Wochenschau KW 18/22 (Teil 1)

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Ein Ree­nact­ment-Fan hat­te sich etwas zu sehr in sei­ne Rol­le als SS-Mann hin­ein­ver­setzt, wegen ein­schlä­gi­ger Chat-Nach­rich­ten muss­te er in Wien vor Gericht. Ein angeb­li­cher Ex-Pri­vat­pi­lot von Niki Lau­da hat­te eben­falls zu viel Sym­pa­thie für die SS gezeigt und ein Kram­pus­trio hat­te sich auch nichts Böses gedacht, als es Nazi-Bot­schaf­ten aus­tausch­te. Den Vogel hat zwei­fel­los ein Ober­ös­ter­rei­cher abge­schos­sen, denn der erfand einen Ent­las­tungs­zeu­gen, der dann vor Gericht einknickte.

Wien: SS-Ree­nact­ment
St. Pöl­ten: brau­ne Auf­kle­ber auf dem Auto
Salz­burg: brau­nes Krampustrio
Ried/OÖ: „Ser­vas, hawe­de­re“ oder doch ein Hitlergruß?

Wien: SS-Ree­nact­ment

Der 41-jäh­ri­ge Herr K., ein ehe­ma­li­ger Berufs­sol­dat, muss­te vor dem Wie­ner Lan­des­ge­richt auf­mar­schie­ren, weil er als Mit­glied einer Whats­App-Grup­pe von Ree­nact­ment­fans im Jahr 2017 Nach­rich­ten gepos­tet hat, die gegen das Ver­bots­ge­setz ver­sto­ßen haben sol­len. Er nahm an einem Ree­nact­ment-Event teil, in dem er einen SS-Mann gespielt habe, und weil er sich und die ande­ren Grup­pen­mit­glie­der in die Stim­mung von damals brin­gen woll­te, so die Erklä­rung des Man­nes, habe er mit Nazi-Bot­schaf­ten nach­hel­fen wollen.

Zum Bei­spiel ein Video von „SS mar­schiert im Fein­des­land – Das Lied der Waf­fen-SS” samt dem Kom­men­tar „Mal was zur Moti­va­ti­on” und drei aus­ge­streck­ten rech­ten Hän­den. Auch die Auf­nah­me eines SS-Mar­sches aus dem Jahr 1936 teil­te er, sei­ne Grü­ße „Guten Mor­gen, Kame­ra­den” oder „Mahl­zeit, Kame­ra­den” wur­den stets von den Hand-Emo­jis abge­schlos­sen. (derstandard.at, 2.5.22)

Ins­ge­samt sind 15 Ankla­ge­punk­te zusam­men­ge­kom­men, über die die Geschwo­re­nen zu befin­den hat­ten. Letzt­lich wur­de er in neun Punk­ten schul­dig gespro­chen und erhielt 15 Mona­te beding­te Haft, die bereits rechts­kräf­tig sind.

St. Pöl­ten: brau­ne Auf­kle­ber auf dem Auto

Über meh­re­re Jah­re hin­weg soll ein 53-jäh­ri­ger Früh­pen­sio­nist, vor­mals angeb­lich Pri­vat­pi­lot von Niki Lau­da, mit Auf­kle­bern auf sei­nem Auto her­um­kut­schiert sein, für die er nun nach dem Ver­bots­ge­setz (nichts rechts­kräf­tig) zwölf Mona­te bedingt erhal­ten hat. Die Aus­re­den und Deu­tun­gen des Auto­be­sit­zers für die auf­ge­kleb­ten Trup­pen­ab­zei­chen der Leib­stan­dar­te SS Adolf Hit­ler, einer Reichs­flag­ge mit eiser­nem Kreuz, zwei dem Trup­pen­kenn­zei­chen der SS-Divi­si­on „Toten­kopf” ähn­li­chen Toten­köp­fen (die aber laut Ange­klag­tem nur das Punis­her-Logo dar­stel­len sol­len, was jedoch auch unter Rechts­extre­men beliebt ist).

