„Es waren immer die richtigen Menschen um mich herum“, schreibt Robert Podanay als Intro seines Instagram-Accounts. Das klang am 3. Dezember 2024, als sich der freiheitliche Ex-Politiker vor einem Schwurgericht in Wien zu verantworten hatte, etwas anders: „Es tut mir leid, ich hab‘ mit den ganzen Leuten nichts mehr zu tun“, lauteten seine Schlussworte, bevor die Geschworenen über 89 nach dem Verbotsgesetz angeklagte Delikte zu entscheiden hatten.
Über den Prozess hat „Stoppt die Rechten“ ausführlich berichtet. Auch über Podanys Zeit in der Politik – er war zwischen 2010 und 2020 FPÖ-Bezirksrat in Wien-Donaustadt und hatte ein Anschlusssmandat aufgrund des Absturzes der FPÖ 2020 knapp verpasst –, als er durch diverse rechtsextreme Aus- und Vorfälle Aufmerksamkeit erregte. Der angeklagte Tatzeitraum umfasste die Jahre 2015 bis 2019, also Teile jener Zeit, in der Podany Bezirksrat war.
Razzien gegen Neonazis
2019 und 2020 ließ der Verfassungsschutz mehrere Razzien in der Neonazi-Szene durchführen, eine davon wurde auch Podany zum Verhängnis: Man fand bei dem durchsuchten und bereits 2022 verurteilten Peter S. Chatnachrichten von Podany. Podany bekam ebenfalls Besuch. Im Zuge einer Hausdurchsuchung wurde bei ihm NS-Propaganda wie eine Weinflasche mit dem Schriftzug „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“, eine Tasse mit dem Neonazi-Code „88“ und eine weitere Tasse mit dem Gesicht des Nazi-Majors Walter Nowotny und dem Schriftzug, der auch auf Nowotnys Grabstein zu lesen ist, „Ewig ist der Toten Tatenruhm“, sichergestellt.
Bei den braunen Aufmärschen zum Nowotny-Gedenken war Podany Stammgast. Richtiggehend hingerissen hatte sich Podany über die 2016 gehaltene Rede des damaligen dritten Präsidenten des steirischen Landtags, Gerhard Kurzmann, geäußert. Unter einem Facebook-Posting zum Aufmarsch von Hans-Jörg Jenewein, damals für die FPÖ im Bundesrat, kommentierte er: „Eine phantastische Rede von Herrn Kurzmann.“

Eine von Podany weitergeleitete Einladung zum Nowotny-Gedenken 2018 fand sich als ein Anklagepunkt bei der Verhandlung im letzten Dezember wieder und auch das schriftliche Urteil zu diesem Punkt just in einem Telegramkanal jener Neonazis, in deren Umfeld Podany sich bewegt hatte.
Zig Anklagepunkte betrafen von Podany zum Teil selbst verfasste Chatnachrichten sowie weitergeleitete Bilder und Videos, die neben Hitler-Huldigungen auch abartige Witze über die Vergasung von Juden und Jüdinnen zum Inhalt hatten.
Auswanderungspläne
Bevor Podany vor Gericht musste, wollte er noch in die Vereinigten Arabischen Emirate auswandern, weil er die dortige „Vielfalt und das harmonische Zusammenleben“ bewundere. Eine Krebserkrankung habe seine Auswanderungspläne durchkreuzt, gab Podany vor Gericht an. Nun, was Troubles mit dem Verbotsgesetz betrifft, mag das im Fall von Podany tatsächlich stimmen, denn als „harmonisch“ ist sein Verhältnis zum österreichischen Rechtssaat kaum zu bezeichnen. Er fasste im Dezember einen Schuldspruch und 17 Monate bedingt auf drei Jahre aus – rechtskräftig, wie die Mediensprecherin des Landesgerichts Wien auf Nachfrage von „Stoppt die Rechten“ bestätigte, da keine Rechtsmittel erhoben worden seien.
Blauer Kandidat trotz Verurteilung
Unser Erstaunen war groß, Robert Podany nun gleich dreifach auf Listen zur kommenden Wien-Wahl zu sehen: auf Platz 7 der FPÖ-Donaustadt für die Wahl zur Bezirksvertretung (und damit für ein fast sicheres Mandat), Platz elf im Wahlkreisvorschlag und auf Platz 131 der Stadt- bzw. Landesliste.

Die Wiener Gemeindewahlordnung besagt im Paragrafen 42 (ident mit der Nationalratswahlordnung), dass vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen ist, „wer durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener und von Amts wegen zu verfolgender gerichtlich strafbarer Handlungen rechtskräftig (…) zu einer bedingt nachgesehenen ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde“. Das gilt, solange die Rechtsfolgen einer Verurteilung nicht erloschen sind. Die Regelung bedeutet, dass Podany nicht kandidieren darf. Die zuständige Magistratsabteilung 62 wurde letzten Freitag von den Wiener Grünen über Podanys Verurteilung in Kenntnis gesetzt.
Und die FPÖ?
Dass die Partei sich wie immer abputzen wird, ist nicht schwierig vorherzusagen. Dass sie Podanys Gesinnung nicht gestört hat, mag angesichts der sehr langen Liste von braunen „Einzelfällen“ an einem gewissen Gewöhnungseffekt liegen. Dass die Partei aber einen frisch verurteilten Neonazi für Wahlen aufstellt, ist dennoch ein Novum. Podany und die FPÖ erhalten dafür den runden Platz 150 im Einzelfallzähler von „Stoppt die Rechten”.
Update 15.4.25: Der Pressesprecher der FPÖ Wien antwortete vom „Standard” zur Causa Podany befragt: „Die FPÖ war über diesen Umstand nicht informiert. Leider wurden wir von der zuständigen Magistratsabteilung auch nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt.” Also: Die Magistratsabteilung ist schuld, dass die FPÖ einen Neonazi auf ihre Wahllisten genommen hat. Podany sei mittlerweile aus der Partei ausgeschlossen worden.
Update 16.4.25: Die Magistratsabteilung 62, zuständig für Wahlen, regt an, in die Wiener Gemeindewahlordnung eine verpflichtende Abfrage des Strafregisters für Kandidat*innen bei Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen, aufzunehmen.
➡️ derstandard.at (15.4.25): FPÖ-Kandidat in Wien-Donaustadt wurde im Dezember wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt