Ein „wahrer Schaukampf“ war’s laut blauem „Wochenblick“, der eine plumpe, provokante und sehr unhöfliche Interviewführung durch Wolf erkannt haben will. Was ist passiert?
Der Interviewer und Moderator Armin Wolf stellt einige Fragen und erhält auch auf präzise Nachfragen keine bzw. nur ausweichende Antworten. So will Wolf von Vilimsky wissen, wie er zu Kickls Vorschlag von einer Präventivhaft steht. Vilimsky schwärmt von Kickl, von dessen Vorschlag – da fragt Wolf nach, ob durch Kickls Präventivhaft wohl jener jugendliche Asylwerber, der von der FPÖ zu Unrecht als Terrorist verdächtigt wurde, in Haft gekommen wäre?
Was antwortet Vilimsky, der Rudersportler?
„Aber Herr Wolf, wenn da auf der einen Seite ein Verwechslungsakt stattgefunden hat, und auf der anderen Seite sehr sehr viele, ja Aggressionsdinge dokumentiert sind, dann muss man aber die Aggression hier vor Augen haben, diese zu bekämpfen und nicht eine einzige Verwechslung unter hundert.“
Übersetzt aus Vilimskys Schwurbelsprech: Der Junge hat dann eben Pech gehabt! Auch bei den weiteren sehr konkreten Nachfragen zu Kickls Haftwünschen flüchtet sich der Ruder-Weltmeister ins Unbestimmte, verweist auf Experten, Spezialisten, denen schon was einfallen wird, will kein Privatissimum führen usw.
Ähnlich läuft’s dann auch bei Vilimskys Aussagen zur Europäischen Union. Hat Vilimsky einmal mit der Forderung nach einem Öxit, also einem Austritt Österreichs aus der EU bzw. einer Volksabstimmung darüber spekuliert? Vilimsky bestreitet das, versucht dem Moderator einzureden, dass die Forderung nach einer Volksabstimmung über einen Öxit ja nicht bedeute, dass er bzw. die FPÖ für diesen eingetreten seien. War das so?
Kurz vor dem EU-Austrittsvolksbegehren 2015 gab Vilimsky „unzensuriert-TV“ (13.6.15) ein Interview, in dem Vilimsky zwischen Austritt aus der EU und Volksabstimmung dazu so herumruderte:
„Wenn sich nichts ändert, dann ist es sehr wohl auch ein Thema. (…) Darauf zielt meine Politik nämlich ab, dass nämlich zwanzig Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union das Volk jetzt gefragt wird, ob wir weitermachen wollen in diesem europäischen Unionsgebilde, oder ob wir einen rotweißroten Weg wieder gehen wollen. (…) Jetzt sind wir genau in einer Situation, wo international auch sich ein Umfeld aufbereitet, dass wir in Österreich eine Volksabstimmung über einen weiterenVerbleib Österreichs in der Europäischen Union mehr als dringlich anzuraten ist und auch durchgeführt werden soll.“
Alles klar? In dieselbe Richtung geht dann Vilimskys Reaktion auf Armin Wolf, als ihn der zunächst auf einen Tweet anspricht, in dem der Taser-Experte neuerlich fordert, dass Österreich – diesmal nach dem Vorbild der Briten – „endlich auch ein Referendum über den weiteren Verbleib in der EU ankündigen und durchführen“ solle. Der Tweet wurde im Februar 2016 abgesetzt, vier Monate vor der britischen Abstimmung. Damit waren Vilimsky und die FPÖ unter den Allerersten, die dem britischen Vorbild nacheiferten. Dass Vilimsky auch 2016 zwischen der Forderung nach einem Referendum und der nach einem Austritt hin- und herruderte, wird durch die von Wolf zitierte Presseaussendung Vilimskys, die für Vilimsky keine war, bestätigt. Von der Presseaussendung gibt es gleich zwei Versionen: Die eine auf der FPÖ-Seite ist deutlich kürzer und vielleicht um eine Spur bestimmter („Der freiheitliche EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky will jetzt auch für Österreich bessere Konditionen — oder den EU-Austritt seines Landes.“), die andere, die offizielle OTS-Aussendung, länger. In beiden Varianten spekulierte Vilimsky mit dem Öxit, das ist trotz Vilimskys Ruderei gar keine Frage.
