Wochenschau KW 24

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Eigent­lich waren es nicht zwei Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zes­se, die in der Vor­wo­che vor Geschwo­re­nen­ge­rich­ten ver­han­delt wur­den, son­dern vier. Über die zwei Ver­hand­lun­gen in Wien und Wie­ner Neu­stadt wer­den wir aber in geson­der­ten Bei­trä­gen nach­träg­lich berich­ten. Ein Vor­griff auf die 25. Kalen­der­wo­che: Die Prä­sen­ta­ti­on des Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­tes wur­de aus „ter­min­li­chen Grün­den“ abge­sagt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Linz: 24 Mona­te für Hitlergruß
Kla­gen­furt: Haken­kreuz­fah­ne am Balkon
Bre­genz-Feld­kirch: Gas­kam­mer-Pos­ting ist Verhetzung
Graz: Isra­el-Flag­ge angezündet
Söl­den-Inns­bruck: Stra­che und Hofer kla­gen Wirt

Linz: 24 Monate für Hitlergruß

Erneut ein Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zess fast ohne Öffent­lich­keit, nur die „Kro­ne“ (OÖ-Aus­ga­be 16.6.18) berich­tet in aller Kür­ze, dass ein 22-Jäh­ri­ger, der mit sei­nen Dre­ad­locks für den Staats­an­walt nicht wie ein klas­si­scher Neo­na­zi aus­sah, in Linz zu 24 Mona­ten Haft ver­ur­teilt wur­de, acht davon unbe­dingt. Der „Krone“-Bericht erwähnt nur eine Haus­durch­su­chung bei dem Ange­klag­ten, nach der die­ser den Hit­ler­gruß gezeigt und „Sieg Heil“ geru­fen habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Klagenfurt: Hakenkreuzfahne am Balkon

Der Ange­klag­te (27), der sich am Diens­tag, 12. Juni vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ant­wor­ten muss­te, ist schon mehr­fach vor­be­straft. Aller­dings nicht nach dem Ver­bots­ge­setz, son­dern wegen schwe­rer Kör­per­ver­let­zung, Ein­bruchs­dieb­stahl, schwe­rer Sach­be­schä­di­gung und Heh­le­rei. Eine gewis­se Kennt­nis der Geset­ze strei­tet er auch nicht ab.

Als er im Juni 2017 eine Haken­kreuz­fah­ne gut sicht­bar am Bal­kon sei­ner Kla­gen­fur­ter Woh­nung anbrach­te, war ihm schon bewusst, dass das ein Pro­blem wer­den könn­te. Weil er aber schwer alko­ho­li­siert war und von sei­nen eben­falls alko­ho­li­sier­ten Freun­den auf­ge­husst wor­den ist („du traust dich eh nicht, sie auf­zu­hän­gen“), hat er sie den­noch auf­ge­hängt, beteu­ert aber vor den Geschwo­re­nen nichts mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus am Hut zu haben.

Wie aber kam er damals über­haupt zur Nazi-Flag­ge? „Zufäl­lig“ habe er sie über Goog­le gefun­den und über eine ita­lie­ni­sche Online-Sei­te bestellt, weil sie ihm „ein­fach optisch gut gefal­len“ (kleinezeitung.at, 12.6.18) habe.

Posi­tiv die Reak­tio­nen der Anrai­ner – bin­nen weni­ger Stun­den gin­gen gleich meh­re­re Anzei­gen bei der Poli­zei ein, und die Fah­ne wur­de vom Vater des Ange­klag­ten, der „zu Beginn des Pro­zes­ses minu­ten­lang in Trä­nen“ (kleinezeitung.at) aus­brach, zer­schnip­selt. Das ein­stim­mi­ge Urteil der Geschwo­re­nen bedeu­tet für den Ange­klag­ten eine beding­te Haft­stra­fe von zehn Mona­ten sowie eine Geld­stra­fe von 1.200 Euro, ist aber noch nicht rechtskräftig.

Bregenz-Feldkirch: Gaskammer-Posting ist Verhetzung

Mit einer mil­den Stra­fe kam der Bre­gen­zer (60) davon, der sich am Frei­tag in Feld­kirch wegen Ver­het­zung ver­ant­wor­ten muss­te. Im August des Vor­jah­res hat­te er zu einem Video auf der Face­book-Sei­te „Wir for­dern Poli­tik für Öster­reich“, das Gläu­bi­ge bei einem mus­li­mi­schen Gebets­tanz zeigt, gepos­tet: „Gleich alle in die Gaskammer“

Wir for­dern Poli­tik für Österreich

Auf die Fra­ge, was er sich dabei gedacht habe, ant­wor­te­te der Pen­sio­nist: „Offen­sicht­lich nicht viel. Sonst hät­te ich das nicht gepos­tet“ (Kro­ne Vor­arl­berg, 16.6.18) und führ­te in der Fol­ge aus, dass er an die­sem Abend Streit mit sei­ner Freun­din gehabt und ziem­lich viel Alko­hol getrun­ken habe. Nach sei­ner Aus­nüch­te­rung hat er das Pos­ting wie­der gelöscht; da war es aber schon ange­zeigt. Bei einer vom Ange­klag­ten frei­wil­lig gewähr­ten Nach­schau in des­sen Woh­nung wur­de sonst nichts Belas­ten­des gefun­den, daher gab es zwar kei­ne Diver­si­on für den bis­lang unbe­schol­te­nen Mann, aber eine mil­de Geld­stra­fe in der Höhe von 960 Euro, davon 240 Euro unbe­dingt. Der Ange­klag­te nahm das Urteil an, die Staats­an­walt­schaft gab sich noch Bedenk­zeit, daher ist es noch nicht rechtskräftig.

