„Manchmal fehlen sogar mir die Worte“, beginnt Stefan Magnet eine als AUF1-Spontansendung titulierte Videoansprache. Um dann fast 20 Minuten durchzureden. Dominierend ist der ständige Antagonismus zwischen „Alles oder Nichts“ und „Vernichtung oder Sieg“. Zwischentöne gibt’s keine, nur Verfolgungs- und Größenwahn. Ein Rückblick und eine Analyse. Teil 2: Zwischen Opferpose und Kurs halten.
Die erfundenen Verurteilten
Im Visier hat Magnet auch den Verfassungsschutz, der sich in Social Media-Gruppen einschleiche und „Personen mit wenig politischer Erfahrung zu Straftaten“ verleite. In Österreich und Deutschland seien deshalb„Tausende Personen gerichtlich verurteilt [worden], weil sie die Corona-Diktatur mit der Zeit zwischen 1933 und 45 verglichen haben. (…) Die Leute wurden absichtlich verheizt.“

Rassist Stefan Magnet: Finanzamt als „Orientalen-Beratungsstelle”, in der es um „Kinderbeihilfe und Schmarotzertum” gehe (Screenshot FB 2017)
Diese „Tausenden“ müssen sich allerdings sehr gut versteckt haben. In Österreich gab es 2022 insgesamt nur sieben Verurteilungen wegen Leugnung oder Verharmlosung des NS bzw. des Holocaust, Corona-unabhängige Neonazis inklusive. In Deutschland dürfte es kaum anders aussehen. Fragt sich, ob Magnet solche Zahlen für sein Publikum erlügt nach dem Prinzip „Flood the zone with shit”, oder ob sich derartige Phantasmen tatsächlich in seinem Oberstübchen zusammenbraut haben.
Ungemach wie dieses kann aber Magnet persönlich nicht passieren, denn er, der Erfahrene, durchschaut das alles. Der Verfassungsschutz wolle „Brandbeschleuniger“ gegen diese (=seine) „Megabewegung“ sein – damit unterstreicht Magnet einmal mehr seine Wichtigkeit: Je mehr Größe und Macht er dem angeblichen Feind zuschreibt, desto mehr Größe gibt er sich selbst.

Verfassungsschutz in Telegramkanälen, „sollen dazu dienen AUF1 zu diskreditieren (…) Wir haben schon zahlreiche Desinformationskanäle enttarnt” (TG Stefan Magnet 25.3.23)
Der Feind von innen – der Führer rüffelt
Einen Gutteil seiner Ansprache widmet Magnet aber anderen „alternativen Medien“, genau genommen, einem: Er zieht gegen den Wochenblick-Nachfolger „Der Status“ her, weil dort angedeutet wurde, dass der Rechtsextremist Georg Immanuel Nagel als Mitarbeiter von AUF1 schlecht behandelt und rausgeschmissen wurde und Nagel deshalb seinem Leben ein Ende gesetzt haben könnte. Selbst hier stellt Magnet indirekt finstere Mächte in den Raum, indem er die Umstände von Nagels Tod als „mehr als eigenartig“ bezeichnet. Aber sein Rüffel gilt vor allem den „gekränkten und wütenden Ex-Kollegen“, die sich so eine „unliebsame Konkurrenz“ vom Hals schaffen wollten. Er verstehe diese inneren Auseinandersetzungen nicht, wo es doch „um alles, um unsere nackte Existenz“ gehe. Es gibt kein Thema, wo der selbsternannte Führer der „Medienrevolution” nicht zu extremen Bildern und zugleich tief in den Schmalztopf greifen würde!

Stefan Magnet zitiert den wegen Wiederbetätigung verurteilten Konrad Windisch, Kader der neonazistischen AfP, der Jugendorganisation der BfJ war (TG 6.10.22)
Das imaginierte Wir und die Opferpose
Magnet macht sich immer wieder mit seinem Publikum gemein, indem er vorgaukelt, innere Einblicke in den Betrieb zu gewähren und suggeriert, es würde ebenso angegriffen wie er und AUF1. Jeder Angriff auf ihn, auf AUF1 sei auch ein Angriff auf sein Publikum.
Er jammert, er inszeniert sich als fortwährendes Opfer, er teilt aus und erklärt gleichzeitig, das solle „kein Gejammer sein“, er würde andere nicht angreifen, denn er konzentriere sich auf den Kampf gegen die bösen Mächte. Dabei sei AUF1 ein „Eisbrecher“, „eine überlebensnotwendige Alternative“ zur „Zerstörung all unserer Lebensgrundlagen“. „Wir halten das Steuer fest“ – mit „wir“ meint der Verschwörungsideologe natürlich sich selbst.
LOL — #AUF1 mit einem Bericht zur „#Friedensbewegung” und einem Thumbnail, Neonazis mit Banner der „Heimat” (Neue Gruppierung #DieRechte + #NPD). Neben dem Banner läuft der mehrfach verurteilte #Neonazi #SaschaKrolzig, ehem. Bundesvorsitzender DieRechte. Läuft! pic.twitter.com/LrvYWKy4m9
— RechercheteamB (@BRechercheteam) March 23, 2023
Kurs halten
Vom „wir“ geht’s wieder zum „ich“ und wofür er, Magnet, stehe: „Klarheit, Wahrheit, Freiheit und Haltung“. Von den vier Substantiva muss Magnet die „Haltung“ zweifellos zugestanden werden. Die ist ungebrochen seit seinen jüngeren Jahren und hat politisch im neonazistischen „Bund freier Jugend“ (BfJ) ihre Wurzeln.
Das spricht er, freilich ohne konkret zu werden, auch an. Er könne „Kurs halten“ „durch die jahrzehntelange Erfahrung im Widerstand“. Wenn er auf seine „Erfahrung im Widerstand“, auf jene im BFJ, konkret angesprochen wird, ist jedoch schlagartig Schluss mit der Klarheit: Bei seinem Interview mit dem NDR-Medienmagazin „ZAPP“ wird er zu seiner BFJ-Vergangenheit befragt: „Jugendsünde – ja oder nein?“ Magnet antwortet „Danke für das Gespräch“ und beendet das Interview.

Stefan Magnet im ZAPP Medienmagazin: Will über seine „Jugendsünde” nicht sprechen. (Screenshot ZAPP)
Magnet schließt nach dem Pendeln zwischen Verfolgungs- und Größenwahn mit einem Appell an seine „Zuseherfamilie“, ihn weiter zu unterstützen und verspricht nochmals, Kurs zu halten. Daran ist eingedenk seiner langen politisch linearen Geschichte nicht zu zweifeln. Kurs hält Magnet auch im Schweigen darüber, woher er die Finanzen für sein TV wirklich bezieht. Das mag er auch diesmal nicht verraten. Er wird wissen, warum. Und wir ahnen es.

Die „Freiheit”, die Stefan Magnet meint: Er kommentiert auf FB bei HC Strache und will Demonstrationen verbieten.
➡️ Wer steckt hinter AUF1-TV? Teil 1: Brauner Untergrund
➡️ Die Umsturzträume des Stefan Magnet