Ex-FPÖ-Politiker vor Gericht: 3+2 NS-Runen und eine Anklage

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In zwei Wochen ist es soweit: Da wird sich der ehe­ma­li­ge hoch­ran­gi­ge FPÖ-Poli­ti­ker Kurt Scheuch vor Gericht wegen des Ver­dachts auf Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ant­wor­ten müs­sen. Ange­klagt sind auf sei­nem Ein­gangs­tor ein­ge­fräs­te, im NS ver­wen­de­te Runen. Die hat Scheuch mitt­ler­wei­le zwar ent­fer­nen las­sen, aber nun gibt’s eine zwei­te Anzei­ge. Denn weni­ge Meter hin­ter dem Tor befin­den sich wei­te­re Runen.

Es waren eine Wolfs­an­gel, eine Si(e)g- und eine Odal-Rune, die einst das Ein­gangs­tors eines direkt am Möll­ta­ler Rad­weg gele­ge­nen Anwe­sens von zwei Ex-FPÖ-Poli­ti­kern geziert hat­ten. Die Grü­ne Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Olga Vog­lau­er ver­fass­te dar­auf­hin im Novem­ber 2020 eine detail­lier­te Sach­ver­halts­dar­stel­lung. Einer der Grund­stücks­eig­ner, Kurt Scheuch, wird am 10. Mai vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt dar­über Aus­kunft geben müs­sen, was er sich bei der Aus­wahl der brau­nen Deko­ra­ti­on gedacht hat.

Wolfsangel, Si(e)grune und Odal-Rune am Eingangstor

Wolfs­an­gel, Si(e)grune und Odal-Rune am Ein­gangs­tor – dahin­ter der Turm mit den wei­te­ren Runen

In böser Vor­ah­nung ob einer dro­hen­den Ankla­ge ließ Scheuch jene Holz­plan­ke des Ein­gangs­tors, an dem die Runen ange­bracht waren, aus­tau­schen. Wer an Schuld­ein­sicht glau­ben moch­te, wird jedoch ent­täuscht, denn weni­ge Meter hin­ter dem Tor sind am Gebälk eines turm­ar­ti­gen Gebäu­des eine Odal­ru­ne und eine Wolfs­an­gel ange­bracht – eben­falls vom Rad­weg aus gut sicht­bar. Und das hat dem ehe­ma­li­gen stell­ver­tre­ten­den Lan­des­haupt­mann von Kärn­ten und dem Mit­ei­gen­tü­mer nun eine zwei­te Anzei­ge, wie­der durch die Grü­ne Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Olga Vog­lau­er, eingebracht.

Hinter dem Eingangstor am Gebälk des Turms zwei weitere Runen: Odalrune (links), Wolfsangel (rechts) (Foto © privat)

Hin­ter dem Ein­gangs­tor am Gebälk des Turms zwei wei­te­re Runen: Odal­ru­ne (links), Wolfs­an­gel (rechts) (Foto © privat)

Vog­lau­er schreibt in ihrer zwei­ten Sachverhaltsdarstellung:

Wäh­rend die Embleme/Symbole am Ein­gangs­tor nach Ein­schrei­ten der Behör­de bereits ent­fernt und durch ein Holz­brett ersetzt wur­den, sind am turm­ar­ti­gen Gebäu­de dahin­ter die sog. „Wolfs­an­gel- Rune“ und die sog. „Odal-Rune“ auf Bal­ken in Holz gefräst deut­lich für die Außen­welt wahr­nehm­bar. Dass die­se Embleme/Symbole – nach Ein­lei­tung eines Straf­ver­fah­rens wegen der ver­bo­te­nen Sym­bo­le im Ein­gangs­tor – dort wei­ter­hin zur Schau gestellt wer­den, deu­tet auf man­geln­de Ein­sicht und ein nicht vor­han­de­nes Unrechts­be­wusst­sein. Das Ver­hal­ten bei­der Beschul­dig­ter, XY [Anony­mi­sie­rung durch SdR] und Kurt Scheuch, legt die Ver­mu­tung nahe, die Anbrin­ger han­deln hier aus einer ideo­lo­gi­schen Moti­va­ti­on her­aus, die­se ver­bo­te­nen Sym­bo­le wei­ter­hin zur Schau zu stel­len, obwohl sie wis­sen, dass die­se Embleme/Symbole wegen ihres ein­deu­ti­gen NS-Bezugs nach gel­ten­der Rechts­la­ge ver­bo­ten sind und gera­de die­ses Wis­sen zur Ent­fer­nung der Sym­bo­le glei­cher Art im Holz­ein­gangs­tor geführt hatte. 

