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Mit Dreckschleudern zum Bundespräsident? – Gerald Grosz (Teil 1)

Er will also tat­säch­lich kan­di­die­ren. Gerald Grosz, der das BZÖ als Obmann in die Bedeu­tungs­lo­sig­keit ver­senkt (wofür ihm nicht genug gedankt wer­den kann) und als Unter­neh­mer sein Unter­neh­men Car­dea Con­sul­ting in die Liqui­da­ti­on geführt hat, will es also noch ein­mal wis­sen und als Bun­des­prä­si­dent kan­di­die­ren. „Gesell­schafts­po­li­tisch bin ich libe­ral“, erklär­te er sei­nem Leib­blatt oe24.at. Das […]

22. Jun 2022

Wo beginnt man in einer Beschrei­bung von Gerald Grosz? Mit einer halblus­ti­gen Epi­so­de, die ziem­lich cha­rak­te­ris­tisch ist. Im März die­ses Jah­res ver­dich­te­ten sich laut „Stan­dard“ das Gerüch­te, wonach die groß­spu­rig als „Duell“ ange­kün­dig­te Tour­nee von Gerald Grosz und Sebas­ti­an Bohrn-Mena, die sich seit gerau­mer Zeit auf oe24.tv auf erbärm­li­chem Niveau strei­ten bzw. anöden, wegen man­geln­den Publi­kums­in­ter­es­ses abge­sagt wer­den müs­se. Befeu­ert wur­de das Gerücht durch einen Tweet von Heinz-Chris­ti­an Stra­che, in dem der behaup­te­te, dass zu weni­ge Kar­ten ver­kauft wor­den seien.

Tournee Duell Grosz vs. Bohrn Mena vor der Absage (Screenshot FB)
Tour­nee Duell Grosz vs. Bohrn Mena vor der Absa­ge (Screen­shot FB)

Grosz ant­wor­te­te auf den Stra­che-Tweet mit einem Demen­ti („wur­de auf­grund des Ukrai­ne Kriegs vor zwei Wochen auf Früh­jahr 2023 ver­scho­ben“) und mit einer Klags­an­kün­di­gung gegen Stra­che: „Es wird somit Kla­ge gegen Herrn Stra­che ein­ge­bracht!“ Das ist inso­fern etwas über­ra­schend, als aus­ge­rech­net Gerald Grosz im Novem­ber 2018 dem damals Noch-Vize­kanz­ler Stra­che bei einem Fest­akt an Hai­ders Grab­stät­te im Kärnt­ner Bären­tal die „Jörg Hai­der-Medail­le“ ver­lei­hen durf­te. Sozu­sa­gen ein Akt der Ver­söh­nung zwi­schen BZÖ und FPÖ.

Auf 2023 verschoben: Tournee Duell Grosz versus Bohrn Mena
Auf 2023 ver­scho­ben: Tour­nee Duell Grosz ver­sus Bohrn Mena

Gerald mit dem Besen

Unter Schüs­sels schwarz­blau­er Koali­ti­on durf­te Grosz den Pres­se­spre­cher für den FPÖ-Sozi­al­mi­nis­ter und zeit­wei­li­gen Vize­kanz­ler Her­bert Haupt geben, wech­sel­te dann 2005 mit die­sem und Über­va­ter Hai­der zum BZÖ, wur­de 2006 Gene­ral­se­kre­tär die­ses Ver­eins, um 2008 sei­ne Funk­ti­on mit der Begrün­dung zurück­zu­le­gen, dass er sich zukünf­tig auf die Stei­er­mark kon­zen­trie­ren wol­le. Gut gebrüllt, Kätz­chen! Im Jän­ner 2008 war der Gerald bei der Gemein­de­rats­wahl in Graz näm­lich als Spit­zen­kan­di­dat ziem­lich abge­stun­ken: 4,3 Pro­zent bzw. 2 Man­da­te für Geralds Radau­trup­pe, die im Wahl­kampf vor allem durch die Kam­pa­gne „Wir säu­bern Graz“ auf­ge­fal­len war. Von wem? Wer war damit gemeint? Grosz in einer Aus­sendung vom 12. Juli 2007: „… die übli­chen Ver­däch­ti­gen Pfar­rer Pucher, die unnö­ti­gen und aus­schließ­lich auf Steu­er­zah­ler­kos­ten finan­zier­ten Bei­rä­te der Stadt Graz und eini­ge aus­ge­wähl­te Tugend­ter­ro­ris­ten, die schon immer als beson­de­ren Graz-Fein­de auf­ge­tre­ten sind.“

Der Besen, vor allem der „eiser­ne Besen“, mit dem das Land gesäu­bert und gerei­nigt wer­den soll, war und ist ein belieb­ter Topos der extre­men Rech­ten, vor­zugs­wei­se auch der Nazis. „Der eiser­ne Besen“ nann­te sich eine Vor­läu­fer­pu­bli­ka­ti­on des „Stür­mer“. Wer also mit dem Besen und dem Kär­cher eine Stadt rei­ni­gen will, darf auf einen gewis­sen Wie­der­erken­nungs­wert hof­fen. Auf die Kam­pa­gne „Wir säu­bern Graz“ ant­wor­te­te des­halb auch die in der Kam­pa­gne adres­sier­te Fir­ma Kär­cher nach der Wahl übri­gens mit einer Klags­an­kün­di­gung gegen das BZÖ Graz.

