Die Umsturzträume des Stefan Magnet

Mit Beethovens „Ode an die Freude“ unter­malt Ste­fan Mag­nets Inter­net-TV AUF1 sein Jubelvideo zur Demon­stra­tion in Wien der von Recht­sex­tremen – allen voran die FPÖ – geführten Corona-Maßnahmenverweigerer*innen. Im Text klingt es allerd­ings weniger fre­undlich: Da wird unver­hohlen mit Gewal­taus­brüchen gedroht.

Pathos hat alles in diesem Video, die Bilder, die Musik, aber auch der Text, den der recht­sex­treme Mag­net selb­st ins Mikro spricht:

Heute begin­nt der Auf­s­tand. Heute begin­nt der mas­sive Wider­stand, die let­zte Möglichkeit ein­er friedlichen Auseinan­der­set­zung. Das höre ich in vie­len Gesprächen. Und sie wollen und wer­den einen Gen­er­al­streik vom Zaun brechen, der diesem Sys­tem den Steck­er ziehen wird. Wenn einein­halb oder zwei Mil­lio­nen ungeimpfte Men­schen und mit ihnen die Geimpften, die sich nicht in die dritte, vierte, fün­fte, zehnte Nadel per Gesetz treiben lassen wollen, wenn diese Leute ihre Arbeit nieder­legen und dem Sys­tem ihren Kon­sum, ihr Geld, ihre Finanzen entziehen, dann kommt ein Kol­laps. Und die Poli­tik muss zurück­rud­ern. Das höre ich mit vie­len Leuten im Gespräch. Es ist eine rev­o­lu­tionäre Stim­mung, und es sind Hun­dert­tausend auf den Straßen. Das gab es noch nie. Jet­zt begin­nt eine Wende.

Mag­net träumt also von einem Umsturz, der, wenn die let­zte War­nung der von ihm her­beifan­tasierten Massen nicht ernst genom­men würde, nicht mehr friedlich ablaufen werde. Das lässt er rhetorisch allerd­ings andere sagen, jene „vie­len”, mit denen er ange­blich gesprochen habe. Nun ist die Gesprächsmöglichkeit im Rah­men von ein paar Stun­den Demon­stra­tion selb­st für einen Ste­fan Mag­net beschränkt, selb­st dann, wenn er die 40.000 Teil­nehmenden mal schnell mehr als ver­dop­pelt, aber Mag­net rech­net hoch und kommt zu Mil­lio­nen Ungeimpfter und Geimpfter, die sich nicht gewaltvoll „in die Nadel treiben lassen wollen“. Und die wür­den sich in einen Gen­er­al­streik begeben, um „dem Sys­tem“ „den Steck­er zu ziehen“.

Magnet fantasiert vom Generalstreik, vom Crash, "dem System den Stecker ziehen" "im Kampf gegen das scheiss System" (Screenshots TG, 16.11., 20.11., 21.11.)

Mag­net fan­tasiert vom Gen­er­al­streik, vom Crash, „dem Sys­tem den Steck­er ziehen” „im Kampf gegen das scheiss Sys­tem” (Screen­shots TG, 16.11., 20.11., 21.11.)

Die (erfun­de­nen) Hun­dert­tausend habe „es noch nie gegeben“, imag­iniert Mag­net weit­er. Das ist nur dann richtig, wenn etwa das Lichter­meer 1993, das alleine in Wien 300.000 Men­schen auf die Straße brachte (zeit­gle­ich waren es weit­ere viele Tausend in anderen Städten) aus­ge­blendet wird oder die Friedens­demon­stra­tion 1983 mit 100.000 bis 120.000 Teil­nehmenden. Die passen jedoch nicht ins recht­sex­treme Welt­bild des Ste­fan Mag­net, darum stre­icht er sie gle­ich, um jene zum Durch­hal­ten zu bewe­gen, die nun tat­säch­lich einen Sturz des – demokratis­chen – Sys­tems her­beisehnen. Davon gab es am 20. Novem­ber in Wien mit Beteili­gung aus Deutsch­land, Ungarn und anderen Län­dern zweifel­los genug.

