St. Georgen/Lavanttal und Mölltal: Kärntner Aufschriften mal zwei
Eisenstadt: Nazi-Botschaften in Autos geritzt
Kalwang/Stmk: Hakenkreuz auf Kirchenfassade
FPÖ rudert mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück
St. Georgen/Lavanttal und Mölltal: Kärntner Aufschriften mal zwei
Auf eigenwillige Weise hat ein Lavanttaler Landwirt „seine persönliche Erfahrung“ auf seinem Bauernhof optisch sichtbar gemacht: Er brachte die Aufschrift „arbeiten macht frei“ an einem Gebäude an. Dass dabei an den Schriftzug „Arbeit macht frei“, der an einigen KZ-Toren montiert war und den Zynismus der Nazis zum Ausdruck brachte, gedacht wird, ist nicht verwunderlich.
Darauf aufmerksam wurde die Woche durch ein anonymes E‑Mail: „Bei meinem Urlaub in St. Georgen im Lavanttal musste ich etwas Entsetzliches sehen“, stand darin. Angehängt waren einige Fotos und sogar die genaue Lage des Bauernhofes auf Google Maps. Der Landwirt selbst sah auf Nachfrage der Woche kein Problem mit dem Spruch: „Ich habe mein Lebtag lang gearbeitet, teilweise 80 bis 90 Stunden pro Woche. Was da steht, ist meine persönliche Erfahrung und die wird mir niemand streitig machen. Ich bin jetzt fast 70 und mein einziger Urlaub war bei der Zeit im Bundesheer.“ (meinbezirk.at, 27.4.22)
Es ist zu lernen: Jemand, der sehr viel arbeitet und nie Urlaub macht, erinnert sich selbst mittels eines Spruches daran, dass Millionen genau diesen Schriftzug lesen mussten, bevor sie in den KZ umgebracht wurden? Die Geschichte wird jedoch noch absurder: Ausgerechnet der Anwalt Christian Ragger, Kärntner FPÖ-Chef und Nationalratsabgeordneter, dessen Partei viel Erfahrung mit dem Verbotsgesetz vorzuweisen hat, rückt aus und erklärt:
Wenn man bedenkt, dass in den NS-Konzentrationslagern mehrere Millionen Menschen ermordet wurden und dabei an den Toren diesen Spruch lesen mussten, dann ist die Anbringung dieses Satzes definitiv eine Tathandlung nach dem Verbotsgesetz. Es handelt sich um ein Offizialdelikt, das von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt werden muss. (meinbezirk.at)
Woher Ragger die Kompetenz nimmt, die laut österreichischer Rechtslage ausschließlich einem Gericht zusteht, beurteilen zu können, dass der Schriftzug des Landwirts „definitiv eine Tathandlung nach dem Verbotsgesetz“ sei, wäre zu hinterfragen. Etwas vorsichtiger formuliert er allerdings einige Tage später: „Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier um Wiederbetätigung. Sollte es zu einer Verhandlung kommen, wird sie vor Geschworenen durchgeführt, dem Landwirt drohen mehrere Jahre Freiheitsstrafe.“ (Unterkärntner Nachrichten, 4.5.22, S. 9)
Nun wäre es interessant zu erfahren, was Ragger zu jenen Runen zu sagen hat, die zwei ihm wohlbekannte Ex-Politiker auf dem Eingangstor zu ihrem Anwesen im Mölltal angebracht haben und das die beiden mit Familienereignissen in Verbindung bringen wollen. Die Grüne Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer hatte im November 2020 deswegen Anzeige erstattet. Eineinhalb Jahre später ist zu erfahren, dass der
Akt ist gerade von der Oberstaatsanwaltschaft Graz zum zweiten Mal zurückgekommen [ist], diesmal mit dem Auftrag, einen der ehemals zwei Beschuldigten einzuvernehmen“, so Sprecher Markus Kitz, der sich über den Inhalt des vorgelegten Vorhabensberichtes nicht weiter äußern darf.
Durchgesickert ist aber bereits, dass das Verfahren eigentlich gegen beide Ex-Politiker hätte eingestellt werden sollte, da derlei Runen alleine noch keine Nähe zum Nationalsozialismus darstellen müssen. Nach der Intervention der Justiz-Oberbehörden steht die Entscheidung aber noch aus. (Kronen Zeitung, 4.5.22, S. 24)
Tatsächlich MÜSSEN Runen nicht automatisch Ausdruck einer Nähe zum NS darstellen, sie KÖNNEN es aber, vor allem dann, wenn es sich um zentrale im NS-verwendete Symbole handelt: die Si(e)grune, die Odalrune und die Wolfsangel.