Stürmer-Vorläufer "Der eiserne Besen" (Anno ÖNB)
Stür­mer-Vor­läu­fer „Der eiser­ne Besen” (Anno ÖNB)

Gerald stürzt ab

Eigent­lich könn­te der Gerald das Ergeb­nis der stei­ri­schen Land­tag­wahl von 2010, die er als Spit­zen­kan­di­dat der völ­lig auf ihn aus­ge­rich­te­ten Lis­te „BZÖ-Lis­te Gerald Grosz“ bestrit­ten hat, als böses Omen für sei­ne BP-Kan­di­da­tur sehen : 2,98 % oder 0 Man­da­te. Der dama­li­ge Wie­ner BZÖ-Spit­zen­kan­di­dat Wal­ter Sonn­leit­ner rich­te­te Grosz via „Stan­dard“ aus, dass er eigent­lich als „FPÖ light“ Ver­gan­gen­heit sei und füg­te zur Ver­deut­li­chung hin­zu: „Wenn die Leu­te schon eine graus­li­che Poli­tik wol­len, dann wol­len sie es ordent­lich graus­lich.

Das war inso­fern unge­recht, als sich der Gerald sowohl vor­her als auch nach­her stets bemüht hat, beson­ders graus­lich zu sein und mög­lichst viel Dreck zu ver­sprit­zen. Sei­ner poli­ti­schen Kar­rie­re im rech­ten Lager war das nicht abträg­lich. Sie war des­halb mit den Nie­der­la­gen in Graz und der Stei­er­mark noch nicht been­det, son­dern führ­te zur Krö­nung als Bun­des­par­tei­ob­mann des ster­ben­den BZÖ im Jahr 2013.

Ganz kurz war der BZÖ-Obmann 2014 sehr „glück­lich“, als er Hai­ders Toch­ter Ulri­ke Hai­der-Quer­cia als Spit­zen­kan­di­da­tin für die Wahl zum Euro­päi­schen Par­la­ment prä­sen­tie­ren durf­te. Dau­er­te aber nicht lan­ge, das Glück. Ulri­ke Hai­der-Quer­cia zog ihre Kan­di­da­tur ent­nervt zurück, als sie bemerk­te, dass eine unab­hän­gi­ge und pro­eu­ro­päi­sche Posi­ti­on im BZÖ nicht gou­tiert wur­de. Mit ihrer Nach­fol­ge­rin als BZÖ-Kan­di­da­tin wur­de Grosz nicht mehr so glück­lich: 0,5 % reich­ten noch für den letz­ten Platz unter den öster­rei­chi­schen Kleinparteien.

2015, nach dem poli­ti­schen und auch finan­zi­el­len Desas­ter der Par­tei, dem eini­ges an Kor­rup­ti­on vor­aus­ge­gan­gen war, wink­te Gerald als Par­tei­ob­mann ab. „Mein beruf­li­ches Enga­ge­ment lässt es nicht zu, dass ich vol­len Ein­satz zei­gen kann, und ich hal­te es daher regel­recht für unmo­ra­lisch, ein Amt wei­ter­hin zu beset­zen, zu des­sen hun­dert­pro­zen­ti­ger Auf­ga­ben­er­fül­len man nicht mehr in der Lage ist“, erklär­te er treu­her­zig Ende März.

Womit die unter­neh­me­ri­sche Pha­se von Grosz ein­ge­läu­tet wäre. Im Okto­ber 2014 grün­de­te er sein ers­tes Unter­neh­men, die Acu­tus Con­sul­ting e.U., ein PR- und Bera­tungs­un­ter­neh­men, das für sei­nen aktu­el­len Wahl­kampf offen­sicht­lich als Wer­be- und Mer­chan­di­sing-Platt­form genutzt wird. Die nächs­te Fir­men­grün­dung folg­te 2016 mit der Car­dea Con­sul­ting GmbH, die aber 2021 – aus wel­chen Grün­den auch immer – liqui­diert wur­de. Das Inter­es­se dürf­te sich in engen Gren­zen gehal­ten haben, denn auf den Por­ta­len, die Kun­den­be­wer­tun­gen anbie­ten, fin­den sich kei­ne Einträge.

