Im Zusammenhang mit der geplanten Kandidatur der Nationalen Volkspartei (NVP) für die Landtagswahlen in Oberösterreich 2009, die in erster Linie an der fehlenden Unterstützung durch das „eigene Volk“ gescheitert ist (die NVP hat nur für den Wahlkreis Linz die Unterstützungsunterschriften geschafft) und erst in zweiter Linie an der Entscheidung der Landeswahlbehörde, die Kandidatur der NVP nicht zuzulassen, hatte die Landeswahlbehörde gegen die beiden Kandidaten der NVP, Stephan Ruprechtsberger (der durfte sich Bundesschriftführer nennen) und Robert Faller (der war Generalsekretär) auch Anzeige nach dem NS-Verbotsgesetz erstattet. Jetzt wurde aus der Anzeige endlich eine Anklage der Staatsanwaltschaft.
Warum hat das so lange gedauert? Immerhin sind geschlagene zwei Jahre seit der Anzeige vergangen. Einen mehr als deutlichen Hinweis, wo der Hund begraben ist, liefert die „Stellungnahme“ des Gutachters, der von der oö. Landeswahlbehörde beigezogen wurde. Diese Stellungnahme aus dem Jahr 2009 von Univ-Prof. Dr. Andreas Janko ist insgesamt ein lesenswertes Dokument und eine vernichtende Beurteilung der Arbeit des Verfassungsschutzes: „Die Landeswahlbehörde war bei dieser Umfeldprüfung zunächst mit dem Umstand konfrontiert, dass von den zur Überwachung von Verstößen gegen das Verbotsgesetz primär zuständigen Stellen, vor allem auch seitens des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, nur wenig brauchbare Informationen über diesbezügliche Aktivitäten der NVP übermittelt wurden“, heißt es da sehr deutlich. Die Hervorhebung stammt nicht von uns, sondern ist aus dem Dokument.
Weil der Verfassungsschutz nichts liefern konnte oder wollte, ist die Behörde selbst auf die Suche gegangen und ist dabei auf das Parteiprogramm der NVP, das aus Schulungsunterlagen der SS zusammengeflickt wurde, gestoßen. Das war’s dann auch für die NVP. Gutachter Dr. Janko hatte für den Verfassungsschutz auch noch einen abschließenden Tipp parat: „Vor diesem Hintergrund wäre ein besserer Informationsfluss seitens der Sicherheitsbehörden, in deren Aufgabenbereich die Observierung extremistischer Gruppierungen gehört und die daher über entsprechende Unterlagen verfügen müssten, zweifellos hilfreich gewesen.“
Gut, diese Vorgeschichte für die Entscheidung der Landeswahlbehörde wäre jetzt aufgeklärt. Was aber, wenn der Verfassungsschutz auch nach der Anzeige der beiden NVP-Funktionäre etwas getrödelt hat? Jedenfalls liegt jetzt die Anklage der Staatsanwaltschaft vor und die NVP reagiert darauf gekonnt: „Der Staatsanwalt folgt damit der Forderung der Nationalen Volkspartei, aber auch vieler linker Gruppen endlich eine Entscheidung zu treffen, ob alle Anklagepunkte sofort fallen gelassen werden oder ob zumindest wegen einigen Punkten ein Verfahren angestrengt wird.“
Ganz so traut die NVP ihrem eigenen Mut aber nicht. In der Überschrift spricht sie – noch in Frageform – vom zweiten „Patriotenprozess” und spielt damit auf das Verfahren gegen die Aktivisten des Bundes freier Jugend (BfJ) an. Zunächst einmal will die NVP überlegen und weitere Schritte (Einspruch gegen die Anklageschrift usw.) beraten. Auch die Öffentlichkeit will sie informieren.
Siehe auch:
- derstandard.at — Wiederbetätigungs-Anklage gegen NVP nach versuchter Kandidatur
- Wiener Neustadt: Neue Runde im NS-Prozess Hayer
- Neonazi-Prozesse: Eine Verurteilung & eine Vertagung
- NVP: Übernahme durch Ministerialrat in Ruhe
- NVP: Rechtshilfe für Behörden
- NVP-Ermittlungen: Lange Dauer dauert an
- OÖ: Breite Kritik an langsamen Neonazi- Verfahren