ten gek­lärt wer­den –wer weiß, vielle­icht gibt es noch Über­raschun­gen! Wir haben jeden­falls nur das berichtet, was in den Medi­en damals – unwider­sprochen – zu lesen war.

"Mainstreammedien" werden im WAB zu "Hauptstrommedien"

„Main­streamme­di­en” wer­den im WAB zu „Haupt­stromme­di­en”

Kom­men wir zu unserem The­ma, den Gästen bzw. Vorträ­gen beim WAB. Das Selb­st­bild des WAB weicht ja erhe­blich von dem ab, was er selb­st über seine Aktio­nen, Stel­lung­nah­men und nicht zulet­zt auch Vorträge ver­mit­telt. Aber wer ken­nt schon die Vortragenden?

Die Vor­tra­gen­den

In sein­er lan­gen Recht­fer­ti­gungssua­da vom 1.12. liefert Zeitz einen Hin­weis auf einen – ver­hin­derten – Vor­tra­gen­den: der „geplante Vor­trag“ von Univ. Doz. Friedrich Romig, der für diese Woche vorge­se­hen war, müsse wegen „der aktuellen Coro­na-Zwangs­maß­nah­men“ aus­fall­en. Inter­es­sant! Was Friedrich Romig während des Lock­down vor­tra­gen wollte, war in den Medi­en des WAB nicht zu find­en. Aber Friedrich Romig (94) ken­nen wir: Er ist ein recht­sex­tremer Pub­lizist, der von Wikipedia noch immer als „christlich-kon­ser­v­a­tiv“ betitelt wird, obwohl dort über ihn auch zu lesen ist, dass ihm ein „trans­formiert­er Anti­semitismus“ attestiert würde und er als Bindeglied zwis­chen katholis­chen Fun­da­men­tal­is­ten und recht­sex­trem­istis­chen Kreisen fungiere. Die katholis­chen Fundis, die Romig da ange­blich mit den Recht­sex­tremen „verbindet“ sind z.B. die Anti­semiten rund um kreuz.net, wo Romigs Beiträge wiedergegeben wur­den. Romigs aggres­siv­er Anti­semitismus verbindet sich mit einem Deutschna­tion­al­is­mus, der rechts nicht mehr viel Platz übriglässt, etwa hier in seinem Beitrag für die „Neue Ord­nung“ vom DÖW charak­ter­isiert.

Romig hetzt gegen das DÖW

Romig het­zt gegen das DÖW

Wenn Romig doch noch seinen Vor­trag beim WAB hält, trifft er mit Chris­t­ian Zeitz auf einen alten Bekan­nten aus dem „Patri­o­tis­chen Klub“ des Jahres 1993, der mit vollem Namen „Gesellschaftliche Vere­ini­gung Patri­o­tis­ch­er Club – Besseres Öster­re­ich“ geheißen hat, von Andreas Mölz­er und Chris­t­ian Zeitz gegrün­det wurde und so etwas wie eine Leim­rute der Haider-FPÖ für recht­sex­treme und anti­semi­tis­che Chris­ten bilden sollte.

2013 fand ein anderes Zusam­men­führung­spro­jekt beim WAB statt. Unter dem Titel „Demokratie: woher — wohin?“ disku­tierten Alexan­der Markovics (damals für die recht­sex­treme Vor­läufer­or­gan­i­sa­tion der Iden­titären, „W.I.R.“), Chris­t­ian Zeitz, ein Vertreter der JES und ein­er von der monar­chis­tis­chen katholis­chen Lands­man­nschaft Josephi­na über The­men wie „Europäis­che Dik­tatur – nationale Schein­demokratie; Herrschaft des Pöbels oder der Nomen­klatu­ra? Gibt es die Alter­na­tive ein­er ‚wahren Demokratie‘?“. Mit dabei auch der wegen Holo­caustleug­nung verurteilte John Gude­nus, der das Stich­wort für weit­ere WAB-Vor­tra­gende liefert: Holocaustleugner.

Wal­ter Lüftl (87) ist ein Holo­caustleugn­er – daran gibt es kein­er­lei Zweifel, auch wenn er sich nie dafür vor einem Gericht ver­ant­worten musste oder dafür verurteilt wurde. Seine ein­schlägi­gen Schriften hat der frühere Präsi­dent der Bun­desin­ge­nieurskam­mer näm­lich knapp vor dem Inkraft­treten des Para­graphen 3h Ver­bots­ge­setz (der die Holo­caustleug­nung unter Strafe stellte) ver­fasst. Ein Ermit­tlungsver­fahren gegen ihn wurde 1994 von der Ober­staat­san­waltschaft Wien eingestellt, weil lediglich „per­sön­liche, sub­jek­tive Zweifel, aber keine pro­pa­gan­dis­tis­che Absicht“ der Grund für Lüftls Holo­caustleug­nung gewe­sen sei. Lüftl selb­st sah das anders und schrieb 2004:

Sie glauben nicht, wieviele Leute ich schon beim Heuri­gen zu Katakomben­re­vi­sion­is­ten gemacht habe. Sie alle haben aber dann in der Folge, wenn sie das nach dem Aha-Erleb­nis erwor­bene Wis­sen über die Wahrheit weit­ergeben wollen, das Prob­lem, in ihrem Fre­un­des- und Fam­i­lienkreis anzueck­en, weil die Leute beim Holo­caust eben ‚Glaube und Fak­ten‘ nicht auseinan­der hal­ten kön­nen. Deswe­gen habe ich ja schon 1991 den Titel so gewählt. Mir war das ja bewußt.

