Vom HGM nach Landeck

In unser­er Arbeit gibt es wenig Erfreulich­es zu bericht­en. Hit­ler­grüßer, Holo­caustleugn­er oder Het­zer gehören zum All­t­ag. Umso wichtiger, wenn zwis­chen­durch auch ein­mal von Erfol­gen berichtet wer­den kann. Was wir heute mit Bericht­en über die jüng­sten Entwick­lun­gen beim Heeres­geschichtlichen Muse­um (HGM) und das Nazi-Video in Lan­deck machen.

Neuer Direk­tor im HGM

Mit der Bestel­lung eines neuen Direk­tors für das Heeres­geschichtliche Muse­um (HGM) in Wien ist ein wichtiges Ziel, das wir uns zu Beginn unser­er Recherchen und Berichte über das HGM geset­zt haben, erre­icht. Der frühere und langjährige Direk­tor des HGM, Mario Chris­t­ian Ort­ner, wurde endlich abgelöst. Endlich, weil es zeitweise schien, als ob er alle Skan­dale, Recherchen und Enthül­lun­gen über das HGM und seine Ver­ant­wor­tung weg­tauchen kön­nte. Nach dem Aus­laufen seines Ver­trags kon­nte Ort­ner noch inter­im­istisch über zwei Jahre Direk­tor bleiben und ver­suchen, seine bere­its bröck­el­nde Macht den­noch für eine Wiederbestel­lung zu nutzen.

Fast schien es schon so, als ob ihm das gelin­gen würde. Im finalen Dreier­vorschlag der Begutach­tungskom­mis­sion des Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums war Ort­ner vertreten. Ob als Erst­gerei­hter oder bloß ein­er der ange­blich drei Besten, war dann schon fast uner­he­blich. „Mehr Bock zum Gärt­ner war nie. Chris­t­ian Ort­ner wird Leit­er des Heeres­geschichtlichen Muse­ums bleiben“, warnte der erfahrene Muse­um­sex­perte Got­tfried Fliedl auf seinem Blog „Muse­olo­gien“. Gut, dass er sich geir­rt hat! Wir kon­nten auf „Stoppt die Recht­en“ aus­führlich aus den Unter­la­gen der 16 Bewer­ber (keine einzige Frau darunter) zitieren, dann verord­nete Bun­desmin­is­terin Tan­ner eine neue (erweit­erte) Begutach­tungsrunde – und Ort­ner war aus dem Rennen.

Jet­zt also ist Georg Hoff­mann neuer Direk­tor des HGM. Ob der die mul­ti­plen Her­aus­forderun­gen – Dia­log und Koop­er­a­tion mit der Ini­tia­tive „HGM neu denken“, Abar­beit­en der Kri­tikpunk­te des Rech­nung­shofs, der Prü­fungskom­mis­sio­nen, der Recht­sex­trem­is­musvor­würfe, der Mob­bing- bzw. Boss­ing-Vor­würfe – schaf­fen wird? Wir wis­sen es nicht. Eines aber wis­sen wir bes­timmt: Wir haben mit unser­er Kri­tik an den recht­sex­tremen Umtrieben rund um das HGM die mit­tler­weile mehrjährige Debat­te, die sich dann in vie­len Facetten mit den Missstän­den am HGM beschäftigt hat, aus­gelöst (weit­er­ge­tra­gen wurde sie von vie­len anderen, etwa der schon erwäh­n­ten Ini­tia­tive „HGM neu denken“). Das bestätigt uns in vornehmer Zurück­hal­tung sog­ar die „Presse“ (15.2.23):

Es ist voll­bracht, die Geburt war denkbar schw­er. Das Heeres­geschichtliche Muse­um (HGM) hat einen neuen Direk­tor, nach zweiein­halb Jahren Rin­gen. Wir erin­nern uns: Eine Recherche-Plat­tform warf dem bish­eri­gen Leit­er Mario Chris­t­ian Ort­ner ein revi­sion­is­tis­ches Geschichts­bild und das Dulden recht­sex­tremer Umtriebe vor.

Saal 7 HGM (Foto SdR)

Saal 7 HGM: Mit Hitler über­frachtet (Foto SdR)

P.S.: Ort­ner wurde auf einen neuen Führungsposten gehievt: Das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um ernan­nte ihn zum Leit­er des Insti­tuts für Strate­gie und Sicher­heit­spoli­tik an der Lan­desvertei­di­gungsakademie. Es hagelte wieder Kri­tik, da der Posten nicht aus­geschrieben wurde und weil Ort­ner dafür nicht qual­i­fiziert sei.

Lan­deck deckt zu

Zur Erin­nerung: In Lan­deck wurde vor weni­gen Wochen ein Video auf die Plat­tform „Vimeo” online gestellt, das nur so von Nazi-Pro­pa­gan­da strotzte. Nach ein­er Mail-Anfrage von „Stoppt die Recht­en“ ver­schwand das Video, während der Lan­deck­er Recht­san­walt Mar­tin Walser eine Auf­sichts­beschw­erde beim Stad­tamt der Stadt Lan­deck einbrachte.