Ein viel zu wenig gewürdigter Höhepunkt in Vilimskys Interview war aber zweifellos sein Versuch, ein Zitat von Marine Le Pen aus einem Spiegel-Interview von 2014 wegzureden bzw. wegzurudern. Als ihm Wolf das Zitat seiner Fraktionskollegin vorhält, die wörtlich sagt „Ich will die EU zerstören“, antwortet der tasergeprüfte Vilimsky:
„Das ist aber kein Zitat, Herr Wolf.
Natürlich ist das ein Zitat.
Ich habe oft mit ihr gesprochen, und, Herr Wolf.
Herr Vilimsky, ich lese es Ihnen vor: „SPIEGEL: Wollen Sie Europa zerstören? Le Pen: Ich will die EU zerstören, nicht Europa.“
Herr Wolf, Herr Wolf, Herr Wolf, wissen Sie, in wie vielen Blättern Dinge in einer hohen Unpräzision auch stehen? Was sie gesagt hat, ja.
Das ist ganz präzise, ich habe extra beim SPIEGEL angerufen heute und habe mich erkundigt, ob es ein Tonband gibt.
Aber der SPIEGEL ist jetzt auch nicht bekannt, dass er mit großer Objektivität diesen Reformkräften gegenüber steht.“
Vilimsky reicht also auch eine Tonbandmitschrift nicht, so sehr ist er davon überzeugt, dass seine Freundin, die Champagner-Expertin Le Pen nie und nimmer einen Austritt oder gar die Zerstörung der EU anstrebt.
Le Pen hat aber nicht nur 2014 die Zerstörung bzw. das Ende der EU beschworen, sondern die auch noch im Dezember 2017 bei einem Treffen rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien in Prag bekräftigt. „Von innen her“ müsse die EU zerstört werden, wird sie in einem Beitrag zitiert, der – nun ja – auf einer tatsächlich wenig vertrauenswürdigen rechten Internet-Seite veröffentlicht wurde. Aber auch der „Kurier“ berichtete über das Treffen, wo ein Ende der EU in der heutigen Form gefordert worden sei. Le Pen hat demnach die EU als „desaströse Organisation“ bezeichnet und Geert Wilders apostrophierte sie als „existenzielle Gefahr“ für die Nationalstaaten. Aus Österreich nahm Vilimskys FPÖ- Kollege im EP, Georg Mayer, teil. Ob der dazu genickt oder gar etwas gesagt hat, ist nicht überliefert.
Über Vilimsky berichtet der „Kurier“ hingegen, dass er aus „terminlichen“ Gründen nicht an dieser Konferenz teilnehmen konnte und weiters:
„Vilimsky deutete am Samstag vor der Sitzung des Parteivorstandes an, die FPÖ könnte als Regierungspartei auf Distanz zur ENF-Fraktion im EU-Parlamentgehen. Es gebe derzeit ‚keinen Anlass im reißenden Fluss die Pferde zu wechseln’, man werde sich aber überlegen, wie es nach der nächsten EU-Wahl 2019 weitergehen werde, sagte Vilimskyauf die Frage, ob die FPÖ die ENF verlassen werde. Es brauche aber ‚eine positive EU-Kritik’, so Vilimsky.“
Na klar, das war ganz knapp vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. Da weiß gerade ein Vilimsky, dass man kurzfristig ein bisschen in die andere Richtung rudern muss!
P.S.: Auf dem Blog von Armin Wolf ist das Transkript des ZIB 2‑Gesprächs mit Harald Vilimsky nachzulesen: