Das „Contra Magazin“ ist eine, von Österreichern betriebene Website (1), die seit 2013 existiert. Im Impressum wird die Adresse einer „All Inclusive Media Inc.“ auf den Seychellen angegeben, als Inhaber werden Andreas E. Keltscha und Marco Maier genannt, letzterer auch als „verantwortlicher Chefredakteur“. Die Redaktionsanschrift ist wiederum eine Adresse in Davao City, auf den Philippinen. Dort wohnt Keltscha, zumindest laut seinem Facebook-Profil (2). Unter „Autoren“ führt die Website außerdem Eva Maria Griese und Dr. Hans-Jürgen Klose an, sowie als „Gastautoren“ Ernst Wolff und Rüdiger Rauls.
Das „Contra Magazin“ ist auch auf Facebook aktiv, hat fast 29.000 „Fans“ (Stand Febr. 2019) und eine angeschlossenen Gruppe (fast 900 Mitglieder). Trotzdem gibt es bisher kaum kritische Einschätzungen durch seriöse Quellen. Positiv hervorzuheben ist der sehr gut recherchierte Eintrag im Esoterik-kritischen Wiki „psiram.com“. Und überall, wo das Label „rechtsextrem“ drauf steht, ist die FPÖ nicht weit: Dass sich dort FPÖ-FunktionärInnen als Seitenfans tummeln und Beiträge teilen, versteht sich fast schon von selbst.
Inhaltliches Profil
Das „Contra Magazin“ verbreitet im Erscheinungsbild einer (Boulevard-)Online-Zeitung Desinformation und rechte Verschwörungstheorien. Auffällig dabei ist die Anbindung an prorussische Medienakteure: So werden etwa Artikel, die zuerst auf der Website von „RussiaToday“ („RT-Deutsch“) erschienen sind, „im Rahmen einer Contentpartnerschaft“ (3) direkt in das „Contra Magazin“ übernommen. Auch Texte von „Sputnik News“ werden mitunter direkt übertragen. (4) Beide gelte als kremltreu – siehe zu RT-Deutsch, siehe zu Sputnik-News.
Das „Contra Magazin“ bedient inhaltlich das gesamte bekannte Spektrum rechter Themen und Narrative: verschwörungstheoretisch codierter Antisemitismus, der oft personalisiert daherkommt (Stichwort George Soros) (5); Antiliberalismus und Antiamerikanismus, was sich etwa in der permanenten Fürsprache Putins (6) oder Orbans (7), und einer Faszination von deren autoritärer Politik äußert; permanente Polemik gegen „westliche“ Eliten und „Globalisten“, bei gleichzeitiger Selbstinszenierung als rebellische Kritiker; Antifeminismus und Rassismus. Dazu kommen bizarre Versatzstücke aus der „Trutherszene“, wie etwa die Verschwörungstheorie von sogenannten „Chemtrails“ (8) oder die 9/11-Verschwörung (9).
Herausgeber mit einschlägiger Vergangenheit
Alle oben genannten Kriterien finden sich in einer zugespitzten Weise in den Beiträgen des Herausgebers Keltscha. Dessen Texte sind auf „contra-magazin.com“ bis 2018 unter dem Pseudonym Andre Eric Keller (10) erschienen. Hier wagen wir einen genaueren Blick, denn Keltscha ist bereits mehrfach als NS-affiner Internetaktivist aufgefallen: Zunächst mit der Anfang 2011 gegründeten Splittergruppe „Freie Nationaldemokraten“, kurz darauf mit einer Facebook-Initiative gegen die Schließung der Neonazi-Website „Alpen-Donau.Info“ und schließlich mit seinem Blog „Besseres Abendland“. Ein in Letzterem veröffentlichter Artikel mit dem Titel „Die Macht der Juden“ war derartig offen NS-verherrlichend und antisemitisch, dass eine Anzeige gegen ihn eingebracht wurde, wobei die Ermittlungen offenbar eingestellt wurden. Keltscha hat seinen Blog daraufhin umgehend gelöscht.