Mobil­isiert wurde auf eini­gen, zum Teil großen Telegram-Accounts. Etwa über jenen des ras­sis­tis­chen Ver­schwörungsan­hängers Xavier Naidoo, wo aus­gerech­net der Teil­nah­meaufruf der frei­heitlichen Split­ter­per­son­alvertre­tung im Bun­desheer geteilt wurde. Oder von Oliv­er Janich, der von den Philip­pinen aus­richtete: Es ist natür­lich völ­lig klar, dass jed­er einen Polizis­ten über den Haufen schiessen dürfte, der einen zur Zwangsimp­fung schleppt. Und nein, das ist kein Aufruf zur Gewalt, son­dern Notwehr. ich würde es tun. Und wer ein scheiss Gesetz dazu braucht: Google Nürn­berg­er Codex.“

Janich: "„Es ist natürlich völlig klar, dass jeder einen Polizisten über den Haufen schiessen dürfte (...) aufgebracht über die fschistischen Massenmörder" (TG 16.11.21)

Janich: „„Es ist natür­lich völ­lig klar, dass jed­er einen Polizis­ten über den Haufen schiessen dürfte (…) aufge­bracht über die fschis­tis­chen Massen­mörder” (TG 16.11.21)

Janich und Mag­net gaben sich bere­its im Vor­feld der Demon­stra­tion gegen­seit­ig die Bühne, Janich durfte bei Mag­nets TV auftreten, auf den Telegram-Kanälen ref­eren­zierten sich die bei­den vor dem Wien-Event beson­ders häu­fig gegen­seit­ig. Es ist für Mag­net bequem, wenn Janich aus dem vor der Jus­tiz sicheren Exil unver­hohlen ausspricht, was hierzu­lande ohne fol­gen­den Haft­be­fehl nicht möglich wäre: Polizis­ten über den Haufen schießen zu dür­fen. Natür­lich nur aus „Notwehr“, aber die wäre in dem „Coro­na-Knast“, aus dem Mag­net Öster­re­ich in ein­er Rev­o­lu­tion her­aus­führen will, wohl gegeben.

"AUF1" zitiert Janich, Janich teilt "AUF1": Österreich als "Versuchslabor der Freimaurer"

„AUF1” zitiert Janich, Janich teilt „AUF1”: Öster­re­ich als „Ver­such­sla­bor der Freimaurer”

Magnet aus dem "Corona-Knast" Österreich

Mag­net aus dem „Coro­na-Knast” Österreich

Der Schul­ter­schluss mit der FPÖ ist gegeben, die Annäherung der Blauen zu ganz weit Recht­saußen nicht mehr überse­hbar. Das zeigt sich nicht nur an der Demon­stra­tion, zu der die FPÖ aufgerufen und die sie wesentlich mit­ge­tra­gen hat, son­dern auch am Auftritt von Parte­ichef Kickl bei Mag­nets AUF1-TV. Dass FPÖ-Gen­er­alsekretär Michael Schnedlitz bei der Demon­stra­tion zum Gen­er­al­streik aufgerufen hat und dem Sys­tem eben­falls den Steck­er ziehen will, ist nur eine Par­al­lele zwis­chen FPÖ und Mag­net in deren wahn­haftem Kampf gegen die ver­meintliche „Coro­na-Dik­tatur”.

Kickl bei "AUF1" aus seiner Coronna-Quarantäne (16.11.21)

Kickl bei „AUF1” aus sein­er Coro­na-Quar­an­täne (16.11.21)

Kurios, dass Mag­net in seinem Video zur Demon­stra­tion gegen Schluss hin aus­gerech­net das Denkmal des Feld­marschall Radet­zky promi­nent ein­blendet, jenes Feld­her­rn, der mit seinen Trup­pen die Rev­o­lu­tion von 1848 in Ital­ien blutig nieder­schla­gen hat lassen. Vielle­icht ist das nur Mag­nets Unwis­sen zu dem Denkmal am Stuben­ring geschuldet, aber zur Unter­stre­ichung von Umsturzträu­men kann der Kriegsh­err Radet­zky alle­mal dienen.

Reiterstandbild Radetzky in AUF1

Reit­er­stand­bild Radet­zky in AUF1

➡️ zu Ste­fan Mag­nets Inter­net-TV: Wer steckt hin­ter AUF1-TV? Teil 1: Brauner Untergrund