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Graz: Israel-Flagge angezündet

War­um es geschla­ge­ne vier Jah­re gedau­ert hat, bis der Vor­fall, der sich bei einer Pro-Gaza-Demons­tra­ti­on im Juli 2014 ereig­net hat­te, am 13.6. vor dem Lan­des­ge­richt Graz ver­han­delt wer­den konn­te, geht aus dem Bericht der „Klei­nen Zei­tung“ nicht hervor.

Ziem­lich tur­bu­lent ging es damals zu. Ein Neo­na­zi pro­vo­zier­te mit einem Hit­ler­gruß und eini­ge Gegen­de­mons­tran­ten hiel­ten den Demons­trie­ren­den eine israe­li­sche Flag­ge ent­ge­gen und rie­fen Paro­len für Isra­el. Dadurch gerie­ten eini­ge Pro-Gaza-Demons­tran­ten so in Rage, dass sie auf die Isra­el-Demons­tran­ten los­rann­ten, ihnen die Fah­ne ent­ris­sen, sie zer­ris­sen und in Brand steck­ten. „Einer unbe­tei­lig­ten Frau wur­de ins Gesicht geschla­gen“, berich­tet die „Klei­ne Zeitung“.

Vor dem Lan­des­ge­richt muss­te sich jetzt ein Ägyp­ter (26) wegen Ver­het­zung ver­ant­wor­ten, bestritt aber, dass er für das gewalt­sa­me Ent­rei­ßen der Flag­ge ver­ant­wort­lich gewe­sen sei. „Der Rich­ter spricht den Ange­klag­ten schul­dig und ver­hängt fünf Mona­te bedingt. Der Tat­ab­lauf sei ganz klar, und die Flag­ge im Kon­text als Sym­bol der Reli­gi­ons­ge­mein­schaft der Juden zu sehen, – womit die Ver­het­zung erfüllt sei. Der Ver­tei­di­ger mel­det Beru­fung an.“ (kleinezeitung.at, 14.6.)

Sölden-Innsbruck: Strache und Hofer klagen Wirt

Im Früh­jahr wur­de vor dem Ein­gang der Musik­bar des Söld­ner Wirts Chris­toph Fiegl eine Polit-Col­la­ge auf­ge­hängt, die Stra­che und Hofer im Bur­schen­schaf­ter-Dress zeigt, umrahmt von einem durch­ge­stri­che­nen Haken­kreuz sowie dem Pik­to­gramm eines Strich­männ­chens, das brav ein Haken­kreuz ent­sorgt. Dazu gab’s noch den schrift­li­chen Hin­weis: „Wir müs­sen drau­ßen bleiben.“

Stra­che und Hofer, die sonst bei allen mög­li­chen Gele­gen­hei­ten die Mei­nungs­frei­heit bemü­hen, klag­ten den Wirt wegen Ver­let­zung nach dem Urhe­ber­rechts­ge­setz und for­der­ten Unter­las­sung, Scha­den­er­satz und Urteils­ver­öf­fent­li­chung. Dazu wur­de gegen den Wirt noch eine straf­recht­li­che Pri­vat­kla­ge eingebracht.

Am 12. Juni wur­de vor dem Lan­des­ge­richt Inns­bruck ver­han­delt. Wäh­rend der Anwalt von Stra­che und Hofer, der Tiro­ler FPÖ-Lan­des­par­tei­ob­mann Mar­kus Abwerz­ger, den Wirt für „Anschüt­tun­gen“ ver­ant­wort­lich mach­te („Da darf man über die Kos­ten jetzt nicht jam­mern“, Tiro­ler Tages­zei­tung), beton­te die­ser, dass die Col­la­ge ohne sein Wis­sen von einem Mit­ar­bei­ter auf­ge­hängt wor­den sei, aber eben auch nur als kri­ti­sche Polit-Sati­re zu ver­ste­hen sei.

Weil die Kos­ten des Pro­zes­ses die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Wir­tes gefähr­den kön­nen (allein ein FPÖ-naher Foto­graf ver­langt für die Ver­wen­dung sei­nes Fotos in der Col­la­ge 9.008,30 Euro!), hat der Wirt eine Crowd­fun­ding-Akti­on gestar­tet: „Unter­stüt­zer kön­nen an die IBAN AT48 2050 2000 0219 8760 bei der Spar­kas­se Imst spen­den.“ (TT)