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Die Welt des Stefan Magnet & Armageddon in Oberösterreich (Teil 2)

„Manch­mal feh­len sogar mir die Wor­te“, beginnt Ste­fan Magnet eine als AUF1-Spon­­tan­­sen­­dung titu­lier­te Video­an­spra­che. Um dann fast 20 Minu­ten durch­zu­re­den. Domi­nie­rend ist der stän­di­ge Ant­ago­nis­mus zwi­schen „Alles oder Nichts“ und „Ver­nich­tung oder Sieg“. Zwi­schen­tö­ne gibt’s kei­ne, nur Ver­­­fol­­gungs- und Grö­ßen­wahn. Ein Rück­blick und eine Ana­ly­se. Teil 2: Zwi­schen Opfer­po­se und Kurs hal­ten. Die erfun­de­nen Verurteilten […]

28. Mrz 2023
Stefan Magnet im ZAPP Medienmagazin: Will über seine "Jugendsünde" nicht sprechen. (Screenshot ZAPP)
Stefan Magnet im ZAPP Medienmagazin: Will über seine "Jugendsünde" nicht sprechen. (Screenshot ZAPP)

Die erfundenen Verurteilten

Im Visier hat Magnet auch den Ver­fas­sungs­schutz, der sich in Social Media-Grup­pen ein­schlei­che und „Per­so­nen mit wenig poli­ti­scher Erfah­rung zu Straf­ta­ten“ ver­lei­te. In Öster­reich und Deutsch­land sei­en des­halb„Tau­sen­de Per­so­nen gericht­lich ver­ur­teilt [wor­den], weil sie die Coro­na-Dik­ta­tur mit der Zeit zwi­schen 1933 und 45 ver­gli­chen haben. (…) Die Leu­te wur­den absicht­lich verheizt.“

Rassist Stefan Magnet: Finanzamt als "Orientalen-Beratungsstelle", in der es um "Kinderbeihilfe und Schmarotzertum" gehe (Screenshot FB 2017)
Ras­sist Ste­fan Magnet: Finanz­amt als „Ori­en­ta­len-Bera­tungs­stel­le”, in der es um „Kin­der­bei­hil­fe und Schma­rot­zer­tum” gehe (Screen­shot FB 2017)

Die­se „Tau­sen­den“ müs­sen sich aller­dings sehr gut ver­steckt haben. In Öster­reich gab es 2022 ins­ge­samt nur sie­ben Ver­ur­tei­lun­gen wegen Leug­nung oder Ver­harm­lo­sung des NS bzw. des Holo­caust, Coro­na-unab­hän­gi­ge Neo­na­zis inklu­si­ve. In Deutsch­land dürf­te es kaum anders aus­se­hen. Fragt sich, ob Magnet sol­che Zah­len für sein Publi­kum erlügt nach dem Prin­zip „Flood the zone with shit”, oder ob sich der­ar­ti­ge Phan­tas­men tat­säch­lich in sei­nem Ober­stüb­chen zusam­men­braut haben.

Unge­mach wie die­ses kann aber Magnet per­sön­lich nicht pas­sie­ren, denn er, der Erfah­re­ne, durch­schaut das alles. Der Ver­fas­sungs­schutz wol­le „Brand­be­schleu­ni­ger“ gegen die­se (=sei­ne) „Mega­be­we­gung“ sein – damit unter­streicht Magnet ein­mal mehr sei­ne Wich­tig­keit: Je mehr Grö­ße und Macht er dem angeb­li­chen Feind zuschreibt, des­to mehr Grö­ße gibt er sich selbst.

Verfassungsschutz in Telegramkanälen, "sollen dazu dienen AUF1 zu diskreditieren" (TG Stefan Magnet 25.3.23)
Ver­fas­sungs­schutz in Tele­gram­ka­nä­len, „sol­len dazu die­nen AUF1 zu dis­kre­di­tie­ren (…) Wir haben schon zahl­rei­che Des­in­for­ma­ti­ons­ka­nä­le ent­tarnt” (TG Ste­fan Magnet 25.3.23)

Der Feind von innen – der Führer rüffelt

Einen Gut­teil sei­ner Anspra­che wid­met Magnet aber ande­ren „alter­na­ti­ven Medi­en“, genau genom­men, einem: Er zieht gegen den Wochen­blick-Nach­fol­ger „Der Sta­tus“ her, weil dort ange­deu­tet wur­de, dass der Rechts­extre­mist Georg Imma­nu­el Nagel als Mit­ar­bei­ter von AUF1 schlecht behan­delt und raus­ge­schmis­sen wur­de und Nagel des­halb sei­nem Leben ein Ende gesetzt haben könn­te. Selbst hier stellt Magnet indi­rekt fins­te­re Mäch­te in den Raum, indem er die Umstän­de von Nagels Tod als „mehr als eigen­ar­tig“ bezeich­net. Aber sein Rüf­fel gilt vor allem den „gekränk­ten und wüten­den Ex-Kol­le­gen“, die sich so eine „unlieb­sa­me Kon­kur­renz“ vom Hals schaf­fen woll­ten. Er ver­ste­he die­se inne­ren Aus­ein­an­der­set­zun­gen nicht, wo es doch „um alles, um unse­re nack­te Exis­tenz“ gehe. Es gibt kein The­ma, wo der selbst­er­nann­te Füh­rer der „Medi­en­re­vo­lu­ti­on” nicht zu extre­men Bil­dern und zugleich tief in den Schmalz­topf grei­fen würde!

