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Schutzlose Scholle im Mölltal

Die Geschich­te zieht sich nun seit Novem­ber 2020 dahin: Damals hat­te die Grü­ne Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Olga Vog­lau­er gegen zwei bekann­te Möll­ta­ler Ex-Poli­­ti­ker Anzei­ge erstat­tet. Der Grund: Runen, die im Natio­nal­so­zia­lis­mus von nach dem Ver­bots­ge­setz erfass­ten Orga­ni­sa­tio­nen ver­wen­det wur­den, auf dem Ein­gangs­tor zum Grund­stück der bei­den. Nun hat sich etwas getan: Die Runen sind weg. Es sei­en ja […]

23. Jun 2022

Es sei­en ja nur „Schutz- und Namens­ru­nen“ war die Begrün­dung der Grund­stücks­be­sit­zer, wor­auf­hin die Kla­gen­fur­ter Staats­an­walt­schaft das Ver­fah­ren gegen bei­de Ex-Poli­ti­ker ein­stel­len wollte.

Wolfsangel, Si(e)grune und Odal-Rune am Eingangstor
Wolfs­an­gel, Si(e)grune und Odal-Rune am Eingangstor

Nur Schutz- und Namens­ru­nen? Drei zen­tra­le im Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­wen­de­te Sym­bo­le, alle drei auch sehr beliebt unter Neo­na­zis: Die Wolfs­an­gel, ver­wen­det u.a. von der 34. SS-Frei­wil­li­gen-Gre­na­dier-Divi­si­on „Land­s­torm Neder­land“ und von der 2. SS-Pan­zer­di­vi­si­on „Das Reich“. Die Si(eg)rune, in der ein­fa­chen Form das Emblem des Deut­schen Jung­volks in der Hit­ler­ju­gend, in der dop­pel­ten Form das Sym­bol der ver­bre­che­ri­schen SS. Die Odal-Rune, das „Blut- und Boden“-Symbol im NS, von der Reichs­bau­ern­schaft, der Hit­ler­ju­gend, vom Ras­se- und Sied­lungs­amt sowie von diver­sen SS-Frei­wil­li­gen­ver­bän­den verwendet.

Olga Vog­lau­er argu­men­tiert in ihrer Sachverhaltsdarstellung:

Ers­tens wer­den drei nach dem AbzG ver­bo­te­ne Embleme/Symbole gleich­zei­tig ver­wen­det, womit die Aus­sa­ge­kraft der mut­maß­li­chen Ver­brei­tung natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gedan­ken­guts bekräftig wird. Zwei­tens kommt die Lage des Holz­tors unmit­tel­bar am Mölltalradweg erschwe­rend hin­zu. Dort fah­ren beson­ders vie­le Per­so­nen, auch Tourist*innen und Kin­der, im lang­sa­men Tem­po am Holz­tor vor­bei. Sie sind mit dem Zur­schau­stel­len eines anti­de­mo­kra­ti­schen und totalitären NS-Gedan­ken­gut kon­fron­tiert, das auch vom Rad­weg und Geh­weg aus gut erkenn­bar ist. Es han­delt sich daher ein­deu­tig um eine öffentlichkeitswirksame Inter­ven­ti­on. Drit­tens, kommt erschwe­rend hin­zu, dass es sich bei den Grundstückseigentümern um zwei der Öffentlichkeit bekann­te ehe­ma­li­ge Poli­ti­ker han­delt. Die­se soll­ten kraft ihrer poli­ti­schen Tätigkeit ein größeres demo­kra­tie­po­li­ti­sches Verständnis sowie eine erhöhte demo­kra­tie­po­li­ti­sche Ver­ant­wor­tung an den Tag legen, ins­be­son­de­re wenn es um die Ein­hal­tung von Geset­zen (z.B. AbzG) und die nötige Sensibilität bei der Nicht­ver­brei­tung natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gedan­ken­guts geht. Als ehe­ma­li­ge Poli­ti­ker hätten sie eine Vor­bild­funk­ti­on auszuüben, wel­cher sie aber offen­kun­dig nicht nach­ge­kom­men sind.

Die harm­lo­se Inter­pre­ta­ti­on der drei Sym­bo­le woll­te wohl auch die Ober­staats­an­walt­schaft Graz nicht blan­ko aner­ken­nen, daher muss­te auf deren Geheiß gegen einen der Grund­stücks­be­sit­zer wei­ter ermit­telt und ein Wie­ner Zeit­his­to­ri­ker als Gut­ach­ter zur Klä­rung der Bedeu­tung der Runen ein­ge­setzt wer­den. Gegen den erhob aber der Beschul­dig­te bzw. des­sen Ver­tei­di­ger Ein­spruch. Die kurio­se, aber ver­geb­li­che Begrün­dung: Er sei Mit­glied des Maut­hau­sen Kommitees.

Das Ver­fah­ren wur­de wei­ter­ge­führt, und nach nun­mehr ein­ein­halb Jah­ren sie­he da: Das Brett am Holz­tor, auf dem die Sym­bo­le ein­ge­fräst waren, wur­de abmon­tiert und durch ein neu­es in unschul­di­gem Braun­ton ersetzt. Wie das Ver­fah­ren nach dem Ver­bots­ge­setz geen­det hat, ist noch nicht bekannt. Was wir uns aller­dings jetzt schon fra­gen: Ist die Schol­le im Möll­tal nun schutzlos?

Mittelplanke mit Wolfsangel und Runen wurde ersetzt
Mit­tel­plan­ke mit Wolfs­an­gel und Runen wur­de ersetzt
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