Keltscha im „Contra Magazin“
Keltscha hat seinen offenen Neonazismus inzwischen in rechtsextreme Fake-News-Demagogie transformiert. Dabei lassen seine Texte im „Contra-Magazin“ kein rechtes Klischee aus und bewegen sich auf einem besonders niederen intellektuellen Niveau. Hier einige Einblicke entlang relevanter Kategorien:
Rassismus
Keltscha schlägt schon mal biologistische Töne an: Gegen die „als Flüchtlinge getarnt[en]“ Eindringlinge gebe es Instinkte, „die uns die Evolution verpasste“; das lasse sich „nicht ausschalten, umerziehen oder wegzüchten“. (11) In einem anderen Artikel schreibt er u.a. von „Negern“, „nordafrikanischen Horden“ und „kriminelle[n] Gene[n]“ (12) – weitere Erläuterungen zum Inhalt ersparen wir unseren LeserInnen, die genannten Schlagworte sagen bereits alles. Rassismus tritt auch oft in Verbindung mit Untergangsfantasien auf: Europa werde bald „länderübergreifend von bürgerkriegsähnlichen Zuständen überzogen“, fantasiert Keltscha lüstern und freut sich darauf, wenn „wenn der Araber zur Machete greift und dem Bahnhofsklatscher die Rübe abhackt“. Beinahe jedes Themenfeld, an das sich Keltscha macht, wird zusätzlich an das Verschwörungsnarrativ angebunden, so auch Rassismus: „Europa wurde mittels Migrationswaffe noch zusätzlich millionenfach mit kulturfremden muslimischen Fachkräften geflutet.“ (13)
Antisemitismus
Keltscha vermutet eine „transatlantische Bande“ als „Strippenzieher hinter den deutschen Politkern“. So mutmaßt er auch, dass George Soros hinter dem AfD-Konflikt um Frauke Petry steht: Weil die AfD dem „System an sich ans Eingemachte wollte (…), machte man sich an die Parteiführung heran“; man wisse ja, dass Soros in der deutschen Politik aktiv sei. Parteiinterne Querelen und Zerwürfnisse einer rechten Partei werden als gezielte Angriffe von Außen halluziniert. Dass der US-amerikanische Jude und Milliardär George Soros für so eine unglaubliche Projektion herhalten muss, ist inzwischen völlig selbstverständlich im rechtsextremen Milieu: „Dass der Arm von George Soros in die dunkelsten Winkel der Erde reicht, muss man nicht erwähnen.“ (14) Wenn es um den jüdischen Staat geht, gelangt Keltscha schnell vom Moralisieren zur antisemitischen Lüge: Es werde „von Seiten Israels ein Genozid an den Palästinensern betrieben“ (15).
„Truther“
Auch mit dem Verschwörungsklassiker von 9/11 als „Inside Job“ kokettiert Keltscha ganz offen, wenn er behauptet, die USA hätten den „Krieg gegen den Terror“ erfunden, „nachdem man die Twintower durch Al-Quaida sprengen ließ“ (16).
Opferpose
Ganz im Einklang mit der typischen rechtsextremen Opferpose versteht man sich selbst als politisch verfolgt: Bei Keltscha drückt sich das in der Wahnvorstellung davon aus, dass in Deutschland „staatlich verordneter Meinungsterror“ die „selbst denkenden Menschen“ unterdrücke – Deutschland habe sich zu einem „faschistischen Unrechtsstaat“ entwickelt. In Nordkorea könne es „kaum schlimmer sein“ (17).
Keltschas Verschwörungswahn – ganz nah am NS-Jargon
Mit einer besonders perfiden Mischung aus völkisch-biologistischem Wahn und Verschwörungstheorie gerät Keltscha in einem Artikel ganz in die Nähe von NS-Jargon. Dort schreibt er gegen die angeblich politisch geplante „Umvolkung“ des deutschen Volkes. Er benutzt nicht nur den NS-Begriff, sondern meint das unmissverständlich auch so: Man versuche „seit geraumer Zeit die Deutschen mit anderen Völkern – meist aus den [sic] arabischen und afrikanischen Raum – zu kreuzen“. Das Ergebnis sei „der Mischling nach Vorbild des US-Amerikaners“. Als nächstes werde die Bundeswehr nach Innen eingesetzt, was durch die vielen Soldaten mit „Migrationshintergrund“ möglich werden soll: „Wer nicht Deutscher ist, tötet Deutsche leichter.“ Man erhoffe sich „das Deutsche aus Deutschland zu vertreiben, auszuradieren, zu vernichten“. Keltscha buchstabiert nicht aus, wer hinter alldem steckt, sondern spricht nur vage von „den Eliten“ oder „der Politik“. Er stellt aber klar, dass es sich nicht nur um ein Projekt der aktuellen Politik handelt: „Natürlich hat man diesen Plan Europas Bevölkerung auszutauschen viel früher unternommen, aber wir wissen doch: Idioten sagen immer die Wahrheit.“ Seine Zielgruppe wird die antisemitische Andeutung bestimmt verstehen. Dass es kaum anders gemeint sein kann, wird spätestens beim letzten Satz des Textes klar, denn Keltscha schließt mit einer Anspielung, die zugleich eine Hitler-Huldigung ist: „Und das muss euch (wieder) ein Österreicher erklären?“ (18)
Auch in einem anderen Artikel fantasiert er im Zusammenhang mit einem angeblichen „Bilderberger-Dokument“ von der geplanten „Durchmischung und Umvolkung“ zur Erlangung der „Neuen Weltordnung“ (19). Zudem bezeichnet er Deutschland in mehreren Artikeln als „nicht souverän“ (20), oder er schreibt von einem angeblichen „Besatzungsstatus“ (21), was stets andeutet, dass Deutschland seit 1945 unterdrückt werde und somit die NS-Zeit indirekt verharmlost.
