Blauer Mandatar im Häfn
Der niederösterreichische Landtag hat schon zwei blauen Klubobleuten das Auskommen trotz Verurteilung gesichert. Der erste war Bernhard Gratzer, Landesparteiobmann der FPÖ NÖ zwischen 1992 und 1998. Er war ab 1993 auch Klubobmann der FPÖ im Landtag, trat im Gefolge der FPÖ-Affäre Rosenstingl von seinem Mandat zurück, wurde verhaftet, nach zwei Wochen freigelassen, trat von seinem Mandatsverzicht zurück, wurde aus der FPÖ ausgeschlossen und übte nach seiner Verurteilung (drei Jahre teilbedingt) sein Mandat als wilder Abgeordneter bis 2003 als Freigänger aus der Zelle der Justizanstalt Simmering aus.
Doppelt blauer Mandatar mit Wiederbetätigung
In Niederösterreich geht es auch, dass Martin Huber, ebenfalls FPÖ-Klubobmann im Landtag, allerdings nur zwischen März 2018 und September 2019, sein Mandat trotz Verurteilung wegen NS-Wiederbetätigung bis zum Ende der Legislaturperiode, also bis jetzt, ausüben kann. Gegen das Urteil (zwölf Monate bedingt) im August 2020 legte Huber zwar Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde ein, das Urteil wurde also nicht sofort rechtskräftig, wir haben allerdings bis heute keinen Hinweis darauf gefunden, dass Huber mit seinen Einsprüchen Erfolg gehabt hätte. Der niederösterreichische Landtag hat sich allem Anschein nach ohne Protest damit abgefunden, dass ein wegen NS-Wiederbetätigung Verurteilter in seinen Reihen tätig ist.
Dass Huber nach der Teilnahme an einer Corona-Demo im März 2021 mit über einer Promille Alkohol im Blut am Steuer erwischt wurde und den Führerschein abgeben musste, war dann auch nur mehr ein blauer Drüberstreuer.
Blauer Mandatar mit zwei Jahren bedingt
Wolfgang Haberler war annähernd zehn Jahre FPÖ-Landtagsabgeordneter in NÖ, allerdings nicht Klubobmann. Sowohl vor seiner Tätigkeit im Landtag als auch danach war Haberler rechtsextrem auffällig . Während er im Landtag werkte, bastelte er sich einen gefälschten Vaterschaftstest, wodurch er im Zug der Ermittlungen gegen ihn im Herbst 2002 sein Mandat und die FPÖ-Mitgliedschaft zurücklegte und 2004 bzw. 2005 rechtskräftig zu zwei Jahren bedingter Haft (wegen versuchten schweren Betrugs) verurteilt wurde.
Blaue Mandatar*innen als Rechtsausleger
Neben den schon genannten Mandataren der FPÖ sei noch an Ilse Hans und Hans Jörg Schimanek sen. erinnert, die beide nicht nur im niederösterreichischem Landtag die FPÖ vertraten, sondern sich im Verein „Forum für ein humanes und demokratisches Strafrecht und zur Erhaltung der Menschenrechte (FSM)“ aufopfernd um die inhaftierten Neonazis der VAPO des Gottfried Küssel gekümmert haben.
Alois Preiszler (Wohnungsnachbar von Peter Binder) und Edwin Rambossek kümmerten sich um die rechtsextreme Kameradschaftsszene (K IV, Kameradschaft Prinz Eugen) und Barbara Rosenkranz, die für zwei Jahre (2000–2002) als FPÖ-Klubobfrau im NÖ-Landtag fungierte, haben wir in zahlreichen Beiträgen wegen ihrer rechtsextremen Positionen hinlänglich beschrieben.
Das ist ein Blick in die Vergangenheit der FPÖ Niederösterreich. Da sich die FPÖ aber angeblich permanent häutet und neu erfindet, reicht das nicht. Wir müssen uns wohl noch etwas intensiver mit der „neuen“ FPÖ NÖ, ihrem Wahlvorschlag für die Landtagswahl 2023 befassen. Wobei der nicht wirklich neu ist, denn von den bisherigen Mandatar*innen verlassen nur drei den FPÖ-Klub. Dass zwei davon die einzigen Frauen des alten Klubs sind, passt perfekt zum virilen Selbstverständnis.
Einfach blau!
Der dritte Mandatar, der nicht mehr im neuen Klub vertreten sein wird, ist der stellvertretende Klubobmann, Erich Königsberger.
Nach einer Konferenz der freiheitlichen Klubobleute, an der auch Bundesparteiobmann Strache teilgenommen hat, wurde, so „heute“ vom 30.9., das eine oder andere Glas gehoben. Vermutlich nicht nur von Erich Königsberger, aber der hatte jedenfalls ziemlich voll getankt. Das fiel einer Polizeistreife auf, die ihn stoppte und ins Röhrchen blasen ließ: „Der Vortest ließ die Zwei-Promille-Grenze hinter sich, einen weiteren Test verweigerte der Mandatar“ (heute, 30.9.2016). Der blaue Verkehrs- und Sicherheitssprecher war zuvor durch merkwürdige Fahrbewegungen aufgefallen: „Auf der Donaubrücke bei Krems erwischte Königsberger die richtige Fahrbahn nicht mehr und versuchte die Brücke mit dem Auto auf dem schmalen Radweg zu überqueren. („Der Standard“, 1.10.2016)
Hat ihm nicht wirklich geschadet, bloß seine Funktion als Sicherheits- und Verkehrssprecher war weg. Stellvertretender Klubobmann durfte er bis zuletzt bleiben – und jetzt ist sowieso Schluss mit jeglicher Distanziererei. Dazu bald mehr in Teil III.
➡️ FPÖ NÖ (Teil I): Viel Exekutive, kaum Frauen
➡️ FPÖ NÖ (Teil III): Eine sehr extreme Liste