Die in Berlin ansässige Denkfabrik adelphi belegte anhand einer in dieser Woche präsentierten Analyse der Wahl- und Parteiprogramme, öffentlichen Äußerungen. Presseaussendungen und des Abstimmungsverhaltens im Europäischen Parlament (EP) den eindeutigen Zusammenhang von Klimawandelleugnung und rechtspopulistischen bzw. rechtsextremen Parteien in Europa.
Die Ergebnisse zeigen die Varianz rechtspopulistischer Parteien bei ihren Einstellungen zur Klima- und Energiepolitik: von Klimawandelleugnern über konservative Umweltschützer bis hin zu Verfassungsfeinden am extremen rechten Rand. Zwei von drei rechtspopulistischen Abgeordneten stimmen regelmäßig gegen klima- und energiepolitische Maßnahmen. In Europas einzigem direkt gewähltem Organ, dem Europäischen Parlament, kommt die Hälfte aller Gegenstimmen bei Resolutionen zu Klima- und Energie aus dem rechtspopulistischen Parteienspektrum. (adelphi.de)
Die FPÖ kennzeichnet, zusammen mit sechs anderen Parteien (AfD/Deutschland, EKRE/Estland, Dänische Volkspartei/Dänemark, PVV/Niederlande, Schwedendemokraten/Schweden, Ukip/GB) den von Menschen gemachten Klimawandel gleich überhaupt zu leugnen.
„Assertions that ‚Greenland used to be a green country with vineyards’ (interview with Austrian FPÖ chief Heinz-Christian Strache, 2017) or online-news claiming that Antarctica is in fact getting cooler (AfD, 2017) illustrate that some parties even promulgate manipulative or fake news.“ (adelphi, S. 10) Übersetzt: FPÖ und AfD arbeiten mit Fakenews, um den menschengemachten Klimawandel zu leugnen.
Schon länger wissen wir, dass hinter den Klimawandelleugnern einflussreiche Lobbys stehen, deren Netzwerke von den USA bis nach Europa und Österreich hinein reichen. Der Falter führt in einem Artikel einige diese Lobbyorganisationen an und zählt für die USA die Heritage Foundation, das Heartlnd Institute, das Cato Institute und das Committee for a Constructive Tomorrow (CFACT) auf, für Europa EIKE mit Sitz in Deutschland und für Österreich das Hayek-Institut und das Austrian Economics Center (AEC).
Und da taucht immer wieder ein Name auf, nämlich Barbara Kolm, die in engen Verbindungen zur FPÖ und auch zu den US-Lobbyorganisationen steht:
Kolm ist nicht nur Präsidentin des Hayek-Instituts, sie ist auch Direktorin des Austrian Economics Center. Mit diesem veranstaltet sie seit einigen Jahren ‚Free Market Roadshows’ in Europa und den USA, die immer wieder auch an der Universität Wien Station machen. Im Mai 2011 war Richard Rahn vom Cato Institute dabei, ein Ökonom, der meint, hätte ein Student ihm den Kioto-Vertrag, das 1997 geschlossene internationale Klimaschutzabkommen, als Lösungsansatz vorgelegt, hätte er ein Nicht genügend bekommen. Rahn war zuvor auch Vortragender auf der ersten Klimaleugnerkonferenz, zu der das Heartland Institute 2008 ins Marriott Hotel in New York einlud.