TU Wien widerruft eine Ehrung für Holocaustleugner Lüftl (aus: News)

TU Wien wider­ruft eine Ehrung für Holo­caustleugn­er Lüftl (aus: News)

Beim WAB referierte Lüftl am 14.2.2017 – aus­gerech­net über „Kli­mawan­del oder Kli­malüge“. In der schriftlichen Vorstel­lung spielt der WAB aber ganz offen­sichtlich bewusst und sehr zynisch auf Lüftls Holo­caustlü­gen an: Er bek­lei­dete das Amt des Präsi­den­ten der Bun­des-Inge­nieur-Kam­mer und stellte sich mit ver­schiede­nen gesellschaft­spoli­tisch rel­e­van­ten Arbeit­en in den Dienst der öffentlichen Aufk­lärung.“

Holocaustleugner Lüftl beim WAB: 2017 als Klimawandelleugner

Holo­caustleugn­er Lüftl beim WAB: 2017 als Klimawandelleugner

Lüftl und John Gude­nus waren aber nicht die einzi­gen Holo­caustleugn­er, die beim WAB als Vor­tra­gende ein­ge­laden wur­den. Am 30.1.2014 durfte Ger­hoch Reiseg­ger über „Wege aus der Glob­al­isierungs­falle“ referieren. In Öster­re­ichs recht­sex­tremer Szene ist Reiseg­ger (79) eher ein Geheimtipp, auf der inter­na­tionalen Bühne aber spätestens seit sein­er Teil­nahme am Holo­caustleugn­er-Kongress 2002 in Moskau, wo er neben dem Wahlöster­re­ich­er bzw. US-Neon­azi David Duke, dem Schweiz­er Jür­gen Graf und eini­gen anderen Gestal­ten aus der Revi­sion­is­ten­szene auftreten durfte , bekan­nt. Nicht über­raschend daher sein reger Aus­tausch mit dem schw­eren Neon­azi Horst Mahler, im Unter­schied zu dem Kon­takt mit Josef Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI. Reiseg­gers Vor­trag beim WAB war zumin­d­est der Ankündi­gung nach eine Reprise auf sein schon Jahre zuvor erschienenes gle­ich­namiges Buch.

Holocaustleugner Reisegger, Duke und Co in Moskau 2002 (Screenshot Antifa-Infoblatt)

Holo­caustleugn­er Reiseg­ger, Duke und Co in Moskau 2002 (Screen­shot Antifa-Infoblatt)

Ob es der Begeis­terung für Edgar Julius Jung, deutsch­er Faschist, recht­sex­tremer Mörder und Ide­ologe der „Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion“ oder der für die „Kon­ser­v­a­tive Rev­o­lu­tion“, ein­er anti­demokratis­chen, anti­semi­tis­chen Vor­läufer­strö­mung des Nation­al­sozial­is­mus, zu ver­danken ist, dass 2014 ein Mar­tin Labach­er gle­ich zwei Vorträge im WAB zum „Ver­mächt­nis der „Unvol­len­de­ten Rev­o­lu­tion“ (!) hal­ten durfte, wis­sen wir nicht. Beze­ich­nend genug, dass der WAB darin ein „Ver­mächt­nis“ sieht.

Auch im Jahr 2014 war Wal­ter Mari­novic im WAB zu Gast, der sich selb­st als „Ost­märk­er“ beze­ich­nete und kein­er­lei Berührungsäng­ste zur Neon­azi-Szene aufweist. Im Bericht 2003 des deutschen Ver­fas­sungss­chutzes wird Mari­novic als „Revi­sion­ist“ tit­uliert. Dem ehe­ma­li­gen Präsi­den­ten der Israelitis­chen Kul­tus­ge­meinde Ariel Muz­i­cant richtete Mari­novic aus: „Wer bedenkt, dass sich die Zeit­en ändern kön­nen, sollte vor­sichtiger sein.“ Mari­novic, Autor in vie­len recht­sex­tremen bis neon­azis­tis­chen Zeitschriften, schwadronierte im WAB über sein damals erschienenes Buch mit dem viel­sagen­den Titel „Korn­blu­men“.