Stefan Magnet zitiert den wegen Wiederbetätigung verurteilten Konrad Windisch, Kader der neonazistischen AfP, der Jugendorganisation der BfJ war (TG 6.10.22)
Ste­fan Magnet zitiert den wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teil­ten Kon­rad Win­disch, Kader der neo­na­zis­ti­schen AfP, der Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der BfJ war (TG 6.10.22)

Das imaginierte Wir und die Opferpose

Magnet macht sich immer wie­der mit sei­nem Publi­kum gemein, indem er vor­gau­kelt, inne­re Ein­bli­cke in den Betrieb zu gewäh­ren und sug­ge­riert, es wür­de eben­so ange­grif­fen wie er und AUF1. Jeder Angriff auf ihn, auf AUF1 sei auch ein Angriff auf sein Publikum.

Er jam­mert, er insze­niert sich als fort­wäh­ren­des Opfer, er teilt aus und erklärt gleich­zei­tig, das sol­le „kein Gejam­mer sein“, er wür­de ande­re nicht angrei­fen, denn er kon­zen­trie­re sich auf den Kampf gegen die bösen Mäch­te. Dabei sei AUF1 ein „Eis­bre­cher“, „eine über­le­bens­not­wen­di­ge Alter­na­ti­ve“ zur „Zer­stö­rung all unse­rer Lebens­grund­la­gen“. „Wir hal­ten das Steu­er fest“ – mit „wir“ meint der Ver­schwö­rungs­ideo­lo­ge natür­lich sich selbst.

Kurs halten

Vom „wir“ geht’s wie­der zum „ich“ und wofür er, Magnet, ste­he: „Klar­heit, Wahr­heit, Frei­heit und Hal­tung“. Von den vier Sub­stan­ti­va muss Magnet die „Hal­tung“ zwei­fel­los zuge­stan­den wer­den. Die ist unge­bro­chen seit sei­nen jün­ge­ren Jah­ren und hat poli­tisch im neo­na­zis­ti­schen „Bund frei­er Jugend“ (BfJ) ihre Wurzeln.

Stefan Magnet (re.) mit Felix Budin und Gottfried Küssel (Ried 2006)
Ste­fan Magnet (re.) mit Felix Budin und Gott­fried Küs­sel (Ried 2006)

Das spricht er, frei­lich ohne kon­kret zu wer­den, auch an. Er kön­ne „Kurs hal­ten“ „durch die jahr­zehn­te­lan­ge Erfah­rung im Wider­stand“. Wenn er auf sei­ne „Erfah­rung im Wider­stand“, auf jene im BFJ, kon­kret ange­spro­chen wird, ist jedoch schlag­ar­tig Schluss mit der Klar­heit: Bei sei­nem Inter­view mit dem NDR-Medi­en­ma­ga­zin „ZAPP“ wird er zu sei­ner BFJ-Ver­gan­gen­heit befragt: „Jugend­sün­de – ja oder nein?“ Magnet ant­wor­tet „Dan­ke für das Gespräch“ und been­det das Interview.

Stefan Magnet im ZAPP Medienmagazin: Will über seine "Jugendsünde" nicht sprechen. (Screenshot ZAPP)
Ste­fan Magnet im ZAPP Medi­en­ma­ga­zin: Will über sei­ne „Jugend­sün­de” nicht spre­chen. (Screen­shot ZAPP)

Magnet schließt nach dem Pen­deln zwi­schen Ver­fol­gungs- und Grö­ßen­wahn mit einem Appell an sei­ne „Zuseh­erfa­mi­lie“, ihn wei­ter zu unter­stüt­zen und ver­spricht noch­mals, Kurs zu hal­ten. Dar­an ist ein­ge­denk sei­ner lan­gen poli­tisch linea­ren Geschich­te nicht zu zwei­feln. Kurs hält Magnet auch im Schwei­gen dar­über, woher er die Finan­zen für sein TV wirk­lich bezieht. Das mag er auch dies­mal nicht ver­ra­ten. Er wird wis­sen, war­um. Und wir ahnen es.

Die "Freiheit", die Stefan Magnet meint: Er kommentiert auf FB HC Strache und will Demonstrationen verbieten.
Die „Frei­heit”, die Ste­fan Magnet meint: Er kom­men­tiert auf FB bei HC Stra­che und will Demons­tra­tio­nen verbieten.

➡️ Die Welt des Ste­fan Magnet & Arma­ged­don in Ober­ös­ter­reich. Teil 1: Ein fan­ta­sier­ter Endkampf

➡️ Wer steckt hin­ter AUF1-TV? Teil 1: Brau­ner Untergrund
➡️ Die Umsturz­träu­me des Ste­fan Magnet