Wo beginnt man in einer Beschreibung von Gerald Grosz? Mit einer halblustigen Episode, die ziemlich charakteristisch ist. Im März dieses Jahres verdichteten sich laut „Standard“ das Gerüchte, wonach die großspurig als „Duell“ angekündigte Tournee von Gerald Grosz und Sebastian Bohrn-Mena, die sich seit geraumer Zeit auf oe24.tv auf erbärmlichem Niveau streiten bzw. anöden, wegen mangelnden Publikumsinteresses abgesagt werden müsse. Befeuert wurde das Gerücht durch einen Tweet von Heinz-Christian Strache, in dem der behauptete, dass zu wenige Karten verkauft worden seien.
Grosz antwortete auf den Strache-Tweet mit einem Dementi („wurde aufgrund des Ukraine Kriegs vor zwei Wochen auf Frühjahr 2023 verschoben“) und mit einer Klagsankündigung gegen Strache: „Es wird somit Klage gegen Herrn Strache eingebracht!“ Das ist insofern etwas überraschend, als ausgerechnet Gerald Grosz im November 2018 dem damals Noch-Vizekanzler Strache bei einem Festakt an Haiders Grabstätte im Kärntner Bärental die „Jörg Haider-Medaille“ verleihen durfte. Sozusagen ein Akt der Versöhnung zwischen BZÖ und FPÖ.
Gerald mit dem Besen
Unter Schüssels schwarzblauer Koalition durfte Grosz den Pressesprecher für den FPÖ-Sozialminister und zeitweiligen Vizekanzler Herbert Haupt geben, wechselte dann 2005 mit diesem und Übervater Haider zum BZÖ, wurde 2006 Generalsekretär dieses Vereins, um 2008 seine Funktion mit der Begründung zurückzulegen, dass er sich zukünftig auf die Steiermark konzentrieren wolle. Gut gebrüllt, Kätzchen! Im Jänner 2008 war der Gerald bei der Gemeinderatswahl in Graz nämlich als Spitzenkandidat ziemlich abgestunken: 4,3 Prozent bzw. 2 Mandate für Geralds Radautruppe, die im Wahlkampf vor allem durch die Kampagne „Wir säubern Graz“ aufgefallen war. Von wem? Wer war damit gemeint? Grosz in einer Aussendung vom 12. Juli 2007: „… die üblichen Verdächtigen Pfarrer Pucher, die unnötigen und ausschließlich auf Steuerzahlerkosten finanzierten Beiräte der Stadt Graz und einige ausgewählte Tugendterroristen, die schon immer als besonderen Graz-Feinde aufgetreten sind.“
Ich mein die haben Besen verteilt um Graz zu „säubern”, hatten unpackbare Sujets und haben einen Wahlkampfsong veröffentlicht, der so rassistisch war, dass selbst Strache-Raps verblassen (den teil ich nicht, man findet ihn schon) pic.twitter.com/RsYEEYuJWy
— Clemens Binder (@CleBinder) June 22, 2022
Der Besen, vor allem der „eiserne Besen“, mit dem das Land gesäubert und gereinigt werden soll, war und ist ein beliebter Topos der extremen Rechten, vorzugsweise auch der Nazis. „Der eiserne Besen“ nannte sich eine Vorläuferpublikation des „Stürmer“. Wer also mit dem Besen und dem Kärcher eine Stadt reinigen will, darf auf einen gewissen Wiedererkennungswert hoffen. Auf die Kampagne „Wir säubern Graz“ antwortete deshalb auch die in der Kampagne adressierte Firma Kärcher nach der Wahl übrigens mit einer Klagsankündigung gegen das BZÖ Graz.
Gerald stürzt ab
Eigentlich könnte der Gerald das Ergebnis der steirischen Landtagwahl von 2010, die er als Spitzenkandidat der völlig auf ihn ausgerichteten Liste „BZÖ-Liste Gerald Grosz“ bestritten hat, als böses Omen für seine BP-Kandidatur sehen : 2,98 % oder 0 Mandate. Der damalige Wiener BZÖ-Spitzenkandidat Walter Sonnleitner richtete Grosz via „Standard“ aus, dass er eigentlich als „FPÖ light“ Vergangenheit sei und fügte zur Verdeutlichung hinzu: „Wenn die Leute schon eine grausliche Politik wollen, dann wollen sie es ordentlich grauslich.“
Das war insofern ungerecht, als sich der Gerald sowohl vorher als auch nachher stets bemüht hat, besonders grauslich zu sein und möglichst viel Dreck zu verspritzen. Seiner politischen Karriere im rechten Lager war das nicht abträglich. Sie war deshalb mit den Niederlagen in Graz und der Steiermark noch nicht beendet, sondern führte zur Krönung als Bundesparteiobmann des sterbenden BZÖ im Jahr 2013.
Ganz kurz war der BZÖ-Obmann 2014 sehr „glücklich“, als er Haiders Tochter Ulrike Haider-Quercia als Spitzenkandidatin für die Wahl zum Europäischen Parlament präsentieren durfte. Dauerte aber nicht lange, das Glück. Ulrike Haider-Quercia zog ihre Kandidatur entnervt zurück, als sie bemerkte, dass eine unabhängige und proeuropäische Position im BZÖ nicht goutiert wurde. Mit ihrer Nachfolgerin als BZÖ-Kandidatin wurde Grosz nicht mehr so glücklich: 0,5 % reichten noch für den letzten Platz unter den österreichischen Kleinparteien.