Diese Konferenzen, auf der die Crème de la Crème der internationalen Leugner der von der Menschheit angeheizten Erderwärmung auftritt, wurden in der Vergangenheit auch von den FPÖ-Vorfeldorganisationen Hayek-Institut und Austrian Economics Forum mitfinanziert. Zumindest in den Jahren 2009, 2010 und 2012 traten sie als Sponsoren oder Co-Sponsoren dieser Heartland-Konferenzen auf.“ (Falter, 9/19, S. 14)
Kolms Treue zur FPÖ wurde inzwischen auch mit einem einträglichen Posten belohnt: Nachdem sie zuvor bereits als wirtschaftspolitische Beraterin für die FPÖ tätig war und in den Koalitionsverhandlungen 2017 auf FPÖ-Seite teilgenommen hatte, wurde sie im September 2018 zur Vizegouverneurin der Österreichischen Nationalbank befördert. Ihre Einstellung zum Klimawandel hatte Kolm bereits 2007 kundgetan:
Auch an der Klimakrise hat Barbara Kolm ihre Zweifel. Das Klima unterliege einem ständigen Wandel, das sei nichts Neues, schrieb sie 2007. Sinnvolle Gegenmaßnahmen, etwa das Ende von Energiegewinnung aus Kohle, würden ‚für die Menschheit viel schlechtere Auswirkungen haben als jede mögliche Klimaänderung’. Der Einsatz dafür, dass unser Planet für Menschen bewohnbar bleibt, hat für Kolm ‚nur noch ideologischen Charakter’. Eine solche Politik würde ‚freie Märkte und freie Gesellschaften untergraben und sie in einen grünen globalen Sozialismus führen.’ (mosaik-blog.at)
Innerhalb der FPÖ positionierte sich nicht nur die Parteispitze mit Strache als Klimawandelleugner, zu den Hardcore-Ablehnern einer Klimaschutzpolitik zählt seit längerer Zeit auch der oberösterreichische Vize-Landeshauptmann Manfred Haimbuchner, der bereits im Jahr 2012 mit der Aussage, es sei ihm „nicht das größte Anliegen, den Klimaschutz zu bekämpfen“ (derstandard.at, 14.11.12) die Linie vorsichtig vorgab. Vier Jahre später klang das schon schärfer:
Naturschutz gehe ihm ‚so auf den Keks’. Durch den Pariser Weltklimavertrag würde sich der Wohnbau weiter verteuern, betonte der für Wohnbau zuständige FPÖ-Politiker, dem der Spagat zwischen Naturschutz und Wohnbau dann vielleicht doch zu breit wurde. Schon jetzt seien ‚die Auflagen ein Wahnsinn.’ Er halte das nicht mehr aus – durch den ‚Lobbyismus von jenen, die die Welt retten wollen’ werde es zu ‚einer Entindustrialisierung der Welt und Oberösterreichs’ kommen. (vice.at, 18.3.17)
Eines ist klar: Mit der zu befürchtenden Erstarkung von rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien im EP wird nicht nur die EU selbst in Bedrängnis kommen, sondern auch der Klimaschutz:
Nach der Europawahl im Mai könnte das zum echten Problem für den Klimaschutz werden. ‚Die EU muss in den kommenden Jahren viel tun, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen’, erklärt Alexander Carius, Geschäftsführer von Adelphi. ‚Aber Klimapolitik war auf europäischer Ebene schon immer schwierig. Und sie dürfte nach der Europawahl unter den neuen politischen Konstellationen noch schwieriger werden.’ Im neuen Europaparlament würden Prognosen zufolge bis zu 25 Prozent Rechtspopulisten sitzen. Dazu komme, dass in sieben EU-Mitgliedstaaten bereits jetzt Rechtspopulisten in der Regierung seien. ‚Das Ambitionsniveau europäischer Klimapolitik droht daher deutlich zu sinken’, meint Carius. (tagesspiegel.de, 26.2.19)
Wir bezweifeln nicht, dass die FPÖ daran ihren Anteil haben wird und damit genau das Gegenteil von dem tut, was sie nach außen hin so gerne verspricht: Sie wettert verbal gegen globale Konzerne, stützt sie realpolitisch aber in deren Interessen:
‚Wenn man sich die personellen Verflechtungen zwischen neoliberalen Denkfabriken und der FPÖ ansieht, wird schnell klar, für wen die Freiheitlichen Politik machen: für die großen Konzerne’, sagt der Greenpeace-Klimaexperte Adam Pawloff. Da verwundere es nicht, dass die FPÖ im EU-Parlament gegen Klimaschutz, saubere Luft oder gentechnikfreie Lebensmittel stimmt „und damit die Macht von Konzernen weiter einzementiert’. (Falter 9/19, S. 15)
Dass im letzten Sommer mitten in der Hitzeperiode die politische Akademie der ÖVP mit Tim Phillips einem US-Lobbyisten, der gegen Klimaschützer mobil macht, die Bühne bot, sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.