Schutzlose Scholle im Mölltal

Die Geschichte zieht sich nun seit Novem­ber 2020 dahin: Damals hat­te die Grüne Nation­al­ratsab­ge­ord­nete Olga Voglauer gegen zwei bekan­nte Möll­taler Ex-Poli­tik­er Anzeige erstat­tet. Der Grund: Runen, die im Nation­al­sozial­is­mus von nach dem Ver­bots­ge­setz erfassten Organ­i­sa­tio­nen ver­wen­det wur­den, auf dem Ein­gangstor zum Grund­stück der bei­den. Nun hat sich etwas getan: Die Runen sind weg.

Es seien ja nur „Schutz- und Namen­srunen“ war die Begrün­dung der Grund­stücks­be­sitzer, woraufhin die Kla­gen­furter Staat­san­waltschaft das Ver­fahren gegen bei­de Ex-Poli­tik­er ein­stellen wollte.

Wolfsangel, Si(e)grune und Odal-Rune am Eingangstor

Wolf­san­gel, Si(e)grune und Odal-Rune am Eingangstor

Nur Schutz- und Namen­srunen? Drei zen­trale im Nation­al­sozial­is­mus ver­wen­dete Sym­bole, alle drei auch sehr beliebt unter Neon­azis: Die Wolf­san­gel, ver­wen­det u.a. von der 34. SS-Frei­willi­gen-Grenadier-Divi­sion „Land­storm Ned­er­land“ und von der 2. SS-Panz­er­di­vi­sion „Das Reich“. Die Si(eg)rune, in der ein­fachen Form das Emblem des Deutschen Jungvolks in der Hitler­ju­gend, in der dop­pel­ten Form das Sym­bol der ver­brecherischen SS. Die Odal-Rune, das „Blut- und Boden“-Symbol im NS, von der Reichs­bauern­schaft, der Hitler­ju­gend, vom Rasse- und Sied­lungsamt sowie von diversen SS-Frei­willi­gen­ver­bän­den verwendet.

Olga Voglauer argu­men­tiert in ihrer Sachverhaltsdarstellung:

Erstens wer­den drei nach dem AbzG ver­botene Embleme/Symbole gle­ichzeit­ig ver­wen­det, wom­it die Aus­sagekraft der mut­maßlichen Ver­bre­itung nation­al­sozial­is­tis­chen Gedankenguts bekräftig wird. Zweit­ens kommt die Lage des Holz­tors unmit­tel­bar am Mölltalradweg erschw­erend hinzu. Dort fahren beson­ders viele Per­so­n­en, auch Tourist*innen und Kinder, im langsamen Tem­po am Holz­tor vor­bei. Sie sind mit dem Zurschaustellen eines anti­demokratis­chen und totalitären NS-Gedankengut kon­fron­tiert, das auch vom Rad­weg und Gehweg aus gut erkennbar ist. Es han­delt sich daher ein­deutig um eine öffentlichkeitswirksame Inter­ven­tion. Drit­tens, kommt erschw­erend hinzu, dass es sich bei den Grundstückseigentümern um zwei der Öffentlichkeit bekan­nte ehe­ma­lige Poli­tik­er han­delt. Diese soll­ten kraft ihrer poli­tis­chen Tätigkeit ein größeres demokratiepoli­tis­ches Verständnis sowie eine erhöhte demokratiepoli­tis­che Ver­ant­wor­tung an den Tag leg­en, ins­beson­dere wenn es um die Ein­hal­tung von Geset­zen (z.B. AbzG) und die nötige Sensibilität bei der Nichtver­bre­itung nation­al­sozial­is­tis­chen Gedankenguts geht. Als ehe­ma­lige Poli­tik­er hätten sie eine Vor­bild­funk­tion auszuüben, welch­er sie aber offenkundig nicht nachgekom­men sind.

Die harm­lose Inter­pre­ta­tion der drei Sym­bole wollte wohl auch die Ober­staat­san­waltschaft Graz nicht blanko anerken­nen, daher musste auf deren Geheiß gegen einen der Grund­stücks­be­sitzer weit­er ermit­telt und ein Wiener Zei­this­torik­er als Gutachter zur Klärung der Bedeu­tung der Runen einge­set­zt wer­den. Gegen den erhob aber der Beschuldigte bzw. dessen Vertei­di­ger Ein­spruch. Die kuriose, aber verge­bliche Begrün­dung: Er sei Mit­glied des Mau­thausen Kommitees.

Das Ver­fahren wurde weit­erge­führt, und nach nun­mehr einein­halb Jahren siehe da: Das Brett am Holz­tor, auf dem die Sym­bole einge­fräst waren, wurde abmon­tiert und durch ein neues in unschuldigem Braun­ton erset­zt. Wie das Ver­fahren nach dem Ver­bots­ge­setz geen­det hat, ist noch nicht bekan­nt. Was wir uns allerd­ings jet­zt schon fra­gen: Ist die Scholle im Möll­tal nun schutzlos?

Mittelplanke mit Wolfsangel und Runen wurde ersetzt

Mit­telplanke mit Wolf­san­gel und Runen wurde ersetzt