Eisenstadt: Nazi-Botschaften in Autos geritzt
Das burgenländische LVT ermittelt nach einem Vandalenakt in Eisenstadt, bei dem in mindestens 15 Autos „Hakenkreuze, ‚Heil Hitler‘-Schriftzüge und andere einschlägige nationalsozialistische Inhalte“ (BVZ, 5.5.22, S. 35) geritzt wurden. „Laut Polizeisprecher: ‚Es kommen laufend weitere Personen hinzu, deren Fahrzeug zerkratzt oder beschmiert worden ist. Daher lässt sich der Schaden noch nicht eruieren. Wir gehen von einem hohen fünfstelligen Eurobetrag aus!’ ” (meinbezirk.at, 3.5.22)
Kalwang/Stmk: Hakenkreuz auf Kirchenfassade
Im steirischen Kalwang wurde die Außenfassade der Pfarrkirche auf besondere Weise „dekoriert“. „Dabei sprühten sie [die Täter, Anmk. Sdr] unter anderem religionsfeindliche Wortlaute und nationalsozialistische Symbole wie ein Hakenkreuz in verschiedenen Farben auf die Außenfassade der Pfarrkirche – links und rechts vom Eingangsportal.” (Kleine Zeitung, 7.5.22, S. 24)
Einige der Symbole seien laut Polizei auch der Suchtmittelszene zuzuordnen. Die Kombination Drogen & Neonazis wäre jedenfalls alles andere als neu.
FPÖ rudert mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück
Den Kürzeren gezogen hat die FPÖ gegen Sandra Schieder, Journalistin der Kronen Zeitung. Die klagte nämlich die FPÖ, nachdem der Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Presseaussendung erklärte, die Kronen Zeitung würde Fake News verbreiten, weil sie über die Schließung des Bürgertelefons der FPÖ berichtet hatte: „Die FPÖ kappt im wahrsten Sinne des Wortes den Draht zu den Bürgern – statt über das Telefon ist das Bürgerbüro der Bundespartei nur noch über ein Online-Kontaktformular zu erreichen.“ (krone.at, 19.2.22) Das gefiel der FPÖ nicht, worauf es zur Presseaussendung kam.
„Aus mehr Service für die Bürger weniger zu machen bzw. sogar einen Abbruch der Kommunikation zu konstruieren, das muss einem erst einmal einfallen. Derartige ‚Fake News’ zu verbreiten, ist das die Haltung, mit der sich die Krone selbst bewirbt?“, kommentierte heute FPÖ-Generalsekretär NAbg. Michael Schnedlitz einen Bericht der ‚Kronen Zeitung’, wonach die FPÖ den ‚Draht zu den Bürgern gekappt’ hätte.” Und: „Am oben genannten Bericht erkenne man allerdings, wie manche in den Medien arbeiten.“ Finale: „Ein sehr häufiges Thema bei der Kontaktaufnahme via Formular und Telefon: die tendenziöse Berichterstattung mancher Medien,“ so Schnedlitz. (zit. via derstandard.at, 4.5.22)
Der Fake News-Vorwurf der FPÖ wurde ihr zum Verhängnis, denn die Journalistin reichte eine medien- und zivilrechtliche Klage ein. „Hier erließ das Wiener Handelsgericht vor wenigen Tagen eine einstweilige Verfügung, die der FPÖ die Behauptung, Schieder oder die „Krone” verbreiteten Fake News, untersagte.“ (derstandard.at)
Nun kam es zu einem außergerichtlichen Vergleich, und die FPÖ verlautbarte in einer Presseaussendung: „Wir entschuldigen uns hiermit bei Frau Schieder und ziehen den Vorwurf, die ‚Krone’ würde Fake News’ produzieren, mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.“ Die Nachricht von Schieder an die FPÖ war recht eindeutig: „Liebe FPÖ, sollte sich Derartiges wiederholen, sehen wir uns vor Gericht.“
Die FPÖ hat mir die Produktion von „Fake News“ vorgeworfen. Dagegen habe ich geklagt, woraufhin die FPÖ mir einen außergerichtlichen Vergleich angeboten hat, den ich angenommen habe. Liebe FPÖ, sollte sich Derartiges wiederholen, sehen wir uns vor Gericht. https://t.co/2UubP4bhqU
— Sandra Schieder (@SandraSchieder) May 4, 2022