Wir waren in unser­er Berichter­stat­tung noch davon aus­ge­gan­gen, dass das Video, das schon im Jahr 2010 von der Stadt Lan­deck (!) pro­duziert und von dem mehr als 200 DVDs ver­trieben wur­den, bei ein­er Ver­anstal­tung der Stadt­ge­meinde wegen eines tech­nis­chen Gebrechens nicht gezeigt wer­den kon­nte. Dem war aber nicht so: Das Nazi-Video war in Anwe­sen­heit der Stadthono­ra­tioren vorge­führt wor­den – in voller Länge und offen­bar ohne jegliche Kri­tik daran. Danach wurde es auf „Vimeo” hochgeladen.

Nach unser­er Mail-Anfrage, der Auf­sichts­beschw­erde von Walser und einem Bericht in der „TT“ (10.2.23) war in Lan­deck Feuer am Dach. Ein zunächst nicht namentlich genan­nter His­torik­er wurde von der Stadt­ge­meinde mit der Prü­fung des Filmes beauf­tragt. Der Bürg­er­meis­ter fühlte sich durch die Präsen­ta­tion des Videos über­rumpelt und erk­lärte, dass die Beschlüsse aus dem Jahr 2010 zu dem Video nicht mehr auffind­bar seien.

Der mit der Prü­fung beauf­tragte His­torik­er, Roman Spiss, bestätigte bin­nen weniger Tage die auch von uns geäußerte Kri­tik: „Das grund­sät­zliche Prob­lem ist, dass die Ebene der Opfer nur am Rande erwäh­nt ist.“ (TT, 14.2.23) Das Mate­r­i­al trans­portiere die Selb­st­darstel­lung der Nazis, so der His­torik­er, während der Ver­fass­er der Kom­men­tierung darauf ver­wies, dass das Video nur zeige, „wie es damals gewe­sen ist“ und es bei der Auf­führung im Rathaus auch keinen Protest gegeben habe.

Während der Bürg­er­meis­ter eine Über­ar­beitung des Videos absagte, erledigte das Stad­tamt die Auf­sichts­beschw­erde von Recht­san­walt Walser durch deren Weit­er­leitung an die Bezirk­shaupt­mannschaft Lan­deck, die ihre Absage mit ein­er Auskun­ft der Stadt­ge­meinde Lan­deck begründete:

Die Stadt­ge­meinde Lan­deck hat die betr­e­f­fende DVD einem Lan­deck­er His­torik­er zur Beurteilung des ver­wen­de­ten Bild- bzw. Film­ma­te­ri­als über­mit­telt. Dieser empfehle, den Film nicht weit­er in Umlauf zu brin­gen. Die Stadt­ge­meinde Lan­deck hat daher jene Per­son, die die Vervielfäl­ti­gun­gen vorgenom­men hat, bere­its informiert, dass keine Vervielfäl­ti­gun­gen mehr ange­fer­tigt bzw. vorhan­dene Exem­plare nicht mehr in Umlauf gebracht wer­den dür­fen. Es erfol­gt somit auch keine Ver­wen­dung für die 100-Jahr- Feier­lichkeit­en der Stadt­ge­meinde Lan­deck. Somit sehen wir keine Ver­an­las­sung für ein weit­eres Tätigwerden.

Das Stad­tamt Lan­deck bzw. die Bezirk­shaupt­mannschaft (BH) haben sich also entsch­ieden, nicht weit­er zu prüfen, ob durch die Pro­duk­tion, Ver­bre­itung und Auf­führung des Videos nation­al­sozial­is­tis­ches Gedankengut ver­bre­it­et und damit eine Ver­wal­tungsübertre­tung nach Art. III Abs. 1 Zif­fer 4 EGVG began­gen wurde oder gar der Ver­dacht der Wieder­betä­ti­gung nach dem Ver­bots­ge­setz gegeben ist. Recht­san­walt Walser hat uns mit­geteilt, dass er bei der Lan­desamts­di­rek­tion eine Prü­fung der „Erledi­gung“ durch die BH Lan­deck angeregt habe.

Ein Lehrstück im Umgang mit braunen Relik­ten? Stimmt, aber eines, das noch nicht abgeschlossen ist! Die weit­ere Ver­bre­itung des Nazi-Schunds im Inter­net haben wir jeden­falls verhindert.

Oberländer Rundschau 15./16.2.23 zum Landeck-Film

Ober­län­der Rund­schau 15./16.2.23 zum Landeck-Film

TT 14.2.23 zum Ende des Landeck-Nazi-Videos

TT 14.2.23 zum Ende des Landeck-Nazi-Videos