Untergetauchte Neonazis auch in Österreich (Teil I)?

Die deutsche Bun­desregierung hat ihre Angaben über die Zahl der unter­ge­taucht­en Neon­azis kräftig kor­rigieren müssen. In der Antwort auf eine Anfrage der Abge­ord­neten Ulla Jelp­ke zu unvoll­streck­ten Haft­be­fehlen gegen Neon­azis wurde die ohne­hin schon erschreck­end hohe Zahl von 118 unter­ge­taucht­en Neon­azis vom Jän­ner 2012 auf 266 Per­so­n­en im Novem­ber 2012 erhöht. Wird auch in Öster­re­ich unter­ge­taucht?

Die deutsche Bun­desregierung führt in ihrer Anfrage­beant­wor­tung geän­derte Erfas­sungsmeth­o­d­en als Grund für die deut­lich erhöhte Zahl der unter­ge­taucht­en Recht­sex­tremen an. Das ist zumin­d­est teil­weise das Ergeb­nis der Zusam­men­führung der Dateien, die zu recht­sex­trem­istisch motivierten Straftätern bzw. Straftat­en von den ver­schiede­nen Ämtern bish­er angelegt wurden.


Zwis­chen 2000 und 2007 ermordete der Nation­al­Sozial­is­tis­che Unter­grund (NSU) neun Migranten und eine Polizistin.
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Die „Taz“ berichtet, dass aktuell nur mehr 182 von den — Stand Novem­ber 2012 — gesucht­en 266 Neon­azis unter­ge­taucht seien.

Das führt uns zu ein­er anderen Frage: wie schaut’s damit in Öster­re­ich aus? Völ­lig unklar ist, ob die öster­re­ichis­che Exeku­tive über­haupt eine Liste führt, in der jene recht­sex­tremen Straftäter erfasst wer­den, die sich ihrer Haft durch Unter­tauchen zu entziehen ver­suchen. Die Ver­fas­sungss­chutzberichte schweigen sich dazu aus. Aus der jün­geren Ver­gan­gen­heit sind jeden­falls drei Fälle bekannt.

Da wäre zum einen Wolf­gang Fröh­lich, ein früher­er Bezirk­srat der FPÖ (er wurde 1994 aus der Partei aus­geschlossen). Fröh­lich wurde mehrmals wegen NS- Wieder­betä­ti­gung verurteilt und sitzt derzeit den Rest sein­er Haft­strafen in Stein ab. Im Jahr 2000 ent­zog sich Fröh­lich sein­er Strafver­fol­gung, indem er in die iranis­che Botschaft in Wien flüchtete und dort um poli­tis­ches Asyl ansuchte (das ihm anscheinend auch gewährt wurde). 2003 wurde er bei einem Aus­gang in Wien verhaftet.

Schon vor Fröh­lich tauchte der seit den 60er Jahren aktive Neon­azi Gerd Hon­sik im Jahr 1994 wegen ein­er Verurteilung in Spanien unter. Erst im Jahr 2007 kam es auf­grund eines Europäis­chen Haft­be­fehls zu ein­er Aus­liefer­ung an die öster­re­ichis­che Jus­tiz. Hon­sik wird danach noch mehrmals zu Haft­strafen nach dem Ver­bots­ge­setz verurteilt. Im Jahr 2011 wird er vorzeit­ig aus der Haft ent­lassen und kann gegen Bewährungsaufla­gen wegen sein­er „sozialen Inte­gra­tion“ nach Spanien zurück­kehren. 2012 hat er einen Video-Auftritt im Graz­er Neon­azi-Prozess.

Der Neon­azi Wil­helm Chris­t­ian Ander­le, der vorher Aktivist des Rings Frei­heitlich­er Jugend (RFJ) im Bur­gen­land war, ent­zog sich 1995 ein­er Ver­haf­tung wegen sein­er ver­mut­lichen Tat­beteili­gung an der Schän­dung des jüdis­chen Fried­hofs in Eisen­stadt. 2001 wird er in Südafri­ka geortet. 2003 wird in einem vom dama­li­gen Jus­tizmin­is­ter Böh­m­dor­fer einge­fädel­ten Deal der inter­na­tionale Haft­be­fehl gegen Ander­le aufge­hoben und ihm danach gegen die Zusicherung von freiem Geleit der Prozess in Wien gemacht. Ander­le wird 2004 zunächst zu vier Jahren Haft verurteilt, die in der Beru­fungsver­hand­lung auf drei Jahre verkürzt wurden.


Ehe­ma­lige Inter­net­seite von Anderle
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Nach mehreren Jahren, in denen Ander­le nicht weit­er auf­fäl­lig war, taucht er als ein­er der Hauptverdächti­gen im Wiener Alpen-Donau-Neon­azi-Prozess wieder auf und wird in erster Instanz vom Geschwore­nen­gericht Anfang Jän­ner 2013 wegen NS-Wieder­betä­ti­gung verurteilt (Urteil nicht rechtskräftig).

Es gibt sie also, die unter­ge­taucht­en öster­re­ichis­chen Neon­azis. Immer­hin wur­den die ange­führten Per­so­n­en let­z­tendlich vor Gericht gestellt. Die soziale Prog­nose ver­lief allerd­ings bei allen nicht beson­ders günstig.

Es gibt aber auch noch eine andere Gruppe von unter­ge­taucht­en Neon­azis und Recht­sex­tremen: solchen, die aus anderen Herkun­ft­slän­dern nach Öster­re­ich gezo­gen und hier unter­ge­taucht sind.

Fort­set­zung fol­gt!