Walter Marinovic im WAB

Wal­ter Mari­novic im WAB

In der Aufzäh­lung von recht­sex­tremen Vor­tra­gen­den beim WAB darf natür­lich ein­er der nicht fehlen, der erst jüngst aufge­fall­en ist. Nein, damit ist nicht Johannes Hüb­n­er gemeint, der nach seinen anti­semi­tis­chen Anspielun­gen auf Hans Kelsen 2017 vornehm auf seine neuer­liche Kan­di­datur für den Nation­al­rat verzichtete, um jet­zt als Bun­desrat wieder zurück­zukehren (er referierte Ende 2017 im WAB), son­dern sein deutsch­er Par­la­men­tari­erkol­lege von der AfD, Petr Bystron, der es in sein­er kurzen Par­la­men­tari­erkar­riere schon zu etlichen auf­fäl­li­gen Aktiv­itäten – z.B. Schießübun­gen bei Ras­sis­ten in Südafri­ka, enge Kon­tak­te zu Iden­titären und zulet­zt Ein­ladung von recht­en Ver­schwörung­shei­nis in das Bun­destags­ge­bäude – gebracht hat. Die Ver­anstal­tung mit ihm am 25.1.2019 in den Räum­lichkeit­en des WAB soll „außeror­dentlich gut besucht“ gewe­sen sein, wie der recht­sex­treme Pro­tokol­lant Georg Immanuel Nagel auf der Web­seite des WAB ergrif­f­en fes­thielt: „Die Zuhör­er waren beein­druckt von Bystrons intellek­tuellem Niveau und sein­er charis­ma­tis­chen Strahlkraft.“ Dass der recht­sex­treme Ex-Pegi­da-Sprech­er Nagel nicht nur pro­tokol­lieren, son­dern auch selb­st vor­tra­gen durfte (Dezem­ber 2018), passt gut dazu.

Ein BVT-Chef bei Rechtsextremen

Was aber ver­an­lasst den Chef des Bun­de­samtes für Ver­fas­sungss­chutz, Peter Gridling, dazu, zwis­chen Holo­caustleugn­ern, Anti­semiten und anderen Recht­sex­tremen am 15.6.2015 unter dem Titel „Frei­heit in Gefahr – wie gläsern ist Öster­re­ich? Dro­ht eine neue Tyran­nis?“ beim WAB zu referieren? Hat ihn der Ehren­präsi­dent des WAB, der frühere Rech­nung­shof­präsi­dent, Franz Fiedler, der bei diesem Vor­trag auch die Ein­leitung hielt und auch mod­erierte, dazu motiviert?

Peter Gridling und Franz Fiedler im WAB

Peter Gridling und Franz Fiedler im WAB

Fiedler ist zweifel­los kein­er, der mit Recht­sex­tremen und Holo­caustleugn­ern sym­pa­thisiert, son­dern der Typus des hon­ori­gen Kon­ser­v­a­tiv­en, Warum macht er dem Treiben im WAB die Mauer und referiert dort selb­st immer wieder? Ist die unver­hoh­lene Dro­hung „Seid treu und einig! Ein Aufruf des Wiener Akademiker­bun­des“ (unter­malt mit einem Bild von Georg Mühlberg, das schla­gende Burschen­schafter beim „Bier­du­ell“ zeigt) auch an ihn gerichtet?

In dem Aufruf des WAB vom 24.11. heißt es:

Nicht willkom­men heißen wir jedoch alle Spal­ter, Umfall­er und Parteisol­dat­en, die auf Grund von Gefall­sucht oder ein­fach aus Feigheit sofort bere­it sind, sich auf Zuruf des poli­tis­chen Geg­n­ers von allem und jedem zu dis­tanzieren. Den Luxus dieser sinnlosen Grabenkämpfe kön­nen wir uns in ein­er Zeit, in der Wohl und Wehe von Volk und Vater­land exis­ten­ziell gefährdet sind und wo die immer bru­taler wer­dende Unter­drück­ung von Ander­s­denk­enden nie geah­nte Extrem­for­men angenom­men hat, ein­fach nicht mehr leisten.

Noch niemals wurde der Unter­w­er­fungsakt der „Dis­tanzierung“ von denen, die uns alle gle­icher­maßen has­sen, mit irgen­dein­er Form von Anerken­nung belohnt. Immer wer­den danach die Forderun­gen des Geg­n­ers nur noch dreister.

So ähn­lich, wen­ngle­ich kürz­er, hat das auch Michael Schnedlitz über das Dis­tanzieren der FPÖ von den Iden­titären gesagt, mit dem es jet­zt defin­i­tiv vor­bei sei. Mal sehen, wie das beim WAB so ist mit dem Distanzieren.

➡️ Wiener Akademiker­bund (Teil 1): Vor­tragser­leb­nis der Sonderklasse?
➡️ Wiener Akademiker­bund (Teil 2): Coro­naleugn­er, homo­phob, anti­semi­tisch und islamfeindlich