Hei­ße Kartoffel

Ein Blick zurück: Bei­de von Vog­lau­er ein­ge­brach­ten Anzei­gen rich­ten sich gegen Kurt Scheuch und eine zwei­te Per­son, die in der Kärnt­ner Poli­tik einst eben­falls ganz oben mit­ge­mischt hat. Denn bei­de fir­mie­ren im Grund­buch als Eigen­tü­mer des mit Runen ver­zier­ten Anwe­sens. Und bei­de Anzei­gen wur­den an die Bezirks­haupt­mann­schaft Spit­tal an der Drau gerich­tet, weil es sich bei der Zur­schau­stel­lung der Runen um einen mut­maß­li­chen Ver­stoß gegen das Abzei­chen­ge­setz han­delt, wofür eigent­lich die BH zustän­dig wäre. Eigent­lich. Denn dem Bezirks­haupt­mann scheint die poli­ti­sche Kar­tof­fel zu heiß gewe­sen zu sein, und er reich­te die ers­te Anzei­ge an die Staats­an­walt­schaft Kla­gen­furt wei­ter. Die frag­te bei Kurt Scheuch und der zwei­ten Per­son nach. Nach­dem die bei­den erklär­ten, es hand­le sich bei den drei Runen am Ein­gangs­tor um Schutz- und Namens­ru­nen, gab sich die Staats­an­walt­schaft zufrie­den und woll­te die Ermitt­lun­gen ein­stel­len. Uns ist nicht bekannt, ob es am Scheuch’schen Anwe­sen Hüh­ner gibt; falls ja, hät­ten sie bei der Erklä­rung wohl gelacht.

Gut­ach­ter nicht erwünscht

Dage­gen hat­te aller­dings die Ober­staats­an­walt­schaft Graz etwas und drück­te den Kla­gen­fur­tern die Ein­ho­lung eines Fach­gut­ach­tens aufs Auge. Damit beauf­tragt wur­de ein Zeit­his­to­ri­ker, gegen den wie­der­um der Anwalt des Beschul­dig­ten, der Ex-FPÖ-Land­tags­ab­ge­ord­ne­te Chris­ti­an Ley­routz, etwas hat­te; der lehn­te den Gut­ach­ter, einen Wie­ner Zeit­his­to­ri­ker, mit der irr­wit­zig anmu­ten­den Begrün­dung ab, er sei Mit­glied des Maut­hau­sen-Komi­tees. Wenn es also nach Scheuch und des­sen Ver­tei­di­ger gegan­gen wäre, soll­te ein His­to­ri­ker, der Mit­glied eines NS-Opfer­ver­ban­des ist, nicht die Bedeu­tung der drei inkri­mi­nier­ten Runen wis­sen­schaft­lich dar­stel­len dür­fen. Damit kamen Scheuch und Ley­routz nicht durch; die Ent­schei­dung über eine all­fäl­li­ge Ankla­ge wur­de dadurch sehr ver­zö­gert, aber letzt­lich nicht verhindert.

Nun fragt sich, inwie­weit auch die am Turm ange­brach­ten Runen bei der Ankla­ge eine Rol­le spie­len wer­den. Wir wer­den es am 10. Mai erfahren.