Ganz vorsichtig, Schritt für Schritt, wird das österreichische Volk an die neue Lage gewöhnt. Am 26.6. und in den Tagen danach, in denen zunächst der Prozess gegen den Vorsitzenden der NVP, Christian Hayer wegen Wiederbetätigung verarbeitet werden musste, gab es keinerlei Information über die Umwälzungen bei der NVP. So, als ob kein Bundesparteitag stattgefunden hätte!
Auch Wochen danach gibt die NVP auf ihrer Homepage nichts preis. Dabei waren zuvor nicht nur die gewaltigen Veränderungen im Bundesvorstand angekündigt worden, sondern dem österreichischen Volk auch ein neues Statut, ein neues Programm, kurz: eine erneuerte Partei versprochen worden. Maria Himmelfahrt machte dem Bangen ein Ende. Die NVP präsentiert stolz auf ihrer Homepage den neuen Vorstand. Die alte Vorstandsseite, die wegen ihrer mehrjährigen Ankündigung von „Umstrukturierungsarbeiten“ schon fast Kultstatus erzielt hat, muss dem Neuen weichen. Das Neue? Es sind die Alten, die den Bundesvorstand übernommen haben!
Links der alte Vorstand — rechts der noch ältere Vorstand
Günter Rehak (72) , der schon mehrere Parteien durchgekostet hat und zuletzt als Chef der „Liste Wien“ mit seinem Mitglied Gert Lagler mangels Zuspruch nicht zu den Gemeinderatswahlen antreten konnte, fusionierte seine Mikro-Liste schon vor mehreren Monaten mit der NVP. Der rüstige Rentner Rehak, der seine politische Karriere vor vielen Jahren bei SPÖ und VSStÖ begonnen hat, ist jetzt der Vorsitzende der NVP. Rehak vertritt die „nationalrevolutionäre“ Tendenz, mit der die NVP schon in der Vergangenheit ein bisschen herumgespielt hat.
In den letzten Monaten durfte der nationalrevolutionäre Beamtenpensionär schon mehrfach Reden vor einem größeren Publikum, als ihm die Liste Wien bzw. Gert Lagler bieten konnte, üben. Am 1. Mai vor hunderten grölenden Neonazis in Brno / Brünn und im Juni vor schlagenden Burschis in München. Die NVP-Homepage berichtet über seine Antrittsrede als Vorsitzender der NVP ganz angetan:
In einer pointierten und brillanten Rede skizzierte er nicht nur die Zukunft der Nationalen Volkspartei, sondern verwunderte die Zuhörer ein weiteres Mal, indem er anmerkte „Engels und Marx hätten mit ihrer Analyse des Kapitalismus“ doch Recht, Uwe Scheuch sei doch ein Opfer der Justiz (was wohl der eine oder andere Anwesende anders sah) und die NVP sei nun „die einzige Arbeiterpartei”.
Womit hat Rehak die sicher zahlreichen Zuhörer das erste Mal verwundert? Wir werden es früher oder später ebenso erfahren wie manch andere Ungereimtheit, die der neue Generalsekretär, Karl Horst Halbwachs mit seinen berühmten Paarreimen niederknüppeln wird. Darf Halbwachs auch das alte, von einem SS-Schulungsprogramm abgeschriebene Parteiprogramm der NVP, das sein Vorgänger als Generalsekretär, Robert Faller angeblich jetzt „überarbeitet“ hat, weiter „verfeinern“, so wie das die NVP-Homepage ankündigt? Eine sicher herausfordernde Aufgabe für ihn!
Halbwachs gibt seine bisherige Funktion als „Bildungsbeauftragter“ an Christian Hayer, den bisherigen Vorsitzenden weiter. Hayer, der zuletzt als Lagerarbeiter in einem Sex-Shop gearbeitet hat (NÖN, 4.7.2011) und daher bestens für die neue Aufgabe qualifiziert ist, hat nach eigenen Angaben seinen Brotjob im Sex-Shop wegen seines Wiederbetätigungs-Prozesses verloren (der Prozess wurde vertagt). Rehak, der von seinen Kameraden ganz ehrfürchtig mit allen Titeln vorgestellt wird (Ministerialrat in Ruhe, Dipl.Ing., Doppelmagister), so wie sich das in einer revolutionären Arbeiterpartei eben ziemt, hat Hayer für die Funktion des Ehrenvorsitzenden vorgeschlagen, und die Generalversammlung hat mit großer Mehrheit zugestimmt.
Die Generalversammlung? Sollte nicht ein Bundesparteitag stattfinden? Und was ist mit dem bisherigen Generalsekretär Robert Faller, der ja bisher so etwas wie den Alleinunterhalter der NVP mimte? Das dürre Kommunique der NVP gibt keine näheren Auskünfte darüber, warum Faller und mit ihm Stefan Schmalnauer, der bisher den Bundeskassier gab und von Gert Lagler, dem Oblatenbäcker von der Wienzeile, abgelöst wurde.
Auf seinem Facebook-Konto geht Faller die Sache entspannt, wenn auch nicht ganz korrekt an: „Sehr guter Artikel von [sic!] neuen Vorsitzenden“, postet er am Montag, 15.8., um eine halbe Stunde später nachzusetzen: „Bin nun seit 24 Stunden nicht mehr im Bundesvorstand der NVP!!!” Das Echo bleibt überhörbar. Matthias Faust (NPD) schmeichelt ihm noch, während Birgit B. schon dem Neuen zujubelt: „Gute Wahl” Naja, wir werden sehen! Übrigens: Wolfgang Brloh und Gabi Hayer wurden als neue RechnungsprüferIn bestellt.