Zur Veranstaltung am 2. März unter dem Motto „Für ein Europa der freien Völker und Volksgruppen“ laden der Präsident des Nationalrats, Wolfgang Sobotka (ÖVP), die Dritte Präsidentin des Nationalrates, Anneliese Kitzmüller (FPÖ), der Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften Österreich. Deren Verweis in der Einladung, dass es sich bei der Veranstaltung im Parlament um eine des Gedenkens an die Demonstration vom 4. März 1919 handelt, bei der Sudetendeutsche die Eingliederung ihrer Heimatgebiete in die neugegründete Republik Deutsch-Österreich gefordert hatten und dabei zahlreiche Todesopfer hinnehmen mussten, macht die Sache nicht besser.

Denn spätestens seit den 90er-Jahren ist das Veranstaltungsmotto zum Kampfruf der Rechtsextremen und Neonazis gegen den EU-Vielvölkerstaat und gegen die Zerstörung der nationalen „Volksidentität“ geworden. Propagiert und ideologisch unterfüttert wurde die Parole zunächst von der rechtsextremen Zeitschrift „Nation & Europa“, die 1951 von den alten Nazis Arthur Erhard und Herbert Böhme gegründet worden war.

Die rechtsextreme, antisemitische und revisionistische Propaganda-Drehscheibe „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) sorgte dann in den 90ern für die Verbreitung in die diversen rechtsextremen und neonazistischen Gruppierungen.

Der Kongress der GfP im Jahr 1992 in Rothenburg (BRD) stand explizit unter dem Motto „Für ein Europa freier Völker“, und der von 1996 in Fürth nahm das Motto neuerlich auf: „Deutschland im Europa freier Völker“ Seither kursiert die Parole als Kampfruf mit eindeutigem Subtext gegen die Europäische Union in rechtsextremen Zirkeln. Unter der Parole wird gegen den Euro, gegen den „Völkerkerker EU“, gegen die „Besatzungsmacht EU“ gewettert und gekämpft.
2012 wurden die 21. Kulturtage des rechtsextremen Deutschen Kulturwerks unter das Motto „EU oder Europa freier Völker“ gestellt und 2015 erschien ein Beitrag des greisen rechtsextremen Publizisten Walter Marinovic in der rechtsextremen Zeitschrift „Fakten“ (Nr. 5/2015) unter dem Titel „Raus aus der EU: Für ein Europa freier Völker“.

Der Kontext ist eindeutig und lässt keine Missverständnisse oder Uminterpretationen zu. Es bleibt dem Präsidenten des Nationalrates und Vertreter einer Partei, die vorgibt sich zur Europäischen Union zu bekennen, vorbehalten, die einleitenden Worte zu einer Veranstaltung mit rechtsextremer Parole zu sprechen.
Der Blog „Semiosis“ hat sich unter dem Titel „Schon wieder merkwürdige Gäste im Parlament“ ebenfalls und ausführlich mit der rechtsextremen Gedenkveranstaltung beschäftigt.



