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Linz: Pegida-Demonstrant mit Vergangenheit (II)

1997 ist der frü­he­re Man­da­tar der Süd­ti­ro­ler Frei­heit­li­chen, Chris­ti­an Wald­ner, ermor­det wor­den. Wie sich bald ein­mal her­aus­stell­te, von sei­nem frü­he­ren Par­tei­freund Peter Paul R.. Wald­ner hat kurz vor sei­ner Ermor­dung noch erzählt: „Ich habe eine Geschich­te, wel­che die Frei­heit­li­chen in Süd­ti­rol aus­lö­schen wird.” (pro­fil, 24.2.1997) Aus­ge­löscht wur­de aber nicht die Par­tei, son­dern Wald­ner selbst. Am […]

24. Mrz 2015

Aus­ge­löscht wur­de aber nicht die Par­tei, son­dern Wald­ner selbst. Am 15. Febru­ar 1997 wur­de er am Reich­rieg­ler­hof ermor­det auf­ge­fun­den. Eini­ge Tage spä­ter dann eine Haus­durch­su­chung im Par­tei­bü­ro der „Frei­heit­li­chen” – eine poli­tisch äußerst heik­le Ange­le­gen­heit, aber die rich­ti­ge Spur. Im Büro war wild her­um­ge­bal­lert wor­den. Ins­ge­samt fie­len 16 Schüs­se, bei denen auch fünf Exem­pla­re des Buches von Jörg Hai­der „Die Frei­heit, die ich mei­ne“ durch­lö­chert wur­den. Das Pro­jek­til, das gefun­den wur­de, stamm­te aus der glei­chen Waf­fe wie die Todes­schüs­se auf Waldner.

Von da dau­er­te es nur mehr Stun­den, bis Peter Paul R. als Tat­ver­däch­ti­ger ver­haf­tet wur­de. Der leg­te zunächst auch ein umfas­sen­des Geständ­nis ab, führ­te die Ermitt­ler zum Ver­steck der Tat­waf­fe und prä­sen­tier­te ein Motiv: Er sei von Wald­ner erpresst wor­den wegen sei­nes gefälsch­ten Matu­ra-Zeug­nis­ses. Das Motiv ist klingt plau­si­bel. Schließ­lich arbei­te­te Peter Paul R. am Insti­tut für Geschich­te der Uni­ver­si­tät Inns­bruck als Assis­tent und dis­ser­tier­te in Inns­bruck – ohne gesetz­li­che Grund­la­ge, weil das Matu­ra­zeug­nis gefälscht war.

Die Ent­hül­lung von der Anstel­lung des Tat­ver­däch­ti­gen an der Inns­bru­cker Uni­ver­si­tät wirft neue Fra­gen auf, nicht nur die, wie das Matu­ra-Zeug­nis über­prüft wur­de. Es stellt sich her­aus, dass Peter Paul R. und vor ihm schon Wald­ner (die­ser am Insti­tut für Revi­si­ons-Treu­hand- und Rech­nungs­we­sen) „Pri­vat­an­ge­stell­te“ der Insti­tu­te waren, die die Gel­der dafür von einem „Ver­ein zur För­de­rung der wis­sen­schaft­li­chen Aus­bil­dung und Tätig­keit von Süd­ti­ro­lern an der Uni­ver­si­tät Inns­bruck“ erhal­ten haben. Und die­ser Ver­ein erhielt einen Gut­teil sei­ner Gel­der von ande­ren Ver­ei­nen und einer Stif­tung, die damals schon dafür bekannt war, die extre­me Rech­te in Süd­ti­rol mit­zu­fi­nan­zie­ren: die Laurin-Stiftung.

Peter Paul R. wei­ger­te sich auch, die Namen der­je­ni­gen zu nen­nen, die mit ihm gemein­sam an der Schie­ße­rei im Par­tei­lo­kal betei­ligt waren. Dazu kamen dann noch kryp­ti­sche Bemer­kun­gen von Wald­ner über die Frei­heit­li­chen. Viel Stoff für alle mög­li­chen Ver­schwö­rungs- und Agen­ten­ge­schich­ten, die in Süd­ti­rol auf gute Reso­nanz stie­ßen. Zu Beginn des Mord­pro­zes­ses vor dem Lan­des­ge­richt Bozen im August 1997 folgt dann auch noch der Wider­ruf des Geständ­nis­ses durch R. . Der Pro­zess selbst legt dann noch eini­ge Schlam­pig­kei­ten bei­den poli­zei­li­chen Ermitt­lun­gen offen – der Ange­klag­te wird am Ende aber ver­ur­teilt: 22,5 Jah­re Haft.

