Braunau (OÖ) Teil II: “Die Jungs aus der Hitlerstadt“Lesezeit: 3 Minuten

Als vor Wochen rechts­extre­me Akti­vi­tä­ten in Obern­dorf (Salz­burg) bekannt wur­den, wies der Brau­nau­er Bezirks­po­li­zei­kom­man­dant die Ver­mu­tung des Obern­dor­fer Poli­zei­chefs, die Rechts­extre­men kämen aus dem Bezirk Brau­nau, zurück und mein­te, die Poli­zei ken­ne die Grup­pen bzw. die „Ein­zel­nen“ genau. Falls das stim­men soll­te, dann wäre aller­dings zu fra­gen, war­um so wenig dage­gen unter­nom­men wird. In Brau­nau und […]

28. Feb 2012

In Brau­nau und Umge­bung ist man in der rech­ten Sze­ne recht frei­zü­gig mit der Prä­sen­ta­ti­on ein­schlä­gi­ger Sym­bo­le und Ges­ten. Die Behör­den sind dage­gen sehr spar­sam bei ihren Verfolgungshandlungen.

1999 wur­den über ins­ge­samt 23 Haus­durch­su­chun­gen 17 Jugend­li­che aus Alt­heim und Umge­bung (Bezirk Brau­nau) aus­ge­forscht und wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ange­zeigt. Der Grup­pe war man damals eher zufäl­lig auf die Spur gekom­men, als bei einer Kon­trol­le am Grenz­über­gang Wul­lo­witz bei zwei Jugend­li­chen Doku­men­te mit Haken­kreu­zen und SS-Runen gefun­den wur­den. Das Duo gab ganz offen zu, einer aus­län­der­feind­li­chen Grup­pe anzu­ge­hö­ren, die sich mit Nazi-Ideo­lo­gie beschäf­ti­ge. Selbst bei den poli­zei­li­chen Ein­ver­nah­men bekann­te sich ein Teil der Jugend­li­chen zu Hit­ler und dem Natio­nal­so­zia­lis­mus. „Was Hit­ler gemacht hat, ist in Ord­nung“, wer­den sie in den OÖN (26.11.1999) zitiert. Auf dem Video einer „Glat­zen­par­ty“ bei St. Pöl­ten waren elf von ihnen bei minu­ten­lan­gem „Sieg Heil“-Gebrüll zu sehen Bei den Haus­durch­su­chun­gen selbst wur­den CDs und Musik-Kas­set­ten mit Nazi-Musik, Auf­nä­her mit Haken­kreuz, Beklei­dung mit „White Power“-Aufdrucken und ähn­li­chem gefunden.

Die „brau­nen“ Bulldogs

In den nächs­ten Jah­ren kon­zen­trie­ren sich die rech­ten Akti­vi­tä­ten in der Fuß­ball-Sze­ne. im Jahr 2002 wird kurz vor Weih­nach­ten der 18-jäh­ri­ge Domi­nic H. in einem Rie­der Lokal durch einen Faust­schlag so schwer ver­letzt, dass er bewusst­los zu Boden stürzt und an sei­nem Erbro­che­nen stirbt. In dem Lokal waren offen­sicht­lich Fans von SV Ried und sol­che des FC Brau­nau anein­an­der­ge­ra­ten. Die Brau­nau­er waren Mit­glie­der der „Brau­nau­er Bull­dogs“, die in Fuß­ball­fo­ren als offen rechts­extrem beschrie­ben wer­den. Die „Brau­nau­er Bull­dogs“ mar­schier­ten bei Aus­wärts­spie­len ihrer Mann­schaft mit dem Spruch „Wir sind die Jungs aus der Hit­ler­stadt“ und gestreck­ter Hand in die Are­na ein. Der Tot­schlag von Domi­nic H. wur­de ohne jeg­li­chen poli­ti­schen Kon­text vor dem Rie­der Lan­des­ge­richt hin­ter ver­schlos­se­nen Türen abge­han­delt und der Täter Mar­kus S. (16) zu einer beding­ten Haft­stra­fe verurteilt.

"Bulldogs" posieren im KZ Mauthausen
„Bull­dogs” posie­ren im KZ Mauthausen

Erst als Mit­glie­der der „Brau­nau­er Bull­dogs“ im Jahr 2005 nach einem Aus­wärts­match einen Aus­flug zum KZ Maut­hau­sen anhäng­ten, sich dort in ein­schlä­gi­gen Posen ablich­ten lie­ßen, die­se Fotos auf ihre Home­page stell­ten und dar­auf das ober­ös­ter­rei­chi­sche Netz­werk gegen Ras­sis­mus und Rechts­extre­mis­mus und der Info­la­den Wels aktiv wur­den und der „Kurier“ das The­ma auf­griff, wur­de gehan­delt. Der FC Brau­nau ent­zog den Bull­dogs die Aner­ken­nung als Fan­klub, die Home­page wur­de geschlos­sen, die Teil­neh­mer wur­den ange­zeigt. 2006 stan­den fünf „Bull­dogs“ wegen Wie­der­be­tä­ti­gung vor Gericht, drei von ihnen wur­den ver­ur­teilt, zwei frei­ge­spro­chen. Der Fan­klub „Brau­nau­er Bull­dogs“, der seit 1994 bestan­den hat­te, war am Ende. Die Neo­na­zi-Sze­ne in und um Brau­nau dage­gen nicht.

➡️ Brau­nau (OÖ): Hot­spot der Neo­na­zis (I)
➡️ Brau­nau (OÖ): Zwi­schen­stopp beim feu­ri­gen RFJ (III)
➡️ Brau­nau (OÖ): Von den Brau­nen Brü­dern zu den Bier­büf­feln (IV)
➡️ Brau­nau (OÖ): SFK und „Paul­chen Pan­ther“ (V)

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