Die Staatsanwaltschaft stellte fest, dass der Kommentar des Angeklagten in keinerlei Beziehung zu dem vorangestellten Artikel stand, sondern völlig autonom den Holocaust leugnete und revisionistische Inhalte einer Personenanzahl, die weit über das strafrechtlich notwendige Mindestmaß von 30 potenziellen Rezipient*innen gegangen sei, zugänglich gemacht hatte.
Die Quintessenz der Ergüsse des Herrn „Prof.“ gipfelten in den alten Nazi-Lügen, „das Weltjudentum“ habe Deutschland den Krieg erklärt, „jüdische Eliten“ würden das Wort „Holocaust“ in Bezug auf das, „was dem jüdischen Volk während des WK II angeblich von Deutschen angetan wurde“ ausnutzen. Und – inklusive Sprachfehler: „ Aber der eigentliche Holocaust war der, den die bolschewistischen Juden das russische Volk nach der Revolution nach 1917 unterwarfen.“
Der Angeklagte blieb auch vor Gericht bei diesen Behauptungen. Er setzte noch eins drauf, indem er die Anzahl der sechs Millionen ermordeten Juden in Zweifel zog, denn die Zahl sei ein seit 1891 gebrauchtes typisch jüdisches Symbol. Ebenso, führte er fort, wolle er betonen, dass auch Stalin schwerste Verbrechen begangen habe, was aber „der Mainstream“ immer ausblende.
Der in einschlägigen Kunstkreisen durchaus bekannte Maler zeigte sich in der Befragung vor Gericht redefreudig und legte schon alleine durch die Wortwahl ein deutliches Zeugnis seiner antisemitischen und verschwörungserzählerischen Interpretationsweise von historisch-politischen Thematiken ab, indem er wiederholt für das Milieu einschlägige Ausdrücke wie z.B. „Mainstream-Wissen“, „bezahlte Presse“, „jüdische Eliten“ oder Sentenzen wie, „Das hängt alles zusammen“, verwendete und darüber hinaus auch Topoi des klassischen NS-Revisionismus bemühte, wie etwa den Vergleich der Shoah mit den Rheinwiesenlagern oder der Bombardierung Dresdens. Dabei dürfte das diskursive Hauptmaterial seines Revisionismus dem US-amerikanischen Holocaust-Leugner Benton L. Bradberry „Das Märchen vom bösen Deutschen — Ein US-amerikanischer Luftwaffen-Offizier und Dipl.-Politologe spricht Klartext!“ entstammen, das er im Originalpost zwar zitiert, aber nicht als Zitat sichtbar gemacht habe.
Interessant waren auch die permanenten Verweise auf den Sprech der Corona-Leugner*innen-Szene: Es sei ja schon ein Zeichen, so der Angeklagte, dass er hier sitze, das hätte er sich nicht träumen lassen, er wolle ja lediglich „auch die andere Seite zeigen“. Aber die Wahrheit würde heute von den systemkonformen Medien diktiert, die allesamt gelenkt und gesteuert wären. Die „Kritiker“ würden gejagt und vor Gericht gestellt, wie nun auch nach Corona.
Obskur mutete seine Behauptung an, er sei mit dem 2018 verstorbenen Holocaustüberlebenden und bis zu seinem Tod überzeugten Antifaschisten Rudolf Gelbard befreundet gewesen, sowie das Faktum, dass seine halbe Familie jüdischen Glaubens und sein Großvater kommunistischer Widerständler während des NS-Regimes gewesen sei.
Das Posting wurde von einer*m anderen User*in des Forums bei der NS-Meldestelle angezeigt, Unterberger habe, so ließ er das Gericht schriftlich wissen, den angeklagten Kommentar schnell gelöscht und den Verfasser gesperrt.
Es erstaunt nicht, dass die Verhandlung mit einem einstimmigen Schuldspruch endete. Mit zwei Jahren bedingter Freiheitsstrafe scheint der Angeklagte angesichts der auch vor Gericht fortgesetzten Straftat relativ gut bedient zu sein. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Wir danken prozess.report für die Prozessbeobachtung und den Bericht!
➡️ orf.at: NS-Wiederbetätigung: Maler verurteilt