Die deutsche Bundesregierung führt in ihrer Anfragebeantwortung geänderte Erfassungsmethoden als Grund für die deutlich erhöhte Zahl der untergetauchten Rechtsextremen an. Das ist zumindest teilweise das Ergebnis der Zusammenführung der Dateien, die zu rechtsextremistisch motivierten Straftätern bzw. Straftaten von den verschiedenen Ämtern bisher angelegt wurden. Die „taz“ berichtet, dass aktuell nur mehr 182 (Stand November 2012) von den gesuchten 266 Neonazis untergetaucht seien.
Das führt uns zu einer anderen Frage: Wie schaut’s damit in Österreich aus? Völlig unklar ist, ob die österreichische Exekutive überhaupt eine Liste führt, in der jene rechtsextremen Straftäter erfasst werden, die sich ihrer Haft durch Untertauchen zu entziehen versuchen. Die Verfassungsschutzberichte schweigen sich dazu aus. Aus der jüngeren Vergangenheit sind jedenfalls drei Fälle bekannt.
Da wäre zum einen Wolfgang Fröhlich, ein früherer Bezirksrat der FPÖ (er wurde 1994 aus der Partei ausgeschlossen). Fröhlich wurde mehrmals wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt und sitzt derzeit den Rest seiner Haftstrafen in Stein ab. Im Jahr 2000 entzog sich Fröhlich seiner Strafverfolgung, indem er in die iranische Botschaft in Wien flüchtete und dort um politisches Asyl ansuchte (das ihm anscheinend auch gewährt wurde). 2003 wurde er bei einem Ausgang in Wien verhaftet.
Schon vor Fröhlich tauchte der seit den 1960erJahren aktive Neonazi Gerd Honsik im Jahr 1994 wegen einer Verurteilung in Spanien unter. Erst im Jahr 2007 kam es aufgrund eines Europäischen Haftbefehls zu einer Auslieferung an die österreichische Justiz. Honsik wurde danach noch mehrmals zu Haftstrafen nach dem Verbotsgesetz verurteilt. Im Jahr 2011 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen und konnte gegen Bewährungsauflagen wegen seiner „sozialen Integration“ nach Spanien zurückkehren. 2012 hatte er einen Video-Auftritt im Grazer Neonazi-Prozess.
Der Neonazi Wilhelm Christian Anderle, der vorher Aktivist des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) im Burgenland war, entzog sich 1995 einer Verhaftung wegen seiner vermutlichen Tatbeteiligung an der Schändung des jüdischen Friedhofs in Eisenstadt. 2001 wurde er in Südafrika geortet. 2003 wurde in einem vom damaligen Justizminister Böhmdorfer eingefädelten Deal der internationale Haftbefehl gegen Anderle aufgehoben und ihm danach gegen die Zusicherung von freiem Geleit der Prozess in Wien gemacht. Anderle wurde 2004 zunächst zu vier Jahren Haft verurteilt, die in der Berufungsverhandlung auf drei Jahre verkürzt wurden.
Nach mehreren Jahren, in denen Anderle nicht weiter auffällig war, taucht er als einer der Hauptverdächtigen im Wiener Alpen-Donau-Neonazi-Prozess wieder auf und wurde in erster Instanz vom Geschworenengericht Anfang Jänner 2013 wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt (Urteil nicht rechtskräftig).
Es gibt sie also, die untergetauchten österreichischen Neonazis. Immerhin wurden die angeführten Personen letztendlich vor Gericht gestellt. Die soziale Prognose verlief allerdings bei allen nicht besonders günstig. Es gibt aber auch noch eine andere Gruppe von untergetauchten Neonazis und Rechtsextremen: solchen, die aus anderen Herkunftsländern nach Österreich gezogen und hier untergetaucht sind.