Bei einer Haus­durch­su­chung wur­den auf sei­nem Tablet und Mobil­te­le­fon Abbil­der natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Sym­bo­le wie der schwar­zen Son­ne und auch Hit­lers Buch „Mein Kampf” als Hör­buch gefun­den. Wei­ters befand sich auch eine Nach­ah­mung eines soge­nann­ter „SS-Toten­kopf­ring”, auch Ehren­ring genannt, in sei­nem Besitz. Auch meh­re­re Bücher zum The­ma wur­den gefun­den. (noen.at, 4.5.22)

Das Bekennt­nis des Beschul­dig­ten, nichts mit Rechts­ra­di­ka­lis­mus und Nazi-Ver­herr­li­chung war wohl nicht glaub­haft, daher der Schuldspruch.

Salz­burg: brau­nes Krampustrio

Drei Män­ner (28, 35, 51) aus einer Kram­pus­pass (Kram­pus­grup­pe) wur­den in einer Whats­App-Grup­pe „als Pos­ter von Bil­dern, Vide­os und Tex­ten mit den Natio­nal­so­zia­lis­mus posi­tiv dar­stel­len­den oder des­sen Füh­rer Adolf Hit­ler ver­herr­li­chen­den Inhal­ten“ (Salz­bur­ger Nach­rich­ten, 4.5.22, S. 8) auffällig.

Der 28-Jäh­ri­ge hat dafür bereits im Febru­ar nichts rechts­kräf­tig ein Jahr bedingt erhal­ten, die bei­den Älte­ren stan­den nun in zwei getrenn­ten Pro­zes­sen in Salz­burg vor dem Gericht.

Der 51-Jäh­ri­ge zeig­te sich nicht gestän­dig, sich durch das Abson­dern von elf teils scheuß­li­chen Pos­tings zumin­dest mit beding­tem Vor­satz im NS-Sin­ne wie­der­be­tä­tigt zu haben: „Ich weiß, dass es dumm war, aber ich habe mir dabei nichts Böses gedacht.“ Die Geschwo­re­nen erkann­ten ihn schul­dig, er erhielt 18 Mona­te beding­te Haft (rechts­kräf­tig). – Reu­mü­tig gestän­dig war der 35-Jäh­ri­ge, der „nur“ zwei NS-Pos­tings schrieb. Er bekam acht Mona­te bedingt (auch rechts­kräf­tig). (SN)

Ried/OÖ: „Ser­vas, hawe­de­re“ oder doch ein Hitlergruß?

Es ist, wie der Jour­na­list der OÖN schreibt, ein Klas­si­ker, der sich da im Sep­tem­ber 2021 auf der Rie­der Mes­se und nun vor Gericht abge­spielt hat. Alko­hol – der 33-jäh­ri­ge Ange­klag­te hat­te zum Tat­zeit­punkt eine Kis­te Bier und 2,8 Pro­mil­le im Blut –, Wir­bel bei einem Mes­se­stand und die her­bei­ge­ru­fe­ne Poli­zei, vor der der bereits acht­fach Vor­be­straf­te einen Hit­ler­gruß zum Bes­ten gab. 

Im Pro­zess beteu­er­te der Ver­tei­di­ger, sein Man­dant habe ledig­lich einen vor­bei­ge­hen­den Freund mit den Wor­ten ‚Ser­vas, Hawe­de­re’ begrüßt“ (nachrichten.at, 7.5.22). Aber auch der Ver­tei­di­ger erleb­te in dem Pro­zess sei­ne Über­ra­schung, denn der als Zeu­ge gela­de­ne Freund, der behaup­te­te, auch schon viel getrun­ken und daher Gedächt­nis­lü­cken zu haben. Aber dann kam es anders als der Ange­klag­te es wohl vor­ge­se­hen hat­te. Die vor­sit­zen­de Rich­te­rin 

bohrt nach: „Sie müs­sen auf­pas­sen wegen einer Falsch­aus­sa­ge, das ist straf­bar. Sind Sie sich sicher, dass Sie die Wahr­heit sagen?” Man merkt, wie der Zeu­ge beginnt zu grü­beln. Nach kur­zer War­te­zeit dann die Wen­de in die­sem Pro­zess. „Sie haben recht, ich war gar nicht dabei.” Der 42-Jäh­ri­ge ent­geht damit nur knapp einer mög­li­chen Anzei­ge wegen fal­scher Beweis­aus­sa­ge. (nachrichten.at)

Was folg­te, war ein Schuld­spruch, 18 Mona­te Haft, davon sechs unbe­dingt (rechts­kräf­tig) und ein wei­te­res Ver­fah­ren wegen ver­such­ter Bestim­mung zur fal­schen Beweisaussage.