Grosz-Firma Cardea in Liquidation
Grosz-Fir­ma Car­dea in Liquidation

2019 wie­der eine Fir­men­grün­dung: Die Gerald Grosz Con­sul­ting GmbH mit dem 100 %-Gesell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rer glei­chen Namens tritt in den Markt der unzäh­li­gen Con­sul­ting­fir­men ein, und 2020 folgt dann die Geraldgrosz.com GmbH, bei der Gerald aller­dings nur 50 Pro­zent der Gesell­schaf­ter­an­tei­le hält. Die ande­ren 50 hält einer, der eigent­lich so gar nicht zum selbst­ge­wähl­ten Pro­fil des Gerald Grosz – einer von unten gegen die da oben – pas­sen will. Wal­ter Tem­mer, ein stei­ri­scher Mil­lio­när, der an unzäh­li­gen ande­ren Fir­men und Gesell­schaf­ten Antei­le hält, auf ATV prä­sent durch die Staf­fel „Die Tem­mers – reich wie ein Scheich“, fir­miert als Part­ner. Mit den Fir­men des Gerald Grosz sind wir einst­wei­len zwar durch, aber noch lan­ge nicht mit sei­nen Aktivitäten.

Grosz GMBH mit Gesellschafter Walter Temmer
Grosz GMBH mit Gesell­schaf­ter Wal­ter Temmer

Gerald, der Habsburg-Ritter

2018 durf­te sich Gerald in vol­ler Pracht als Rit­ter des St. Georgs-Ordens auf Schloss Seg­gau mit einem Habs­burg-Spross zei­gen: mit Rit­ter Gerald hät­ten die Habs­bur­ger einen ihrer bra­ven Unter­ta­nen immer­hin als Prä­si­den­ten in der Hofburg!

2018 – der aus­tra­li­sche Rechts­ter­ro­rist und Mas­sen­mör­der von Christ­church hat­te Mar­tin Sell­ner von den Iden­ti­tä­ren schon mit Geld­spen­den bedacht – ritt Gerald zu einer hef­ti­gen und ziem­lich unver­schäm­ten Atta­cke auf Jus­tiz­mi­nis­ter Moser aus, weil die Staats­an­walt­schaft (!) die Iden­ti­tä­ren straf­recht­lich belan­gen woll­te. Grosz kri­ti­sier­te das angeb­lich „bis­he­rig unsäg­li­che Wir­ken“ Mosers, der end­lich sei­nen „Saft­la­den“ Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um in Ord­nung brin­gen sol­le. Sehr unver­blümt for­der­te Grosz damit eine Wei­sung bzw. Ein­stel­lung der Ermitt­lun­gen durch Moser, der frü­her ein­mal Klub­dir­ke­tor der FPÖ war. Stra­che, damals Vize­kanz­ler, gefiel die Video-Bot­schaft von Grosz so sehr, dass er sie auf sei­nem (pri­va­ten) FB-Kon­to teilte.

2018 began­nen dann auch die unsäg­li­chen und unter­ir­di­schen wöchent­li­chen „Duel­le“ auf oe24.tv, die Grosz als erklär­ter Ver­tre­ter der Rech­ten zunächst mit Rudi Fußi, den er als „Hasen­fu­ßi“ titu­lier­te, und nach des­sen Abgang mit Sebas­ti­an Bohrn-Mena („lin­ker Sozi­al­ro­man­ti­ker“) führ­te. In den sozia­len Netz­wer­ken, die Grosz zumeist mit Video­bot­schaf­ten bedient, ist er sehr aktiv. Die nega­ti­ve Qua­li­tät des bewuss­ten Wut­pre­di­gers passt ide­al zu deren Erre­gungs­ge­trie­be und ver­schafft Grosz eine beacht­li­che Zahl von Likes bzw. Abonnent*innen.

Ganz Öster­reich ist für ihn eine offe­ne Psych­ia­trie, die Bun­des­re­gie­rung Stüm­per bzw. die größ­ten Hor­noch­sen der Welt, Kanz­ler Neham­mer ein Kriegs­trei­ber, Vize­kanz­ler Kog­ler ein Wein­säu­fer, Ex-Kanz­ler Kurz ein Ohr­wa­schel­kak­tus, die „Grü­nIn­nen“ lin­ke Kryp­to­kom­mu­nis­ten und Gre­ta Thun­berg ein Kind-Ora­kel, obers­te Vor­sit­zen­de aller Kli­ma­kom­mu­nis­ten, Sek­ten­füh­re­rin des Hit­ze­kults. Her­bert Kickl dage­gen wur­de schon bei sei­ner Wahl zum Par­tei­ob­mann als der „intel­lek­tu­el­le Kopf und das rhe­to­ri­sche Schwert der FPÖ“ begrüßt.

Grosz: Österreich ist eine offene Psychiatrie (Screenshot FB)
Grosz: Öster­reich ist eine offe­ne Psych­ia­trie (Screen­shot FB)

Was hin­ter den unzäh­li­gen abwer­ten­den und dehu­ma­ni­sie­ren­den Schimpf­ka­no­na­den des Gerald Grosz aber auch noch sicht­bar wird, sind sei­ne poli­tisch-ideo­lo­gi­schen Posi­tio­nie­run­gen, die sich alle­samt an der extre­men Rech­ten orientieren.

➡️ Gerald Grosz (Teil 2): Rechts­extre­me Positionen