Fazit
Das „Contra Magazin“ ist eine Desinformationsplattform, die rechtsextremes Gedankengut mit Themen der „Trutherszene“ vereint. Als übergreifendes Motiv fungieren Verschwörungstheorien von den Machenschaften „globalistischer Eliten“, die das Narrativ einer regressiven Kapitalismuskritik bedienen, Putins Russland als autoritären Gegenpol feiern und immer wieder in (codierten und personalisierten) Antisemitismus übergehen. Die Texte des Herausgebers Andreas E. Keltscha zeigen nicht nur deutlich, dass dieser sich von seinem 2011 evident gewordenen Gedankengut nicht entfernt hat, sondern sind auch Belege für die fließenden Übergänge von rechtsextrem zu braun.
Daten
„Contra Magazin“ gibt auf seiner Website über Google Analytics erhobene Mediadaten an: Demnach habe es im August 2018 348.507 BesucherInnen erreicht, die 912.761 Seiten aufgerufen haben. 83,6 Prozent der UserInnen kämen aus Deutschland, 4,3 Prozent aus Österreich und 2,8 Prozent aus der Schweiz. Contra finanziert sich durch Werbeeinschaltungen, die über den Targeting-Dienstleister Taboola platziert werden. Zum Zeitpunkt des Abrufes wurden u.a. Ads von Kika, IMM Münz-Institut Wien und der Messe Frankfurt eingeblendet.
Fußnoten
(1) Website von „contra-magazin.com“, alle Artikel zuletzt eingesehen am 25.02.2019
(2) Facebook-Profil von Keltscha (unter Andreas Erich Keltscha), zuletzt eingesehen am 25.02.2019
(3) So etwa der Fall bei dem am 23.02.2019 veröffentlichten Artikel „Mehr Europa in der Ukraine?- Fünf Jahre nach dem Staatsstreich in Kiew“ von Wladislaw Sankin; derselbe Artikel wurde am 22.02.2019 auf der Homepage von „RT-Deutsch“ veröffentlicht. Beide Websites zuletzt eingesehen am 25.02.2019
(4) So etwa der am 25.02.2019 erschienene Artikel „George Soros – Wenn Verschwörungstheorien wahr werden“ von Andreas Peter; derselbe Artikel wurde am 24.02.2019 auf „SputnikNews.com“ veröffentlicht. Beide Websites zuletzt eingesehen am 25.02.2019
(5) Z.B. der Artikel „Auch die Türkei wird Soros-frei“ (28.11.2018) von Marco Maier
(6) Z.B. der Artikel „Putin verstehen ist einfach – es sei denn, Sie machen es schwer“ (22.08.2018) von Phil Butler.
(7) Z.B. der Artikel „Was Brüssel an Orban wirklich stört – er sagt die Wahrheit!“ (22.02.2019) von Commentarius
(8) Z.B. der Artikel „Wetterextreme als Waffe: Das Weltklima als Versuchslabor – wurden Harvey und Irma künstlich erzeugt?“ (13.09.2017) von Eva-Maria Griese
(9) Z.B. der Artikel „Haben sich die CIA und Saudi-Arabien verschworen, um 9/11-Details geheim zu halten?“ (04.09.2018) von Jeff Stein
(10) Dass es sich bei dem Alias Andre Eric Keller tatsächlich um Andreas Keltscha handelt, kann auf Psiram.com nachgelesen werden; außerdem bezeichnet sich Andre Eric Keller mitunter ganz offen als Herausgeber (etwa im Artikel „Contra-Magazin: Firmensitz auf den Seychellen – eine Briefkastenfirma?“ vom 10.04.2016; zuletzt eingesehen am 23.02.2019)
(11) „Systemkrankheit: Die Mauer muss fallen“ (22.05.2017)
(12) „Von Ausländern, Negern und Nordafrikanern“ (05.01.2017)
(13) „Bürgerkrieg in Europa: Die Lunten lodern an allen Enden“ (12.03.2017)
(14) „Soros und AfD – Wurde Frauke Petry vom „System“ gekauft?“ (28.02.2017)
(15) „Günter Grass ist tot und trotzdem muss es gesagt werden“ (14.04.2015)
(16) „Mauerfall 2.0“ (20.08.2014)
(17) „Wenn ein Klima der Einschüchterung herrscht…“ (13.07.2016)
(18) „Die Eliten sind nicht das Problem, das „Pack“ ist das Problem“ (04.07.2016)
(19) „Bilderberg-Dokument: Der Weg in die ‚Vereinigten Staaten von Europa’“ (11.07.2014)
(20) „Westliche Medien: Putin-Gegner gehen zum Frontalangriff über“ (27.07.2014)
(21) „Xavier Naidoo: Sein Traum von Freiheit und Souveränität“ (12.02.2015)