Waffen und widerwärtiger Antisemitismus auf Telegram
Aufgeflogen ist Nadine W., nachdem sie einer ausländischen Behörde aufgefallen war. Die Angeklagte lebt zwar in Österreich, hat aber auch einen Wohnsitz in Deutschland. In einer der zahlreichen Neonazi-Gruppen, in denen sie teilweise auch als Administratorin aktiv war, sind Bilder von Waffen aufgetaucht – das war dann für die deutschen Strafverfolgungsbehörden der Anlass zum Eingreifen. Auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz in Niederösterreich wurde W. vom Einsatzkommando Cobra festgenommen. Bei der Hausdurchsuchung wurden Unmengen an Materialien beschlagnahmt: mehr als 600 Chat-Nachrichten, über 7.200 Textdateien und Videos mussten ausgewertet und dokumentiert werden. In einem der sichergestellten Videos ist die Exekution eines Mannes zu sehen – Titel des Videos: „Faggot Jew“ (deutsch: Judenschwuchtel).
Seit 2016 war sie in Neonazi-Kreisen in ihrer deutschen Heimat aktiv, erklärt die Angeklagte vor Gericht. Damals war sie 16, lebte in einem Ort, der für seine Neonazi-Kneipe über die Landesgrenzen hinaus berüchtigt ist, und zog dann mit 22 Jahren nach Österreich zu ihrem Freund, mit dem sie im Keller seines Elternhauses lebte. Dort fand dann auch die Hausdurchsuchung statt, die eine besonders pikante Note dadurch erhalten hat, weil der Vater des Freundes ein Polizeibeamter ist. Damit nicht genug: Die Waffe, eine Glock, mit der Nadine in ihren TG-Gruppen geprotzt hatte, gehörte dem Vater des Freundes. Der wurde deswegen auch angezeigt und diversionell abgefertigt.
Daraus ergibt sich, dass Nadine W. nicht nur wegen Wiederbetätigung, sondern auch wegen eines Vergehens nach dem Waffengesetz angeklagt war. Und dann noch wegen § 282a StGB – Gutheißung einer terroristischen Straftat. Sie hatte nämlich auch noch ein Foto des Rechtsterroristen Brenton Tarrant, dem Attentäter von Christchurch, mit „Love Brenton“ und Stickern gepostet.
Vor Gericht geständig
Die Angeklagte war vom Anfang der Ermittlungen weg kooperativ und bekannte sich auch vor Gericht zu allen ihr vorgeworfenen Anklagepunkten schuldig und einsichtig. Seit einiger Zeit absolviert sie ein Ausstiegsprogramm und hat nach eigenen Angaben sämtliche Neonazi-Kontakte abgebrochen. Persönlich habe sie aus den diversen Gruppen ohnehin niemanden gekannt. Dem Richter ist aber aufgefallen, dass sie zu einem sehr auffälligen Wiener Neonazi-Skin, Mario F., Kontakt hatte. W. erklärt den Kontakt damit, dass sie ihn über Instagram kennengelernt und dann auch einmal getroffen habe. Sein Name sei ihr zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. In dem Gespräch habe er mit seiner Neonazi-Einstellung ziemlich dick aufgetragen, worauf sie aber „nicht angesprungen“ sei.
Ihre Gründe, warum sie mit 16 in die Neonazi-Szene hineingeschlittert ist, kann Nadine ebenso wenig erklären wie ihre späteren intensiven Aktivitäten in TG-Gruppen wie „Deutsche Nationalsozialisten“, „Waffen-SS-Chat“ oder „White Race“. Ihre Verteidigerin versucht es mit der sozialen Isolation, in der sie sich in Österreich in der Kellerwohnung mit einem Freund, der auch kaum präsent war, befunden habe. So sei sie immer mehr in eine Parallelwelt abgeglitten, die ihr scheinbar Anerkennung und Zugehörigkeit geboten habe.
In einer ihrer Chat-Nachrichten hatte sie geschrieben: „Wenn die Polizei mein Handy findet, werde ich lebenslang eingesperrt.“ Das war dann keineswegs so. Nach klarem Schuldspruch verhängte das Gericht eine bedingte Haftstrafe von 15 Monaten. Beide Seiten stimmten dem Urteil zu, sodass es bereits rechtskräftig ist.