R. geht in Beru­fung und das Ober­lan­des­ge­richt Tri­ent folgt ihr tat­säch­lich, spricht R. Ende 1998 „wegen erwie­se­ner Schuld­lo­sig­keit“ frei und setzt ihn sofort auf frei­en Fuß. Das Schrei­ben der rechts­extre­men Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on „Ein Tirol“ wird bekannt. In dem Schrei­ben wur­de der vor­sit­zen­de Rich­ter mit Mord bedroht. Spä­ter behaup­tet ein ursprüng­lich mit dem Ange­klag­ten sym­pa­thi­sie­ren­der Redak­teur, die­ser selbst habe das Schrei­ben an den Rich­ter ver­an­lasst. Im Mai 2000 hebt das Kas­sa­ti­ons­ge­richt Bre­scia den Frei­spruch wie­der auf und bestä­tigt das Urteil der Erst­in­stanz, aber mitt­ler­wei­le ist der rechts­kräf­tig ver­ur­teil­te Mör­der nicht mehr auf­find­bar. Das Kas­sa­ti­ons­ge­richt Bre­scia ver­fügt noch einen inter­na­tio­na­len Straf­be­fehl „wegen Flucht- und Wie­der­ho­lungs­ge­fahr“ und wegen sei­ner „Kon­tak­te zu ultra­na­tio­na­lis­ti­schen, extre­mis­ti­schen Krei­se“, die ihn ver­ste­cken könnten.


Gespreng­ter Strom­mast, Ter­ror in der Auto­no­men Pro­vinz Bozen – Südtirol/Alto Adige/Sudtirolo

Nach acht Mona­ten Suche wird Peter Paul R. Anfang Jän­ner 2001 in der Woh­nung sei­ner spä­te­ren Frau in Wien Rudolfs­heim auf­ge­grif­fen. R. wird ver­haf­tet, kommt in Aus­lie­fe­rungs­haft. In Öster­reich gibt es mitt­ler­wei­le eine schwarz­blaue Regie­rung mit einem blau­en Jus­tiz­mi­nis­ter Böhm­dor­fer, und Peter Paul R. hat einen Ver­tei­di­ger, der auch schon blau­er Jus­tiz­mi­nis­ter war: Harald Ofner. Es dau­ert lan­ge und braucht auch eine par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge, bis über die Aus­lie­fe­rung nach Ita­li­en ent­schie­den wird. Am 18.12.2001 wird die Aus­lie­fe­rung vom Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um geneh­migt. Hät­te das Ver­fah­ren noch bis zum 5.1.2002 gedau­ert, hät­te Peter Paul R. ent­haf­tet wer­den müs­sen. So aber wird R. gera­de noch frist­ge­recht nach Ita­li­en aus­ge­lie­fert, wo er in Padua sei­ne Haft antritt. 2005 wird ein Antrag auf Wie­der­auf­nah­me des Ver­fah­rens abge­wie­sen, 2007 ord­net das Kas­sa­ti­ons­ge­richt Rom dann doch noch eine Neu­auf­nah­me an, weil angeb­lich neue Ent­las­tungs­zeu­gen auf­ge­taucht sind. Im Okto­ber 2008 ent­schei­det dann aber das OLG Tri­est, dass es bei der Ver­ur­tei­lung bleibt, weil die Zeu­gen nicht glaub­wür­dig sind.

Bis Mit­te 2013 hat R. knapp zwei Drit­tel sei­ner Haft ver­büßt und wird wegen guter Füh­rung ent­las­sen. Der Zei­tung ‚Alto Adi­ge‘ ver­traut er an, dass er nicht nach Süd­ti­rol zurück­keh­ren, son­dern in Padua blei­ben möch­te. Anfang Febru­ar 2015 taucht Peter Paul R. dann als Teil­neh­mer einer rechts­extre­men Pegi­da-Kund­ge­bung in Linz auf.

Sie­he dazu: stol.it