2015, nach dem politischen und auch finanziellen Desaster der Partei, dem einiges an Korruption vorausgegangen war, winkte Gerald als Parteiobmann ab. „Mein berufliches Engagement lässt es nicht zu, dass ich vollen Einsatz zeigen kann, und ich halte es daher regelrecht für unmoralisch, ein Amt weiterhin zu besetzen, zu dessen hundertprozentiger Aufgabenerfüllen man nicht mehr in der Lage ist“, erklärte er treuherzig Ende März.
Womit die unternehmerische Phase von Grosz eingeläutet wäre. Im Oktober 2014 gründete er sein erstes Unternehmen, die Acutus Consulting e.U., ein PR- und Beratungsunternehmen, das für seinen aktuellen Wahlkampf offensichtlich als Werbe- und Merchandising-Plattform genutzt wird. Die nächste Firmengründung folgte 2016 mit der Cardea Consulting GmbH, die aber 2021 – aus welchen Gründen auch immer – liquidiert wurde. Das Interesse dürfte sich in engen Grenzen gehalten haben, denn auf den Portalen, die Kundenbewertungen anbieten, finden sich keine Einträge.
2019 wieder eine Firmengründung: Die Gerald Grosz Consulting GmbH mit dem 100 %-Gesellschafter und Geschäftsführer gleichen Namens tritt in den Markt der unzähligen Consultingfirmen ein, und 2020 folgt dann die Geraldgrosz.com GmbH, bei der Gerald allerdings nur 50 Prozent der Gesellschafteranteile hält. Die anderen 50 hält einer, der eigentlich so gar nicht zum selbstgewählten Profil des Gerald Grosz – einer von unten gegen die da oben – passen will. Walter Temmer, ein steirischer Millionär, der an unzähligen anderen Firmen und Gesellschaften Anteile hält, auf ATV präsent durch die Staffel „Die Temmers – reich wie ein Scheich“, firmiert als Partner. Mit den Firmen des Gerald Grosz sind wir einstweilen zwar durch, aber noch lange nicht mit seinen Aktivitäten.
Gerald, der Habsburg-Ritter
2018 durfte sich Gerald in voller Pracht als Ritter des St. Georgs-Ordens auf Schloss Seggau mit einem Habsburg-Spross zeigen: mit Ritter Gerald hätten die Habsburger einen ihrer braven Untertanen immerhin als Präsidenten in der Hofburg!
2018 – der australische Rechtsterrorist und Massenmörder von Christchurch hatte Martin Sellner von den Identitären schon mit Geldspenden bedacht – ritt Gerald zu einer heftigen und ziemlich unverschämten Attacke auf Justizminister Moser aus, weil die Staatsanwaltschaft (!) die Identitären strafrechtlich belangen wollte. Grosz kritisierte das angeblich „bisherig unsägliche Wirken“ Mosers, der endlich seinen „Saftladen“ Justizministerium in Ordnung bringen solle. Sehr unverblümt forderte Grosz damit eine Weisung bzw. Einstellung der Ermittlungen durch Moser, der früher einmal Klubdirketor der FPÖ war. Strache, damals Vizekanzler, gefiel die Video-Botschaft von Grosz so sehr, dass er sie auf seinem (privaten) FB-Konto teilte.
2018 begannen dann auch die unsäglichen und unterirdischen wöchentlichen „Duelle“ auf oe24.tv, die Grosz als erklärter Vertreter der Rechten zunächst mit Rudi Fußi, den er als „Hasenfußi“ titulierte, und nach dessen Abgang mit Sebastian Bohrn-Mena („linker Sozialromantiker“) führte. In den sozialen Netzwerken, die Grosz zumeist mit Videobotschaften bedient, ist er sehr aktiv. Die negative Qualität des bewussten Wutpredigers passt ideal zu deren Erregungsgetriebe und verschafft Grosz eine beachtliche Zahl von Likes bzw. Abonnent*innen.
Ganz Österreich ist für ihn eine offene Psychiatrie, die Bundesregierung Stümper bzw. die größten Hornochsen der Welt, Kanzler Nehammer ein Kriegstreiber, Vizekanzler Kogler ein Weinsäufer, Ex-Kanzler Kurz ein Ohrwaschelkaktus, die „GrünInnen“ linke Kryptokommunisten und Greta Thunberg ein Kind-Orakel, oberste Vorsitzende aller Klimakommunisten, Sektenführerin des Hitzekults. Herbert Kickl dagegen wurde schon bei seiner Wahl zum Parteiobmann als der „intellektuelle Kopf und das rhetorische Schwert der FPÖ“ begrüßt.
Was hinter den unzähligen abwertenden und dehumanisierenden Schimpfkanonaden des Gerald Grosz aber auch noch sichtbar wird, sind seine politisch-ideologischen Positionierungen, die sich allesamt an der extremen Rechten orientieren.
➡️ Gerald Grosz (Teil 2): Rechtsextreme Positionen